Patient stirbt nach Zwangsmaßnahmen: Keine Anklage im Todesfall Mbobda
William Tonou-Mbobda starb in der Psychatrie unter zweifelhaften Umständen. Die Ermittlungen dazu wurden nun eingestellt.
Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft hat ein Mangel an Beweisen dazu geführt, gegen die drei Beschuldigten keine Anklage zu erheben. „Es konnte den Beschuldigten nicht hinreichend nachgewiesen werden, den Tod verschuldet zu haben“, sagt Liddy Oechtering, die Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Strafrechtlich relevant sei weder das Handeln der Ärztin noch die durchgeführte Zwangsmaßnahme der Security-Mitarbeiter.
Tonou-Mbobda hatte am Morgen des 21. April auf einer Bank vor dem UKE gesessen. Drei Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes suchten ihn auf, brachten ihn zu Boden und fixierten ihn, um ihn zurück auf die Station zu bringen. Er hatte sich zuvor freiwillig in psychiatrische Behandlung begeben und überlegte, ob er die Klinik verlassen sollte. Bei der Zwangsmaßnahme kollabierte der 34-Jährige. Fünf Tage später starb er.
In einer Ausschusssitzung der Hamburger Bürgerschaft im Dezember 2019 hatte der leitende Staatsanwalt Lars Mahnke erklärt, die Ursache für den Tod Tonou-Mbobdas sei ein Kollaps und ursächlich für den Kollaps wiederum die repressive Maßnahme gewesen. Der taz hatten mehrere Augenzeug*innen berichtet, dass die Security-Mitarbeiter äußerst brutal vorgegangen waren und Tonu-Mbobda zusammengeschlagen hatten.
Handeln des Sicherheitsdienstes sei gerechtfertigt gewesen
Die Ermittlungen hätten diese Aussagen jedoch nicht bestätigt, heißt es seitens der Staatsanwaltschaft. „Die Handlung des Sicherheitsdienstes war durch allgemeine Notwehr- und Nothilfevorschriften gerechtfertigt, da eine Fremd- und Eigengefahr bestand“, sagt Oechtering. Hinzu komme, dass sich aus der Obduktion keine Hinweise auf ein übertrieben gewaltsames Handeln ergaben hätten.
Dieser Hinweis ist allerdings bemerkenswert, da die Obduktion ebenfalls am UKE durchgeführt wurde. Ein unabhängiges Ergebnis sieht die Staatsanwaltschaft dadurch als gegeben an, dass neben dem UKE-Mitarbeiter auch eine Gerichtsmedizinerin aus Rostock anwesend gewesen sei.
Fragen lässt auch der Verweis auf eine allgemeine Notwehr- beziehungsweise Nothilfesituation offen, da laut dem Hamburger Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten ein Gericht entscheiden muss, ob bei einer Person überhaupt Zwangsmaßnahmen durchgesetzt werden dürfen.
In dringenden Fällen reicht auch ein Beschluss des zuständigen Bezirksamts. Doch solch ein Beschluss lag nach Angaben der Polizei noch nicht vor. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft greift in diesem Fall das Hamburger Gesetz nicht.
Anwältin hält Notwehrlage für unwahrscheinlich
Die Rechtsanwältin der Schwester von Tonou-Mbobda, Gabriele Heinecke, stellte dies bereits vor dem jetzigen Abschluss der Ermittlungen infrage. „Eine durch William Mbobda verursachte Notwehr- oder Notstandslage halte ich für sehr unwahrscheinlich“, sagt sie.
Zur Einstellung des Verfahrens erklärt sie nun, ein Klageerzwingungsverfahren gegen die Entscheidung der Staatsanwaltschaft prüfen zu wollen. Bislang liege ihr allerdings die schriftliche Begründung zur Einstellung noch nicht vor. „Die Familie will aber weiterhin eine Aufklärung des Falles“, sagt Heinecke.
Laut der Staatsanwaltschaft ergaben die Ermittlungen auch keine Hinweise auf einen rassistischen Hintergrund. Ein Mitarbeiter des UKE, der sich bei der taz meldete und anonym bleiben will, sprach von rassistischen Vorurteilen unter Kollegen. „Darauf gibt es im Falle der Beschuldigten keine Hinweise“, sagt Oechtering.
Der Fall hatte bei vielen Menschen für Entsetzen gesorgt. Nach dem Tod Tonou-Mbobdas hatten sich mehrere Hundert Menschen am UKE versammelt und noch am Montag hatte die Gruppe „Justice for Mbobda“ zu einer „Aktionswoche gegen Verschleppung und Straflosigkeit“ im Fall Tonou-Mbobda aufgerufen. Für kommenden Freitag war eine Protestaktion vor dem Gebäude der Hamburger Staatsanwaltschaft geplant, die die Verschleppung der Ermittlungen kritisieren sollte.
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