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Antislawischer Rassismus in DeutschlandTäter, Opfer, Twitterer

Auch weiße Menschen werden hierzulande Opfer von Rassismus – die aus Osteuropa. Doch gibt es Platz für sie im aktuellen antirassistischen Diskurs?

Gedenken an die Opfer im Kampf gegen den deutschen Vernichtungskrieg in Berlin 2015 Foto: Mike Schmidt/imago

Antirassistische Proteste und Debatten, unter anderem zur kolonialen Vergangenheit Deutschlands, erleben einen Aufschwung. Das ist gut und wichtig. Aufarbeitung findet statt, wenn auch langsam. Es gibt aber eine entscheidende Leerstelle in diesem antirassistischen Diskurs: die Auseinandersetzung mit antiosteuropäischem und antislawischem Rassismus.

Dass seit 1945 versäumt wurde, die Verbrechen der Nationalsozialisten, und allen voran der Wehrmacht in Osteuropa lückenlos aufzuarbeiten, aber auch eine historische Kontinuität von antislawischem Rassismus aufzuzeigen, zeigt sich in heutigen Rassismusdiskussionen.

Es gibt sie, die lange Tradition von antislawischem und antiosteuropäischem Rassismus in Deutschland. Das sagt Jannis Panagiotidis, Migrationsforscher und Leiter des Recet-Zentrums für Transformationsgeschichte an der Universität Wien. Die aktuelle Debatte zur Frage, ob weiße Menschen Rassismus in Deutschland erleben könnten, hält er für unterkomplex.

Menschen aus Osteuropa erleben Rassismus, nicht weil sie weiß sind, sondern trotzdem. Die Täterperspektive sei dabei entscheidend, sagt Panagiotidis.

Kein schwarz-weiß binäres Schema

Das Problem sei, dass oft so getan werde, als sei Rassismus ein ausschließlich schwarz-weiß binäres Schema, sagt er. Dabei basierte Rassismus besonders in Europa nie ausschließlich auf der Unterscheidung nach Hautfarben. Die sogenannte „Rassentheorie“, wie es sie im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gab, hat die Menschheit nicht nur in Weiße und Schwarze unterteilt, sagt Panagiotidis. Sondern in „zivilisierte“ West­eu­ro­päe­r:in­nen und „barbarische, rückständige“ Menschen im Osten. Seinen Höhepunkt fand diese Kategorisierung später unter den Nationalsozialisten, die von „slawischen Untermenschen“ sprachen. Auch das antisemitische Bild der „Ostjuden“ hängt historisch damit zusammen.

Seit der Aufklärung ist Osteuropa aus westlicher Sicht ein Ort der Rückständigkeit. Wo zuvor die gedankliche Grenze noch zwischen Nord und Süd verlief, zwischen dem „gebildeten Süden“ und dem „barbarischen Norden“, verschob sich das ab der Aufklärung: Bald blickte „der Westen“, der sich als zivilisiert verstand, auf den „rückständigen Osten“.

Im deutschen Kontext hat dieser ausgeprägte Antislawismus eine besondere „ungute Tradition“, sagt Hans-Christian Petersen. Er lehrt am Institut für Geschichte der Universität Oldenburg, unter anderem mit Schwerpunkt auf die Geschichte Russlands und der Sowjetunion. „Seit dem 18. Jahrhundert findet man in den Quellen immer wieder die Vorstellung von sogenannten ‚deutschen Kulturträgern‘, die das Licht der Kultur in den ‚dunklen Osten‘ bringen würden“, sagt er. Reisebeschreibungen seien das vorrangig, die davon erzählten, „wie unzivilisiert und rückständig alles sei“, dort im Osten. Ein kolonialistischer Blick auf den Osten lasse sich darin durchaus erkennen. Es greift also zu kurz, den deutschen Kolonialismus ausschließlich auf die Jahre zwischen 1884 und dem Ende der Ersten Weltkriegs zu begrenzen.

Diese deutsche Tradition findet ihren Ausdruck in dem Begriff des „deutschen Ostens“. Der wird damals als ein zur freien Verfügung stehender Raum imaginiert, ein „im Grunde kulturell leerer Raum, den man komplett neu aufbauen und mit der eigenen Kultur und Höherwertigkeit füllen könnte“, sagt Petersen. Seinen negativen Höhepunkt findet das später unter den Nationalsozialisten und dem im kollektiven Wissen kaum verankerten „Generalplan Ost“.

Hitlers verbrecherischer Plan

Mit dem Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion träumte Hitler 1941 vom Idealbild des „Ostraums“, der bis zum Ural als deutsches Siedlungs- und Versorgungsgebiet in Besitz genommen werden sollte. Hitlers verbrecherischer Plan war es, fünf Millionen Deutsche im annektierten Polen und im Westen der Sowjetunion anzusiedeln. 31 Millionen Menschen sollten insgesamt deportiert oder ermordet werden. 14 Millionen „Fremdvölkische“ sollten Arbeitssklaven werden. Das Leben der slawischen und jüdischen Bevölkerung auf diesen Gebieten war bedroht durch Hunger, Ausbeutung, Deportation und Tod. Einzig der Verlauf des Krieges hat dem mörderischen Plan ein Ende gesetzt. Antislawischer Rassismus war im deutschen Kontext genozidal, sagt Migrationsforscher Panagiotidis.

Bis in die Nullerjahre hinein tauchten die NS-Verbrechen in Osteuropa im kollektiven deutschen Gedächtnis allerdings nur am Rande auf. Das änderte sich zum Teil mit der zweiten Wehrmachtsausstellung ab dem Jahr 2001, mit dem Beginn der Zwangs­ar­bei­te­r:in­nen­de­bat­te und der Gründung der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft im Jahr 2000 sowie dem Beginn der Entschädigungszahlungen an ehemalige Zwangs­ar­bei­te­r:in­nen aus Osteuropa.

In den vergangenen zwanzig Jahren lief die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Verbrechen im Osten Europas gesellschaftlich dennoch schleppend. In der Wissenschaft finden sich hingegen umfassende Werke und Untersuchungen dazu. Verwunderlich also, dass es dieses Wissen kaum in den antirassistischen Diskurs geschafft hat.

Angst vor Opferkonkurrenz

Unwissen allein wäre ein Zustand, den man ändern könnte. Leider gesellt sich bei manchen An­ti­ras­sis­t:in­nen auch ein Unwille dazu, Geschichte und Betroffenheit von Ost­eu­ro­päe­r:in­nen anzuerkennen. Als gäbe es eine Angst vor Opferkonkurrenz oder einfach keinen Platz für diese Menschen im antirassistischen Diskurs.

Im vergangenen November regte sich der Journalist Hasnain Kazim auf Twitter darüber auf, wer im Zusammenhang mit der US-Präsidentschaftswahl als USA-Experte eingeladen werde. „Das ist wie mit der Helmut-Kohl-Regierung, wen die alles als ‚Russlanddeutschen‘ sah – da reichte auch der Besitz eines deutschen Schäferhunds vor 200 Jahren“, schrieb er. Sein Tweet löste Kritik aus. Das ignorierte Kazim zunächst, löschte seinen Tweet aber.

Kazim, der selbst immer wieder Opfer von rechten Hassnachrichten und Rassismus wird, trat also verbal gegen Menschen, die Ähnliches erlebten. Überrascht das? Nicht wirklich. Kazim offenbarte nicht nur, dass er unsensibel gegenüber der Geschichte der Russlanddeutschen war, er bediente sich auch einer plumpen Parole, die schon vor über zwanzig Jahren unter Rechten beliebt war.

Nach Tagen der Stille entschuldigte sich Kazim auf Facebook. Wobei er auch da erneut bewies, in seiner Auseinandersetzung mit dem Thema nicht weitergekommen zu sein. Er sprach von Russlanddeutschen als Einwanderern, die wegen ihres „deutschen Bluts“ eingebürgert worden wären, während nichtweiße Migrant:innen, die schon länger in Deutschland lebten, höhere Hürden überwinden mussten, wie beispielsweise Kazims Familie.

Gewalt gegen postsowjetische Migranten

Tatsächlich wurden Russlanddeutsche nie wegen ihres „deutschen Bluts“ eingebürgert. Grundlage war vielmehr die erlebte Vertreibung und Deportation während des Zweiten Weltkriegs. Nachweisen mussten Russlanddeutsche ihre „deutsche Volkszugehörigkeit“, also eine ethnische Zugehörigkeit. Von vielen Deutschen wurden sie aber pauschal als „Russen“ angesehen.

Kaum bekannt sind die postsowjetischen Migrant:innen, die Opfer rassistischer Gewalt wurden. Wahrscheinlich weil man sie schwer kategorisieren konnte. Waren sie nicht zu weiß, um Rassismus zu erleben? Migrationsforscher Panagiotidis schreibt in seinem aktuellen Buch „Postsowjetische Migration in Deutschland“ darüber.

Am 4. Mai 2002 attackierten Jugendliche den Aussiedler Kajrat Batesov und seinen Freund Maxim K. vor einer Disko und beschimpften sie als „Scheißrusse“. Batesov starb am 23. Mai 2002 an seinen Verletzungen. Ein „fremdenfeindliches Tatmotiv“ wollte das Gericht damals nicht erkennen.

In Heidenheim erstach ein Rechtsextremist am 19. Dezember 2003 Viktor Filimonov, Waldemar Ackert und Aleksander Schleicher, alle drei junge Spätaussiedler. In diesem Fall sah das Gericht ebenfalls keinen rassistischen Hintergrund.

Dass sich unter den Tätern rassistischer Gewalt auch postsowjetische Migranten finden, gehöre „zu den Paradoxien der deutschen Mehrheitsgesellschaft“, schreibt Panagiotidis.

Der Russlanddeutsche Alex W. erstach am 1. Juli 2009 die im dritten Monat schwangere Ägypterin Marwa El-Sherbini in einem Dresdner Gericht. Das rassistische Tatmotiv war hier eindeutig.

Was illustriert das?

Wohl dass die Grenzen zwischen Tätern und Opfern nicht immer so eindeutig verlaufen wie manche es gerne hätten. Die Realität ist eben komplexer als bislang noch oft im antirassistischen Diskurs dargestellt.

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35 Kommentare

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  • Wenn es um Rassismus geht, sind wir Deutschen Spitzenklasse. Es wird der Rassismus der Deutschen in Afrika beklagt, gegen Polen, der Antisemitismus, gegen Slawen ... im Grunde genommen, scheint es, wir wären Rassisten gegen aller Welt.



    Dabei wird jedoch ein kleiner, aber wichtiger Teil des Rassismus übesehen. Nämlich der innerdeutsche Rassismus. Ja, noch immer, 30 Jahre nach dem Beitritt der 5 "neuen" Bundesländer steht die Mauer in vielen Köpfen. Einige wünschen sie sich sogar zurück. Warum fängt die Antirassismus-Debatte erst an der Außerdeutschen Grenze an? Es wird noch immer ein Unterschied zwischen "West" und "Ost" gemacht.



    "Niemand darf auf Grund seiner Herkunft diskriminiert werden ..." so steht es im Grundgesetz. Aber es scheint einen ungeschriebenen Unterartikel zu geben, der da lautet, es sei denn, er kommt aus "Ostdeutschland".



    Wie ist es denn anders zu erklären, dass es noch immer zwei verschieden Lohnsektoren und Rentenniveaus gibt? Das kann schon lange nicht mehr mit angeblich niedrigeren Mietpreisen im Osten Gegenargumentiert werden, denn die Steuer- und Abgabenlast liegt überall gleich hoch, ebenso die Kosten für Strom und Lebensmittel.



    Wenn wir also würdevoll mit der Welt umgehen wollen, warun fangen wir nicht bei uns sebst an?

    In diesem Sinne, ein gesegnetes Osterfest.

  • Danke für diesen lange überfälligen Beitrag, der endlich auch die Diskriminierung gegen Osteuropäer thematisiert.

  • Wir müssen die Begriffe, die wir verwenden im Kampf gegen Rassismus endlich historisieren.

    D.h. auch zu erkennen, dass Europa nicht einfach Begriffe übernehmen kann, die in den USA im Kontext besonderer Verhältnisse entstanden sind.



    Ausgangspunkt muss die Beschreibung der tatsächlichen Verhältnisse in Europa sein. "Weiß" und "Schwarz" assoziieren Hautfarbe - eine Kategorie, die in Deutschland durch die Kritik am "Rasse"-begriff enorm an Bedeutung verloren hatte. D.h. gerade nicht, dass man die Erfahrungen übersieht, die Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe (hell, dunkel...) machen!



    Im Gegenteil. Wir müssen die vollkommen willkürliche Einteilung von Menschen nach äußerlichen Merkmalen immer wieder als völlig falsch und als banale Machtstrategie entlarven, statt daraus nach US-Vorbild stabile Opfer-"communities" zu schaffen, die es hier so oft gar nicht gibt.



    ALLE, die sich demokratisch nennen, müssen aktiv und jederzeit JED*EN unterstützen, die diskriminiert werden. Egal, worauf sich die Diskrimierung stützt.

  • [...]

    Die Unfähigkeit diesen Unterschied zu begreifen ist mit ein Hauptgrund, welcher die unsichtbarkeit der Rassimus Erfahrungen der Ost Migrantinnen verursacht. Die Menschen aus dem ost Raum können nicht weiss sein, da sie strukturelle benachteiligung erfahren, verursacht aus Jahrhundert alten ideologischen Kontinuitäten. Eine helle Hautfarbe zu haben macht Menschen nicht weiss. Weiss sein ist eine soziale Konstruktion und "state of mind" bzw. summe an privelegien. Genau diese haben die migrantisierten aus dem Ost Raum nicht, da sie wie beschrieben strukturell geothered und unterdrückt werden auch wenn einige der West europäischen norm an aussehen mit einer hellen Hautfarbe mehr oder weniger entsprechen. An der Stelle kommt featurism ins Spiel, begründet auf der NS propaganda (Runde Köpfe, klumpige Gesichter etc.), was die otherness auf der interpersonellen Ebene weiter begründet. So hat die Gruppe trotz des White passing kein Deutsch-passing und wird als fremd bzw "irgendwie osteuropäisch" und nicht deutsch somit auch nicht weiss markiert. Ist ebenfalls längst überfällig, dass die community diesen Schritt begreift und endlich aufhört sich selbst als weiss zu bezeichnen. Und es für den deutschen Kontext generell bitte überdacht und diskutiert wird, dass die Übernahme von Begrifflichkeiten wie poc aus dem US Kontext einfach null Sinn macht.

    Dieser Kommentar wurde gekürzt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette. Die Moderation

  • "„Seit dem 18. Jahrhundert findet man in den Quellen immer wieder die Vorstellung von...deutschen Kulturträgern‘, die das Licht der Kultur in den ‚dunklen Osten‘ bringen würden“, sagt er. Reisebeschreibungen ...die davon erzählten, „wie unzivilisiert und rückständig alles sei“, dort im Osten. Ein kolonialistischer Blick auf den Osten lasse sich darin durchaus erkennen." Ich denke es fehlt aber hier auch noch ein entscheidender Faktor um das ganze Bild zu bekommen: nämlich den Russlands als expandierendem kolonialistischem Imperium genau in eben jenem 18. Jh (und darüber hinaus) im Osten bis ans Japanische Meer im Süden bis in den Iran und Rumänien. In einigen Regionen traf man auf Jäger- und Sammlerkulturen in anderen auf Muslime (sumarisch Tataren) und hat überall systematisch Siedlungsgürtel angelegt mit Russen aber auch mit Siedlern aus Deutschland; man brauchte Siedler, um diese Regionen für das Russische Reich besetzt zu halten, etwa auf der Krim, an der Wolga etc. Man blickte in Russland übrigens damals, oft auch noch bis in die Gegenwart, selbst von oben herab auf all die Völker die man sich da ins Reich einverleibt hat, hat sie russifizierungs- und allerlei "Zivilisierungskampagnen" unterworfen mal im orthodox- christlichem Impetus mal im Geiste sozialistischer, allsowjetischer, Gleichmacherei (auch wenn man feinsäuberlich im Pass vermerkte welcher Ethnie, jmd war), man hat unter der Oberschicht des Beamtenadels, am Hof in St. Petersburg und Moskau auch große Teile der ethnisch russischen Bevölkerung für ungebildet und "unzivilisiert" gehalten, man darf nicht vergessen, schließlich hat man sie ja selbst in Leibeigenschaft und Analphabetismus gehalten. Schulen für das Gross der Bevölkerung gab es nicht, Peter ist durch Europa gereist um Know- How und Siedler- Handwerker, Ingenieure, Architekten, Militärs anzuwerben um das eigene Land zu reformieren und die eroberten Gebiete zu kolonisieren. Alles mit der Nazizeit zu vermischen ist nicht erkenntnisfördernd.

  • Ach, jetzt plötzlich?



    Vorher war es aber nie ein Problem und wurde nie diskutiert, dass der Satz "you cannot be racist against white people" oder seine deutsche Entsprechung immer weiter verbreitet und zementiert wurde.

    Diese gesamte Diskurs erscheint von vielen Seiten derart schematisch geführt zu werden, dass es oft vordergründig nur noch um Diskussionen geht und nicht mehr um individuelles Leid.

    Vielleicht sollten wir aufhören, von Rassismus in der Weise zu reden, dass sich immer einer verteidigen muss oder sich herabgesetzt fühlt ob seiner Identität als Mehrheitsangehöriger bla, bla, bla und mal darüber reden, wie wir als Gesellschaft friedvollen, freundlichen, rücksichtsvollen Umgang miteinander fördern können. Also mit ALLEN Menschen.



    Das geht weder, indem herabsetzende, also rassistische Aussagen und Haltungen toleriert oder verbreitet werden, noch, indem man mit gleicher Munition zurückschießt und behauptet, herabsetzende Kommentare gegen die Mehrheitsgesellschaft oder "Weiße" wären aber nicht so schlimm, da "nicht rassisisch". Wie der Artikel sehr schon demonstriert, wird dann eben doch immer wieder das ein oder andere Indivuduum oder sogar eine ganze Gruppe getroffen, die doch darunter leidet, trotz, in diesem Fall "Weißsein".

    Wenn einfach mal Menschlichkeit Thema wäre, der Umgang mit Menschen, nicht der Umgang mit bestimmten Menschengruppen, sondern grundsätzlicher Respekt und Höflichkeit gegenüber ALLEN, dann würden wir uns vielleicht nicht in oft sinnlosen Grabenkämpfen verlieren und einige hätten vielleicht weniger Grund für Aggressionen.

    • @BlauerMond:

      "Diese gesamte Diskurs erscheint von vielen Seiten derart schematisch geführt zu werden, dass es oft vordergründig nur noch um Diskussionen geht und nicht mehr um individuelles Leid."

      Volle Zustimmung!

  • JEGLICHE Diskriminierung und JEGLICHER Rassismus ist zu kritisieren.

    Rassismus ist nicht teilbar in 'akzeptablen' Rassismus und nicht - akzeptablen Rassismus.

    Der englische PoC Calvin Jones - er ist Lehrer und Politiker - sagt, nachdem er auf den Rassismus gegen weiße Schüler in den Schulen Londons, in denen sie in der Minderheit sind, hingewiesen hat:

    "Eine Menge weißer Menschen erfährt im Moment Rassismus, anti-weißer Rassismus ist im Moment der populärste Rassismus, nach dem Anti-Semitismus.

    Es ist so modisch anti-weiß zu sein, es ist akzeptabel, man kann über den weißen Mann sprechen, so viel man will, und niemand wird mit den Augen blinzeln, niemand wird die Augenbrauen heben - es ist völlig ok."

    Quelle:



    "I'm Controversial Because I Say Things a White Man Can't" - Calvin Robinson



    www.youtube.com/watch?v=zDCIPt8lUGM [ab 7')

  • 9G
    97287 (Profil gelöscht)

    Ganz so einfach ist das nicht. Mein Großvater ( 1882 geb. ) sagte mal so nebenbei: Serbien muß sterbien.



    Der Hintergrund: Im 1. Weltkrieg starb sein Bruder im Kriegsgefangenenlager.



    Da damals Böhmen / Mähren noch Österreich zugehörig waren mussten die Einwohner für den Kaiser ins Feld ziehen, das betraf auch slawische Ethnien ( Tschechen, Slowenen, Slowaken , usw). Nach dem 1 . Wk. mussten die deutschsprachigen Minderheiten dies in den jeweiligen Gebieten büßen ( Entlassung der Beamten, Bahner, Lehrer usw.) . Diese Diskriminierung nutzen dann die Nazis und führten zur Besetzung der Tschechoslowakei. Nach 45 wurde das Deutsche Element endgültig aus Böhmen , Mähren und dem gesamten Balkan getilgt. Der Rassismus hat seine Wurzeln in den Nationalstaaten. Das ist auch jetzt wieder zu beobachten, in Serbien, Kroatien, Bosnien sowie Katalonien, Baskenland und leider auch in Polen , Ukraine und vielen anderen Ländern. In Deutschland ist er vorhanden, aber er spaltet( noch nicht ) die Gesellschaft. Fremde, und dazu zähle ich die Flüchtlinge nach 45 und auch die Russlanddeutschen, wurden noch nie geliebt. Auch in Schweden, Dänemark , Holland , Frankreich oder England, schlägt ihnen der blanke Hass entgegen. Gerade auf dem Balkan ist er jedoch besonders ausgeprägt. Bei Ungarn , Griechenland, Serbien und Bosnien besonders. Hier gilt es aufzuklären.

    • @97287 (Profil gelöscht):

      Können Sie Ihre Behauptungen, etwa in Bezug auf den Balkan irgendiwe belegen?



      Kroaten, Serben und Bosniaken sind ja nun nicht direkt unterschiedliche Rassen, das behaupten dort nicht mal die größten Nationalisten.

      Halten Sie es für sinnvoll, Nationalismus, Rassismus und ethnische Vorurteile zusammen in einen großen Sack zu stecken?

  • Dass die Russlanddeutschen/Deutschrussen bei der antirassistischen Linken keine Lobby haben, verwundert nicht - gelten sie doch höchstoffiziell und völlig pauschal als Nazis: www.bpb.de/politik...-russlanddeutschen

    Interessanterweise ist das genau die gleiche Klientel, die "Rassismus" schreit, wenn man türkischstämmigen Deutschen pauschal eine Nähe zu Erdogan unterstellt.

    Opferhierarchie halt, wie immer...

  • Ein guter und, wenn man sich hier einige Kommentare so durchliest, absolut notwendiger Artikel.



    Danke.

  • Die eigentliche Ironie ist, dass die Deutschen zu mindestens 50% oder mehr teilweise oder ganz aus "germanisierten Slawen" bestehen, also Slawen, die vor sehr langer Zeit einmal das Deutsche als Muttersprache angenommen haben. Und zwar keineswegs nur diejenigen Deutschen, die mit Nachnamen Littbarski, Wischnewski, Grzimek, Kempowski, Nowottny, Biolek Karliczek oder ähnlich heißen. Sondern auch viele Deutsche mit "urdeutschen" Namen, die also z.B. Meier, Müller oder Schulze heißen, haben, meist ohne sich dessen bewusst zu sein, zumindest teilweise slawische Vorfahren. Denn zur Zeit der Völkerwanderung im Frühmittelalter gab es ein Großes "Hin- und Her" von Germanen und Slawen, Slawen siedelten nicht nur im heutigen Ostdeutschland, sondern auch in Norddeutschland, Lübeck war ursprünglich eine slawische Siedlung, das Wendland in Niedersachsen, bekannt durch die Anti-AKW-Bewegung der 1980er Jahre, heißt nach den Wenden, das alte deutsche Wort für Slawen, die damals dort siedelten und noch bis ins 18. Jahrhundert hinein die slawische Sprache Polabisch sprachen. Schon von daher ist "antislawischer Rassismus" in Deutschland mehr als absurd.

  • "Die Deutschen und die Skandinavier, die beide zu der gleichen großen Rasse gehören, bereiten nur den Weg für ihren Erbfeind, den Slawen, wenn sie miteinander streiten, statt sich zu verbinden."

    Karl Marx , 1853, Brief an Engels.

    Aus:

    Marx & Engels intim: Erstaunliches aus dem unzensierten Briefwechsel von Karl Marx und Friedrich Engels.

  • Von der Ignoranz der Ausmaße der menschlichen und kulturellen Verwüstungen, die im WK 2 zwischen Ostsee, Adria uns Moskau angerichtet wurden bis hin zu aktuellen Grenzschließungen von denen der Osten, aber nicht der Westen (z.B. Belgien betroffen ist und herablassendem Angeduze von Personen mit östlich klingernden Namen, gibt es eine Menge rassistischer Handlungen, nicht nur in D, oder dem Westen allgemein, sondern auch in (Mittel-)Osteuropa selbst.



    Der aktuelle antirassistische Diskurs ist ein Import aus den USA, die puritanisch -abstammungszentrische Art, wie Leuten vorgeschrieben wird, wer was wie sagen, tragen oder machen darf ist reinster US- Kulturimperialimus, denn er negiert den Kontinerntal-europäischen ehnisch-religiösen Rassismus und beschäftigt sich nur mit Hautfarbenrassismen, die eher ein Problem der Atlantikanrainer sind - eine Folge des Sklavenhandels und Kolonialismus waren.



    So nötig eine Bekämpfung des Hautfarbenrassismus ist - er ist nur ein Teil des Rassismusproblems, wenn man Rassismus als Aneignung feudaler Denk- und Ausbeutungsstrategien durch das Bürgertum begreift, ist klar, dass die Opfergruppen jeweils verschieden sind, je nach dem, welche Bevölkerungen unterdrückt werden sollten - eine Strategie, die sich bis zu den eindeutig rassistisch geprägten genozidalen Verbrechen im WK2, oder später in Jugoslawien oder auch in Afrika (Ruanda) hinzieht.

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Als wir Anfang der 80*iger in (Ost)-Berlin "Russen raus" riefen, war das nicht Nazi-Sprech sondern Kampf gegen koloniale Unterdrückung.



    Gab dann auch eine Welle an Verhaftungen.

    • @4813 (Profil gelöscht):

      Also zumindest in meiner Ossi-Familie war "Russen raus" definitiv rassistisch gemeint. Auch die ganzen Russenwitze, die dort noch lange kursierten waren rassistisch und nicht "antikolonialistisch". Vielleicht war das ja bei euch anders.

    • @4813 (Profil gelöscht):

      Der Rest der Sowjetarmee hätte wohl bleiben dürfen?

      Rassismus fängt schon damit an, alle als "Russen" zu betiteln...

      • 4G
        4813 (Profil gelöscht)
        @warum_denkt_keiner_nach?:

        Wenn sie sich mit Geschichte auskennen würden, wüßten sie, dass es dabei nicht um Soldaten ging, sondern um einen Auftritt einer russischen Band auf dem Alexanderplatz.



        Der Rest der Sowjetunion war ebenso russische Kolonie und damit Opfer - außer Georgien.

        • @4813 (Profil gelöscht):

          "Wenn sie sich mit Geschichte auskennen würden, wüßten sie, dass es dabei nicht um Soldaten ging, sondern um einen Auftritt einer russischen Band auf dem Alexanderplatz."

          Muss ja ein Ereignis von Weltbedeutung gewesen sein :-)



          Meiner Erfahrung nach war mit solchen Sprüchen meist die Sowjetarmee gemeint.

          "Der Rest der Sowjetunion war ebenso russische Kolonie und damit Opfer - außer Georgien."

          Und schon geht's weiter. Immer schön einteilen. In böse Russen und Georgier und die guten Anderen. Immer entlang der Abstammungslinie. Die historische Wahrheit ist allerdings, dass es in allen Völkern der Sowjetunion Täter und Opfer gab. Mit völkischem Gedankengut kann man die Sowjetunion nicht begreifen.

    • @4813 (Profil gelöscht):

      Und diese Verhaftungen waren durchaus verdient.

      • 4G
        4813 (Profil gelöscht)
        @Linksman:

        Genau deshalb muss man Linksmänner und Rechtsmänner beobachten.

        • @4813 (Profil gelöscht):

          Und wie beobachten zurück.

  • @ Erica Zingher



    Ich frage mich in wie weit diese Aussage haltbar ist:



    "Tatsächlich wurden Russlanddeutsche nie wegen ihres „deutschen Bluts“ eingebürgert. Grundlage war vielmehr die erlebte Vertreibung und Deportation während des Zweiten Weltkriegs. Nachweisen mussten Russlanddeutsche ihre „deutsche Volkszugehörigkeit“, also eine ethnische Zugehörigkeit."

    Es gab zwei große Einwanderungsgruppen aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland Spätaussiedler und jüdische Kontingentflüchtlinge.



    Die ersteren wurden sofort Eingebürgert, die letzteren mussten sich dem normalen Einbürgerungsprozedere unterwerfen.



    Die Feststellung, dass Spätaussiedler auf Grund ihres "deutschen Blutes" eingebürgert wurden erscheint also nicht ganz unberechtigt. Sie unterstreicht viel mehr den dem jus sanguinis Grundsatz innewohnenden Rassismus.

    • @_Karl_:

      So einfach ist das nicht, die von Katharina der Großen eingeleiteten Besiedlung russischer Gebiete mit Deutschen folgte vielmehr einem komplexen staats- und völkerrechtlichen Prozedere. Sehr kurz zusammengefasst: Die deutschen Einwanderer erhielten das Recht, deutsch zu bleiben. Aus deutscher Sicht haben sie somit nie ihre Staatsangehörigkeit verloren, sofern sie dies (gem. § 6 BVFG) durch Festhalten am "Deutschtum" nach außen dokumentiert und an ihrer (deutschen) Sprache festgehalten haben. Deshalb der Deutschtest bei den Spätaussiedlern, die vor 1923 geboren wurden. Mit Blut hat das wenig zu tun. Es gab viele, die bereits im Verlauf der Jahrhunderte ihr "Deutschtum" zugunsten einer besseren Integration ins Russische aufgegeben haben. Diese wurden und werden heute nicht als Spätaussiedler anerkannt, trotz irgendwelchem "deutschen Blutes" in ihren Adern.

      • @Cerberus:

        " Aus deutscher Sicht haben sie somit nie ihre Staatsangehörigkeit verloren, sofern sie dies (gem. § 6 BVFG) durch Festhalten am "Deutschtum" nach außen dokumentiert und an ihrer (deutschen) Sprache festgehalten haben."

        Diese Reglung ist sehr bezeichnend. Sie klingt wie aus dem 3. Reich. Ist sie aber leider nicht.

    • @_Karl_:

      "...mussten sich dem normalen Einbürgerungsprozedere unterwerfen."

      Eine Betroffene hat mir Anfang der 90er von Vermessungen des Schädels erzählt. Alles ganz normal...

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Als betroffener Spätaussiedler i am calling this bullshit. Es wurden und werden keine Schädel vermessen.

        • @Hampelstielz:

          Wie gesagt. Hat mir eine Betroffene Anfang der 90er erzählt. Lustiger Weise war sie deutsch genug. Ihre Schwester nicht.

  • Obs da Platz gibt? Na klar gibts den. Weil Rassismus Rassismus bzw. Fremdenfeindlichkeit Fremdenfeindlichkeit bleibt. Und weils keinerlei Unterschied macht, ob sich das nun gegen farbige Menschen, Asiaten, Slawen, Minderheiten oder wen auch immer richtet. Es geht schlicht IMMER darum, dass jemand als "anders" wahrgenommen, nicht akzeptiert und deshalb angefeindet wird. Dass ist bei Rassimus von osteuropäischen Spätaussiedlern genau das Gleiche.

    Vielleicht wärs mal wieder an der Zeit diese verschiedenen Auswüchse dieses Unrechts nicht schön deutsch sortiert in kleinteiligen Schubladen abzulegen. Dann braucht man auch keine "Opferkonkurrenz" mehr befüchten.

  • Natürlich hat Hautfarbe nichts mit Rassismus zu tun!



    Judenfeindlichkeit ist schließlich eine Spielart davon - und Juden sind genause weiß wie der Rest der deutschen Bevölkerung!



    Genauso einfach kann man Rassismus erleben, wenn man als Mittel- oder Norddeutscher in das Bundesland Bayern reist. Da wird man sehr schnell aggressiv als Saupreuße (in verschiedenen regionalen Aussprachen) angemacht.



    Rassismus ist einfach Menschenhaß. Eine Entschuldigung dafür findet sich schon...

  • Es wäre hier auch interessant gewesen mal die Situation der Sorben vor und nach 45 als slawische Minderheit in Deutschland zu betrachten. Die zwei versuchten Genozide erst unter den Nazis dann in der abgeschwächten Fortsetzung in der DDR. Die insgesamt verlogenen Solidaritätsbekundungen der DDR mit den slawischen Bruderländern usw. . Wie immer ist DDR-Geschichte aber ein komplettes Nicht-Thema.

    • @Šarru-kīnu:

      Könntest du den "versuchten Genozid" an den Sorben in der DDR etwas näher erläutern? Sorben sind instrumentalisiert worden, aber das ist schon noch etwas anderes als "versuchter Genozid"

      • @Sandor Krasna:

        Man hat den Sorben absichtlich Braunkohle untergeschoben. Die Folgen sind ja bekannt.

      • @Sandor Krasna:

        Die DDR wollte ja den neuen Menschen schaffen. Da waren die erzkonservativen und katholischen Sorben im Weg. Vieles aus der Politik der Nazis wurde direkt übernommen wie das Verbot sorbischer Sprache in Schulen, Kindergärten und Kirchen. Meine und die Generation meines Vaters sind deshalb ohne der Sprache aufgewachsen. Ende 89 hatten wir nur noch ca. 20000 sprachkundige Sorben hauptsächlich älteren Semesters. 30 Jahre später wären wir vollends germanisiert gewesen, wie es schon die Nazis geplant hatten als wir slawischen Untermenschen für die Aufnahme in die deutsche Volksgemeinschaft für würdig befunden wurden. Natürlich ist die DDR wegen der Protektion vor allem aus Jugoslawien von Tito nicht direkt gegen uns vorgegangen. Ich nenne es trotzdem einen versuchten Genozid. Die Wende kam hier gerade noch rechtzeitig. Heute lernen viele junge Leute wieder die Sprache und die Zahl der Sprecher hat sich im Vergleich zu 89 wieder etwa verdreifacht.