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Tschentscher muss auspacken

CDU und Linke kooperieren, um einen Untersuchungsausschuss für Cum-Ex in Hamburg zu ermöglichen

Den Ausschlag für das Umdenken der CDU gab die Haushaltssitzung am Freitag

Von Petra Schellen

Den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zur Elbphilharmonie hat er einst selbst geleitet und der Politik „organisierte Nichtverantwortung“ attestiert. Jetzt wird Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) bald selbst zur Rede gestellt. Denn der PUA zu den Steuernachlässen für Hamburgs in Cum-Ex-Geschäfte verwickelte Warburg-Bank wird wohl kommen: Trotz ideologischer Bedenken hat Hamburgs CDU beschlossen, den PUA gemeinsam mit der Linksfraktion zu fordern, weil die nötige 20-Prozent-Mehrheit ohne AfD-Beteiligung sonst nicht zustande käme.

Den Ausschlag habe die Sitzung des Haushaltsausschusses vom Freitag gegeben, die kein Licht in die Sache gebracht habe, sagt der stellvertretende CDU-Vorsitzende Richard Seelmaecker. „Nicht nur, dass sowohl der damalige Erste Bürgermeister Scholz als auch der damalige Finanzsenator Tschentscher fehlten. Auch der jetzige Finanzsenator Andreas Dressel hat unter Verweis auf das Steuergeheimnis keine Auskunft zu den Abläufen bei Scholz und Tschentscher gegeben.“ Aber man müsse doch herausfinden, ob es eine politische Einflussnahme auf die Entscheidung gegeben habe, für die Warburg-Bank keinen Steuerbescheid in Millionenhöhe zu erlassen, sondern mögliche Ansprüche verjähren zu lassen.

Rund 90 Millionen Euro hatte die Bank – so die Logik der „Cum-Ex“-Geschäfte – nie gezahlt, aber erstattet bekommen. 47 Millionen hatte Hamburg der Bank 2016 erlassen. Die Verjährung des „Restbetrags“ vereitelte das Bundesfinanzministerium.

Scholz’Rolle dabei ist nebulös: Mehrfach hatte er den Warburg-Mitinhaber Christian Olearius getroffen, der um Steuernachlass bat. Scholz riet ihm, sein Gesuch an den Finanzsenator zu senden. „Wenn ein Finanzbehördenmitarbeiter so ein ­Schreiben von der Behördenspitze bekommt, überlegt er sich gut, welche Folgen eine Nachforderung haben kann: Arbeitsplatzverlust, Steuerausfälle, Amtshaftung, Prozesskosten“, sagt Seelmaecker. Auch die Rolle jener Finanzbehörden-Abteilungsleiterin, die derzeit als „Warburg-nah“ durch die Medien geistert, gehöre untersucht, sagt Norbert Hackbusch, finanzpolitischer Sprecher der Linksfraktion. Aber vor allem müsse man die politisch Verantwortlichen orten.

Zum Angebot der Warburg-Bank, unter Aufhebung des Steuergeheimnisses in nicht-öffentlicher Sitzung auszusagen, sagt Seelmaecker, es liege noch nicht schriftlich vor. „Daher wissen wir nicht, welche Teilbereiche es umfassen würde.“ An der Forderung nach einem PUA ändere das im Übrigen nichts.

„Ein PUA hat hat mehr Befugnisse und kann etwa Scholz und Tschentscher verpflichtend zur Befragung laden“, sagt Hackbusch. Den PUA werde man in der Bürgerschaftssitzung am 28.Oktober beantragen. Starten könnte er im Januar 2021.

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