Klimawandel im Harz: Bis nur noch eine Pfütze bleibt
Der Harz wird immer trockener. Früher folgten auf Dürresommer nasse Winter – nun fällt das ganze Jahr über zu wenig Wasser.
„Der Klimawandel kommt schneller und härter im Harz als bisher prognostiziert“, heißt es in der Untersuchung. Ein alarmierendes Resümee, findet der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies (SPD). „Angesichts häufigerer Trockenperioden müssen wir uns damit beschäftigen, welche Wassermengen künftig noch zur Verfügung stehen und wie der Bedarf gedeckt werden kann“, sagt Lies.
Rund zwei Millionen Menschen beziehen täglich ihr Trinkwasser von den Harzwasserwerken – ebenso wie zahlreiche Industrieunternehmen. Somit sind die Harzwasserwerke der größte Trinkwasserversorger Niedersachsens.
Umso wichtiger ist zu wissen, auf welche Veränderungen durch den Klimawandel sich die Wasserwerke als Talsperrenbetreiber einstellen müssen. Und die Studie zeigt: Sie sind gravierend. Aus den Daten geht hervor, dass zwischen 1941 und 2008 zwar die Dürreperioden länger geworden sind. Das wurde durch größere Niederschlagsmengen in den Wintermonaten aber wieder ausgeglichen. Doch: „Der früher festgestellte Trend, dass es im Winter mehr Hochwasser gibt, hat sich deutlich abgeschwächt“, heißt es in der Studie.
Imke Byl, Landtagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen in Niedersachsen
Die Analyse der Daten aus den Jahren 2008 bis 2018 ergibt ein neues Bild. „Beim Niederschlag zum Beispiel ist zwar deutlich zu erkennen, dass in den Sommermonaten weniger Regen fällt.“ „Dieser werde aber nicht, wie ursprünglich prognostiziert, durch mehr Regen und Schneefall in den Wintermonaten ausgeglichen. „Das heißt: Auf das gesamte Jahr betrachtet, fällt im Trend im Westharz weniger Niederschlag als früher.“
Und das bedeutet weniger Wasser in den Talsperren. Das Einzugsgebiet der Sösetalsperre im Süden des Harzes und die Radau im Nordharz, von der ein Teil des Wassers über die Okertalsperre in die Granetalsperre geleitet werden kann, seien besonders betroffen. Lediglich die Eckertalsperre, die durch ihre Lage am Brocken im Winterhalbjahr weiterhin von Regen und Schnee profitiert, sei ausgenommen.
Wird das Trinkwasser also langfristig in Niedersachsen knapp? „Die Harzgegend ist ein Beispiel für die unmittelbare Abhängigkeit der Trinkwasserversorgung von regengespeisten Talsperren“, meint Klimaforscher Dieter Gerten. „Dass wir in Deutschland in Zukunft um unser Trinkwasser fürchten müssen, ist eine Überspitzung.“ Dennoch seien gewisse Engpässe bei solchen Dürren in Regionen wahrscheinlich, deren
Versorgung nicht zum Beispiel aus Grundwasserreserven gedeckt sei. Unabhängig vom Trinkwasser weist der Hydrologe auch auf weitere Langzeitfolgen hin, die durch Dürre- und Hitzeperioden in Niedersachsen – aber auch in ganz Deutschland drohen.
„Wie es 2018 gezeigt hat, geht es auch um den Zustand der Gewässer- und Landökosysteme, den landwirtschaftlichen Ertrag, den Güterverkehr auf Flüssen und Kanälen“, sagt Gerten. „Also um eine Kaskade ökologischer und ökonomischer Folgen, deren Zusammenspiel in Dürresituationen noch nicht gut verstanden ist, und auf die wir wenig vorbereitet sind.“
Ministerium arbeitet am Wasserversorgungskonzept
Auch das niedersächsische Umweltministerium beschäftigt sich mit den Herausforderungen, die sich daraus ergeben, dass die Jahresniederschlagsmenge sinkt. Seit 2017 arbeitet das Ministerium an einem Wasserversorgungskonzept. „Wasser ist ein hohes Gut, aber es ist begrenzt und wir müssen in Zukunft noch sorgsamer damit umgehen“, sagt Lies, dessen Ministerium auch selbst Studien beauftragt hat, um die regionalen Auswirkungen des Klimawandels einzuschätzen „und daraus abgeleitet, Handlungsoptionen zu entwickeln.“
Die grüne Landtagsabgeordnete Imke Byl fürchtet, dass Niedersachsen mittelfristig Versorgungsprobleme beim Thema Wasser bekommen werde. „Man merkt ganz deutlich, dass die Klimavorhersagen schlimmer eintreffen, als gedacht.“ Es gebe viele verschiedene Baustellen. So wäre es etwa sinnvoll, wenn das Land Landwirte unterstützen würde, die auf wassersparende Methoden setzen würden, sagt Byl. „Landwirte sind aber nicht die einzigen, die sich anpassen müssen. Das betrifft auch unseren privaten Wasserkonsum.“
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