Viktoria Berlin spielt nun Dritte Liga: Die neue Nummer Drei

Wenn die Dritte Liga am 25. Juli startet, ist mit dem FC Viktoria 1889 erstmals wieder ein Berliner Club dabei. Eine himmelblaue Erfolgsgeschichte.

Ein paar FUßballspieler des Clubs Viktoria umarmen sich auf dem Spielfeld (ein Foto aus einem Spiel der Regionalliga Nordost): der Berliner Club ist in die Dritte Liga aufgestiegen

Das war noch Regionalliga Nordost: Na, mal sehen, ob die Aufstiegsfreude anhält Foto: Matthias Koch/imago

BERLIN taz | Lang ist die Liste der Vereine, die sich allein in jüngerer Vergangenheit als kommende Nummer Drei im Berliner Fußball ausgerufen haben. Die eigentlichen Platzhirsche für die Position hinter Hertha und Union, der DDR-Rekordmeister BFC Dynamo und der Sepp-Herberger-Club Tennis Borussia, haben eine Lücke gelassen, in die schon so mancher Provinzclub versucht hat vorzustoßen.

Die Träume aber waren stets größer als die Realität, platzten aufgrund mangelnder Professionalität, geringem Interesse oder windiger Investoren. Für den in Berlin United umbenannten Club Italia unter Trainer Icke Häßler war schon in der 6. Liga Schluss, andere wie der Berliner AK hatten in der Regionalliga ausgeträumt.

Der Verein 2013 fusionierten der BFC Viktoria 1889 und der LFC Berlin zur heutigen Viktoria. Seit dem Jahr spielte der Club ununterbrochen in der Regionalliga Nordost. 2014 und 2019 wurde der Berliner Landespokal gewonnen; der Aufstieg in der abgebrochenen Saison 20/21 ist der größte Erfolg des jungen Vereins.

Das Stadion Weil das Stadion Lichterfelde nicht drittligatauglich ist, musste Viktoria einen Ersatzort finden. Das Jahnstadion sollte ursprünglich abgerissen werden. Nun aber wird ein Bebauungsplan erarbeitet, und Viktoria darf das Stadion für zwei Jahre nutzen. 1,5 Millionen Euro muss der Verein dafür pro Saison aufbringen.

Der Auftakt Am Sonntag (25. Juli) startet um 14 Uhr die Dritte Liga für Viktoria; Gegner ist Victoria Köln. Zugelassen sind 1.800 Zuschauer, Karten gibt es vor Ort. (epe)

Keinem Verein gelang der Sprung in den Profifußball der Dritten Liga, die seit Unions Aufstieg 2009 ohne Berliner Verein auskommen musste. Bis jetzt.

Wenn am Wochenende die Dritte Liga startet, ist mit dem FC Viktoria 1889 erstmals wieder ein Berliner Club dabei. Im Jahnsportpark empfangen die Lichterfelder am Sonntag die Victoria aus Köln. Der Aufstieg gelang Viktoria in nur elf Spielen bis zur coronabedingten Unterbrechung der Regionalliga Nordost im November, die allesamt gewonnen wurden. Mit der Entscheidung über den Abbruch der Saison im März stand der Club als Aufsteiger fest – acht Jahre nach dem Aufstieg in die Regionalliga.

Chinesischer Investor

Eigentlich hatte sich Viktoria schon eingereiht in die Liste der mit großen Ambitionen Gescheiterten. Der 2013 aus der Verschmelzung des BFC Viktoria 1899 – Deutscher Meister 1908 und 1911 – und des LFC Berlin hervorgegangene Verein wollte 2018 mit Hilfe eines chinesischen Investors durchstarten, ähnlich wie zuvor Hoffenheim oder Leipzig. Doch nach nur einem halben Jahr endete man in der Insolvenz; vereinbarte Zahlungen waren nicht erfolgt, hieß es damals.

Auf den Profifußball hatte man sich in der kurzen Zeit schon vorbereitet, mit der Ausgliederung der ersten Männermannschaft aus dem Großverein. Mit 1.600 Spie­le­r*in­nen in etwa 70 Mannschaften hat Viktoria die größte aktive Fußballabteilung aller Vereine im Land.

Mit 1.600 Spie­le­r*in­nen in etwa 70 Mannschaften hat Viktoria die größte aktive Fußballabteilung aller Vereine im Land

Den Himmelblauen, wie die Viktorianer aufgrund ihrer Vereinsfarbe auch genannt werden, gelang es danach aber, neue Investoren an Land zu ziehen und die eigenen Pläne längerfristig zu verfolgen, etwa mit der Erschließung eines großen Trainingszentrums in Mariendorf, das für die in der Bundesliga spielenden Teams der U19 und der U17 sowie für die in der dritten Liga spielenden Frauen noch bessere Bedingungen bietet.

Geld kommt von den Hamburger Brüdern Zeljko und Tomislav Karajica und ihrer SEH Sports & Entertainment Holding, die als Gesellschafter eingestiegen sind und sich im Sportbusiness auskennen: Zeljko verantwortete die Entstehung des Sportsenders Sport1 und das Sportangebot von ProSiebenSat1, holte etwa die Footballliga NFL ins deutsche Fernsehen. Der im November gegründeten European Football League steht er als CEO vor. Tomislav hat sein Geld als Immobilienentwickler gemacht, half als Geschäftsführer dabei, die Basketballmannschaft Hamburg Towers in die Bundesliga zu führen, und ist mit SEH auch Eigentümer des österreichischen Fußballclus SK Austria Klagenfurt.

Auch ein bisschen Größenwahn

Erfahrung ist also da – und auch ein bisschen Größenwahn. Im Zuge der Frage, wo man kommende Saison spielen werde – das 1926 erbaute Heimstadion Lichterfelde mit seinen 4.000 Plätzen ist nicht profifußballtauglich – liebäugelte man zunächst mit dem Olympiastadion, ehe der Senat das Stadion im Jahnsportpark für zunächst zwei Jahre freigab.

Zeljko Karajica ließ aber bereits verlauten, dass das Prenzelberger Stadion bei einem Zweitligaaufstieg zu klein wäre und man dann doch nach Charlottenburg müsste. Angesichts einer fehlenden Fanszene und lediglich wenigen hundert Zuschauern, vor allem Vereinsmitgliedern, die bisher die Spiele der Viktoria besuchen, eine gewagte Prognose.

Auch sportlich scheint ein Aufstieg erst mal kein realistisches Ziel. An Gegner vom Kaliber 1860 München oder Eintracht Braunschweig muss sich das Team von Trainer Benedetto Muzzicato, der selbst noch keine Profierfahrung hat, zunächst gewöhnen.

Namhaft verstärkt hat sich das Team bislang auch nicht, sieht man mal vom offensiven Mittelfeldspieler Tolcay Cigerci ab, der schon Zweitligaerfahrung besitzt. Dazu kommen einige junge Talente wie Torhüter Julian Krahl vom 1. FC Köln. In der Vorbereitung unterlag Viktoria dem 1. FC Union mit 2:5 und jeweils mit einem Tor gegen die Zweitligisten Hansa Rostock und Hannover 96. Immerhin gegen Ligakonkurrent Magdeburg gab es ein 3:3. Egal aber, wie die Saison läuft: Den dritten Rang der Berliner Vereine kann Viktoria erst mal keiner mehr streitig machen.

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