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Lieferengpässe bei KonsumartikelnAusverkauft in der Weihnachtszeit

Überfüllte Innenstädte bleiben aus. Trotzdem kommt es zu Engpässen. Die Gründe: Onlinehandel und stockender Nachschub aus China.

Leere Malls zur Weihnachtszeit – im Onlinehandel hingegen ist vieles ausverkauft Foto: Christophe Gateau/dpa

Berlin taz | Die Innenstädte sind leer. Wegen der Corona-Auflagen trauen sich viele Menschen nicht in die Kaufhäuser, Einkaufszentren und Geschäfte. Trotzdem klagen Händler*innen über Engpässe. Notebooks, Spielekonsolen, aber auch Fahrräder und Sportartikel – keine Ware vorrätig, heißt es vielerorts.

Die Nintendo Switch etwa: Obwohl schon seit drei Jahren auf dem Markt, ist die Konsole in den meisten Geschäften ausverkauft. Die neue Playstation 5 von Sony wird es sogar bis weit ins nächste Jahr nicht mehr geben. Überall fehle es an Nachschub, bestätigt ein Berliner Verkäufer einer großen Elektronikmarktkette. Und das inmitten des Weihnachtsgeschäfts, der umsatzstärksten Zeit für den Einzelhandel.

„Dem Onlinehandel geht es zu prächtig“, nennt Nils Seebach als einen Grund. Er ist Co-Geschäftsführer von Etribes, einer Beratungsfirma für digitale Geschäftsmodelle. Vor der Pandemie habe der Onlinehandel etwa 15 Prozent des deutschen Einzelhandels ausgemacht. Jetzt liege er bei über 30 Prozent. Und auf einen so raschen Strukturwandel war der Einzelhandel nicht vorbereitet.

Denn das Onlinegeschäft unterscheidet sich. Onlinehändler brauchen zentrale Lagerstätten, Personal, das die Ware verpackt und verschickt. Präsentation und Beratungsgespräche, wie es Konsument*innen aus Geschäften gewohnt sind, entfallen hingegen. „Die Leute denken, wenn die Ware in den Geschäften in den Regalen stehen, dann ist auch beim Onlineversand ausreichend da“, schildert Seebach. „Dem ist aber nicht so.“ Zwar hatten viele Händler im Zuge des ersten Shutdowns im Frühjahr ihr Geschäftsmodell auf E-Commerce umgestellt oder ausgebaut. „Selbst etablierte Unternehmen wie Douglas oder Thalia haben aber nicht damit gerechnet, dass der Kanal sich so schnell verändert.“

Nachschub aus Fernost stockt

Das größte Problem für die Engpässe im deutschen Weihnachtsgeschäft sind aber die überlasteten Transportrouten aus Asien, berichtet das Handelsblatt und zitiert Lothar Thoma, Geschäftsführer der Spedition Gebrüder Weiss. Allein in Schanghai bleibe derzeit jeder vierte Container stehen. „Einen Engpass in dieser Form haben wir noch nie erlebt“, sagt Thoma. „Alle Routen sind betroffen.“

Tatsächlich haben Chinas Exporte in den vergangenen Monaten neue Höchststände erklommen. Die Ausfuhren legten im November um 21,1 Prozent zum Vorjahresmonat zu und damit so stark wie seit fast drei Jahren nicht mehr. Selbst Experten rieben sich verwundert die Augen, denn sie hatten nur mit einem Plus von 12 Prozent gerechnet China kommt zugute, dass es die Coronakrise rasch in den Griff bekam und sowohl seine Industrie als auch das gesellschaftliche Leben komplett wieder hochfahren konnte.

Ausfuhrrekord in China

Chinas Wirtschaft durchlaufe derzeit eine Sonderkonjunktur, sagt Chefökonom Thomas Gitzel von der Liechtensteiner VP Bank: „All die Waren, die von uns in Coronazeiten besonders kräftig nachgefragt werden, kommen überwiegend aus China.“ In den Frühjahrs- und Sommermonaten waren vor allem Schutzmasken, Computer für das Homeoffice und Router für eine bessere Internetverbindung „Made in China“ sehr gefragt. Nun kommen auch Elektronikprodukte und Konsumartikel dazu. Selbst der Gang in den Baumarkt ist nach Angaben des Analysten vielfach mit dem Kauf von chinesischen Produkten verbunden: „All dies führt dazu, dass es auf den Weltmeeren derzeit an freien Containerkapazitäten mangelt.“

Vor allem in den USA ist die Nachfrage nach chinesischen Konsumgütern groß. Chinas Ausfuhren in die USA stiegen um 46,1 Prozent. Insgesamt fuhr die Volksrepublik einen Außenhandelsüberschuss in Höhe von 75 Milliarden Dollar ein, dem höchsten Wert seit Beginn entsprechender Aufzeichnungen im Jahr 1981.

Dabei wollte Trump genau das Gegenteil erreichen, als er vor zweieinhalb Jahren den Handelskrieg mit China vom Zaun brach und sich beide Volkswirtschaften mehrfach gegenseitig mit Strafzöllen bekämpften. Im Zuge der Coronapandemie sind die Abhängigkeiten nun größer denn je.

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5 Kommentare

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  • Es ist sehr tragisch, dass die neuesten elektronischen Spielzeuge nicht rechtzeitig zum Weihnachtsfest verfügbar sind! Unerträglich, mit den alten Spielkonsolen aus dem vergangenen Jahr noch einige Monate länger hantieren zu müssen, und die neuesten Spiele für die neusten Geräte nicht schon am 24. 12 zocken zu können. Während die alten Spiele nicht mal weiter verschenkt oder verkauft werden können.



    Das alte Fahrrad ist auch so eine Zumutung, weil es schon schmutzig ist, Luft aufgepumpt und die Kette gefettet werden müsste. So geht das nicht!

    Wir reden hier von Wirtschaft und nicht von Umwelt! Diese Themen sind unvereinbar im Denken und sie müssen scharf getrennt bleiben, sofern sie nicht zu mehr Wachstum und Ressourcenverbrauch führen. Andernfalls geht unsere Wirtschaft zugrunde. Die Prioritäten sind klar gesetzt.

  • Meine Frage lautet, welche Gründe liegen diesem Umstand zu Grunde? Bestünde nicht die Möglichkeit, die Produktion von essentiellen Gütern wieder in Europa anzusiedeln, um sich unabhängiger von möglichen Produktionsengpässen zu machen? Könnte dann nicht auch erheblich der Ausstoß von Treibhausgasen verringert werden, wenn der Transport der Güter aus China zu einem großen Teil entfällt?

    • @Stein der Zweite:

      Wäre natürlich möglich - wenn die Produktionskosten hier nicht so hoch wären. Natürlich müssen auch noch die Lohnkosten endlich wieder mal angepaßt werden - wer soll denn sonst noch "heimisch" gefertigtes kaufen?

  • Konsumgütermangel. Wer hätte gedacht, dass diese drecks Coronakrise doch noch positive Seiten könnte.

    • @Bunte Kuh:

      Vielleicht haben die Geschäfte in Erwartung eines möglichen Lockdowns einfach nicht so viel bestellt. Manche sind sowieso pleite oder können sich nicht so viele Ausgaben leisten. Und die online-Händler bestellten aus Vorsichtsgründen auch nicht so viel, man bestellt ungern die doppelte Warenmenge des Vorjahres.

      Zudem geht das bei Gaststätten, Reisen und Kultur unfreiwillig gesparte Geld nun eben in die Güterproduktion.

      Ich hatte gerade Unterwäsche eines deutschen Herstellers mit Bio-Wolle bestellt, der online-Händler teilte erst nachträglich mit, dass 2 von 5 bestellten Produkten nicht lieferbar seien. Transportkosten freilich unverändert.