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Waffenfund in ÖsterreichAuf der Spur der Uzis

Waren in Österreich gefundene Waffen für deutsche Neonazis bestimmt? Ein Verdächtiger hatte einst gute Kontakte nach Berlin.

Beschlagnahmte Waffen im Rahmen einer PK der Landespolizeidirektion Wien Foto: Georg Hochmuth/dpa

Berlin taz Die Aussage schreckte Behörden und Politik in Deutschland auf. Peter B. war gerade mit vier Landsleuten festgenommen worden, wegen eines der größten Waffenfunde seit Jahrzehnten in Österreich: 76 Uzis, AK47, Skorpion-MPs, 100.000 Schuss Munition, Handgranaten und Sprengstoff. Da machte der 53-Jährige eine brisante Aussage: Die Waffen seien für Rechtsextreme in Deutschland vorgesehen gewesen, zum Aufbau einer Miliz.

Die Aussage machte Österreichs Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) am Wochenende bekannt. Der deutsche Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nannte den riesigen Waffenfund am Montag „alarmierend“. Es sei „ein massiver Schlag gegen schwere Kriminalität gelungen“. Auch SPD-Chefin Saskia Esken erklärte, man müsse „endlich ernst nehmen, dass rechter Terror sich zunehmend radikalisiert, bewaffnet und international vernetzt“.

Tatsächlich ist die Meldung brisant, denn der Rechtsextremismus gilt hierzulande bereits jetzt als größte Bedrohung. Die Festnahme von 12 Rechtsextremen, die als „Gruppe S.“ Anschläge geplant haben sollen, sowie Waffenfunde bei Soldaten und die Anschläge von Hanau, Halle und auf Walter Lübcke unterstreichen das.

Und nun eine weitere rechtsextreme Miliz? Bereits in der vergangenen Woche hatten die Österreicher die fünf Personen festgenommen, unter ihnen als Hauptverdächtigen Peter B., der eigentlich wegen anderer Delikte inhaftiert war, zuletzt aber Freigang hatte. Bei der Gruppe und in zwei Lagerhallen fanden sich die Schusswaffen, dazu auch 12 Kilo Amphetamine und NS-Devotionalien. Laut Ermittlern wurden die Waffen über Drogengeschäfte finanziert – und sollten dann nach Deutschland gehen.

Seit den Neunzigern bekannt

Peter B. ist kein Unbekannter. Bereits in den Neunzigern wurde er im Kontext einer rechtsextremen Briefbombenserie in Österreich festgenommen, bei der fünf Menschen teils schwer verletzt wurden. Vom Vorwurf des Mitwirkens an der Serie wurde er freigesprochen, aber zu fünf Jahren Haft wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung verurteilt.

Was die deutsche Miliz angeht, für die die Waffen angeblich gedacht waren, geben sich die Behörden jedoch zugeknöpft. Festgenommen wurden am vergangenen Mittwoch zwar auch zwei Männer aus Nordrhein-Westfalen. Ihnen wird vorgeworfen, sie hätten eine Drogenlieferung an einen der österreichischen Beschuldigten vorgehabt. Der Kurier wurde im bayrischen Passau festgenommen, mit 23 Kilogramm Amphetamin im Auto. Den Verkäufer verhafteten Beamte in Velbert bei Düsseldorf. In dessen Wohnung und der des Kuriers wurden weitere 1,8 Kilo Marihuana und 50 Gramm Kokain gefunden.

Laut der Staatsanwaltschaft Duisburg gibt es bei den Männern bisher allerdings keinen rechtsextremen Bezug, ebenso wenig einen zu den Waffengeschäften. In Haft sitzen sie nun wegen des Vorwurfs des Drogenhandels in nicht geringen Mengen. Laut Medienberichten bewegten sie sich eher in einem Rocker-Umfeld.

Auch in Sicherheitsbehörden wird nur auf die Ermittler in Österreich verwiesen. Neben den Hinweisen auf die rechte Miliz werde auch ein Bezug zur Organisierten Kriminalität geprüft. Laut Seehofer wird „in alle Richtungen aufgeklärt“.

Schon 2018 verurteilt

Der Hauptverdächtige Peter B. wurde schon im Januar 2018 in Passau wegen Einfuhr von Waffen und Betäubungsmitteln zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Er war von Österreich kommend am Grenzübergang Passau mit 250 Schrotpatronen im Kofferraum und 2 Gramm Amphetamin erwischt worden. Vor Gericht tat er dies als Versehen ab.

Im gleichen Jahr wurde Peter B. dann auch vor dem Landesgericht Wiener Neustadt verurteilt, weil er eine Gürtelschnalle mit NS-Symbolen getragen und rechtsextreme Nachrichten verschickt hatte. Mit Einbezug des Passauer Urteils gab es nun eine zweieinhalbjährige Haftstrafe – die Peter B. aktuell als Freigänger absaß.

Zudem hielt Peter B. schon in den Neunziger Jahren Kontakt zu deutschen Rechtsextremen, reiste wiederholt nach Berlin. Ein dortiger Neonazi verschaffte ihm damals mehrere Kilogramm Sprengstoff. Inwieweit diese Kontakte Bestand haben, ließen die Behörden offen.

Grüne und Linke fordern nun weitere Aufklärung. Die Grünen beantragten, das Thema im Innenausschuss des Bundestags aufzurufen. Die Linke Martina Renner warnte, die Bewaffnung der Neonazi-Szene habe inzwischen „das Ausmaß einer rechten Bürgerkriegsarmee erreicht“.

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4 Kommentare

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  • "Laut der Staatsanwaltschaft Duisburg gibt es bei den Männern bisher allerdings keinen rechtsextremen Bezug, (...) Laut Medienberichten bewegten sie sich eher in einem Rocker-Umfeld."

    Ober Rocker oder militante Rechte - beiden



    Strömungen/Gruppierungen unterstelle ich eine der Gewalt zugeneigte und autoritäre Mentalität, weshalb ich da nur wenig Berührungsängste zwischen diesen sehe.

  • Es ist ja bekannt, dass Nazis heimlich Döner essen. Aber würden Nazis wirklich Waffen aus israelischer Produktion (Uzis) kaufen?

  • Wir haben es schon lange mit der "Braunen Armee Fraktion" zu tun.



    Wurde Stammheim nur für die RAF gebaut?

  • Immerhin hat man die Jungs ausgehoben. Die Sicherheitsbehörden können also anscheinend wesentlich mehr als so manche glauben. Möchte nicht wissen wieviele „Agenten“ in diesem „Zellen“ aktiv sind ohne aufzufliegen.