piwik no script img

Neue Erkenntnisse zum BreitscheidplatzMan hätte Amri stoppen können

Der vom Verfassungsschutz eingeschleuste Agent erhebt schwere Vorwürfe gegen die Behörden. Das Berliner Attentat sei zu verhindern gewesen.

Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz in Berlin 2016 Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

HAMBURG afp | Der frühere V-Mann der nordrhein-westfälischen Polizei im Fall Anis Amri erhebt laut Spiegel schwere Vorwürfe gegen die Sicherheitsbehörden. Das Attentat Amris im Dezember 2016 am Berliner Breitscheidplatz wäre zu verhindern gewesen, sagte der als „VP01“ bekannt gewordene Informant am Freitag. „Wir hätten ihn stoppen können, aber wir haben es nicht gemacht.“

Er habe vielfach vor Amri gewarnt, die Warnungen seien aber erfolglos geblieben, sagte der Informant „VP01“. Er war unter dem Decknamen Murat Cem in eine Islamistenzelle um den Hassprediger Abu Walaa eingeschleust worden und während der Ermittlungen im November 2015 auch auf Amri getroffen. Sofort habe Cem vor dem Tunesier gewarnt, so Der Spiegel.

Später berichtete Cem von Amris Plänen, Kalaschnikows zu kaufen, um damit einen Anschlag in Deutschland zu begehen. Seinen Angaben zufolge wollte er Amri demnach bei dieser Gelegenheit überführen und schlug der Polizei einen überwachten Kauf vor. „Ich habe denen gesagt: ‚Komm lass uns das machen, lass mich mit dem Amri die Waffen kaufen gehen‘“, sagte Cem. „Aber die wollten das nicht.“

Auch nachdem die Berliner Polizei für Amri zuständig geworden sei, habe er seine Warnung erneuert. Drei Monate später beging Amri den Anschlag auf dem Berliner Weihnachtsmarkt und tötete zwölf Menschen.

Cem beklagte laut Spiegel zudem ein „katastrophales Leben“. Er fühle sich nach Amris Anschlag von der Polizei fallen gelassen. Er lebt dem Bericht zufolge inzwischen unter falschem Namen im Zeugenschutzprogramm und bezieht Hartz IV. Er erhalte kaum Hilfe von der Polizei.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

19 Kommentare

 / 
  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    "Neue Erkenntnisse zum Breitscheidplatz"



    Dass man Amri hätte stoppen können ist mir schon lange klar. Ein totales Versagen der Behörden aber auch die Manipulation der Akten wiegt schwer. Das wurde alles bewiesen.



    Resultat?.....Blablabla

  • Na das ist ja mal interessant:

    "Keine Fingerabdrücke und DNA-Spuren von Amri im Tat-LKW "

    "Dass Vertreter der Polizei verkleidet mit Perücke und angeklebtem Bart vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss aussagen, ist ein Novum. Das kannte man bisher nur von Zeugen des Verfassungsschutzes."

    www.heise.de/tp/fe...t-LKW-4678366.html

  • Diesem Bericht gingen einige Berichte aus dissidenten Beamten voraus, die dasselbe sagten. "Zwei Gruppen, die etwas Planen, das kann nicht sein, die Quelle ist unglaubwürdig."



    Wenn man den Terroristen die Waffenbeschaffung überlässt, kaufen sie echte, tödliche Waffen.



    Diese Berichte nähren die Spekulationen von Verschwörungstheoretikern, wie Gerhard Wisnewski: der Anschlag sei bewußt geschehen lassen worden.

  • In NRW ist das Versagen maßgeblich gemacht worden. Innenminister Jäger, NRW, samt Hannelore Kraft hatten die Verantwortung. Plus die Ausländerbehörde in Kleve, die einen Fehler nach dem anderen machte - Anweisung an das AG Ravensburg, Amri freizulassen, Wohnsitzauflage, Warnungen aus Tunesien, Italien usw... Ich würde mir lieber mal den Beschluss der 8. Kammer des VG vom 11.07.2018 anschauen!



    www.justiz.nrw.de/...luss_20180711.html, Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, 8 L 1240/18.



    Dieser Sami A. war ausreisepflichtig. Am 11. Juli 2018 wurde die Abschiebeanordnung durch Beschluss der 8. Kammer - 8 L 1240/18 - des VG bestätigt. Dann mischte sich am 12. Juli die 7. Kammer des VG ein! Ohne Begründung in einem laufenden Verfahren! Dann erfolgte eine Wiedereinreisesperre.

  • "Komm lass uns das machen, lass mich mit dem Amri die Waffen kaufen gehen‘“, sagte Cem. „Aber die wollten das nicht.

    Echt jetzt? Es wird bemängelt, dass NICHT über den Verfassungsschutz Gewaltakte initiiert bzw. vorbereitet werden.

  • Ist der Breitscheidplatz Anschlag Anis Amri 20. Dezember 2016 in Berlin ein tragisch schlagendes Beispiel zulasten unserer Zivilgesellschaft für die Unhaltbarkeit unseres rechtstaatlichen Systems unter der fadenscheinigen Losung „Gewaltenteilung“, die bei uns keine ist, weil Staatsanwaltschaften, BKA, Generalbundesanwalt, BND, MAD, Verfassungsschutzämter in Bund, Ländern politisch weisungsgebunden sind, das zu ändern seit Jahren von internationalen Netzwerk Verbünden von Geheim- , Nachrichtendiensten, Sicherheitsorganen, Interpol vergeblich mit der Folge angemahnt wird, dass deutschen Diensten, Polizeiorganen der Zugang zu internationalen Netzwerken versperrt ist?

    Wann schlägt bei uns endlich die Stunde im Bundestag, diesen Missstand zu beenden, zumal unsere Verfassungsschutzämter von internationalen Netzwerken abgehängt, gefährdet sind, beim Kampf gegen internationalen Terrorismus blind im Nebel stochernd, politisch gewaltgeneigte „Gefährder“ im Gefühl der Ratlosigkeit, gepaart mit Experimentierfreudigkeit, hochriskant als exotische Wesen einstufen und ins Blaue abwägen, für welche fremden Zwecke diese wohl gegebenenfalls politisch instruiert manipuliert zu instrumentalisieren sind?



    HANNE

  • "Er fühle sich nach Amris Anschlag von der Polizei fallen gelassen. Er lebt dem Bericht zufolge inzwischen unter falschem Namen im Zeugenschutzprogramm und bezieht Hartz IV. Er erhalte kaum Hilfe von der Polizei."

    Er wurde vermutlich fallen gelassen, weil er zu engagiert war und nun geht er auch noch an die Öffentlichkeit.

    Mal sehen, wie es mit ihm weiter geht.

  • „Man hätte Amri stoppen können“

    Das ist ja längst bekannt gewesen. Es gab doch europaweit kaum eine einzige „Sicherheitsbehörde“, die nicht schon an Anis Amri dran gewesen wäre und genau wusste, dass der was plant.

    Kommentar bearbeitet. Bitte halten Sie sich an die Netiquette.



    Die Moderation

    • @Rainer B.:

      Das soll wohl ein Witz sein. Die Netiquette schreibt doch nirgends vor, dass man sich an offizielle Lügen zu halten hätte. Wo leben wir denn hier?

    • 9G
      92293 (Profil gelöscht)
      @Rainer B.:

      Aufklärung wird so oder so behindert; man konnte beim TV zusehen wie Politiker Maaßen zwei mal auflaufen ließen; man konnte am TV zusehen wie de Maiziere taktiert damit Regierung und Beamte unbeschadet daraus herausgehen; der Bezahlstatus zu V Leuten in NRW scheint extrem schlecht zu sein keine Ahnung ob Fiedler eine Aussage dazu treffen kann welche Planungen einer besseren Bezahlung dafür angestrebt werden; V Leute sind wie freie Mitarbeiter man weiß ja inzwischen wie gut sie heutzutage geschützt sind wenn im Unternehmen etwas schief geht und er hatte einfach keinen guten Draht zu Laschet Rüttgers oder Kraft

    • @Rainer B.:

      Ah noch so einer, der in der Rückschau alles besser gemacht hätte.



      Was für eine Gabe^^

      • @BluesBrothers:

        Wen meinen Sie damit? Die „Sicherheitsbehörden“, die sich in der Rückschau einig waren, dass das nicht hätte passieren dürfen?

    • @Rainer B.:

      Das sieht sehr danach aus. Es spielt den Migrantenhassern einfach zu sehr in die Hände, "dass mal richtig was passiert ist".



      Wenn man einen Waffenkauf durchwinkt kann nur Absicht dahinterstehen.

      Und anders herum: wenn denen sogar ein stark Verdächtiger so dermassen durch die Lappen geht, dann taugt doch der ganze Apparat nicht das Geringste.

    • @Rainer B.:

      inkompetenz und versagen im amt sind doch auch nicht auszuschliessen.



      möglicherweise wurden fehler vertuscht



      um aus diesen keine personalpolitischen konsequenzen ziehen zu müssen



      das würde die vehemente behinderung der "Aufklärung aller Details" auch plausibel erklären

      • @satgurupseudologos:

        Ich frage mich, ob sich beide Lesarten ausschliessen. Inkompetenz hie, Böswilligkeit da.

        Unterlassung (vielleicht sehenden Auges) dort.

        Plausible deniability [1] dürfte ohnehin in grösseren, geheimniskrämernden Hierarchien eine wesentliche Überlebenstechnik sein.

        Hoffentlich haben die demokratischen Kontrollorgane den Mumm, dieses Rattennest ein wenig zu lüften (die Hoffnung stirbt zuletzt!)

        [1] en.wikipedia.org/w...usible_deniability

        (Ja, sorry: deutsche Wikipedia-Seite fehlt dazu. Wie würdet Ihr das übersetzen?)

  • Ich glaube jedes Wort.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Gerhard Krause:

      Freunde der Sprache provoziert Ihre Aussage lediglich zu einer einzigen Frage:

      wem???

      • @76530 (Profil gelöscht):

        Aus meiner Sicht ist nur ein Schluss richtig: Dem V-Mann.

        Mein "Glauben" (seiner Einlassung) ist dann natürlich subjektiv, d.h. im Ergebnis glaube ich jedes Wort - aus dem vorliegenden Beitrag - des V-Mannes.