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Klimaschutz im VerkehrKraftstoffe sollen grüner werden

Mit einem neuen Gesetz zur Minderung von Treibhausgasen bleibt Palmöl länger im Tank. Stadtwerke produzieren eigenen Wasserstoff.

Pilotprojekt in Wuppertal: Hier fahren Busse mit Wasserstoff aus Müllverbrennungsanlage Foto: Rupert Oberhäuser/imago

Berlin taz | Neue Regeln für mehr Klimaschutz im Verkehr hat der Bundestag Ende vergangener Woche beschlossen. Nach langer Diskussion verabschiedete er das Gesetz zur Treibhausgasminderungsquote und setzte damit eine EU-Vorgabe um. Es soll den Anteil erneuerbarer Energien im Verkehr steigern, also E-Mobilität sowie pflanzen- und strombasierte Kraftstoffe fördern. Ihr Anteil an Treibstoffen soll bis 2030 auf 32 Prozent ansteigen. Damit geht Deutschland über die EU-Vorgaben von einem Anteil von 14 Prozent hinaus.

Palmöl kann die Biokraftstoffbranche dabei noch bis 2023 einsetzen. Während die Biokraftstoff-Industrie erfreut feststellte, künftig sei Klimaschutz im Verkehr „auf vielen verschiedenen Wegen“ möglich, kritisierten ihn die Grünen: „Bei allem Wissen um die Klimakrise und das weltweite Artensterben ist es eigentlich nicht zu glauben, dass wir im Jahr 2021 immer noch Palmöl im Tank verbrennen“, sagte Cem Özdemir.

Geregelt hat der Bundestag auch einen Seitenaspekt der Nutzung von Wasserstoff, auf den viele Stadtwerke mit großem Interesse schauten: die Herstellung von Wasserstoff mit Strom aus Müllverbrennungsanlagen. Dieser von den kommunalen Unternehmen „orange“ getaufte Wasserstoff soll – analog zu solchem, der mit Wind- oder Sonnenenergie produziert wurde – künftig auch als ökologisch gelten.

In Wuppertal übt man das schon: 10 Elektrobusse mit Brennstoffzelle fahren dort im Linienverkehr, weitere 10 Fahrzeuge sind bestellt; dazu kommen demnächst zwei Müllfahrzeuge mit Brennstoffzelle. Betankt werden sie mit Wasserstoff, den der kommunale Abfallbetrieb selbst herstellt – mit Strom aus der eigenen Müllverbrennungsanlage.

Pilotprojekt in Wuppertal

Über den Bundestagsbeschluss zeigte man sich in Wuppertal erfreut. „Die Bundesregierung will Wasserstoff als Kraftstoff auf die Straße bringen“, sagt Conrad Tschersich, Technischer Geschäftsführer Abfallwirtschaftsgesellschaft Wuppertal (AWG). Hier entstehe nicht nur ein sinnvoller Kreislauf, sondern auch ein dringend benötigter Speicher in einem System erneuerbarer Energien. „Den Wasserstoff können wir zwischen der Erzeugung und der Verwendung speichern und so einen Puffer bilden“, sagt Tschersich. Rund 400.000 Tonnen Müll verbrennt die AWG in ihrer Müllverbrennungsanlage (MVA) jährlich, die Haushaltsabfälle von 1,4 Millionen Einwohnern der Region sowie Gewerbemüll. „Das ist Abfall aus der Restmülltonne, der sich anders nicht hochwertig verwenden lässt“, sagt Tschersich.

Per­spektivisch könnte man neben Fernwärme und Strom auch so viel Wasserstoff herstellen, um 50 Nutzfahrzeuge betreiben zu können. Getankt wird auf der betriebshofeigenen Wasserstofftankstelle. Insgesamt umfasst der Fuhrpark der Stadtwerke 300 Busse und rund 100 Müllfahrzeuge. Ein Teil der erzeugten Energie der MVA wird zudem weiterhin als Fernwärme genutzt. Wasserstoff aus MVA-Strom könne also nur ein Teil der Lösung sein, sagt der Ingenieur, Deutschland werde auch künftig ein Energieimportland bleiben.

Der Start für die Wasserstofftechnologie sei aber gemacht, daher pilgerten auch viele Kol­le­g:in­nen aus anderen Stadtwerken und Abfallunternehmen nach Wuppertal, um das Projekt zu besichtigen, so Tschersich. Laut einer Umfrage des Verbandes der Kommunalen Unternehmen (VKU) wollen von den 70 klassischen MVA zwei Drittel eigenen Wasserstoff herstellen, um ihn in ihren Lkw- und Busflotten zu nutzen.

Frank Peter, stellvertretender Direktor des Thinktanks Agora Energiewende, sieht das Konzept aber kritisch. „Der Abfall in der MVA enthält hohe fossile Anteile aus Plastik“, sagt Peter, „das ist nicht klimaneutral“. Energie aus Wind und Sonne dürfe Energie aus der Müllverbrennung nicht gleichgesetzt werden.

Die Produktion von Wasserstoff werde jetzt hochlaufen, mit zahlreichen unterschiedlichen Verfahren. „Die Produzenten müssen den CO2-Fußabdruck der verschiedenen Verfahren transparent darstellen“, fordert Peter, „sonst lädt das Thema zum Greenwashing ein.“

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6 Kommentare

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  • Ob der immer weiter zunehmenden Dummheit kann ich garnicht soviel Essen wie ich erbrechen möchte.

    Kein Prozess kann klimaneutral sein, der über längere Zeit hinweg gemittelt schneller Energie verbraucht als die Erde neu aus dem Sonnenlicht erzeugen kann.

    Wenn ich also mit meiner Öko-Bio-Elektrokarre ständig mehr Energie verfahre als die Erde (bzw. mein Anteil daran) an Energie nachliefert bin ich nicht klimaneutral.

    Also mal ganz einfach: Wenn die Karre in einer Stunde soviel Bioenergie aus Mais verbraucht, wie in drei Monaten nachwächst geht die Rechnung nicht auf.

  • "Wie die wecken, die sich schlafend stellen? (J.C.Lec)

    Biosprit: Teil des Problems, nicht der Lösung

    background.tagessp...-nicht-der-loesung

  • Abfall aus der Restmülltonne wird es immer geben, keine Kreislaufwirtschaft wird den auf Null bringen. Es ist immer noch weniger schlecht, die darin enthaltene Energie zu Wasserstoff (und Folgeprodukten wie Methanol) zu verarbeiten, als sie ungenutzt in die Luft zu blasen.



    Im Übrigen ist Wasserstoff "...ein dringend benötigter Speicher in einem System erneuerbarer Energien". Ohne Speicher ist es nicht möglich, Erzeugung und Verbrauch zur Deckung zu bringen.

  • Wasserstoff auf der Strasse ist völliger Blödsinn (milde ausgedrückt). Da wird wieder wie beim fossilen Treibstoff nur ein kleiner Ausschnitt "geil, ich kann weit fahren und bin sauber" gesehen und nicht das Gesamtbild.

    H2 ist und bleibt völlig ineffizient, und wenn man grünen Strom dafür verwendet fehlt der an anderer Stelle. Womöglich lässt man dann sogar Atomkraftwerke weiter laufen.

    So viel grünen Strom können wir in der sonnvoll kurzen Zeit gar nicht herstellen, es läuft auf eine 10-20 jährige Einführungszeit raus, bis das VIELLEICHT mal Sinn macht.

    Wie hiess es an anderer Stelle: "Das Christian-Lindner-Institut-für-Dinge-die-ganz-bestimmt-noch-erfunden-werden" soll das dann regeln, oder was?

  • Kann dem Frank Peter nur zustimmen. In unserem Kreislaufwirtschaftsgesetz ist aus gutem Grund eine Abfallhierarchie vorgegeben, die wie folgt aussieht:

    1.Vermeidung



    2.Vorbereitung zur Wiederverwendung



    3.Recycling



    4.sonstige Verwertung, insbesondere energetische Verwertung und Verfüllung



    5.Beseitigung

    „Das ist Abfall aus der Restmülltonne, der sich anders nicht hochwertig verwenden lässt“, sagt Tschersich.



    Diese Aussage ist quasi eine Kapitulation im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Ähnlich der Verbrennung von Klärschlamm, die ja auch als energetische Verwertung verkauft wird.



    Diese "energetischen Lösungen" öffnen dem Verzicht der Vermeidung, Vorbereitung zur Wiederverwertung und einem ordnungsgemässen recycling Tür und Tor. Die Hersteller von Einwegverpackungen und Mischmüll können nun mit der Aussage wedeln: und dann wird grüner Wasserstoff aus unserer Verpackung, unseren Wegwerfprodukten.



    Der Druck weniger Müll und Gift in Umlauf zu bringen nimmt so rapide ab.

    Aber das Ganze hat ja anscheinend den Segen des WI hier in Wuppertal und ist Teil der "ökologischen Transformation", wie sich das deren Wissenschaftler so vorstellen.

  • Auch irre: Wir sollen Palmölprodukte beim Essen meiden, aber wenn es im Kraftstoff steckt ist es plötzlich super.