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US-Politik im UN-SicherheitsratTrumps gefährliches Kalkül

Andreas Zumach
Kommentar von Andreas Zumach

Der US-Präsident unternimmt alles, um das internationale Atomabkommen mit Iran zu sabotieren. Vor allem die Europäer sollten dagegenhalten.

Von US-Präsident Donald Trump eher nicht gemocht: der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen Foto: dpa

D ie seit Gründung der UNO größte Abstimmungsniederlage der USA im Sicherheitsrat war lange absehbar und wurde von der Trump-Administration ganz offensichtlich bewusst in Kauf genommen. Jetzt ist nach Auffassung der Strategen in Washington der Weg frei, dem Nuklearabkommen mit Iran, an dem die Vertragsstaaten Russland, China, Frankreich, Großbritannien und Deutschland weiterhin festhalten, den Garaus zu machen.

Und das noch rechtzeitig vor den US-Präsidentschaftswahlen Anfang November, deren nach allen derzeitigen Umfragen voraussichtlicher Sieger Joe Biden den 2018 vollzogenen Austritt der USA aus dem Abkommen wieder rückgängig machen will.

Doch dieses Kalkül Trumps würde nur aufgehen, wenn Iran über die bisherigen kalkulierten Verstöße hinaus, mit denen Teheran seit Anfang 2019 auf die verschärften Sanktionen der USA und das Duckmäusertum der EU gegenüber diesen Sanktionen reagiert hat, ebenfalls ganz aus dem Abkommen aussteigen würde. Genau dazu will Trump die Führung in Teheran jetzt durch erneut verhängte und verschärfte Sanktionen provozieren.

Diese Konfliktstrategie birgt ein hohes, auch militärisches Eskalationsrisiko. Denn möglicherweise erliegt Trump der gefährlichen Illusion, ein Krieg mit Iran Ende Oktober könne die tief gespaltene US-Bevölkerung noch hinter ihm vereinen und ihm doch noch den Wahlsieg sichern. Die EU sollte daher alle diplomatischen Möglichkeiten nutzen, Teheran von einem Ausstieg aus dem Abkommen oder von anderen Eskalationsschritten abzuhalten.

Ein zeitlich begrenztes und auf besonders gefährliche Offensivwaffen beschränktes Embargo gegen Iran, das auch in Berlin, Paris und London befürwortet wird, ist dabei keineswegs falsch. Es würde in erster Linie Teherans Hauptlieferanten Russland und China betreffen.

Eine entsprechende Einigung im Sicherheitsrat wäre – wenn überhaupt – allerdings nur vorstellbar in einem Paket mit einem Waffenembargo gegen Saudi-Arabien, Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate und alle anderen Staaten im Nahen Osten und Nordafrika, die ihre Waffen hauptsächlich aus den USA, Deutschland und anderen EU-Staaten erhalten und gegen Iran aufrüsten.

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Andreas Zumach
Autor
Journalist und Buchautor, Experte für internationale Beziehungen und Konflikte. Von 1988-2020 UNO- und Schweizkorrespondent der taz mit Sitz in Genf und freier Korrespondent für andere Printmedien, Rundfunk-und Fernsehanstalten in Deutschland, Schweiz,Österreich, USA und Großbritannien; zudem tätig als Vortragsreferent, Diskutant und Moderator zu zahlreichen Themen der internationalen Politik, insbesondere:UNO, Menschenrechte, Rüstung und Abrüstung, Kriege, Nahost, Ressourcenkonflikte (Energie, Wasser, Nahrung), Afghanistan... BÜCHER: Reform oder Blockade-welche Zukunft hat die UNO? (2021); Globales Chaos-Machtlose UNO-ist die Weltorganisation überflüssig geworden? (2015), Die kommenden Kriege (2005), Irak-Chronik eines gewollten Krieges (2003); Vereinte Nationen (1995) AUSZEICHNUNGEN: 2009: Göttinger Friedenspreis 2004:Kant-Weltbürgerpreis, Freiburg 1997:Goldpreis "Excellenz im Journalismus" des Verbandes der UNO-KorrespondentInnen in New York (UNCA) für DLF-Radiofeature "UNO: Reform oder Kollaps" geb. 1954 in Köln, nach zweijährigem Zivildienst in den USA 1975-1979 Studium der Sozialarbeit, Volkswirtschaft und Journalismus in Köln; 1979-81 Redakteur bei der 1978 parallel zur taz gegründeten Westberliner Zeitung "Die Neue"; 1981-87 Referent bei der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste, verantwortlich für die Organisation der Bonner Friedensdemonstrationen 1981 ff.; Sprecher des Bonner Koordinationsausschuss der bundesweiten Friedensbewegung.
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10 Kommentare

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  • Die EU bekommt - ganz schlicht gesagt - gar nichts auf die Kette. Ist ein reiner Selbstbedienungsladen, in dem jeder nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht ist.

  • Wirkungen von Trumps Sanktionen gegenüber Iran gehen für mich aus diesem Beitrag nicht hervor. Führen die dazu, dass der Iran abgebrannte Brennstäbe aus zivil genutzten AKWs länger als geplant zwischenlagern muss, wodurch sich dieser Atommüll automatisch in waffenfähiges Plutonium verwandelt, dadurch zwangsläufig gegen Atomabkommen 2015 verstoßen, statt diese an Nuclearmächte wie Russland, England, Frankreich, China zur Wiederaufbereitung vereinbarungsgemäß auslagern zu können?



    Da IAEA Wien als Marketing Promoter für AKW Systembau Anbieter weltweit gegen alle Kritik puscht, Aufträge zuschanzt, ohne offenzulegen, dass weltweit über zivile Nutzung der Atomkraft ein Verbundnetz der Atommächte, samt jenen mit Teilhabe wie Deutschland implementiert ist, militärische Bereiche mit ihren Atomwaffensystemen über Stromgebühren der AKW Nutzer zu finanzieren, noch Atommächte zu ermahnen, endlich ihre Verpflichtung in Richtung atomwaffenfreier Welt, Atomsperrvertrag 1968 zu erfüllen, geschweige denn fordert, Atommächte sollten ICAN Atomwaffenverbot 2017 von 122 UNO Staaten beitreten, damit das Verbot völkerrechtlich verbindlich wird, wird alles, was wer macht, unterlässt zu des Wahnsinns Schreckens Beute.

  • Und warum sollte Europa das tun? Der Iran hat sich nachweislich nicht an das Abkommen gehalten und ca. 8 Mal mehr Uran anreichert als er laut Abkommen durfte. Das Abkommen war vob vorherei eine Todgeburt.

    • @Mira Dora:

      Da erheben Sie eine ebenso kühne wie falsche Behauptung, die ins Reich der mehr als sattsam bekannten Verschwörungstheorien verwiesen gehört. Iran hat sich bis zur einseitigen



      Aufkündigung des Abkommens durch die USA - und noch lange darüber hinaus - unter überprüfbare Aufsicht der IAEA gestellt und sich völlig korrekt an sämtliche Auflagen des Vertrages gehalten.

      Mit der EU hat sich auch Deutschland (wenn auch etwas 'hasenfüssig') um eine Lösung der allein durch die USA verursachten Probleme und vollkommen ungerechtfertigten Sanktionen bemüht, wenn auch ohne Erfolg. Allein die dadurch entstandenen wirtschaftlichen Nöte haben die Regierung zu den daraus folgenden Massnahmen einer erhöhten Anreicherungsandrohung veranlasst.

      Bleiben Sie bitte bei den Tatsachen!

    • @Mira Dora:

      Das ist nicht korrekt. Bis zum Ausstieg der USA hat sich der Iran gemäß den kritischen Augen der IAEA an alle Auflagen des Atomabkommens gehalten. Mit dem Ausstieg der USA inklusive der Wiedereinführung der Sanktionen gab es für den Iran keinen Grund mehr, sich an das Abkommen zu halten, da die US-Sanktionen den Iran de facto vollständig isolieren (*hust* INSTEX *hust*). Die einzige Chance wäre es, irgendwie die USA wieder dazu zu bringen, dem Abkommen wieder beizutreten. Gerade die Drohungen eines militärischen Überfalls von Seiten der USA dürfte die Atomwaffenentwicklung eher vorantreiben als bremsen.

  • Die Emirate und Saudi Arabien sind militärische Leichtgewichte. Das haben die in dem Jemen Krieg gezeigt. Sie haben zwar sehr moderne Waffen aber können diese wohl nicht richtig handhaben, Bombardierungen falscher Ziele usw. Das Ausbildungsniveau ist da sehr niedrig.



    Richtig gefährlich in diesem Teil der Welt ist der Iran. Die haben gut ausgebildete Leute und eine religiös motivierte Ideologie, nach welcher ihr Schiitentum nach und nach die moslemischen Nachbarn erobern soll und dann soll Israel vernichtet werden. Könnte mir vorstellen, dass die auch von einem Gross-Persien träumen, welches ja durchaus mal eine Weltmacht war. Siehe die ganzen Stellvertreterkriege die die anzetteln. Im Iraq, Syrien, Libanon, Jemen.



    Da sollte der Sicherheitsrat eingreifen und diese außenpolitischen Aktivitäten des Irans bekämpfen. Aber irgendwie wird das nicht genug registriert, da die Iraner das System Andere aufzuhetzen und für sich kämpfen zu lassen, schon sehr gut beherrschen. Und die Iranische Bevölkerung? Die leidet. Solange die von einer fanatischen religiösen Kaste, die mit dem Reserverad auf dem Kopf, beherrscht werden, wird sich da sehr schwer was ändern.

    • @chinamen:

      Da bringen Sie ein paar Sachen durcheinander:



      Iran hat keinen Krieg angezettelt:



      1. In Irak - das waren die USA



      2. In Syrien - das war ein Bürgerkrieg, entstanden im Fahrwasser der nordafrikanischen "Frühlings-Unruhen", die in Tunesien begannen und über die nordafrikanischen Staaten und die Türkei nach Syrien übergriffen.



      3. Im Libanon war und ist - derzeit leider immer noch - eine dreigeteilte Regierung aus sunnitischen, schiitischen Religionsvertetern an der Macht, die - aus meiner Sicht zu Recht - von der Bevölkerung abgelehnt und zum Rücktritt aufgefordert werden, zumal nach der schrecklichen Explosion vor wenigen Tagen im Hafen von Beirut. Diese Regierung hat in vielen Jahren nur in die eigenen Taschen gewirtschaftet und kein einziges der drängenden Probleme gelöst. Aber sie besteht aus Vertretern der drei Religionen.



      4. Im Jemen stimmt es nur teilweise, da der Iran gegen gleichlautende Vormachtsansprüche der die USA vertretenden Saudi-arabischen Regierung antritt. Aus meiner Sicht hat keine der Kriegsparteien dort etwas zu suchen, die dieses unbeschreibliche Elend über das ganze Land Jemen gebracht haben.

      Mir gefällt die Regierung des Iran auch nicht. Aber Sie sollten schon die Kirche im Dorf lassen! Besonders hier bei uns wäre zumindest ein Bemühen um Neutralität angebracht, die auch in Kommentaren von ein wenig mehr Information und etwas weniger Verschwörungs- und 'Großmachts'-phantasie unterfüttert sein sollte.

      • @noevil:

        Etwas, das leider stimmt, haben Sie (CHINAMEN) aber vergessen und da hat der Iran tatsächlich seine Finger drin: es handelt sich um die iranische Unterstützung der Palästinenser durch die iranischen Hisbollah, die einer politischen Lösung zwischen Israel und Palästina im Weg stehen

      • @noevil:

        Ich hatte vergessen bei Punkt 3 den dritten Teil der Regierung zu erwähnen - es ist die christliche Religionsgemeinschaft. Ssorry!

  • "Die EU sollte daher alle diplomatischen Möglichkeiten nutzen [...]"

    Eben nicht nur diplomatisch. Auch wirtschaftlich, das ist das, was dem Iran am meisten schmerzt (und damit meine ich nicht die zugegebenermassen korrupte Elite, sondern auch die "normalsterblichen".

    Wenn die EU es nicht hinbringt, (auch) mit dem Iran eine vernünftige Beziehung an dem (momentan als psychopathisch zu bezeichnenden) Gebaren der USA vorbei aufzubauen... dann braucht's es die EU nicht.