piwik no script img

Israelische Spionagesoftware PegasusEng verwoben mit dem Militär

Israels Ex-Premier Netanjahu soll den Pegasus-Trojaner vermarktet haben. In dem Land ist die Exportkontrolle für Spionagesoftware offenbar lax.

Die NSO-Gruppe auf einer internationalen Sicherheitsmesse in Tel Aviv Foto: reuters

Tel Aviv taz | Wir sind ein Geist“, rühmte sich Omri Lavie, Mitbegründer der israelischen NSO Group, 2013 in einem Interview zum Spionagetool Pegasus, „unsere Ziele sind transparent und wir hinterlassen keine Spuren“. Nach den jüngsten Enthüllungen über Pegasus scheint es, als sei der Geist übermütig geworden. Am Dienstag kündigte Israels Verteidigungsministerium eine Untersuchung an. Sollte eine Verletzung der Exportregeln zutage kommen, werde man Maßnahmen ergreifen.

Klar ist allerdings auch: Die Exportdeals der NSO Group sind eng verwoben mit Israels Regierung und Militär. NSO und Dutzende ähnliche Unternehmen mit Sitz in der wohlhabenden Küstenstadt Herzlia fallen in das breite Spektrum der israelischen Hightech-Branche. In Israels Öffentlichkeit ist der Ruf des Landes als Spitzenreiter in der Entwicklung von Spionagesoftware, die dem Kampf gegen Terror dienen soll, Anlass zum Stolz. Ein Job im Bereich der Cybersicherheit signalisiert einen hellen Kopf, Geld und Prestige.

Häufig rekrutieren Hightech-Unternehmen Nachwuchs aus der angesehenen Geheimdiensteinheit 8200 der Armee, die berüchtigt ist für ihre Abhörtechniken in den palästinensischen Gebieten. Auch die drei NSO-Gründer sind 8200-Alumni. Dort lernten sie das Einmaleins im Gebrauch von Cyberwaffen.

Die Einheit erregte 2014 Aufsehen, als 43 Reservisten in einem Brief an den damaligen Regierungschef Benjamin Netanjahu erklärten, ihren Dienst im Westjordanland zu verweigern. Ihre Begründung war, dass die Praktiken von 8200 „die Rechte von Millionen Menschen verletzen“ würden. Informationen aus dem Privatleben von Palästinensern wie Homosexualität oder Ehebruch würden missbraucht, um Kollaborateure zu gewinnen.

Eigentlich sind die Regeln streng

Der nun bekannt gewordene Verkauf des Pegasus-Trojaners an autoritäre Regierungen weltweit wirft also unbequeme Fragen zur israelischen Mitverantwortung an dem Spionage­skandal auf. Bereits 2016 hatten die Parlamentsabgeordnete Tamar Zandberg und der Menschenrechtsanwalt Itay Mack am Obersten Gerichtshof eine Klage eingereicht, um der NSO ihre Exportlizenz zu entziehen. Doch auf Druck der Regierung führte die Klage ins Leere. Gerichtspräsidentin Esther Hayut kommentierte die Angelegenheit mit den Worten: „Unsere Wirtschaft hängt zu sehr von diesem Exporthandel ab.“

Nach Regierungsangaben werden jährlich Cyberware-Produkte im Wert von knapp 7 Milliarden US-Dollar exportiert. Wie viel davon Cyberwaffen sind, ist aber unklar. Global betrachtet deuten Daten darauf hin, dass israelische Produkte zwischen zehn und zwanzig Prozent des internationalen Marktes für Cyberware ausmachen.

Exporte von Spionagesoftware müssen vom Verteidigungsministerium genehmigt werden. Laut einem Anwalt, der für verschiedene israelische Cyberfirmen tätig ist, sind die Regeln für Exporte von Cyberwaffen in Israel sogar strenger als etwa in den USA oder Großbritannien. Doch Menschenrechtsanwalt Mack zweifelt an der Transparenz und Glaubwürdigkeit der Kontrollen. „Diese Entscheidungen werden von hochrangigem Personal im Ministerium und im Zweifel von Netanjahu selbst getroffen“, gab er 2018 gegenüber der Zeitung Haaretz an. 2019 lockerte die Regierung zudem die Bestimmungen zum Verkauf von Cyberwaffen. „Wir müssen ein erhebliches Risiko eingehen, um weniger zu regulieren und weiter zu wachsen“, sagte Netanjahu damals.

Ungarn stellte sich gegen eine EU-Erklärung

Der Ex-Premier, der erst seit wenigen Wochen nicht mehr die Regierungsgeschäfte führt, soll indes den Verkauf von Pegasus an Autokraten als diplomatischen Joker eingesetzt und aktiv ermutigt haben. Dies berichtete am Dienstag die Zeitung Haaretz, die Teil der internationalen Recherchegruppe zu Pegasus ist. Sie sieht einen Zusammenhang zwischen Besuchen Netanjahus in Ländern wie Indien, Ruanda, Saudi-Arabien, Aserbaidschan und Ungarn und deren Nutzung von Pegasus. Von guten Beziehungen versprach sich Netanjahu offenbar geopolitische Vorteile als Israels Fürsprecher.

Netanjahus Rechnung ging vielerorts offenbar auf: Bei den kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Israel und der Hamas im Mai war Ungarn der einzige Staat, der sich gegen eine Erklärung der EU-Staaten stellte, die ein Ende der Feindseligkeiten fordern sollte. Ungarns Veto verhinderte eine Veröffentlichung der Erklärung. Ungarn ist der einzige EU-Staat, der im Verdacht steht, Reporter mit Pegasus ausgespäht zu haben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • pegasus detection tool:



    www.theverge.com/2...-guide-windows-mac

  • Kommt mir wie Hütchenspiel vor, wo steckt der Trojaner drin, wo nicht, nutze deine Chance, auch wenn du keine hast, angesichts CIA u. a. Geheimdienstgeburten Internets World Wide Web mit sog. bösen Zehn "Microsoft, Google Alphabet, Yahoo, Facebook, Ebay, Amazon, Microsoft, Twitter, AOL", dazugekommen Apple, Chinas Alibaba



    Milliarden Menschen durch manipulierte Leaks in Software werbewirtschaftlich personenbezogen digitalisiert beworben über "Five Eyes" Geheimdiensten hinaus auszuforschen, sich dann über NSA 2013, Israel NSO Pegasus Skandal 2021 überrascht zu geben.

    Historisch gibt es da analoge Kooperationslinie BND, CIA seit 1957 mit Schweizer Crypto Verschlüsselungstechnik AG in Zug, unter Bruch Schweizer Neutralität, analog manipulierte Verschlüsselungstechnik global z. B. an Iran nach islamischer Revolution 1979, Jugoslawien, selbst an befreundete Länder u. a. Chile 1972 im Vorfeld Militär Putsch CIA Vorbereitungen Nine Eleven 1973 unter Regie US Präsident Richard Nixon (1913-1994) Sicherheitsberater Henry Kissinger *1923 zugunsten General Augusto Pinochet nachdem sozialistischer Salvadore Allende (1908-1973) zum Ministerpräsidenten gewählt wurde, insgesamt an 130 Länder in 100 Milliarden $ Höhe zugunsten eigene4r schwarzer Kasse zu verkaufen für weitere geheime Operationen, Regierungs- Funk-, Schriftverkehr dieser Länder in Echtzeit zu lesen, dadurch verankert, dass BND vom damaligen Kanzleramtschef Professor Horst Ehmke (1927-2017) 1971 während Willy Brandt (1913-1992) SPD Kanzlerschaft beauftragt in CIA Kooperation über Siemens AG Strohfirma zur Tarnung Crypto AG für 25 Millionen Schweiz Franken kauft.



    Obgleich BND 1985 Crypto AG an CIA veräußert, weil CDU Kanzler Helmut Kohl (1930-2017) anders als FDP Kompanion Außenminister Hans-Dietrich Genscher (1927-2016) fand, so offensichtlich sei das zu riskant für Deutschland als Exportweltmeister, bleibt BND-CIA Netzwerk Kooperation bis zur Crypto AG Veräußerung 2018 an Dritte bestehen.

    • @Joachim Petrick:

      Ihr Text ist kaum zu verstehen, oder versuchen Sie, ihn zu verschlüsseln?

  • "Nach Regierungsangaben werden jährlich Cyberware-Produkte im Wert von knapp 7 Milliarden US-Dollar exportiert. Wie viel davon Cyberwaffen sind, ist aber unklar. "

    Ich wage mal die Prognose: Ziemlich viele.

  • Liggers. Wen wunderts! Gelle!



    Was wär dess denn?! Wo Bibi seine Finger nicht drin hätte?!



    Never seen! Ein schlimmer Finger •