Die Wahrheit: Bitcoins oder Dachlatten?
Ran an die Mäuse! Für einen krisengestählten Finanzfachmann aus dem Ruhrgebiet liegt das Schürfen nach Kohle bei einer Krypto-Währung quasi im Blut.
S icher haben auch Sie sich in den letzten Monaten oft gefragt: Wohin mit meinem vielen Geld? Nicht? Ja, warum auch? Ist ja mein Geld. Und meine Sorgen möchten Sie bestimmt nicht haben. Als Systemfirlefanz, als Angehöriger der Unterhaltungsbranche, bin ich ein absoluter Krisengewinnler. Ich weiß mittlerweile gar nicht mehr, wo und wie ich die ganze Künstler-Soforthilfe-Alimentierungs-Asche, die die öffentliche Hand über mir ausgestreut hat, gewinnbringend investieren soll.
Mit meinem Vermögensverweser von der Sparkasse spreche ich schon nicht mehr über das Thema. Der ist so übel drauf. Er bellt nur noch wie ein zweitklassiger Bundesagenten-Darsteller aus amerikanischen Kirmeskrimis: „Negativ!“ Damit meint er die Zinsen, die ich abdrücken soll, wenn er meine Knete bei sich wohnen lässt.
Na klar, das war doch was für mich. Ich bin ja sehr aus dem Ruhrgebiet. Und Mining, also „nach Kohle schürfen“ liegt bei uns in der Familie. Früher hatten wir riesige Kohle-Deputat-Depots in verdunkelten Kellerräumen. Heute kann ich es ja verraten: Hat meinen Oppa stinkreich gemacht. Er schürfte auf Zeche Zollern II/IV, Dortmund-Bövinghausen.
Wie radioaktives Gift
Also ran an die Mäuse! Bitcoins schürfen! Klang verheißungsvoll. Muss man auch gar nicht für unter die Erde. Geht über Tage. Am Rechner. Denn beim Bitcoin, so meine Recherchen, handelt es sich um eine Kryptowährung.
Um Himmels willen! Finger weg! Zu gefährlich. Über Krypto hatte ich schon vor Jahrzehnten in der Grundlagenliteratur viel Schlimmes gelesen: Da der Bitcoin eine Krypto-Währung ist, besteht er mit an Wahrscheinlichkeit grenzender Sicherheit aus Kryptonit. Das ist schon Superman zum Verhängnis geworden. Grünes Kryptonit wirkt wie radioaktives Gift, rotes macht hemmungslos und das schwarze ist das Böse schlechthin. Es spaltet die Persönlichkeit. Außerdem ist der Bitcoin ein absoluter Klimakiller. Sein Schürfen verbraucht mehr Strom als das ganze Land Schweden.
Seitdem wir davon erfahren haben, bin nicht nur ich, sondern sogar der Tesla-Chef Elon Musk aus dem Bitcoin-Mining ausgestiegen. Ich weiß nicht, wie er jetzt sein Kapital anlegt. Ich jedenfalls habe im Darknet der Handwerkskammer Düsseldorf erfahren, dass bundesweit ein dramatischer Mangel an Baustoffen besteht. Styropor, Metall, Stahl – vor allem Holz ist knapp. Grund: Die Chinesen haben riesige Mengen unseres vom Borkenkäfer gerichteten Totholzes aufgekauft. Tipp: Jetzt Optionsscheine erwerben. In Dachlatten steckt viel Fantasie.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen