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Einigung zur GrundrenteWer kriegt die Aufstockung?

Nun gilt es, Beitragsjahre zu zählen. In der Regel müssen es 35 Jahre sein. Einiges ist noch unklar, aber schematische Rechnungen sind schon möglich.

Der Zuschlag auf kleine Renten soll „unbürokratisch“ und „automatisch“ ausgezahlt werden Foto: dpa

Tritt das Gesetz zur Grundrente wie geplant tatsächlich am 1. Januar 2021 in Kraft, wird die Deutsche Rentenversicherung sowohl bei Neuzugängen als auch bei bestehenden Renten automatisch prüfen, ob ein Anspruch auf Grundrente besteht. Dazu im Folgenden das schematische Beispiel einer Arbeitnehmerin.

Hat die Arbeitnehmerin nach heutigem Stand eine Rente von weniger als 924 Euro im Monat zu erwarten und dies nach 35 Jahren Beitragszeit, erwirbt sie eventuell Anspruch auf eine aufstockende Grundrente. Aufgestockt wird nur bis zu einer Gesamthöhe von 924 Euro Rente für die 35 Jahre, abzüglich eines Abschlags von 12,5 Prozent. Beträgt der erworbene Rentenanspruch allerdings weniger als 346 Euro im Monat, ist dies zu gering für die Aufstockung durch eine Grundrente.

Die Beitragszeiten errechnen sich aus den Zeiten mit sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung, Kinder- und Pflegetätigkeit. Ein Studium, Zeiten der Arbeitslosigkeit, auch der Bezug von Arbeitslosengeld 1, Zeiten mit Minijobs – all das zählt nicht mit.

Hat die Arbeitnehmerin Kinder, zählen je nach Geburtsdatum zweieinhalb bis drei Jahre pro Kind als Erziehungszeit, hinzu kommen noch ­sogenannte Berücksichtigungszeiten für die Kinder. Pro Kind sind das insgesamt 10 Jahre an Beitragszeit, wobei es bei Geschwistern Überlappungen gibt. Bei zwei Kindern im Abstand von 3 Jahren kämen insgesamt 13 Jahre an Beitragszeit allein für die Kinderbetreuung zusammen. Dann würden der Beschäftigten in dem Beispiel 22 Jahre sozialversicherungspflichtige Arbeit reichen, um die Voraussetzung für eine aufstockende Grundrente von 35 Jahren Beitragszeit zu erfüllen.

Gleitzonen für die Beitragszeit

Allerdings soll es noch nicht näher bezifferte „Gleitzonen“ für die Beitragszeiten geben, das heißt, auch Leute mit vielleicht nur 33 oder 34 Jahren Beitragszeit kämen zumindest anteilig in den Genuss einer Grundrente, wenn die sonstigen Voraussetzungen stimmen. Die Deutsche Rentenversicherung macht eine Einkommensprüfung zur Voraussetzung für die Grundrentenzahlung, indem sie sich die Steuerbescheide von den Finanzämtern zukommen lässt. Darin sind Einkünfte aus Arbeit und Kapitalanlagen und bei Ehepaaren das gemeinsame Einkommen erfasst.

Vermögen und Grundbesitz spielen keine Rolle, nur das Einkommen zählt

Lebt die Frau in dem Beispiel allein und wird ihr monatliches zu versteuerndes Gesamteinkommen im Ruhestand – inklusive Nebenjobs und der zu erwartenden gesetzlichen Rente – unterhalb von 1.250 Euro liegen, behält sie ihren Anspruch auf aufstockende Grundrente. Das ist der wahrscheinlichste Fall für Alleinstehende. Liegt das Einkommen darüber, wird der überschießende Betrag teilweise auf die Grundrente angerechnet, wie genau, ist noch nicht klar.

Hat die Frau einen Ehepartner und liegt das gemeinsame zu versteuernde Einkommen inklusive der Renten im Ruhestand über einer Grenze von 1.950 Euro, entfällt auch hier der volle Grundrentenanspruch. Der überschießende Betrag wird auf die Grundrente angerechnet, die bei einem deutlich höheren Einkommen ganz entfallen kann. Der Abgleich mit den Steuerdaten soll jährlich automatisch aktualisiert werden. Vermögen und Grundbesitz spielen bei dieser Berechnung keine Rolle, nur das Einkommen zählt.

Grundrente aufstocken?

Zur Ermittlung der aufstockenden Grundrente wird der eigene Rentenanspruch aus 35 Jahren Beitragszeit verdoppelt. Bei einem nur sehr kleinen Rentenanspruch von 350 Euro käme die Frau mit der Aufstockung zum Beispiel auf eine Gesamt­rente von 700 Euro, abzüglich der 12,5 Prozent Abschlag. Da von der Rente Krankenkassen- und Pflegebeiträge abgehen, blieb ihr zu wenig übrig zum Leben. Damit ist die Frau, wenn sie allein lebt, immer noch ein Fall für die Grundsicherung im Alter (eine Art Hartz IV für SeniorInnen).

Nach den Plänen der Koalition soll es aber auch für Grundsicherungsempfänger, die einen kleinen Rentenanspruch haben und 35 Jahre an Beitragszeiten vorweisen, einen Freibetrag geben. Die Frau mit 350 Euro eigener Rente hätte einen Freibetrag von rund 175 Euro zu erwarten. Dieser Betrag käme auf die Grundsicherung obendrauf, sie könnte somit auf ein Alters­einkommen von mehr als 900 Euro kommen. Allerdings steht hier vorab wieder eine strenge Bedürftigkeitsprüfung, wie bei allen Grundsicherungsempfängern. Da zählt dann wieder jeder Besitz mit, auch ein Auto, eine Datsche, ein Sparkonto.

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12 Kommentare

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  • Wahnsinn, was uns da von der Koalition als großer Wurf verkauft wird. 924 Euro im Monat, na kann man ja im Alter richtig auf die Kacke hauen. Wenn die Hartz-4ler schon nach Hause gehen, weil noch ein Bier nicht mehr im Budget ist, kann man ruhigen gewissens noch eins mehr trinken. Wenn man gar nicht trinkt, reichts vielleicht sogar für die ein oder andere Süßigkeit für die Enkel oder sogar mal einen zugesteckten 5er... Wenn, ja wenn man das Glück hat halbwegs günstig zu wohnen.

    Die Altersarmut ist besiegt! Danke SPD! Ohne euch wär alles noch schlimmer!

    Auch schön, dass hier wieder Ehepartner zusammen gerechnet werden, wo kämen wir denn da hin, wenn man im Alter auf einmal eine gewisse finanzielle Unabhängigkeit erlangen würde, wenn frau (seltener: man) ihr ganzes Leben zugunsten des Partners einen Großteil von Haushalt und Kindererziehung übernommen hat? Bis das der Tod euch scheidet.

    Da hat sich die SPD jetzt ewig an dem Begriff der Bedürftigkeitsprüfung aufgehängt, und am Ende kommt etwas dabei raus, das auch den wirklich Bedürftigen ein Leben nur knapp über dem Existenzminimum ermöglicht. Super! Großer Wurf!

  • Zählt bei der Ermittlung der Zuschussfähigkeit eigentlich, ob jemand trotz Vollzeit-Arbeit so wenig Rente bekommt oder werden davon auch Teilzeit-Beschäftigte, deren Partner genug verdient hat, profitieren? typisches Beispiel: Paar trennt sich nach 30 Ehejahren, Frau bekommt Haus und Kinder, Mann zieht aus. In der Ehe und bis zur Rente (mit 63!) hat SIE irgend eine Teilzeitbeschäftigung - und dann trotz Haus usw. 'ne Aufstockung??



    Gegenbeispiel: Akademikerin findet trotz Bestabschluss nur unterbezahlte und befristete Jobs ( Projekte!), hängt noch ein Aufbaustudium dran, findet befristete Teilzeitanstellungen, probiert zwischendrin mal selbständige Tätigkeit ("Ich-AG"!), zieht "nebenbei" ein Kind groß, qualifiziert sich auf eigene Faust weiter, übernimmt Schwangerschaftsvertretungen (natürlich befristet) und bekommt erst spät den Fuss in die Tür für eine dauerhafte Festanstellung auf 'ner 3/4 Stelle. Am Ende vllt. 28 oder 30 anrechnungsfähige Jahre. So dürften zahlreiche Biographien im universitären bzw. akademischen Mittelbau aussehen.



    Wer ist wohl der/die Gekniffene? Und welche Botschaft bzgl. Leistungsbereitschaft und Eigenverantwortung sendet dieses obskure Grundrentenpaket aus?!

  • Zeiten der Arbeitslosigkeit zählen nicht mit. Pech, wenn man in der falschen Branche arbeitet, oder einer Firma, in der der Manager mit einem goldenen Handschlag verabschiedet wird, nachdem er die Firma vernichtet hat - und damit die Arbeitsplätze ehrlich arbeitender Menschen.



    Ganz besonders brutal ist der Ausschluss der Menschen, die Hartz IV kennenlernen mussten. Denn diese wurden von der Harz IV Behörde gezwungen, die private Rentenvorsorge aufzulösen und abzuleben, bevor sie auch nur den ersten Cent Hartz IV zu sehen bekamen.



    Aber klar: Arbeitslose sind faule Böcke und selber Schuld an ihrer misslichen Lage und verdienen niemals wirkliche Solidarität. Nicht von irgendeiner Partei im aktuellen Bundestag.

    • 0G
      07400 (Profil gelöscht)
      @Mainzerin:

      In Deutschland sitzt meist noch der BR dort und macht das Licht aus. Wegen "Sozialplan".



      Wie Kaufhof und Karstadt erst 20 Jahre verzichtet und dann alle Arbeitsplätze vernichtet. Und dann bekamen sie für weniger Geld auch noch Arbeitslosengeld oder Renten. So ist ein Sozialplan eben schön. Wenn man nicht als Chef oder BR tut durchs leben gehen. Den die haben dafür Jahr für Jahr eine JAL, Prämie und Erfolgszahlungen sowie dann Abfindung bekommen.

      Und das alles mit der Politik. Die rief ohje der die das Arbeitsplätzchen.

      • 0G
        07400 (Profil gelöscht)
        @07400 (Profil gelöscht):

        Und als die Arbeitslosenhilfe geändert wurde angefangen unter CDU FDP SPD Grüne wurden die Zahlungen in Rente ff. mit abgeschafft. Weil schon in den 199iger den Ländern fehlte das Geld aus Umlagen die Renten zu zahlen...

        Da müsste 14-30 Tage die Länder schon Kredite nehmen.

        Deswegen tut in fast allen Staatsrechts und Volkswirtschaftsbüchern stehen und das seit 1989. Es wird so nicht gehen.

        Deswegen hätte längstens alles geändert sein müssen. Was nun nicht mehr geht.

  • Was ist mit Erwerbsunfähigkeitszeiten in der Biographie?

    Und muss man jetzt Kinder geplant in großem Abstand bekommen, um Überschneidungen in der Anrechnungszeit für Kinder zu vermeiden?

    Und dann der Schnitt bei 35 Jahren? Warum keine Abschläge je Jahr weniger?

    Da wird es wohl hoffentlich einige Klagen geben.

  • 0G
    07400 (Profil gelöscht)

    1.500.000 Millionen mit 2.000.000.000€ im Jahr.



    Sind im Durchschnitt 100€ im Monat für 1.500.000.

    Da von 23 Millionen Rentner jeder 4 in Armut sein wird ab 2021 wären das 5.200.000 Millionen.

    Mit Kinder machen die Paare und oder Familien.



    In der Regel ja mehrer Hauptjobs. Koch Krankenschwester Erzieher Papa Mama Kumpel Feindbild usw. Nur wird diese Leistung einfach in Anspruch genommen oder? Nicht bezahlt? Nicht bewertet?

    Wenn Kinder aus Familien geholt werden.



    Dann kostet das den Staat mindest 6000,00€ pro Kind im Monat. Und bei der Berliner Polizei gab es mal Diskussionen wegen der Ausstattung. Ein Polizeihund bekommt über 35€ am Tag für Fressen und Pflege. Und Kinder? Nagut man muss schon sagen so ein Staatswesen muss Prioritäten und Werte leben. Ohne die zuvor gelebte und praktizierten Chancengleichheit wäre ein Polizeihund nicht nötig oder? ABM - Angestellte Beamte Mitte

  • Jetzt verstehe ich auch, warum diese 'grandiose Leistung der Groko' bloß 1,5 mrd kosten soll: sie führt auch zur Paarmut...

  • Nach dieser großartigen Nachricht für sehr wenige Renter die diese Voraussetzungen haben,wird es Zeit für ein saftige Diätenerhöhung

  • zählen Beiträge zu ausländischen Rentenversicherungen mit?

  • "Allerdings steht hier vorab wieder eine strenge Bedürftigkeitsprüfung, wie bei allen Grundsicherungsempfängern. Da zählt dann wieder jeder Besitz mit, auch ein Auto, eine Datsche, ein Sparkonto", dazu altersdiskriminierende Restvermögen Pauschale vor Schonvermögen 5000 € statt 150-500 € Lebensjahr bis Rentenalter für Altersvorsorge.

    Was ist mit Wehrdienst- , Wehrersatzdienstzeiten bis 2011, bevor die Wehrpflicht, Wehrersatzdienst ausgesetzt wude, werden die nun wie Studium seit Agenda2010 im Jahr 2003, nicht mehr als Rentenpunklte angerechnet?

  • Einkommen aus Kapitaleinkünften sind im Einkommensteuerbescheid nur erfasst, wenn die Abgeltungsteuer nicht zum tragen kommt. Das dürfte allenfalls in 1 Prozent der Fälle gegeben sein. Das Problem gibt es schon beim Baukindergeld.

    Bei den übrigen 99 Prozent werden die Einkünfte aus Kapitalvermögen gerade nicht mit angegeben.