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Aktion gegen Holcocaust-Stele des ZPS„Im Grunde ist es bescheuert“

Ein Künstlerkomitee hat versucht, die Stele des Zentrums für politische Schönheit abzubauen. Dabei gebe es inhaltlich keine Differenzen, so ein Aktivist.

Versuchte Demontage der ZPS-Stele Foto: Aktions Künstler Komitee
Erik Peter
Interview von Erik Peter

taz: Herr Weinfrau, Sie haben am Sonntag versucht, die Holocauststele des Zentrums für Politische Schönheit (ZPS) abzubauen. Sie steht aber noch. Was ist schiefgelaufen?

Pipe Weinfrau: Schiefgelaufen ist nur, dass die Polizei kam. Das hat uns erst nicht weiter gestört, schließlich hat sie beim Aufbau auch zugeguckt, obwohl der illegal war. Als nur noch 10 Zentimeter zu flexen waren, stoppte sie uns aber. Angeblich weil es eine Anzeige wegen Sachbeschädigung gab.

Das ZPS dementiert, sie angezeigt zu haben.

Ja, aber wir glauben da nicht so richtig daran. Vor Ort meinte ein Polizist, dass es eine Anzeige gab. Unsere Juristen würden sich freuen. Es ist nicht mal klar, wem das Ding überhaupt gehört. Man kann argumentieren: Wenn ein Gegenstand fest in einem Grundstück verankert ist, geht er in das Eigentum des Grundstückseigentümers über. Das wäre dann der Staat. Dem wollte das Zentrum die Stele ja eh überlassen.

Wer steckt den hinter Ihrem „Aktions Künstler Komitee“?

Wir sind ein Zusammenschluss von projüdischen Aktivisten, Juden und Nichtjuden. Eine bunte antifaschistische Gruppe. Wir haben uns nur für diese Aktion zusammengefunden. Schade, dass es nicht geklappt hat. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.

Versuchen Sie es noch mal?

Nein. Wir sehen jetzt die Stadt in der Pflicht, ihren Worten Taten folgen zu lassen. Es gab die Frist für das Zentrum, die Stele bis zum 20. Dezember abzubauen. Wir haben den Job übernommen und hoffen, den Senat oder das Ordnungsamt wachgerüttelt zu haben. Die müssen das zu Ende bringen. Ich stehe gern als Sachverständiger zur Verfügung, ich weiß ja jetzt, wie es in der Stele aussieht.

Im Interview: Pipe Weinfrau

ist Teil des Aktions Künstler Komitees (Name geändert)

Was stört Sie an der Stele?

Das ZPS instrumentalisiert den Holocaust für seinen Aktivismus, den es Kunst nennt, für seine Selbstvermarktung. Das geht aber nicht! Dabei unterstützen wir ja die Intention.

Ach ja?

Ja. Auch wir sind absolut gegen die AfD. Und es ist nun mal die CDU, die am ehesten mit der AfD ins Bett geht. Die Gefahr ist real. Aber mir fallen tausend bessere Ideen ein, als die Gefahr mit der Asche von Holocaustopfern zu untermalen. Im Grunde ist es bescheuert, wir ziehen doch inhaltlich an einem Strang. Aber das ZPS hat einen Fehler gemacht. Das wäre auch nicht so schlimm, würde man ihn korrigieren. Statt die Stele nach der Kritik noch zusätzlich einzubetonieren, hätten sie sie einfach abbauen sollen.

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5 Kommentare

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  • Wer eine Führung im Lager Auschwitz-Birkenau mitmacht, erfährt, dass im hinteren Teil des Lagers, also hinter den Krematorien die Asche von ermordeten Menschen verstreut wurde. Dort steht zwar ein Gedenkstein, aber das Areal wird nicht als Friedhof ausgewiesen oder entsprechend gepflegt. Außerdem wurde Asche als Dünger auf die umliegenden Felder verstreut. Das heißt, in der Gegend von Auschwitz läuft man permanent auf den sterblichen Überresten von Menschen. Das ist makaber. Sehr makaber.

    Intention und Botschaft des ZPS war nicht, die Bekanntheit des ZPS zu erhöhen und sich selbst in den Vordergrund zu stellen. Die Botschaft ist viel mehr eine Erinnerung an die im Bundestag sitzenden Parteien, allen voran die CDU, keine Zusammenarbeit mit der AfD zu beginnen - denn die Konsequenzen einer solchen Zusammenarbeit sind unabsehbar und können im Extremfall wieder mit Konzentrationslagern enden. Die AfD hat ja schon angekündigt, dass sie "den Stall ausmisten" will (Frohnmeier) oder jeden zur Verantwortung ziehen will, der sich nicht der Asylpolitik der Bundesregierung widersetzt hat (Junge). Was das im Klartext bedeutet, kann sich jeder ausmalen.

    So gesehen ist der Aktionismus dieses AktionsKünstlerKommitees (mit der vielsagenden Abkürzung AKK!) nicht besser als die Aktion des ZPS, wenn man sich daduch selbst als das "noch bessere" antifaschistische Künstlerkollektiv präsentieren will.

    Wir haben aber keine Zeit für solche unsinnigen Grabenkämpfe. Das Gift der AfD und anderer extrem rechten Kräfte sickert immer weiter in unsere Gesellschaft ein, immer mehr Menschen glauben die braunen Lügen. Es wäre besser, dagegen vorzugehen, als sich über die Stele in Berlin zu streiten.

  • Solange die Asche verstreut liegt, scheint ein Bestattungsgebot nicht ausgeführt werden zu müssen. Kann mir jemand erklären, wieso dem so ist, aber bei der (angeblich) mit Asche versetzten Stele nicht? Und nun, wo die Asche (angeblich) in die Stele eingebettet ist, darf man sie dann zerflexen?

    Ich habe auch eher den Eindruck, dass hier mehr auf den Boten gezielt wird, als auf die mit einer faschistischen Partei liebäugelnden Delegierten. Letztlich lautet die Frage: wie pietätlos darf man angesichts einer pausenlos agitierenden Rechten sein, um den nächsten Kardinalfehler der Konservativen zu verhindern, der das Potential hätte, Faschisten erneut Zugriff auf staatlich legitimierte Macht zu ermöglichen?

  • So oder so: Ein Mob randaliert gegen Stelen für NS-Opfer.



    Diese Hämmerchenschwinger sind bescheuerter als das ZPS. Letzteres hat seine - durchaus kritisierbare - Aktion wenigstens öffentlich kommuniziert.



    Dieser obskure "Zusammenschluss von projüdischen Aktivisten, Juden und Nichtjuden" taucht dagegen aus der Anonymität auf und wieder ab. Haben die überhaupt 'ne Website?

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Gut gemacht Genossinnen und Genossen.

  • fragt sich, ob hier nicht der Bote (ZfpS) zum Schuldigen gemacht wird...



    Es gibt einen kompletten Deich, der aus den Überresten von KZ Häftlingen gebaut wurde. Ist dann der Bote, der darauf auf drastische Art und Weise aufmerksam macht dann schlimmer als die, die sich um dieses unwürdige Bauwerk nicht kümmern?



    Ich weiß es nicht, mir bereitet die Aktion auch Unbehagen.