piwik no script img

Berliner PolizeischülerWegen „Sieg Heil“-Rufen vor Gericht

Polizeischüler haben einen schwarzen Basketballspieler mit Affengeräuschen beleidigt. Sie wurden zu Geldstrafen verurteilt. Einer wurde befördert.

Rechte gibt es auch bei der Berliner Polizei Foto: dpa

Berlin taz | Am 27. April 2018 besuchte der Sozialarbeiter Sören S. mit einer Gruppe migrantischer Jugendlicher ein Basketballspiel in der Mercedes-Benz-Arena. Doch statt eines tollen Spiels waren die BesucherInnen mit einer rechten Männergruppe auf den Nachbarplätzen konfrontiert.

„Schräg gegenüber von unseren Plätzen fielen meiner Kollegin und mir sieben Männer auf, die kurz nach Spielbeginn einen schwarzen Spieler der gegnerischen Mannschaft mit Affengeräuschen beleidigten“, erzählt S. Als vor der Halbzeitpause aus der Gruppe dann „Sieg und Heil“-Rufe ertönten, reichte es ihm. Er erstattete noch im Stadion Anzeige. Bei der Kontrolle fand die Polizei auf den zwei Handys der Männer Inhalte mit rechtem Gedankengut.

Am 16. Mai fand der Prozess gegen drei der Männer vor dem Amtsgericht Tiergarten statt. Dort stellte sich heraus, dass es sich bei der Männergruppe um Polizeischüler handelt, die den Geburtstag eines Kollegen gefeiert hatten. Vor Gericht erklärte der Beschuldigte Tobias B., er sei mit anderen in die „Sieg“-Rufe des Alba-Fanblocks eingefallen, „Heil“-Rufe habe er aber nicht gehört.

Auch die PolizistInnen, die die Gruppe nach S.s Anzeige kontrolliert hatten, wurden vernommen. Eine Polizistin erklärte, dass die Gruppe bereits in der Vergangenheit wegen der Verletzung von Polizeidienstvorschriften in einem rechten Kontext aufgefallen sei. Die Staatsanwaltschaft sah es in ihrem Plädoyer als erwiesen an, dass alle drei Angeklagte durch verfassungsfeindliche „Sieg Heil“-Rufe aufgefallen sind.

Befördert trotz Anzeige

Das Gericht verurteilte die drei Männer zu Geldstrafen in unterschiedlicher Höhe: Zwei Angeklagte müssen, da sie noch Polizeianwärter sind, Geldstrafen von 40 Tagessätzen à 30 Euro bezahlen, der dritte Angeklagte, der unterdessen zum Polizeimeister auf Probe befördert wurde, muss Tagessätze von 50 Euro zahlen.

Für Sören S. ist die Beförderung eine beunruhigende Nachricht. „Er wurde in den Polizeidienst berufen, obwohl das Verfahren schon lief, wenn auch noch kein Urteil gefallen war. Das ist vor allem vor dem Hintergrund der Debatte um rechte Tendenzen auch bei der Berliner Polizei unverständlich“, erklärte er gegenüber der taz. Niklas Schrader, der für die Linke im Berliner Abgeordnetenhaus sitzt, bereitet dazu eine parlamentarische Anfrage vor. Von der Pressestelle der Berliner Polizei war bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme zu bekommen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

23 Kommentare

 / 
  • Gibt es eine Vorstellung, welcher Anteil der Polizisten bzw. Polizeischüler rechtsradikal ist? Hört man davon nur so häufig, weil es eben bei Polizisten noch empörender ist als in anderen Berufen, oder ist tatsächlich unter Polizisten der Nazianteil höher als in der Gesamtgesellschaft?

    • @Ein alter Kauz:

      Es gibt Untersuchungen dazu, dass in Berufen die mit einem Machtstatus einhergehen (also wo man als Individuum quasi Vertreter der "Staatsgewalt" spielen darf) der Anteil autoritär, intolerant und rechtsradikal gesinnter Menschen überdurchschnittlich hoch ist.

      Entsprechende Vorkommnisse in verschiedenen Polizeibehörden und Einheiten der Bundeswehr gab es ja schon häufig, z.B. den Oury Jalloh Fall, die Vorfälle beim Kommando Spezialkräfte (KSK), der Berliner LKA Beamte der private Kontakte zu den Neuköllner Rechtsextremisten pflegt welche er eigentlich beschatten sollte, die Polizisten in Hessen die Drohbriefe an die türkischstämmige Anwältin eines NSU-Hinterbliebenen geschrieben haben...

      Hatte selbst schon in meinem Bekanntenkreis Vorfälle wo sehr friedliebende und sozial kompetente Menschen die keiner Fliege etwas zu Leide tun können und in keinerlei kriminelle Aktivitäten involviert sind von Polizisten misshandelt wurden - und dass offenkunding nur wegen Ihrem nicht-germanischen Phänotyp. Das Ganze wurde dann nach einem kurzen Presseecho (mein Bekannter ist gut vernetzt in der Berliner Kunst- und Medienlandschaft) vom Berliner Polizeisprecher im RBB Fernsehen geleugnet. Natürlich hätten die Beamten nur ordnungsgemäß Ihren Dienst verrichtet und strafbare Handlungen seien nicht erkennbar gewesen. Sprich: solche Übergriffe werden meistens gedeckt und haben keine Konsequenzen. Rechtsbruch wird toleriert, solange er von denjenigen begangen wird, die eigentlich das Recht hüten sollen.

  • Ist ja nix neues. 1991 zeigte ich einen damals noch Kriminalkomissar-Anwärter, der ein Freund von mir war wegen Dealen von Drogen auf einer Privatparty an 16-17 jährigen, bei die Polizei an. Beim Hausdurchsuchungen wurden bei ihm Substanzen gefunden, was sich als Kokain und Haschisch herausstellte. Letzten Jahr traf ich ihn nach so langer Zeit bei einem Einsatz wieder und staunte nicht schlecht, daß er immer noch Polizist ist. Logisch wurden dies intern geregelt, schliesslich bin ich nicht mal als Zeuge vorm Gericht vorgeladen worden, weder habe ich noch Kenntnisse darüber, dass es überhaupt ein Verfahren gegeben hat.

    Dann gibt da noch eine andere Sache. Mein Nachbar ist Polizist und zeigten mir etlichen Fotos von seiner Ausbildungsjahren Übungshandlungen aus Kasernen- und Übungsplätzen Schulzendorf & Ruhleben. Das Krasse dahin liegt, dass davon doppelter Abzügen sind, eine Galerie in Farbe und schwarz-weiß. Die schwarz-weiß-Bilder hat den Eindruck, als stünde dies in der 33er-Zeit, so mit Stahlhelm, Maschinengewehre, Kampfanzügen in typischen Militärie-Style. Ich habe mit seiner Erlaubnis die Bilder an mich genommen, weil ich der Meinung war, es jemandem zu zeigen, wie krass es sei. Doch leider ist dazu nicht gekommen, weil diese Person dem ich zeigen wollten nicht mehr Journalist sei. Was auch immer? Derzeit befinden sich die Bilder in meinen Obhut, weil der Nachbar bisher noch nicht danach gefragt bzw. nicht um Rückgabe gebeten hat. Vielleicht möge der Eine oder die Anderen Journalist*innen Interesse hegen und um Einsicht bitten? TAZ haben ja Zugriff auf die Mailadresse. ;-)

  • Schwarz-braun durchseuchte Sicherheitsapparate in EU-Europa

    Einer IFOP-Studie zufolge haben die Sicherheitskräfte Frankreichs (inkl. Polizei, Armee und Geheimdienste) eine im Vergleich zum Landesdurchschnitt doppelt so hohe Wahlaffinität zum „Rassemblement Nationale“ (44 % gegenüber 23%) und zum RN-Verbündeten „Debout la France“ (DLF, 4% zu 2%). (Vgl. "Radioscopie de l’électorat du Front National", IFOP, 18/04/2017). Mithin darf fast die Hälfte der Beamten der französischen Sicherheitsapparate zum stabilen Wählerstamm des französischen Pendants zur AfD gezählt werden.

    Warum sollte das in der übrigen EU und vor allem ausgerechnet in Deutschland nun anders sein mit seiner Tradition der Freicorps mit Hakenkreuzen an den Stahlhelmen, der „Schwarzen Reichswehr“, eines SD-geführten BKA in den Nachkriegsjahren, nationalkonservativer Bundeswehrgeneräle wie Speidel und Heusinger, des „Unna-Papiers“ von General Middendorf gegen das Prinzip der „Inneren Führung“ („nahe an Revolte und Putsch“ - „Die Zeit“), der Günzel- und jüngst der Maaßen-Affäre sowie der unverhohlen AfD-affinen Positionen von Bundespolizei-Chef Romann und DPolG-Chef Wendt.

    Sehr auffällig ist schließlich das in den Corporate Media vorherrschende ohrenbetäubende Schweigen zu den jüngst von der „Taz“ verdienstvollerweise aufgedeckten Umsturzplänen in Polizei und Bundeswehr („Rechtes Netzwerk in der Bundeswehr: Hannibals Schattenarmee“, Taz v. 16.11.2018)

    • @Reinhardt Gutsche:

      “Schwarz-braun durchseuchte Sicherheitsapparate in EU-Europa“

      Lieber Reinhardt Gutsche,

      Ihre/Deine Meinung ist – leider Gottes – vollkommen zutreffend. Ich vermisse hierbei zur Zeit den öffentlichen Druck, sowie die Hartnäckigkeit der Medien, welche die aufklärenden Behörden zwingen ihre Arbeit zu machen und die Öffentlichkeit hierüber (Ergebnisse zu "Altfällen") zu Informieren. Seit Monaten hört und liest man nichts mehr zu den rechten Umtrieben (mittlerweile 38 Verdachtsfälle) in der hessischen Polizei und zum Ermittlungsstand um die Drohbriefe an die Anwältin Seda Basay-Yildiz (i.V.m. d. 1. Frankfurter Polizeirevier) – von Innenminister Peter Beuth und dem Frankfurter Polizeipräsidenten Gehard Bereswill keine Information für die Öffentlichkeit hierzu.



      Auch die Frage, ob im Fall des verurteilten Berliner Polizeibeamte, welcher Ende '17 Drohbriefe an die linke Szene verschickt hat, noch Mittäter bzw. Komplizen im aktiven Polizeidienst sind – und wie diesbezüglich der aktuelle Ermittlungsstand ist – gibt es seit Wochen keine Information von Polizei, Staatsanwaltschaft oder Innenbehörde.



      Die Berliner Landesdatenschutzbeauftragte (LfD), Maja Smoltczyk, beklagte diesbezüglich (und wiederholt) den “mangelnden Aufklärungswillen“ von Polizei und Staatsanwaltschaft. (taz berichtete)



      Es liegt nahe, dass es Personen in den Innenressorts und in den Polizeibehörden gibt die ein großes Interesse daran haben die rechten/rechtsradikalen Sachverhalte um Polizeibeamte in Berlin und Hessen möglichst “schnell einschlafen zu lassen“. Damit dies nicht geschieht sind hier (kritische) Medien wie die taz oder Fernsehmagazine wie Kontraste gefordert: Diesbezüglich am Ball zu bleiben und immer wieder kritische Fragen zu stellen lautet das Gebot der Stunde!

    • @Reinhardt Gutsche:

      Gehirnakrobatik

      Zitat @Rudolf Rudolf Fissner: „Die allermeisten Rechtshandel finden sich in der ehemalige DDR, dem Hort des Lehrstücks des deutschen Kommunisten. Dort wandern Scharen Wähler von der Linkspartei zur AfD über.“

      Dazu die Wanderungszahlen zur AfD bei den BT-wahlen 2017 in Tausend:

      Von Union: 980



      Von SPD: 470



      Von Linke: 400



      Von FDP: 40



      Von den Grünen: 40



      Von anderen: 690



      Von den Nichtwählern: 1 200

      Bilanz:



      Von der Linke: 400



      Vom Rest: 2538

      Wählerwanderung zur Linke:



      Von: 430



      Von Grünen: 170



      Von Union: 90



      Von den Nichtwählern: 270

      Bilanz: Den 400 T zu der AfD gewechselten vormaligen Linke-Wähler stehen insgesamt t 960 T Zugänge von anderen gegenüber.

      Dem gestiegenen Wähleranteil der AfD seit den Bundestagswahlen von 2009 um ça.12 % steht ein etwa gleichgroßer Schwund der Union gegenüber.

      In den Nachfolgeländern der DDR betrug die jeweilige Wählerquotenentwicklung im Vergleich von letzten Landtagswahlen und jüngster Umfrage bei Linken und AfD:

      Ost-Berlin: 23,4 zu 28/29 Linke; 17 zu 13 AfD.



      M/VP:13,2 zu16 Linke; 20 zu 18 AfD.



      Sachsen: 18,9 zu 16 Linke; 9,7 zu 26 AfD.



      Sachsen-Anhalt: 16,3 % zu 19 Linke; 24,3 zu 21 AfD.



      Thüringen: 28,2 zu 25 Linke; 10,6zu 19 AfD.

      Aus den entsprechenden Vergleichszahlen zur CDU ergibt sich die Evidenz, daß den CDU-Verlusten in etwa gleichgroße AfD-Zuwächse gegenüberstehen. Alle AfD-Direktmandate gingen bislang zu Lasten der CDU..

      Man muß schon allerhand Gehirnakrobatik aufbringen mit der These, die Wechselwähler der Linken seien ganz im Gegensatz zur CDU „in Scharen“ zur AfD übergelaufen, bei der es sich mithin um die eigentliche Nachfolgepartei der SED handele (Harry Waibel gestern in telepolis).

      Wie dereinst die Republikaner als Abspaltung der CSU aus Protest gegen die Finanzspritze an die DDR in Gestalt von Strauß vermittelten Umschulungskrediten entstanden, ist die AfD heute ein Derivat der CDU aus Protest gegen Merkel wegen ihres angeblichen Linksschwenks.

    • @Reinhardt Gutsche:

      Bzw. Auf Deutschland übertragen: Die allermeisten Rechtshandel finden sich in der ehemalige DDR, dem Hort des Lehrstücks des deutschen Kommunisten. Dort wandern Scharen Wähler von der Linkspartei zur AfD über.

      Auffällig ist da wieder einmal die fehlende Auseinandersetzung der Linkspartei damit wie seinerzeit auch schon in de DDöR über Jahrzehnte mit dem Rechtextremisms

      • @Rudolf Fissner:

        Gehirnakrobatik


        Zitat @Rudolf Rudolf Fissner: „Die allermeisten Rechtshandel finden sich in der ehemalige DDR, dem Hort des Lehrstücks des deutschen Kommunisten. Dort wandern Scharen Wähler von der Linkspartei zur AfD über.“

        
Dazu die Wanderungszahlen zur AfD bei den BT-wahlen 2017 in Tausend:
Von Union: 980



        Von SPD: 470



        Von Linke: 400



        Von FDP: 40



        Von den Grünen: 40



        Von anderen: 690



        Von den Nichtwählern: 1 200




        Bilanz:



        Von der Linke: 400



        Vom Rest: 2538


        Wählerwanderung zur Linke:



        Von SPD: 430



        Von Grünen: 170



        Von Union: 90



        Von den Nichtwählern: 270




        Bilanz: Den 400 T zu der AfD gewechselten vormaligen Linke-Wähler stehen insgesamt 1 960 T Zugänge von anderen gegenüber.
Dem gestiegenen Wähleranteil der AfD seit den Bundestagswahlen von 2009 um ça.12 % steht ein etwa gleichgroßer Schwund der Union gegenüber.

        In den Nachfolgeländern der DDR betrug die jeweilige Wählerquotenentwicklung im Vergleich von letzten Landtagswahlen und jüngster Umfrage bei Linken und AfD:



        
Ost-Berlin: 23,4 zu 28/29 Linke; 17 zu 13 AfD.



        M/VP:13,2 zu16 Linke; 20 zu 18 AfD.



        Sachsen: 18,9 zu 16 Linke; 9,7 zu 26 AfD.



        Sachsen-Anhalt: 16,3 % zu 19 Linke; 24,3 zu 21 AfD.



        Thüringen: 28,2 zu 25 Linke; 10,6zu 19 AfD.




        Aus den entsprechenden Vergleichszahlen zur CDU ergibt sich die Evidenz, daß den CDU-Verlusten in etwa gleichgroße AfD-Zuwächse gegenüberstehen. Alle AfD-Direktmandate gingen bislang zu Lasten der CDU.




        Man muß schon allerhand Gehirnakrobatik aufbringen mit der These, die Wechselwähler der Linken seien ganz im Gegensatz zur CDU „in Scharen“ zur AfD übergelaufen, bei der es sich mithin um die eigentliche Nachfolgepartei der SED handele (Harry Waibel gestern in telepolis).


        Wie dereinst die Republikaner als Abspaltung der CSU aus Protest gegen die Finanzspritze an die DDR in Gestalt zweier von F. J. Strauß vermittelten Umschulungskrediten entstanden, ist die AfD heute ein Derivat der CDU aus Protest gegen Merkels angeblichen Linksschwenk.


      • @Rudolf Fissner:

        1990 stand AfD noch für „Allianz für Deutschland“

        In der „Zeit“ meinte Jens Jessen vor zwei Jahren, es sei „Kennzeichen jeder Revolution, dass sie die Strukturen der gestürzten Welt spiegelbildlich wiederholt.“

        Dieser wie in Stein gemeißelte Satz beträfe dann natürlich auch die sog. Friedliche Revolution 1989 und wäre ein Erklärungsmuster für das deutsch-nationale Grummeln in den Nachfolgeländern der DDR, man habe nicht die alte UdSSR zum Teufel gejagt, um sich in der „EUdSSR“ wiederzufinden. Das ist zwar hanebüchener Unsinn, aber nur Ausdruck eines ähnlichen „spiegelbildlichen“ Ohnmachtsempfinden gegenüber einer übergestülpten Macht, wie man sie mit den Straßenprotesten der Feierabendrevolution im Herbst 1989 gerade loswerden wollte. Insofern ähneln die Dresdner abendländischen Spaziergänger und südost- sächsischen AfD-Wähler den jubelnden Massen im Dezember 1989 vor der Semper-Oper, die unter dem Meer schwarz-rot-goldener Lochfahnen dem Kanzler zuriefen: „Helmut! Nimm uns an die Hand und führe uns in‘s Wirtschaftswunderland!“ An EU-Fahnen kann sich da niemand erinnern.

        Die damaligen Schlachtrufe „Wir sind das Volk“ und mehr noch „Wir sind ein Volk“ im Lichte der späteren Entwicklung nicht post festum als „populistisch“ und „nationalistisch“ zu lesen, fällt schwer. Insofern hat sich „der Osten“ nicht geändert, nur glaubten damals die Neo-Völkischen unter den Friedlichen Revolutionären ihre Sache in der damaligen AfD, der „Allianz für Deutschland“ (nicht für Europa!) gut aufgehoben. Allmählich dämmerte es ihnen, daß das alles doch wohl nicht so gemeint war. Den meisten von ihnen ist es zwar wirklich, wie von Kohl versprochen, besser ergangen, aber sie wollen nur nicht den paternalistischen Hätschelstatus mit den Neuankömmlingen teilen.

    • @Reinhardt Gutsche:

      In einem Interview mit der Frankfurter Rundschau (FR) beklagte der Philosoph Daniel Loick den Rassismus in der deutschen Polizei und macht den Bundesvorsitzenden der DPolG, Rainer Wendt, mitverantwortlich: „(…) Hinzu kommt, dass viele Polizisten aus ihren rassistischen Einstellungen selbst kaum einen Hehl machen. Man denke etwa an den Vorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, der immer wieder rechte Positionen öffentlich vertreten hat. Da darf man sich nicht wundern, wenn solche Positionen innerhalb der Polizeistrukturen auf guten Nährboden fallen.“ (…) „Die Deutsche Polizeigewerkschaft hat gerade eben zu Jahresbeginn eine Pressemitteilung veröffentlicht, in der sie unter anderem von Staatsversagen bei der Vollstreckung von Abschiebungen und einem Kontrollverlust bei der Zuwanderung spricht. Das sagt nicht irgendwer, sondern eine große und relevante polizeiliche Interessensvertretung. (FR-Überschrift: "Polizisten haben häufig rechte Weltbilder", 05.01.19)

      • @Thomas Brunst:

        Danke für die Ergänzung

  • Erstaunliche Parallelen: Im Oktober 2018 hatte ein ehemaliger Polizeischüler der Polizeifachschule Leipzig, Chatverläufe aus einer WhatsApp-Gruppe veröffentlicht, worin sich Polizeischüler*innen rassistisch äußerten: “Wir sind aus Cottbus und nicht aus Ghana...wir hassen alle Afrikaner.“, wurde darin beispielsweise gepostet. Gegenüber dem Magazin NEON sagte der Ex-Polizeischüler, auch einige Ausbilder der Polizei hätten sich rassistisch geäußert. Und weiter: "Stahlgewitter-Songs auf der Stube, Besuche von NPD-Veranstaltungen und Zuspruch für die AfD waren nur einige Dinge, die ich im alltäglichen Umgang erlebt habe.", berichtete Spiegel online hierzu.



    Zu den Vorwürfen des ehemaligen Polizeischülers äußert sich der Leiter der Bereitschaftspolizei klar: "Wir nehmen die Vorwürfe sehr ernst. Rassistisches Gedankengut hat in den Reihen der Polizei keinen Platz und darf unter keinen Umständen toleriert oder verharmlost werden."



    Disziplinarverfahren wurden diesbezüglich eingeleitet über deren Ergebnisse die Öffentlichkeit nicht mehr informiert wurde.

  • Was muss eigentlich passieren in der Probezeit, damit ein „Polizeimeister auf Probe“ der Berliner Polizei wieder zurück auf Start geschickt wird von seinen Vorgesetzten? Genügt ein Urteil wegen wegen "verfassungsfeindliche[r] ‚Sieg Heil-Rufe‘“, oder muss der Kandidat erst wegen Körperverletzung eines Schwarzen verurteilt werden, damit die Probezeit als nicht bestanden gilt? Genügt so ein Urteil überhaupt? Und was, wenn es erst nach Ablauf der Probezeit ergeht?

    Fragen über Fragen. Erstaunlich, eigentlich. Man sollte doch denken, dass es gewisse Regeln gibt im deutschen Beamtenrecht für derartige Fälle. Oder unterstellt der Gesetzgeber vielleicht generell und grundsätzlich, dass deutsche (Polizei-)Beamte keine Fehler mehr machen können, wenn sie erst mal eingestellt und befördert wurden? Wenn ja, auf welcher (Rechts-)Grundlage?

    • @mowgli:

      Kommentar entfernt. Bitte bleiben Sie sachlich. Danke, die Moderation

  • Mir ist unverständlich, dass ein Polizeianwärter oder Probebeamter (also noch nicht Beamter auf Lebenszeit) nach einer solchen Verurteilung noch einen Tag länger im Dienst bleiben kann.

    • @undnix:

      Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung: Zum faktischen Verlust des Beamtenstatus führt eine (rechtskräftige) Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr wegen einer vorsätzlichen Tat (§24 BeantStG) oder zu einer Freiheitsstrafe von mindestens 6 Monaten aufgrund bestimmter, abschließend katalogisierter Taten (§24 BeantStG & §358StGB). Beleidigung o.ä. Äußerungsdelikte gehören nicht dazu.

  • 9G
    99140 (Profil gelöscht)

    "Immer wiederkehrende Einzelfälle" heisst dies nun in konservativem Sprech.



    Offenkundiger massenhafter Rechtsextremismus in Verwaltung, Polizeien und Diensten, ergo ein veritables Problem für diesen Staat und seine Bürger, nenne ich das.

    • @99140 (Profil gelöscht):

      100%ige Zustimmung! Gegen die "Immer wiederkehrende Einzelfälle"-These gibt es ein wirksames Mittel: Recherche.

      www.labournet.de/i...e-abteilung-kehrt/

      • 9G
        99140 (Profil gelöscht)
        @Thomas Brunst:

        Auch von mir Dank für den Link.

      • 9G
        91491 (Profil gelöscht)
        @Thomas Brunst:

        100 % Zustimmung.



        Danke für den Link.

        • @91491 (Profil gelöscht):

          Hallo FUNXX und A.W,

          ich habe noch etwas für Euch – und natürlich für alle anderen Interessierten. Ist heute über den Labournet-Newsletter ( www.labournet.de/n...eitag-31-mai-2019/ ) gekommen und stammt ursprünglich aus der Analyse & Kritik. Ein neuer Überblick über Rechtsradikale bei der Polizei:

          Wie rechtsradikal ist die Polizei? (Analyse & Kritik, 21.05.19)

          www.akweb.de/ak_s/ak649/33.htm