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„Corona in der Welt“ – MyanmarFabrikchefs tauchen ab

Während der Coronapandemie protestieren in Myanmar Beschäftige der Textil- und Bekleidungsindustrie. Für die Schließung von Fabriken – und dagegen.

Textilarbeiterinnen protestieren gegen ihre Entlassungen am 26. März in Yangon Foto: REUTERS/Myanmar Press Photo Agency

YANGON taz | Zehntausende Textilarbeiterinnen und -arbeiter leiden in Myanmar unter starkem Produktionsrückgang wegen der Coronapandemie. Textil und Bekleidung ist der wichtigste Sektor der verarbeitenden Industrie des Landes und leidet nicht nur unter knappen Rohstoffen, sondern vor allem an Auftragsrückgängen aus Europa. Dorthin gingen bisher 70 Prozent der Bekleidungsexporte.

ArbeiterInnen protestieren dagegen, dass immer mehr Fabriken schließen. Laut der Vereinigung der Bekleidungsproduzenten (MGMA) arbeiten in diesem Sektor 500.000 Personen in 500 Fabriken, von denen 400 in Yangon sind.

Nach offiziellen Angaben sind bisher 100 Textil- und Bekleidungsfabriken von Schließungen und Entlassungen betroffen. Allein in der Industriezone Hlaing Thar Yar verloren von 150.000 Beschäftigten des Sektors schon 20.000 ihre Jobs. 24 Fabriken dort stellten die Produktion ein, bei 49 gab es Entlassungen.

Laut Regierung haben Arbeitslose weiter Zugang zu medizinischer Versorgung, abhängig von ihren vorherigen Beiträgen zur Sozialversicherung. Aber es gibt kein Arbeitslosen- oder Kurzarbeitergeld, das schlicht nicht vorgesehen ist.

Ausbleibende Abfindungen und keine Garantien

Die Regierung verhandelte bereits im März mit Fabrikbesitzern über zeitweilige Schließungen, um eine Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern. Dabei wurden auch Lohnersatzleistungen und Wege der Auszahlungen angesprochen.

Ei Ei Toe Lwin ist leitende Redakteurin der „Myanmar Times“ in Yangon. Sie nahm 2015 am Myanmar-Workshop der Panter Stiftung in Berlin teil.

Am 9. April erklärte die EU-Vertretung, dass ab 1. Mai 80.000 entlassene Textilarbeitskräfte umgerechnet 47 Euro drei Monate lang von der EU bekommen, die ja der Hauptabnehmer war. 8.000 weitere, die um Löhne geprellt wurden, sollen 80 Euro für jeweils drei Monate erhalten.

Die Regierung drängt die Bevölkerung, zu Hause zu bleiben und Zusammenkünfte zu vermeiden. Doch Tausende Arbeitskräfte haben schon gegen Entlassungen und gegen nicht gezahlte Abfindungen und fehlende Wiederanstellungsgarantien protestiert.

Coronapandemie in Südostasien

Myanmar: 1,14 nachgewiesene Fälle auf 1 Million Einwohner. Insgesamt 62 bestätigte Fälle, davon 2 Genesene. 4 Todesfälle.

Malaysia: 152,33 nachgewiesene Fälle auf 1 Millionen Einwohner. Insgesamt 4.987 bestätigte Fälle, davon 2.478 Genesene. 82 Todesfälle.

Kambodscha: 7,98 nachgewiesene Fälle auf 1 Million Einwohner. Insgesamt 122 bestätigte Fälle, davon 91 Gene­sene. 0 Todesfälle.

Stand: 14. April 2020

Seit 1. April protestieren auch 200 Beschäftigte der Amber Stone Bekleidungsfabrik in der Hlaing Thar Yar Zone für die Schließung ihrer Fabrik. Sie fürchten, sich am Arbeitsplatz anzustecken, fordern aber vollen Lohnausgleich. Dabei hat der Fabrikbesitzer noch nicht einmal die März-Gehälter gezahlt.

„Wir fordern unser Geld für März“, sagt die Arbeiterin Ma Nu Nu Aung. „Aber wir wollen nicht in einer Fabrik arbeiten, bei der wir nicht vor Ansteckung geschützt sind.“

Nach drei Monaten Fabrikschließung nur noch halber Lohn

Die Arbeiterinnen von Myanmar Muse Leather Goods und Myanmar Elegant Supreme Leather aus der Ywar Thar Gyi Industriezone in Yangon fordern eine Arbeitsplatzgarantie. Die beiden Fabriken mit zusammen 700 Arbeitskräften schließen für zunächst drei Monate. Danach zahlen sie drei Monate lang nur den halben Grundlohn (umgerechnet 3,10 Euro/Tag).

„Corona in der Welt“

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Mehr als 500 Medienmacher*innen haben bislang an 37 internationalen Workshops mitgewirkt. Einige der Alumnis berichten in der Reihe „Corona in der Welt“ über den Einfluss von Covid-19 auf ihre Länder und Mitmenschen. Sie schreiben über die Situation in Honduras, Kambodscha, Kirgistan, Malaysia, Moldawien, Myanmar, Niger, Nigeria und der Ukraine. Sie ermöglichen uns allen einen neuen Blick.

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Nicht alle Entlassenen wurden entschädigt. „Wir fordern eine Jobgarantie bei Wiederaufnahme des Betriebs. Wir wurden ohne Entschädigung entlassen und fordern vom lokalen Arbeitsausschuss eine Lösung,“ sagt die Arbeiterin Ma War War Kaing.

Es gibt jetzt sogar Fabriken, bei denen die Arbeitnehmer überhaupt keine Ansprechpartner mehr haben, weil die Besitzer abgetaucht sind, wie bei Zu Xing Garment Co Ltd. und Myanmar Royal Apollo.

Dringend benötigte Überstanden fallen weg

Und bei den Fabriken, die noch arbeiten, gibt es weniger zu verdienen. Denn es gibt keine Überstunden mehr, auf die viele angewiesen sind und die den Verdienst um bis zu ein Drittel erhöhen können.

Im April ist stets das Wasserfest (Thingyan). Zur Monatsmitte gibt es normalerweise dann zehn Tage Urlaub. Doch dieses Jahr blockiert das die Regierung, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern.

Sie erstellt mit dem Verband der Industrie- und Handelskammern (UMFCCI) eine Liste von Unternehmen, die Kredite für Lohnzahlungen bekommen. Laut dem MGMA-Vorsitzenden sind auch Steuererleichterungen im Gespräch. Täglich schließen Fabriken, und die Unruhe wächst.

Aus dem Englischen Sven Hansen

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2 Kommentare

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  • Hauptsache, man hat noch Zeit und Geld für den jahrelangen Völkermord an den Rohingya. Dagegen wird in der arischen Bevölkerung nicht protestiert und dagegen investiert die EU auch kein Geld, um die Lieferketten an Billigstkleidung ja nicht zu unterbrechen.

  • Ja, so ist das nun mal. Wenn die dortigen Fabriken so aussähen wie "im Westen", wenn die Arbeiterinnen so entlohnt würden und dieselben Rechte hätten wie "im Westen", würde es dort überhaupt keine Fabriken geben und die armen Frauen, die dort zu empörend geringen Löhnen schuften, würden gar keine Chance haben, etwas zu verdienen. Die ganze Schose ist so einfach nicht. Solange Kevin und Chantal hierzulande nur wenig Knete haben, aber auch mal ein schickes T-Shirt anziehen möchten, für das sie aber nur ein paar Euros übrighaben, genau so lange wird es Importware geben. Daß Corona nun unsere Lieferketten bis in letzte srilankische Dschungeldorf beschädigt, ist schon bemerkenswert. Aber wenn keiner mehr arbeitet, nutzt auch bald das Geld nichts mehr, das sich ja bekannterwesie nun mal nicht verspeisen läßt.