piwik no script img

Europas dritte Fußball-LigaSo wie einst gegen Haka Valkeakoski

Union Berlin könnte sich für die Uefa Conference League qualifizieren. So richtig möchte das niemand. Was soll das eigentlich sein?

Hä? Conference League? Mir doch egal. Max Kruse, Unioner Foto: Contrast/imago

D ie aus dem Osten haben schon wieder gewonnen. Union Berlin hat Köln mit 2:1 geschlagen und steht weiter auf Platz sieben der Bundesligatabelle. Wer da steht, träumt, wie es so schön heißt, von Europa. „Europa, wir kommen!“, war zu Nicht-Pandemie-Zeiten ein gern gezeigtes Transparent in den Fan-Kurven. Europa stand für die Teams, die vom Mittelfeld aus ein wenig nach oben schielten, in Richtung Uefa-Cup und später dann Europa League. Letztere gibt es immer noch. Aber die Bundesliga entsendet ab der kommenden Saison statt zwei Teams nur noch einen Vertreter in diesen Wettbewerb. Das sechstbeste Team der Liga wird nun in die Europa Conference League geschickt. Wohin?

So richtig hat es sich noch nicht herumgesprochen, was dieser nach Champions League und Europa League dritte Klubwettbewerb der Europäischen Fußballunion sein soll. Max Kruse, einer, der mit dem 1. FC Union in ebenjener Conference League landen könnte, jedenfalls verspürt keine große Lust darauf und weiß nicht einmal so recht, was es auf sich hat mit dem neuen Wettbewerb.

„Europa League hätte ich Bock drauf. Europa Conference League hätte ich irgendwie keinen Bock drauf. Ich weiß noch nicht einmal, was das ist“, sagte er nach dem Sieg gegen Köln am Samstag. Damit dürfte er nicht allein sein. Auch mit seinem Abwehrreflex dagegen nicht. Ein drittklassiger Europapokalwettbewerb für die erstklassige Fußballnation Deutschland, das kann ja nichts sein.

Ausgedacht hat sich die Uefa den Wettbewerb, dessen irrwitzigen Qualifikationsmodus nur verstehen kann, wer einen Hochschulabschluss in kreativer Wettbewerbsgestaltung vorweisen kann, um den kleineren Fußballnationen zu ermöglichen, länger europäisch zu spielen als bis jetzt. Teams aus Ländern jenseits von Platz 30 der Uefa-Fünfjahreswertung waren bis dato schon in den ersten Qualifikationsrunden zur Champions League und der Europa League ausgeschieden, da hatten die großen Klubs gerade erst mit ihrer Saisonvorbereitung begonnen.

Ungeliebte Fußballzwerge

Gewinnen wird ein Team aus einem Fußballzwergenland den Wettbewerb wohl nicht so schnell. Denn mit beinahe jeder Runde kommt ein Absteiger aus den höheren Europapokalwettbewerben in die Conference League. Im Viertelfinale etwa greifen die acht Gruppendritten der Europa League in den Wettbewerb ein. Gut möglich, dass da dann mal ein Bundesligist dabei ist, der es nicht geschafft hat, sich gegen Molde oder Wolfsberg durchzusetzen. Und gut möglich, dass fünf Viertelfinalisten aus den fünf besten Ligen Europas kommen, die je einen Vertreter in die Conference League entsenden. Gut möglich also, dass der FC Liverpool oder Lazio Rom in der kommenden Saison um den Titel in Europas dritter Liga spielen.

Die Großklubs werden das vielleicht nervig finden, so wie sie es jetzt ja bereits kaum ertragen, wenn sie in der Europa League gegen osteuropäische Klubs antreten müssen, deren Namen ihre Fans schon vor dem ersten Bier nicht unfallfrei aussprechen können. Aber für einen Klub wie den 1. FC Union Berlin müsste der Wettbewerb eigentlich wie geschaffen sein.

Schon einmal haben die Köpenicker europäisch gespielt. Als Verlierer des Pokalfinales von 2001 wurde Union in den Uefa-Cup geschickt, weil Pokalsieger Schalke sich für die Cham­pions League qualifiziert hatte. Die Spiele gegen den finnischen Klub Haka Valkeakoski und der Aufstieg in die zweite Runde stellen den größten internationalen Erfolg des Klubs dar. Die Fans, die sich am 11. September zum Spiel gen Finnland aufgemacht hatten und unverrichteter Dinge wieder zurückreisen mussten, weil der Spieltag wegen des Terroranschlags auf das World Trade Center abgesagt wurde, gelten als Kultzeugen des Klubs.

Wäre es nicht schön, in einem echten Wettbewerb wieder auf einen solchen Klub zu treffen? Die Conference League könnte es möglich machen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Andreas Rüttenauer
Sport, dies und das
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Interessant sind solche Spiele durchaus für echte Fans. Zumindest wären sie das in nicht pandemischen Zeiten, mit vollen Stadien. Das geringe Interesse dürfte vielmehr an den geringen Vermarktungsmöglichkeiten, den vergleichsweise niedrigen Einnahmen und in der für kleine Clubs schwer zu stemmende Mehrbelastung liegen.

    Aber klar, so wie ein -für die CL oft zu schwacher- FC Sevilla die Euroleague für sich entdeckt und dort Titel um Titel abgeräumt hat, könnten auch Teams aus der dritten Reihe das Ganze positiv nutzen. Gerade, wenn die Großen keinen Bock drauf haben.