Coronahilfen für den Hamburger SV: Übertriebene Subvention
Der HSV soll zehn Millionen Euro Coronahilfen kassiert haben. Warum? Staatsknete sollte es nur geben, wenn die Gehälter der Stars gedeckelt werden.
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D ass der Hamburger SV wirtschaftlich nicht gerade solide aufgestellt ist, ist schon länger bekannt. Und während sich die Bosse des Fußball-Zweitligisten über die ihrer Meinung nach überzogenen Hygieneauflagen im Stadion beklagen, streichen sie auf der anderen Seite Millionen an Staatsknete ein.
Zuerst wären da 23,5 Millionen Euro von der Stadt Hamburg: Diese nämlich kaufte für diesen Betrag das Grundstück, auf dem das Volksparkstadion steht. Wohlgemerkt: das Grundstück, aber keineswegs das Stadion selbst. Noch dubioser an der ganzen Sache: Dem HSV hatte Hamburg nämliches Grundstück einst für eine symbolische D-Mark überlassen – ein ziemlich guter Deal also, wenigstens für eine beteiligte Seite.
Dieser Tage nun berichtete das Hamburger Abendblatt, dass der Verein nochmals zehn Millionen vom Bund kassierte: Da viele Fußballvereine der Ersten und Zweiten Liga ihre Profiabteilungen ja zu eigenständigen Unternehmen gemacht haben, können sie – wie andere Unternehmen auch – Corona-Überbrückungshilfen beantragen, wenn sie einen Umsatzeinbruch von 30 Prozent oder mehr verzeichnen.
Laut eigenen Angaben nahm der HSV durch die Coronakrise etwa 60 Millionen Euro weniger ein, von einem Umsatzeinbruch von rund 120 Millionen auf etwas mehr als 50 Millionen berichtet auch das Abendblatt. Zu tun hat das auch mit dem Abstieg in die Zweite Liga im Mai 2018: TV-Lizenzen werden in der Ersten Bundesliga einfach viel besser bezahlt.
In der Folge entwickelten sich die Ticketeinnahmen aus dem Volksparkstadion zu einer der wichtigsten HSV-Einnahmequellen. Weil das Stadion nun aber lange geschlossen blieb und die Plätze auch derzeit nur zu maximal 30 Prozent besetzt werden dürfen, bleibt hier weiterhin ein großes Finanzloch.
39 Millionen Gehaltskosten
Weder der HSV noch das Wirtschaftsministerium wollten die Zahlung von Coronahilfen bestätigen. Der HSV teilt lediglich mit, die Gehälter der Trainer und Spieler reduziert zu haben. Zu genauen Zahlen wolle man sich aktuell nicht äußern. Ein Blick in den Geschäftsbericht verrät, dass von Mitte 2019 bis Mitte 2020 über 39 Million Euro Gehalt flossen, eingerechnet ist dabei das Geld für 29 Profi- und 58 Amateurspieler sowie 208 sonstige Mitarbeiter:innen.
Dass ein Zweitligist sich solche Gehälter nicht mehr leisten kann, ist einleuchtend. Aber warum muss ausgerechnet der Staat einspringen? Am Ende zahlt die neuen Sportwagen der Profis der Steuerzahler, wenn nicht – wie in Hamburg wiederholt – ein Mäzen wie Klaus-Michael Kühne einspringt. Der Milliardär empörte sich aber zuletzt munter über das HSV-Management.
Und es ist ja nicht so, als hätte der Fußball nicht sowieso eine Sonderbehandlung in der Pandemie bekommen: Kaum etwas störte die Deutschen so sehr wie Geisterspiele oder Alkoholverbote im Stadion. Während viele Menschen um ihren Job bangten, feierten Profifußballer auf Partys oder chillten im privaten Friseursalon. Währenddessen entwickelten sich Trainer und Vereinsgranden zu Virologen und spielten die Ansteckungsgefahr bei Spielen hinunter. Das alles fand seinen krönenden Abschluss in der Fußball-EM, die zur Verbreitung der Delta-Variante auf dem Kontinent das Ihre beitrug.
Warum nicht Staatshilfen an ein Maximalgehalt für Spieler knüpfen? Jeder Verein, der Millionen bekommen möchte, darf einem Star nur noch ein Jahresgehalt von, sagen wir: 100.000 Euro zahlen. Und sollte der von diesem Hungerlohn dann nicht mehr leben können, kann er ja mit Hartz IV aufstocken. Mal sehen, ob sie auf dem Volkspark-Rasen dann einen Betriebsrat gründen. Bis dahin werden wir uns um den HSV wohl keine Sorgen machen müssen. Irgendjemand wird ihn retten – und wenn nicht, dann eben der Staat. Ohne Fußball geht einfach nichts in diesem Land.
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