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Debatte in Bremer Klima-EnquetePrivat oder politisch?

Ob die Politik den Konsument*innen vorauseilen muss und ob Essen eigentlich Privatsache ist, beschäftigte am Freitag die Bremer Klima-Enquete.

Beim Düngen ist die EU gefragt. Doch Bremen hat anderswo reichlich Spiel Foto: Philipp Schulze/dpa

Bremen taz | Viele Menschen wollen zwar mehr Geld für artgerechte Tierhaltung ausgeben oder fair gehandelte Produkte kaufen – aber die wenigsten tun es. Der Bereich des privaten Konsums ist zwar für den Klimaschutz zahlenmäßig nicht so relevant wie etwa die Stahlproduktion. Aber immerhin sorgt er für knapp 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die Klima-Enquete misst ihm so viel Bedeutung zu, dass sie sich in ihrer ersten Sitzung im neuen Jahr damit befasste.

Das Thema ist kompliziert: Es geht nicht bloß um Emissionen, sondern auch um Tierwohl, Gesundheit und Arbeitsbedingungen entlang der Wertschöpfungsketten. Aber wo es um Gewohnheiten, Status, Lebensstil oder Kultur geht, reichen pragmatische Kosten-Nutzen-Abwägungen nicht. Allen voran das Thema Ernährung ruft emotionale und politische Grundsatzdebatten hervor. So auch am Freitag.

Darüber freute sich Enquete-Experte Felix Matthes vom Öko-Institut gar nicht. Eine „holzschnittartige Diskussion“ hätten sich einige geliefert. Dabei sei es wichtiger, zu überlegen, was Konsument*innen leisten könnten und auch müssten – „jenseits moralischer Fragen“. Und auch, wie ein Mix politischer Instrumente aussehen könnte, mit der das Konsumverhalten der Menschen verändert werden kann.

Ein Ausgangspunkt der Debatte war der Vortrag von Umweltwissenschaftler Michael Kopatz vom Wuppertal Institut, der an das Problem anschloss, dass wir Menschen ja wollen, aber irgendwie nicht machen. Man sei „individuell überfordert“, sagte Kopatz. Jetzt müsse die Politik Rahmenbedingungen schaffen, die Menschen dazu ermächtigen, sich nachhaltiger zu verhalten. Aktuell „motivieren unsere Strukturen zur Verschwendung“.

Aktuell motivieren unsere Strukturen zur Verschwendung

Michael Kopatz, Wuppertal Institut

„Veggie Day?! Einfach machen“, steht auf einer von Kopatz’ Vortragsfolien, „am besten, ohne groß drüber zu reden“, ergänzt er. Vieles lasse sich über Anreize regeln: pünktliche Busse auf separaten Spuren, breite Radwege, autofreier Sonntag, Grünflächen. Und für vieles gelte: einfach sein lassen, wie etwa den Bau von Logistikzentren, Parkplätzen, Auto- oder Landebahnen. Bremen dürfe „unter keinen Umständen den Flughafen ausbauen oder unterstützen, wenn er sich wirtschaftlich nicht trägt.“

Zudem sollten die Bauämter bereits bestehende Regeln zu Sanierungen besser kontrollieren und sanktionieren. Und bei jeder neuen Baufläche müsse man sich fragen, wie man die Bedarfe derjenigen decken kann, die sich verkleinern wollen.

„Auf wie vielen Quadratmetern wohnen Sie eigentlich?“, fragte der Abgeordnete Jens Eckhoff (CDU) Kopatz nach seinem Vortrag und fügte hinzu: „Ein Großteil der Ansätze werde nicht dazu führen, dass sich die Situation verbessert, sondern eher verschlechtert.“ Man erreiche die Menschen nicht, wenn man „permanent den moralischen Zeigefinger“ hebe, ihnen vorschreibe, auf wie vielen Quadratmetern sie zu wohnen haben oder wie oft sie Fleisch essen dürfen.

„Ich muss mich wohl völlig falsch ausgedrückt haben“, entgegnete Kopatz, er habe nie von Verboten gesprochen. Es gehe nur um Anreize im Rahmen der Marktwirtschaft. Das sei doch politischer Alltag. So wie die CO2-Steuer, die auch von der CDU auf Bundesebene mit auf den Weg gebracht wurde. „Ich spreche mit sehr vielen CDU-Politikern, wir sind in vielen Punkten einer Meinung“, sagt er.

„Dann sollten Sie an der einen oder anderen Stelle an Ihrem Vortrag arbeiten“, so Eckhoff, „es liegt wohl nicht an meiner minderbemittelten Aufnahmefähigkeit, dass ich da nicht das CDU-Grundsatzprogramm erkenne.“ Sigrid Grönert, Eckhoffs Fraktionskollegin, sprang ihm bei: „Es ist doch nicht so, dass wenn wir Flug- und Autobahn nicht bauen, weniger Leute fliegen oder fahren.“

Beim Straßenbau, entgegnete Kopatz, sei es schon bewiesen, dass der Verkehr mit jeder existierenden Strecke zunehme. Für Bremen sei dies besonders für Strecken für Pendler*innen relevant.

Als der Abgeordnete Philipp Bruck (Grüne) am Ende der Sitzung vorschlug, bei der Gemeinschaftsverpflegung im Land auf vegane Ernährung zu setzen – es gehe dabei „in der Regel nur um eine Mahlzeit am Tag, es müssten nicht alle Veganer werden“ –, mahnte Grönert an, „da nicht zu streng vorzugehen“.

Viele Referent*innen zitierten am Freitag Empfehlungen, nach denen der Fleischkonsum drastisch reduziert und mehr Obst und Gemüse konsumiert werden müsste, vor allem biologisch und regional angebaut. Der Abgeordnete Magnus Buhlert (FDP) betonte in einem seiner Statements, dass Essen dennoch „hochgradig privat“ sei. Bruck widersprach dem deutlich: „Es gibt kaum einen Bereich, der so hohe externe Kosten hat. Es wäre absurd zu sagen, da greifen wir politisch nicht ein.“

Eine der für die Enquete wichtigsten Fragen war am Freitag, was Bremen eigentlich selbst tun kann. Subventionen für die Landwirtschaft werden auf EU-Ebene verteilt, Steuerpolitik ist meist Bundesangelegenheit. Was bleibt? Verkehrspolitik, Wirtschaftsförderung, Gemeinschaftsverpflegung sind Stellschrauben, die am Freitag immer wieder auftauchten. Wie genau das Querschnittsthema Konsum von der Enquete angegangen wird, muss wohl noch ausdiskutiert werden.

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1 Kommentar

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  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Veggie Day - Ja bitte.



    Einmal die Woche sollte das jeder hinbekommen.



    Mich ausschließlich vegetarisch oder gar vegan zu ernähren, fällt mir allerdings schwer. Auch weil so viel Zeug in den Pseudo-Fleischprodukten enthalten und zudem sauteuer ist. Wenn ich Fleisch essen will, kaufe ich Fleisch und kein Fake-Produkt.



    Aber es gibt viele Gerichte ohne Fleisch. Einfach machen!



    Vorschlag für heute: Eierkuchen, Kartoffelpuffer, Spaghetti mit ....., Erbsen- oder Linseneintopf - das kann jeder.



    Komplizierter wird`s wenn man mehr Abwechslung haben will - indisch zum Beispiel. Nicht ganz einfach, wenn man es mit dem indischen Essen aus dem Restaurant vergleicht.