Christchurch-Nachahmer verurteilt: Isoliert und rechts
Der Möchtegern-Rechtsterrorist Felix F. soll in die Jugendpsychiatrie. Für eine tatsächliche Gefährdung sah das Gericht nicht genug Anhaltspunkte.
Auf der Festplatte seines Laptops befanden sich Hunderte Videos, Bilder und Musik mit extrem rechten Inhalten, die Felix F. gesammelt hatte. In seiner Wohnung fand man zahlreiche Notizen – mit Hakenkreuzen und SS-Runen versehen. Das hatten in der vergangenen Woche die Polizeibeamten ausgesagt, die seine Datenträger ausgewertet hatten.
Der Angeklagte beteuerte dagegen, er habe sich lediglich mit der Ideologie des Nationalsozialismus auseinandersetzen wollen. Eine Aussage, die der psychiatrische Gutachter Andreas Tänzer in seinen Ausführungen anzweifelte. Er betonte, der „Konsum von solchen Mengen, sei nicht mit einem sachlichen Aufklärungsinteresse zu begründen“.
Tänzer berichtete, Felix F. habe seit seiner Jugend massive Angst- und Zwangsstörungen und daraufhin eine kombinierte Persönlichkeitsstörung entwickelt, die ihn in vielen Lebenssituationen handlungsunfähig gemacht habe. Zuletzt sei er überfordert und isoliert gewesen und habe nur noch Kontakte im Internet gehabt.
Verteidiger sieht keine rechtsradikale Einstellung
Einem dieser Kontakte gegenüber, einem völlig Unbekannten, der ihm per Zufallsprinzip als Videochatpartner zugespielt wurde, hatte Felix F. die Anschlagspläne geäußert. Er sei bewaffnet und stehe vor einer Moschee, hatte er behauptet. In den frühen Morgenstunden des nächsten Tages stürmte die Polizei seine Wohnung.
Oberstaatsanwältin Katharina Sprave sah die insgesamt sechs Anklagepunkte, insbesondere die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, als erfüllt an und forderte eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren. Die Aufzeichnungen von Felix F. würden belegen, dass „sein Wunsch nach derartiger Gewalt durchaus besteht“ und sie sehe die Gefahr, dass der Angeklagte seine verbale Aggressivität in die Tat umsetzen wird.
Der Verteidiger Kurt Georg Wöckener betonte dagegen in seinem Schlussplädoyer, dass sein Mandant die ihm vorgeworfenen Beleidigungen alle eingeräumt habe. Felix F. habe keine rechtsradikale Einstellung und er habe die Äußerungen in Bezug auf den Anschlag nicht ernst gemeint.
Verurteilt wegen Bedrohung einer 15-Jährigen
Der von Sprave geforderten Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren folgte das Gericht nicht, weil es für nicht ausreichend erwiesen hielt, dass die bei Felix F. gefundenen Waffen – Armbrüste, Messer, ein Schlagstock – tatsächlich für einen Amoklauf gedacht waren. Und da die Androhung in einem Videochat stattgefunden habe, sei auch keine Störung des öffentlichen Friedens gegeben.
Verurteilt wurde Felix F. nur für die Beleidigung und Bedrohung einer 15-Jährigen auf Facebook. Er soll seine psychiatrische Behandlung fortsetzen und danach in eine betreute Wohngruppe ziehen. Die Generalstaatsanwaltschaft Celle kündigte an, Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen zu wollen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße