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Medienstreit in AustralienFacebook dreht den Newshahn zu

Im Streit um Nutzungsgebühren hat Facebook die Verlinkung zu Beiträgen diverser Medien blockiert. Google zeigt sich dagegen versöhnlich.

Facebook geht gegen die Presse auf Konfrontationskurs Foto: Lucas Coch/dpa/AAP

Böses Erwachen für 18 Millionen australische Facebook-Nutzerinnen und Nutzer am Donnerstagmorgen: Statt auf den Facebookseiten von Qualitätsmedien wie dem Sender ABC einen Link zu einem Artikel zu klicken, wurden sie von einer Mitteilung von Facebook begrüßt. Der Social-Media-Gigant habe den Zugang zu australischen Nachrichten blockiert, so die Meldung. Diese können somit auch nicht mehr geteilt werden. Betroffen sind die Facebook-Seiten praktisch aller australischer Medienorganisationen und anderer Anbieter von Nachrichten.

Selbst Seiten von Nichtregierungsorganisationen und sogar des australischen Wetteramtes waren blank – ein Fehler, so Facebook, der korrigiert werde. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch meinte, es sei „skrupellos“, einem ganzen Land über Nacht den Zugang zu „lebenswichtigen Informationen“ zu nehmen. Premierminister Scott Morrison schrieb auf Facebook von einem „arroganten und enttäuschenden“ Entscheid.

Mit der spektakulären Maßnahme reagiert das amerikanische Unternehmen auf ein geplantes Gesetz, wonach Facebook und Google australischen Medienhäusern eine Abgabe für Meldungsausschnitte bezahlen sollten, welche Internetgiganten von deren Internetseiten abgreifen und verlinken. Ein Gesetzesvorschlag für einen entsprechenden Verhaltenskodex, der laut Schatzkanzler Josh Frydenberg „die Balance zwischen den Online-Giganten und traditionellen Medienhäusern wiederherstellen soll“, passierte am Mittwoch das Unterhaus und liegt nun im Senat.

Die Regierung begründet die Notwendigkeit für das Gesetz mit der Tatsache, dass in Australien rund 80 Prozent aller Werbeeinnahmen an die Internetunternehmen gingen, während traditionelle Medienhäuser unter einem Einkommensrückgang litten. Es seien aber diese Firmen, die den Inhalt produzierten, von dem Google und Facebook profitierten. Die Regierungen anderer Länder verfolgen die Entwicklung in Australien, um zu sehen, ob sie ähnliche Maßnahmen gegen immer dominanter werdende Internetunternehmen durchsetzen können.

Google zeigt sich versöhnlicher

Google und Facebook sprechen sich seit Monaten gegen das geplante Gesetz aus. Die Unternehmen argumentieren unter anderem, mit ihren Links zu Nachrichteninhalten würden sie den Medienfirmen einen Dienst erweisen, da Konsumenten damit zu deren Angeboten geführt würden. Medienorganisationen wie ABC, Nine Entertainment, Seven West Media und News Corp dagegen weisen auf den Verlust von Werbeeinnahmen hin. Die australische Regierung meint, mit dem Schritt das Überleben des Qualitätsjournalismus' sichern zu wollen.

Der Konflikt war zeitweise so hitzig, dass Google drohte, in Australien die Suchfunktion zu sperren, die von 94 Prozent aller australischen Internet-Nutzer verwendet wird. Seit ein paar Tagen zeigt sich Google aber versöhnlicher. Im Vorfeld der erwarteten Verabschiedung des Gesetzes einigte sich der Konzern offenbar präventiv mit mehreren Medienunternehmen auf eine Bezahlung von Nachrichteninhalten. Einzelheiten über Umfang und Format der Abgaben wurden nicht bekannt gegeben.

Jährliche Zahlung von 30 Millionen Dollar

„Alles, was ich von den Parteien gehört habe, jeweils aus den Medienhäusern und von den digitalen Plattformen, ist, dass es sich um großzügige Vereinbarungen handelt“, so Josh Frydenberg am Mittwoch. Berichten zufolge soll Nine Entertainment mit Google eine fünf Jahre geltende Absichtserklärung für eine jährliche Zahlung von rund 30 Millionen Dollar (19.3 Millionen Euro) unterzeichnet haben. Auch die vom Amerikaner Rupert Murdoch kontrollierte News Corp ist offenbar mit Google eine dreijährige Partnerschaft eingegangen. Die Firma werde für „vertrauenswürdigen Journalismus bedeutende Zahlungen“ von Google erhalten.

Dass Facebook mit dem Entscheid zur Blockierung von Inhalten den Konflikt sucht, hat in Australien viele Beobachter erstaunt. Schatzkanzler Josh Frydenberg hatte noch am Wochenende mit Facebook-Chef Mark Zuckerberg telefoniert und von einer versöhnlichen Unterhaltung gesprochen. Klar ist, dass der Entscheid schwerwiegende Folgen haben wird für die Qualität der Nachrichten in Australien. Die Gefahr der Verbreitung von Gerüchten und „Fake News“ steige, warnte am Donnerstag Kommunikationsminister Paul Fletcher.

Während alle etablierten Medienunternehmen das vorgeschlagene Gesetz unterstützen, meldeten einige Kenner der Medienszene Kritik an. Der amerikanische Medienprofessor Jeff Jarvis meinte, das Gesetz sei ein „Eingriff des Staates in den Markt“. Es gehe primär um die finanzielle Sicherung des amerikanischen Medienzars Rupert Murdoch, der in Australien etwa 70 Prozent der australischen Druckmedien sowie einen Fernsehsender kontrolliert. Australien sei ein gefährlicher Präzedenzfall für die Welt, weil das Gesetz die Idee eines freien Internets unterwandere.

„Dass man für das Privileg, auf jemanden verlinken zu dürfen, bezahlen muss, widerspricht der Kernethik des Webs: dass die Ränder der Macht endlich über die Macht im Zentrum gewinnen“. In den USA hätten die Menschen „dank der Verlinkung und dank sozialer Medien endlich von „Black Lives Matter“ gehört und von anderen Problemen, die lange Zeit von den Massenmedien ausgeschlossen gewesen waren“. Der Akademiker spricht von Medien, die von „alten weißen Männern wie mir kontrolliert werden“. Das Internet fordere „die Vorherrschaft dieser alten Herren heraus“.

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6 Kommentare

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  • @Axel Berger & Unbedeutend - Sie glauben doch nicht im Ernst das Facebook für irgendeine Veröffentlichung den Autor/in , Fotografen Grafiker irgend eine müde Ratze zahlt, wenn der verlinkte Artikel offen zu sehen ist.

  • Sie hätten ihre scheinbare Bedeutung ohnehin nicht, wenn sie ihnen nicht von dummen Menschen von außen zugeschrieben würde. Wenn der Premierminister Australien so tut, als könne man keine Regierungsnachrichten mehr lesen, nur weil man das nicht ausgerechnet auch bei Facebook tun kann, dann fällt mir wirklich nichts mehr dazu ein.

  • Das ist ein zirkuläres Problem: Viele laufen zu FB, die Medien & Verlage rennen hintnach, weil’s billiger und einfacher ist, als eine eigene Community aufzubauen, drehen die RSS-Feeds ab (die ich zum Beispiel geliebt habe), damit wird der Traffic über SM geleitet. (Gilt auch für Twitter, nur mit weniger Usern.)

    Bei Google ist’s ähnlich: Viele nutzen es, dadurch „lernt“ der Algorithmus, wird besser, mehr Leute verwenden Google. Auch, um Artikel zu finden – ob neue oder alte – dazu Google News als Meta-Nachrichtenseite.

    Was nur nie groß und flächendeckend ausdiskutiert wurde und wird, ist erstens die Frage, wie wenig die Verlags- und Medienhäuser durch diese beiden prozentuell und absolut an Zugriffen verzeichnen, was die Werbeschaltung wertvoller macht (und um wie viel wertvoller?), und zweitens wie wenig sie bereits wären ohne dem Entgelt, das im Raum steht, bereit wären zu teilen, in der Hoffnung und Annahme, nach wie vor Zugriffe auf ihre Seiten zu erhalten.

    Klar soll sich Journalismus lohnen. Aber in dieser Geschichte sind beide Seiten – Internetplattformen und Medienhäuser – gefühlt in die Falle des anderen getappt.

  • Die EU sollte dem Beispiel Australien folgen.

    "Australien sei ein gefährlicher Präzedenzfall für die Welt, weil das Gesetz die Idee eines freien Internets unterwandere."

    Schon krass da wird milliardenfach Copyright verletzt und Facebook fühlt sich im Recht - zerschlagen sollte man die Krake!

    • @Justin Teim:

      Meldungen über öffentliches Reden anderer und kurze Zitate verletzen kein Copyright. Wäre es anders könnte man 95 % aller Taz-Artikel streichen.

    • @Justin Teim:

      Wo wird denn das Copyright verletzt, wenn Verlage ihre eigenen Artikel bei Facebook verlinken?

      Und das die australische Regulierung unausgegoren ist, sollte eigentlich jedem einleuchten. Es läuft schließlich im Kern darauf hinaus, dass Facebook, google, duckduckgo etc. eine Dienstleistung für Dritte (Verlage) bereitstellen sollen und dafür auch bezahlen sollen.