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Änderung des UrheberrechtsKatzenbilder bleiben erlaubt

Die umstrittenen Uploadfilter kommen. Der Bundestag hat bei der Novelle des Urheberrechts aber Abweichungen beschlossen – und die sind kreativ.

Protest gegen die Uploadfilter für Youtube im März 2019 in Berlin Foto: IPON/imago

Freiburg taz | Der Bundestag hat das novellierte Urheberrecht beschlossen, und für den digitalpolitischen Sprecher der SPD, Jens Zimmermann, ist klar: „Ohne den Druck der Straße hätte dieses Gesetz anders ausgesehen.“ Vor der Abstimmung am Donnerstag spielte Zimmermann damit auf die Massendemons­trationen von Schü­le­r:in­nen an, die vor zwei Jahren gegen die geplanten Uploadfilter für Youtube protestiert hatten. Die EU hatte damals eine Richtlinie für das Urheberrecht beschlossen. Nun hat der Bundestag die EU-Vorgaben – mit großen einfallsreichen Abweichungen – in deutsches Recht umgesetzt. Am 7. Juni wird das Gesetz in Kraft treten.

Anlass der Neuregelung waren die Beschwerden von Musik- und Filmwirtschaft, dass Youtube und ähnliche Plattformen mit den hochgeladenen Inhalten viel Werbegeld verdienen, davon aber zu wenig an die Kreativindustrie abgeben – obwohl diese doch die eigentliche Leistung erbringt. Nach der Novelle gilt Youtube nicht mehr als neutrale Plattform, sondern als Diensteanbieter, der auch für die Einhaltung des Urheberrechts verantwortlich ist.

Grundsätzlich muss Youtube deshalb Lizenzverträge abschließen. Die Musikwirtschaft hat daran auch Interesse, weil Songs oft mehrfach gehört werden. Die Filmwirtschaft dagegen setzt eher auf exklusive Verwertung im Kino oder per Streaming. Schon bisher setzt Youtube Uploadfilter ein, um das Hochladen nicht­lizensierter Inhalte zu verhindern. Künftig ist Youtube sogar dazu verpflichtet. Die Jugendproteste hatten damals befürchtet, dass damit ein Ende des freien Internets komme. Netzkultur lebt nicht zuletzt davon, dass Inhalte viral verbreitet und immer wieder neu verändert werden.

Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) versuchte daher einen Kompromiss zwischen den Interessen der Kreativwirtschaft und der Netzgemeinde. Zum einen schlug sie eine „Bagatellgrenze“ vor: Die Uploadfilter dürfen nicht anspringen, wenn ein nichtlizensierter Inhalt nur 15 Sekunden oder 160 Zeichen umfasst.

Katzenbildchen und Memes

Außerdem sollen „mutmaßlich erlaubte Inhalte“ nicht blockiert werden, selbst wenn sie nichtlizensiertes Material enthalten. Gemeint sind Katzenbildchen und Memes, die im Gesetz „Pastiches“ genannt werden. Damit der Filter dies erkennt, können die Nutzer solche Inhalte „preflaggen“, also kennzeichnen. Youtube muss für solche Inhalte aber an die Rechteinhaber bezahlen, weil sie ja zur Attraktivität der Plattform beitragen.

Diesmal gab es keine Schülerdemos mehr. Vielmehr protestierte jetzt die Musikwirtschaft und kritisierte vor allem die Bagatellgrenze von 15 Sekunden. Sie sprach von „Teilenteignung“ und einer Gefährdung des Kulturbetriebs. „Musik ist niemals Bagatelle“, formulierte ein Musikmanager. Und 1.322 Künst­le­r:in­nen, von Campino bis Helene Fischer, schrieben einen offenen Brief an den Bundestag. Doch die Bagatellgrenze blieb.

Mehr Erfolg hatte die Filmbranche. In konkreten Fällen muss Youtube auf Wunsch der Rechteinhaber das Preflagging bis zum Ende der Erstausstrahlung eines Angebots ignorieren. So sollen Live-Events im Pay-TV, etwa Fußball-Spiele, davor geschützt werden, dass parallel bereits die Tore auf Youtube als Meme zu sehen sind. Auch Ausschnitte aus Filmen und Serien sollen vor der deutschen Erstausstrahlung nicht bei Youtube zitiert werden können.

Die Opposition im Bundestag warf der Bundesregierung immer wieder „Wortbruch“ vor, weil es nun doch Uploadfilter gebe. Schließlich hätten CDU/CSU und SPD dies im Koalitionsvertrag noch ausgeschlossen. Der CDU-Abgeordnete Tankred Schipanski sprach dagegen von einer „filterarmen Umsetzung“ der EU-Richtlinie.

Am Ende bekam die größte Urheberrechtsreform der letzten zwei Jahrzehnte nur die Stimmen der Koalition. Die Grünen enthielten sich. AfD, FDP und Linke stimmten dagegen. Die FDP begründete dies ausdrücklich damit, dass sie den „nationalen Alleingang“ Deutschlands ablehne.

Ein neues Leistungsschutzrecht für Zeitungsverlage

In der Umsetzung wird es noch spannend, wie sich „Bagatellgrenze“ und „mutmaßlich erlaubte Nutzungen“ bewähren. Schließlich kennen die nationalen Gesetze der anderen 26 EU-Staaten solche Ausnahmen überwiegend nicht, so dass fraglich ist, welches Recht anzuwenden ist: das Recht am Ort des Internetnutzers oder am Ort des Rechteinhabers oder am Ort der Plattform.

Neben den Vergütungsregeln für Onlineplattformen enthält das „Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Bedürfnisse des Binnenmarkts“ noch andere wichtige Weichenstellungen. So wird erneut ein Leistungsschutzrecht für Zeitungsverlage eingeführt. Den ersten Versuch hatte der Europäische Gerichtshof aus formalen Gründen gestoppt.

Und auf Antrag des Bundesrats wird die Wissenschaftsschranke im Urhebergesetz entfristet. Diese Schranke ermöglichte Hochschulen, die erlaubnisfreie digitale Nutzung von Teilen von Büchern, zum Beispiel in Semesterapparaten. 2018 war die Regelung aus Rücksicht auf die Verlage bis 2023 begrenzt worden.

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9 Kommentare

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  • "Die Jugendproteste" — jetzt fühle ich mich plötzlich richtig jung.

    Jung genug, um kein Blatt vor den Mund zu nehmen: Wer dafür gestimmt hat kann mich mal. CD/SU und SPD haben sich bleibend unwählbar gemacht.

  • Es gibt noch einen polit. Aspekt. Bei den tägl. TV-News kommen immer wieder Beiträge, die am Abend korrigiert wurden. Soweit okay, wenn es neuere Infos gibt. Doch es "verschwinden" auch Clips, die nicht ins vorgefasste Bild passen, Bsp.: Jap. Tankerbesatzung berichtet von Rakaten aus Süden, nicht die US-Variante von iran. Granaten... Genau diese Filter wirken bei YT schon jetzt, haben nichts mit freier Berichterstattung zu tun und werden dadurch noch verstärkt.

  • Es sei im Übrigen noch erwähnt, das die Grünen sich ausschließlich aus wahltaktischen Gründen enthalten haben.

    Im Europaparlament waren zwar einzelne dagegen, mehrere aber klar dafür (und haben nochnichteinmal die Kritik der Jugend ernst genommen).



    Im Bundestag sieht es ähnlich aus. Das dann aber nicht zuzugeben ist verlogen und unehrlich...

    • @Ruhrpott-ler:

      Korrektur: Einzelne dafür (v.a. Helga Trüpel, eine Überzeugungstäterin) und die meisten dagegen.

  • Was bei der Debatte um die Richtlinie leider immer vergessen wurde, ist, dass es überhaupt nicht darum ging Inhalte zu sperren oder einfachen YouTube-Nutzern das Leben schwer zu machen, sondern im Gegenteil darum, diese von der Haftung FREIZUSTELLEN .

    Die Behauptung, dass dann massenhaft Löschungen folgen würden, wurde vor allem von Google & Co. in die Welt gesetzt - und ist aber unrealistisch weil es ja eigentlich nur darum geht, dass genau die jetzt bezahlen müssen. - Aber glaubt man den ernsthaft, dass die deswegen jetzt fast jedes Video löschen und so ihre eigenen Plattformen langweilig und uninteressant machen ??

    Nicht wirklich.



    In Australien bezahlen die doch jetzt auchschon für Zeitungsartikel und seit der Einigung mit der GEMA zumindest in D auch schon für Musik.

    • @Ruhrpott-ler:

      Das ist, was die ursprüngliche Fassung von Senficon erreicht hätte.

      Die wurde aber im Diskussionsprozess in ihr Gegenteil korrumpiert.

  • "Die Grünen enthielten sich."

    Wieder mal. Wie diese Partei sich bis zur Wahl überall, wo es unangenehm werden könnte, wegzuducken versucht.

  • Die Überschrift sagt schon alles - harmlose Ablenkungen erlaubt, aber gerade komplexe Auseinandersetzung wird problematischer.

    Was der artikel überhaupt nicht anspricht ist die strukturelle Unmöglichkeit, dass Filter NICHT überblocken; besser nicht haften als haften; dass sie die großen US-Konzerne privilegieren, die diese Filter schon haben, und ihnen damit einen Burggraben vor der Herausforderung durch andere Anbieter liefern; und dass die "Kreativindustrie", von der hier die Rede ist, keinesfalls Urheber ist, sondern Rechtehalter, während die UrheberInnen in der Regel mit Promillen dieser Gelder abgespeist werden (wenn sie nicht ausnahmsweise weltberühmt sind, dann geht es in die Prozente...). Das ganze ist ein groes Geschenk an Verwertungskonzerne.

    Und zu Katzenbildern gegen komplexe Inhalte: Schon jetzt spielt Polizei Musik während Polizeigewalt, um damit die Filter auf YouTube dazu zu bringen, diese Videos zu blockieren: www.eff.org/deepli...d-just-tip-iceberg

    Filterstrukturen laden zu dieser Art von Zensur mit Hilfe von Copyright geradezu ein: www.greeneuropeanjournal.eu/false-flag/

    Aber dagegen kann man ja vorgehen, das ist eine erlaubte Ausnahme! Viel Glück. Alle Anwälte, die jemals gelebt haben, wären nicht genug, um die KOnflikte einer Woche zu begutachten. Was blockiert wird, bleibt blockiert. www.eff.org/deepli...-all-about-filters

    Ein silver lining, von dem ich nicht weiß, ob es nicht mehr durch Unaufmerksamkeit passiert ist ist, dass kleine Plattformen von diesen Strukturen ausgenommen sind. Vielleicht führt das zu einer neuen Dezentralisierung des Internet weg von der Monopolstruktur des Konzernwebs...