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Hören jetzt die richtigen zu? Ein Innenminister, der sich zum Geburtstag die Abschiebung von Flüchtlingen wünscht, ein NSU Untersuchungsausschuss der Ratlosigkeit hinterlässt. Solange Politiker am rechten Rand fischen und Verfassungsfeinde im Staatsauftrag an der Republik sägen, bin ich sehr vorsichtig, in der Prognose. Mehr Gesetze bergen immer auch eine Gefahr, dass friedliche Opposition mundtot gemacht wird, während man auf einem Auge blind bleibt.
"Aber statt der Brutalität von rechts früh die ganze Härte des Rechtsstaates entgegenzusetzen, hat sich die Große Koalition damit beschäftigt, auf vermeintliche Ängste der AfD-WählerInnen einzugehen."
Das meint hier wohl eher zwei Gruppen, Wähler und Täter. Auch wenn dies wechselseitig miteinander zusammenfallen könnte, möchte ich das dennoch unterschieden wissen.
@Gerhard Krause Was doch auch völlig klar ist. Und? Macht das jetzt die Aussage falsch?
Sieht aus, als hätte auch Ulrich Schulte „zu lange den Falschen zugehört“. Die „Verrohung der Sprache“ und das „Verschieben der roten Linie“ bewirken offenbar wirklich etwas. Sogar im Kopf von Leuten, die sich selber eher für linksliberal halten. Am Ende geht es Ihnen so, wie es den Rechten geht (und manchmal sogar mir): Sie wissen ganz genau, was sie nicht wollen. Nur was sie wollen, wissen Sie nicht.
Das ist in sofern nett für Leute wie Schulte und seine Fans, als wir in einer Welt der Steinzeitmachos leben. Der Mann ist Mann, wenn er mit aller „Härte“ zuschlagen kann. Und wenn er selbst als Mann des Wortes zur Brutalität unfähig ist, kann er, nein: muss er nach dem starken (Rechts-)Staat rufen, der ihn verdammt nochmal zu schützen hat mit harter Hand.
Mir scheint, die Höcke-AfD wird nicht umsonst gewählt von den „besorgten Bürgern“. Die wollen das Gewaltmonopol offenbar nicht den Linken überlassen. Sie haben zu viel Angst vor deren Politik. Weil sie sich darin selbst wiedererkennen.
Kein Zweifel: Selbstverteidigung ist manchmal überlebenswichtig. Die potentiellen Opfer müssen geschützt und die Überlebenden entschädigt werden. Nur: Wo fängt die Selbstverteidigung an? Und wo, zum Teufel, endet sie? Ist auch der sogenannte „Erstschlag“ Prävention? Wenn nicht, was dann? Hat dann der (Steinzeit-)Mann noch ne Berechtigung? Der, meine ich, der sich aufs Jagen und aufs Kriegführende versteht und sonst auf nichts?
Es braucht Solidarität, auch in der Abwehr von Gewalt. Nur: Abschreckung allein ist keine Lösung. Dazu versagt die Destruktion zu oft. Prävention geht anders. Sie beginnt da, wo „echte Männer“ und „harte Kerle“ nur noch ein „Geöns“ wahrnehmen von Seiten einzelner frustrierten Frauen oder „Homos“. Wenn überhaupt.
Ich finde es ausgesprochen frustrierend, in einer Welt zu leben, in der die Mehrheit aller Menschen gar keine Alternativen zur toxischen Männlichkeit zu brauchen glaubt. Soll ich etwa den Staat dagegen anrufen? Und wie blöd wär ich dann?
@mowgli Bitte was? Man soll Rechtsextreme nicht verfolgen um nicht "toxisch männlich" zu sein?
Das ist ja mal eine unhaltbare Position. Und dann auch gleich den Autor beschimpfen?
"Tut mir leid, dass ich dir nicht geholfen habe als dich die Nazis zusammenschlugen; aber ich kann mich doch nicht toxisch-männlich verhalten!"
Es ist ja eine rhetorische Frage.
"Warum erst jetzt?"
Als wüssten wir darüber nichts.
Weshalb sich interessierte Kreise solange schon einer Hassprache, Hasshaltung, Ausgrenzung und Entgrenzung bedienen. Die Täter-Opfer-Umkehr zum demagogischen Prinzip haben und hatten. Solange es grundsätzlich ihre Agenda stützt. In der Folge die Forderungen des völkischen Mobs in Gesetz und Verordnung erfüllt wurden. Unvergessen die Pressekonferenz von Innenminister Rudolf Seiters /CDU 1992, in der er zusammen mit dem Innenminister Meck-Pomms Lothar Kupfer/ CDU feststellte - der Ausländer, Vertragsarbeiter, Einwanderer sei ja selbst schuld das erst ihre Häuser und dann sie selbst brennen. In West und Ost. Da er im Land anwesend ist und freiwillig einfach nicht geht.
youtu.be/J-tPdM7C4XU?t=1019
Noch zwei links zum Thema wie lange schon. Ungeachtet des was sich davor finden liesse. Geschichtsbewusst.
Ein Film. Ein Zeitungsartikel. 30 Jahre Hass, Hetze, Morde und Progrome. Und dem ewig gleichen Satz, zuletzt nach Halle /Saale "Das hat uns überrascht, hätten wir nicht geglaubt, noch für möglich gehalten." Treu-betroffen Zwinker-Zwinker. Es schadet dem Ansehen. Der Täter.
Der Film: "The Truth lies in Rostock"
youtu.be/5P21AfG6SPE
Die ZEIT 1992. Rostock Lichtenhagen:
www.zeit.de/1992/3...-und-biedermaenner
"Warum erst jetzt?" Zu viele entgangene Aufwandsentschädigungen, Diäten und Wahlkampfkostenerstattungen?
Warum erst jetzt? Die Frage ist falsch. Warum immer noch nicht? Das wäre die richtige Frage. So lange die Konservativen es nicht schaffen, eine Grenze zu den Rechten zu ziehen, so lange sie es nicht aufgeben, deren Wähler wieder zurückholen zu wollen, so lange man es geschehen lässt, dass die AFD nicht mit dem Terror identifiziert wird und sich mit Einzeltätertum herausredet, so lange wird es bei ein bisschen gelegentlicher Aufregung und sinnlosem Aktionismus bleiben. Und wenn mal ganz ehrlich ist, wahrscheinlich wird das "nicht wahrhaben wollen" nahtlos in ein "den Kopf einziehen" übergehen. So lange man nicht selber gemeint ist, so lange andere Opfer werden, Ausländer, Juden oder allzu Mutige, so lange passiert nichts.
@Benedikt Bräutigam Das gleiche gilt zumindest in Berlin für weite Teile der Politik, die Drogendealer und Hausbesetzungen tolerieren.
Aber solange dies einen nicht selbst trifft, ist es wohl in Ordnung.
Sehr guter Kommentar!
"Warum verpflichtet die Regierung erst jetzt Facebook und Co. dazu, Morddrohungen den Ermittlungsbehörden zu melden?"
Warum nur Facebook&Co?
Warum nicht Gastwirte in Eckkneipen, Shishabars oder bei McDonald's? Oder Passanten auf offener Straße? Ich verstehe die Einschränkung nicht.
Mir greift das zu kurz. Es hat einen Grund, dass in Ostdeutschland rechts gewählt wird. Nach dem Linksruck aller übrigen Parteien ist ein Vakuum entstanden, das die AfD nunmal gefüllt hat.
Es ist grotesk anzunehmen, dass alle oder ein Großteil der AfD-Wähler rechtsextrem seien. Denn sie haben vorher andere Parteien gewählt.
Kampf gegen Rechtsextremismus ist wichtig und sinnvoll. Ich sehe aber derzeit die große Gefahr, dass durch den inflationären Gebrauch von Worten wie rechtsextrem oder Nazi eigentlich ein Kampf gegen alle Nichtlinken geführt werden soll. Ein politischer Kampf, wie er eher in totalitären Systemen üblich ist.
@Jan Ströher Es gab in den letzten Wochen genug Artikel über Höckes Buch. Wenn das, was er darin schreibt, nicht rechtsextrem ist, wenn der Autor eines solchen Buches kein Nazi ist - was ist dann eigentlich rechtsextrem, wer ist ein Nazi?
Man sollte eines nicht vergessen: wer Leute wie Höcke wählt, niemand Enteignung, Deportation oder gar Ermordung von Millionen Menschen billigend in Kauf.
@Jan Ströher Aus Geschichte anscheinend nicht viel gelernt...
Es gibt mehr Nazis und "Liberalkonservative" als Sie vielleicht meinen. Oft wissen es eben auch die "Betroffenen" selbst nicht, dass sie es sind, und darauf gilt es hinzuweisen und dem etwas entgegen zu setzen.
"Die Wahlergebnisse in Brandenburg, Sachsen und Thüringen bieten Anlass genug, endlich die Sorgen derjenigen ernst zu nehmen, die von Rechtsextremen bedroht werden."
Auf den Punkt gebracht, vielen Dank!
@DaW Welche Rechtsextremen? (Um mit den Worten von @JAN STRÖHER zu sprechen, siehe ein Kommentar weiter oben)
Das Titelbild des Beitrags sagt eigentlich schon alles: eine eingeworfen -oder die die Täter sich vermutlich ausdrücken "entglaste"- Fensterscheibe, vielleicht die eines den Tätern mißliebigen Parteibüros oder einer Bankfiliale. Natürlich typisch für rechten Terror. Da muß man was tun, TuWat sozusagen...
@Der Erwin Jaja, lassen Sie mich raten: die Linken sind mindestens genauso schlimm! Das wird seit 30 Jahren gesagt. Ergebnis: 200 Tote.
Übrigens, ein kleiner Tipp: ziehen Sie mal den Cursor übers Bild.
@Der Erwin Stimmt, ist typisch: Ein Einschussloch in der Fensterscheibe des Dönerimbisses in Halle
@Der Erwin Es handelt sich um ein Einschussloch. Vielleicht nicht ganz dasselbe wie eine eingeworfene Scheibe? Aber das ist ihnen wahrscheinlich ein bisschen zu viel der Differenzierung.
@Der Erwin Sie sprechen so undeutlich. Trauen Sie sich nicht, Ihre Meinung zu sagen? Werden Sie unterdrückt?
Wie kann man ernsthaft auf die Idee kommen, mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht regieren zu wollen? Das BSW ist eine rein destruktive Kraft.
Neue Ideen gegen Rechtsextremismus: Zu lange den Falschen zugehört
Die Regierung will etwas tun gegen den Hass. Das ist gut, aus Worten werden irgendwann Taten. Die Frage ist bloß: Warum erst jetzt?
Offene Wunden gab es genug in den vergangenen Jahren Foto: dpa
Bevor man sich den Ideen der Bundesregierung gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität widmet, sollte man ein großes Fragezeichen in den Raum stellen: Warum erst jetzt? Warum verpflichtet die Regierung erst jetzt Facebook und Co. dazu, Morddrohungen den Ermittlungsbehörden zu melden? Diese Maßnahme, angeschoben nach dem furchtbaren Mordanschlag in Halle, ist natürlich völlig richtig. Sie sollte allerdings eine Selbstverständlichkeit sein. Und sie kommt viel zu spät.
Es ist ganz einfach: Aus Worten werden Taten, nicht sofort, aber irgendwann. Die Verrohung der Sprache, das Verschieben der roten Linie, sie bewirken etwas. Seit Jahren nimmt die Hetze im Netz zu, die Flut unflätiger Beleidigungen, die Gewaltandrohungen. Sie schaffen einen Diskursraum, in dem sich Rechtsextreme geschützt und akzeptiert fühlen. Konservative und Neue Rechte klagen ja gerne, dass man heutzutage nicht mehr alles sagen dürfe, was man denke. Das Gegenteil ist der Fall: Zu viel Menschenverachtendes wird gedacht, zu viel wird gesagt – und manchmal eben auch getan.
In Halle hat eine Holztür verhindert, dass es zu einem Massaker an Juden und Jüdinnen in Deutschland kam. Die Regierung will nun, als eine Konsequenz, stärker gegen Hasskriminalität vorgehen, also etwa die Aufforderung zu Straftaten oder ihre Verharmlosung strenger ahnden. Gut und sinnvoll, keine Frage. Aber hätte man diesen Gedanken nicht schon früher haben können? Es gab die Morde des NSU, die Sprengstoffanschläge der Gruppe Freital und den Mord an dem CDU-Politiker Walter Lübcke. Die Liste ließe sich fortsetzen.
Die Bundesregierung hat zu lange die Augen davor verschlossen, dass es tödlichen Rechtsterrorismus gibt. Und sie hat den Zusammenhang von Sprache und Gewalt ignoriert. Es ist schön, dass sie nun endlich das Waffenrecht verschärfen, den Verfassungsschutz stärker gegen Rechtsextremismus ausrichten und KommunalpolitikerInnen besser schützen will. Aber statt der Brutalität von rechts früh die ganze Härte des Rechtsstaates entgegenzusetzen, hat sich die Große Koalition damit beschäftigt, auf vermeintliche Ängste der AfD-WählerInnen einzugehen.
Horst Seehofer, der heute als Kämpfer gegen rechts auftritt, hätte im Sommer 2018 wegen eines nicht existenten Problems in der Flüchtlingspolitik beinahe die Regierung platzen lassen. Dieser Fokus ist fatal. Die Wahlergebnisse in Brandenburg, Sachsen und Thüringen bieten Anlass genug, endlich die Sorgen derjenigen ernst zu nehmen, die von Rechtsextremen bedroht werden.
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Schwerpunkt Rassismus
Kommentar von
Ulrich Schulte
Leiter Parlamentsbüro
Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.
Themen
Aminata Touré: Wir können mehr sein – Die Macht der Vielfalt – taz Talk