Bundestagswahl 2021: Die erste Bremer Bewerbung steht
Die Grüne Kirsten Kappert-Gonther bewirbt sich für vier weitere Jahre Bundestag. Sie ist damit die erste der vier Bremer Abgeordneten.
Umgekehrt zeichnet sich ab, dass die gegenwärtigen Mandatsträgerinnen auch die zukünftigen sein werden: Am Freitag hat Kirsten Kappert-Gonther sich bei ihren Parteifreund*innen um die Nominierung beworben.
Häufig höre sie „den Wunsch, es möge wieder so werden wie vor der Pandemie“, schildert die Ärztin und Gesundheitspolitikerin ihren Antrieb für weitere vier Jahre Arbeit in Berlin: „Ich finde, unsere Zukunft muss besser werden – gerechter, menschen- und umweltfreundlicher.“ Bereits im November soll die grüne Landesmitgliederversammlung die Liste für die Bundestagswahl Ende September 2021 aufstellen.
Damit ist Kappert-Gonther die erste der aktuell vier Bremer Bundestagsabgeordneten, die ihre erneute Kandidatur offiziell gemacht hat. Aber wann Doris Achelwilm (Die Linke) und Finanzstaatssekretärin Sarah Ryglewski (SPD) sich erklären, scheint nur eine Frage der Zeit.
Wie effektiv Bundestagsabgeordnete arbeiten, lässt sich nicht ohne Weiteres evaluieren: Zu unterschiedlich sind die im Parlament übernommenen Funktionen. Die Medienpräsenz ist hingegen messbar. Abhängig von der Tendenz der Medien gibt sie Hinweise auf die Zugkraft politischer Initiativen und beeinflusst die Wahlchancen.
Alle vier Bremer Abgeordneten wurden überregional wahrgenommen. Nennungen in Spiegel/FAZ/taz gab es seit 2017 für
Doris Achelwilm: 0/3/40
Elisabeth Motschmann: 2/8/35
Kirsten Kappert-Gonther: 7/24/81
Sarah Ryglewski: 2/15/14
Wichtig für den Wahlkampf ist die regionale Wahrnehmung. Nennungen in Weser-Kurier (seit 2017) und „buten un binnen“ (im Laufe eines Jahres):
Doris Achelwilm: 118/0
Elisabeth Motschman: 213/7
Kirsten Kappert-Gonther: 163/11
Sarah Ryglewski: 153/4
Bei der Linken wolle man den Parteitag „möglichst früh im nächsten Jahr“ abhalten, so Landesvorstand Christoph Spehr, bei der SPD geht man von einem Termin im Frühjahr aus. Und in der CDU hatte Elisabeth Motschmann bereits recht streitlustig auf Gerüchte reagiert, nach denen Thomas Röwekamp versuchen würde, ihr den Sitz im Bundestag streitig zu machen.
Am Mittwoch ist sie nun gestärkt aus einer Kampfkandidatur um den Vorsitz der Frauen-Union hervorgegangen. Und nachdem der Parteivorsitzende Carsten Meyer-Heder dort für eine stärkere Repräsentanz von Frauen und quotierte Listen geworben hatte, würde es schwierig, ihre Ablösung zu betreiben. Auch ist Motschmann eine effektive Wahlkampfmaschine, die auch dort hingeht, wo es für Konservative ungemütlich ist.
Das wird im kommenden Wahlkampf von noch größerer Bedeutung sein als sonst. Denn das Direktmandat im Wahlkreis Bremen I ist zwar seit Bestehen der Bundesrepublik immer von SPD-Kandidat*innen erobert worden, doch die Abstände schmelzen wie die Gletscher in den Alpen.
Bei der Europawahl – gleichzeitig mit der Bürgerschaftswahl – erreichte die SPD in Bremen Stadt mit 24,2 Prozent die meisten Stimmen, die Grünen lagen aber nur 0,7 Prozentpunkte dahinter, dicht gefolgt von der Union mit 22 Prozent. Und da hatten die Sozialdemokraten mit Ex-Staatsrat Joachim Schuster den aussichtsreichsten und wohl auch profiliertesten Bewerber.
Das ist diesmal nicht so deutlich. Zwar hat Ryglewski Karriere gemacht, als parlamentarische Staatssekretärin im Finanzministerium gehört sie direkt der Regierung an, allerdings bleibt ihr mediales Echo verhalten – möglicherweise auch, weil sie wegen einer anmaßenden Autorisierungspraxis ungern interviewt wird. Zuletzt musste sie mehrfach wegen der Wirecard-Pleite Auskunft geben. Eigene Impulse zu setzen, fällt da sicher schwer.
Während Motschmann gern als konservative Frauenpolitikerin gecastet wird, die früher gegen und heute für die Quote eintritt, hat Kappert-Gonther zunächst machtpolitisch für Aufsehen gesorgt: Sie hatte sich nach der Hälfte der Legislatur um den Fraktionsvorsitz beworben – und die innerparlamentarische Lethargie der Grünen aufgebrochen.
Überregional beachtet wurden aber auch ihre Initiativen zum Umgang mit dem kolonialen Erbe und ihr Einsatz für eine Neuordnung der Organspende. Und die Coronakrise sorgt dafür, dass sie für eine Newcomerin überdurchschnittlich häufig als Ansprechpartnerin gefragt ist.
In ihrer innerparteilichen Bewerbung erinnert sie daran, dass sie als Obfrau im Gesundheitsausschuss die Pandemiepolitik grün mitgestaltet habe und fordert ein, die Lehren aus dem Covid-Geschehen zu ziehen. Das habe nicht nur „unsere Zerbrechlichkeit gezeigt“, sondern auch, „dass verantwortungsvolles politisches Handeln sehr schnell gehen kann“. Entsprechend müsse es nun heißen: „Mehr Tempo auch zur Bekämpfung der Klimakrise.“
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