Schüler*innenstreiks für das Klima: Future ohne Fridays?
Wie es mit „Fridays for Future“ weitergehen könnte? Darüber diskutieren drei taz-Schülerpraktikant*innen, die mitdemonstriert haben.
„Das Interesse könnte bald einschlafen“
Vor zwei Wochen kam Greta Thunberg zur Fridays- for-Future-Demo nach Berlin. Mit ihr demonstrierten schätzungsweise 25.000 Menschen, darunter viele Schüler. Doch das wird nicht so bleiben. Ich denke, das Interesse vieler Schüler könnte bald einschlafen. Denn der Hype wird nachlassen. Es ist ja fast schon normal geworden, an den Fridays- for-Future-Demos teilzunehmen. Und wenn Dinge zur Gewohnheit werden, können sie schnell langweilig werden. Während sich die meisten Kinder bei der Einschulung noch freuen, endlich in die Schule gehen zu dürfen, finden sie später nichts Besonderes mehr daran. Aber gut, sie müssen dann ja auch zur Schule gehen.
Das ist bei den Demos anders. Da dürfen wir ja eigentlich gerade nicht hingehen, sondern müssten stattdessen in die Schule. Doch nach und nach wurde der Protest von unseren Schulen und unseren Eltern gegen die Demonstrationen immer geringer, viele fanden es sogar toll, dass wir auf die Straße gehen. Dadurch fühlt es sich jetzt gar nicht mehr so rebellisch an zu demonstrieren. Manche meiner Freunde haben sich schon gefragt, gegen wen wir überhaupt noch demonstrieren, und finden, dass dabei der Reiz doch etwas verloren gegangen ist. Fehlen uns also diejenigen Teile der Bevölkerung, die anderer Meinung sind als wir und gegen die wir uns auflehnen könnten?
Nein, leider nicht. Denn manch Konservativer fordert die Politiker dazu auf, härter gegen das Schuleschwänzen vorzugehen. In sozialen Medien werden wir zum Beispiel als „Rotzlöffel“ bezeichnet, die lieber zur Schule gehen sollten. Doch noch schlimmer sind rechtsextreme Hasskommentare gegen Greta und die demonstrierenden Schüler.
Aber wenn Politiker und Schulleiter doch noch Sanktionen für das Streiken beziehungsweise für das Schwänzen einführen, könnten die Schulstreiks weitgehend beendet werden. Zumindest dürfte sich das Publikum auf den Demonstrationen dann ändern. Es gehen ja nicht nur Schüler dorthin, sondern auch Erwachsene, die sich für Klimaschutz einsetzen. Ich persönlich will nach dem Besuch von Greta künftig öfter zu den Freitagsdemonstrationen gehen – aber nur, solange keine Sanktionen eingeführt werden, die schlimmere Folgen als einen unentschuldigten Fehltag haben.
Vielleicht sind auch andere Schüler erst durch die großen Demonstrationen vor zwei Wochen motiviert worden, ein Teil der Fridays-for-Future-Bewegung zu werden. Greta klang bei ihrem Besuch jedenfalls nicht danach, bald aufhören zu wollen. Auch die Organisatoren der Demos in Deutschland sagen immer wieder, dass sie nicht aufhören wollen, bevor die Politik handelt.
Es ist wichtig, dass wir Schüler weiter demonstrieren. Wir müssen den Politikern, die immer noch nicht davon überzeugt sind, sich stärker für den Klimaschutz einzusetzen, noch mehr Druck machen, damit sie endlich etwas zu tun.
Ich fürchte aber, dass die Demonstrationen irgendwann trotzdem aufhören werden. Aber der Gedanke dahinter, nämlich sich für den Klimaschutz einzusetzen, wird es nicht.
FARIN LAU, 14, besucht die 9. Klasse am Askanischen Gymnasium im Berliner Bezirk Tempelhof-Schöneberg
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„Wir könnten die Hoffnung verlieren“
Ich habe schon dreimal an den Demos teilgenommen. Und was hat das gebracht? Noch ist nichts passiert. Die Politiker könnten etwas verändern, aber sie tun nichts. Es wird viel darüber gesprochen, aber der Druck, den wir aufgebaut haben, führt bisher nirgendwohin. Dabei fühlt es sich manchmal so an, als wären alle auf unserer Seite, aber es verbessert sich nichts.
Ich habe viele auf den Demos sagen gehört, wir machen das, bis die Politik etwas tut. Aber leider sehe ich schwarz für beides. Den Hype wird es vermutlich bald nicht mehr geben und die Politik wird so verschnarcht weitermachen wie bisher.
Vielleicht wird man hier und da ein Kohlekraftwerk abschalten, aber dass es schnell konkrete Lösungsansatz geben wird, halte ich für unwahrscheinlich.
Ich weiß, dass das schwierig ist und – wie mir Erwachsene immer wieder sagen – ja nicht von heute auf morgen geht. Aber ich weiß auch: Viel Zeit haben wir nicht mehr. Und mit den Konsequenzen muss meine Generation dann leben.
Klar, es ist ein schwieriges Thema und das Problem ist nicht einfach zu lösen, aber es gibt immer Möglichkeiten, etwas zu verändern, um Stück für Stück den Mist, den wir gebaut haben, wieder aufzuräumen.
Die Forderungen zeigen ja konkrete Schritte auf. Wir Schülerinnen und Schüler versuchen zum Beispiel unseren Alltag anzupassen und bewusster und nachhaltiger zu leben, denn wir wissen, jeder Einzelne macht einen Unterschied. Aber es geht noch so viel mehr, das wir nicht von unseren Zimmern aus steuern und nur geringfügig beeinflussen können.
Es ist frustrierend, dass es nur darum zu gehen scheint, wie Politiker verhindern können, dass Schüler am Freitag in der Schule fehlen. Wir wollen doch nur, dass endlich etwas für das Klima passiert. Aber man will uns zuerst wieder in die Schule schicken, bevor sich Politiker mit dem auseinandersetzen, was wir fordern. Viele haben gesagt, wie sehr sie uns unterstützen, aber es passiert nichts.
Wir werden nicht das Interesse und auch nicht den Grund verlieren, auf die Demonstrationen zu gehen. Aber wir könnten die Hoffnung verlieren, dass sich dadurch etwas verändern wird. Dann werden wir vielleicht unseren Antrieb verlieren, jeden Freitag aufs Neue unsere Kraft für etwas zu verwenden, das am Ende doch nicht mehr als eine Debatte über die Schulpflicht auslöst.
NORA JAHNKE, 15, besucht die 9. Klasse am Carl-von-Ossietzky-Gymnasium in Berlin-Pankow
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„Wir werden nicht ernst genommen“
Wenn Angela Merkel die Demonstrationen der Schüleraktivisten lobt und glücklich über das Engagement der Jugend ist, klingt das doch erst einmal nach einem großen Sieg für die Jugendlichen, oder? Schließlich ist die Debatte darüber, ob das Streiken der Schüler gerechtfertigt ist, in vollem Gange und die Demonstrationen sind populär. Die Politiker, die sich mit den Demonstrationen auseinandersetzen und ihre Meinung dazu sagen, nicken mit den Köpfen und sprechen ihre Zustimmung aus – abgesehen von der AfD, die auf den Demos einen „Klima-Quiz“ mit Falschinformationen verteilt hat, um die Jugendlichen davon zu überzeugen, dass es den Klimawandel ja gar nicht gebe.
Aber die heuchlerische Zustimmung vieler Politiker schadet der Bewegung mehr, als es ihr letztlich hilft. Denn wir Schüler werden nicht richtig ernst genommen, wenn Politiker die Streiks einerseits anerkennen, aber andererseits nicht auf Augenhöhe mit uns Jugendlichen diskutieren und auch nichts konkret verändern. Unsere Eltern geben uns quasi die Erlaubnis, die Schulpflicht zu verletzen. Das widerspricht dem Kerngedanken, der den Demonstrationen zugrunde liegt. Nämlich, dass man uns nur wahrnehmen wird, wenn wir etwas Verbotenes tun, sprich: die Schulpflicht verletzen. Auflehnung gegen Autoritäten, aber mit der Erlaubnis der Autoritäten – wie überheblich haben sich die Politiker über die Proteste und unsere Forderungen gestellt!
Trotz Beifall und Zustimmung von allen Seiten passiert bisher auf der politischen Ebene nichts. Sie gehen weder auf unsere Forderungen ein noch tun sie etwas, um den Klimawandel zu stoppen. Stattdessen gibt es viele Diskussionen darüber, ob Schüler die Schule schwänzen dürfen oder nicht, ob Schüler sich überhaupt positionieren sollten, ob sie das alles nicht lieber den Experten überlassen sollten und so weiter. Abgesehen davon, dass sich ja jeder – auch wir Schüler – ausführlich zu dem Thema informieren kann und wir wissenschaftliche Erkenntnisse auf unserer Seite haben, wird damit nur von dem eigentlichen Problem abgelenkt.
Wie wird es jetzt weitergehen? Wenn nach den Ferien vielleicht weniger Schüler auf die Straße gehen, wird die Klimapolitik dann weiter stillstehen oder werden die alten Politiker ihre Klimapolitik doch noch überdenken?
JURIJ KÖNIGER, 14, besucht die 9. Klasse am Askanischen Gymnasium im Berliner Bezirk Tempelhof-Schöneberg:
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