taz Salon zu Miet- und Wohnungspreisen: Die Regeln des Marktes
Die Mieten steigen auch in Bremen kontinuierlich. Was können die Stadt und ihre Wohnungsunternehmen dagegen tun? Danach fragte der taz Salon im Lagerhaus.
Die Diskussion drehte sich um die Frage nach bezahlbaren Mieten: ein Thema, das auch den Wahlkampf vor der Bürgerschaftswahl im kommenden Mai mitbestimmen wird. Auch Bremens Sozialdemokraten versuchen das Thema zu besetzen. So plädierte die SPD-Landesvorsitzende Sascha Aulepp zuletzt für einen Rückkauf der privatisierten Baugesellschaft Brebau, für eine höhere Sozialraumquote und dafür, sich mit den Möglichkeiten des Erbbaurechts auseinanderzusetzen.
Wie stark die öffentliche Hand den Marktmechanismen aber überhaupt entgegenwirken kann und sollte, darüber wurde auf der Bühne des Lagerhauses durchaus gestritten: Bausenator Joachim Lohse (Grüne) erklärte, dass der Neubau von Sozialwohnungen nicht alle Probleme löse, und verwies darauf, dass die Durchschnittsmiete von gut sechs Euro bei der teil-kommunalen Gewoba immer noch unter dem Mietpreis bei öffentlich geförderten Sozialwohnungen liege.
„Wenn wir über Wohnungspreise sprechen, müssen wir auch über Einkommen sprechen“, sagte der Vorstandsvorsitzender der Gewoba, Peter Stubbe – die nämlich seien in Bremen niedrig. Ob Wohnungen bezahlbar seien oder nicht, das sei relativ, sagte wiederum der Bausenator: Im Bremer Überseequartier „liegen die Mieten im Neubau bei 13 Euro pro Quadratmeter“, so Lohse, „in Hamburg bekommt man dafür heute kaum noch eine Studentenbude“.
Joachim Barloschky, Bündnis Menschenrecht auf Wohnen
Joachim Barloschky vom Aktionsbündnis Menschenrecht auf Wohnen verwies auf das Mittel des Erbbaurechts: eine umgangssprachlich oft als „Erbpacht“ bezeichnete Form, gegen Zahlung einer Pacht auf einem Grundstück zu bauen, das einem nicht selbst gehört. Da heute nur noch 30 Prozent der Flächen Bremens in öffentlicher Hand seien, verliere die Stadt ihre demokratischen Gestaltungsmöglichkeiten. Dagegen würde das Erbbaurecht der Stadt ermöglichen, immerhin im Besitz der Flächen zu bleiben. Deshalb hatte Barloschky schon vor Jahren gefordert, öffentliche Flächen nicht mehr zu verkaufen, sondern nur per Erbbaurecht zu vergeben, um der Immobilienspekulation vorzubeugen.
Diese Idee könne heute zwar politisch Mehrheiten finden, sagte Lohse. Sie scheitere aber am realen Marktgeschehen: Der Erbpachtzins von fünf Prozent liege deutlich über einem Kapitalmarktzins, den Banken für Immobilienvorhaben vergeben. Flächen, die den Investoren am Ende nicht gehören, für diesen hohen Zins zu vergeben, das könne also nicht funktionieren. Überhaupt sei er in seiner Zeit als Bausenator an die Grenzen des politisch durchsetzbaren gegangen, betont der Grüne.
Neubauten führen zu Mieterhöhungen
Bremen verfüge immer noch über sehr attraktive Flächen für den Wohnungsbau, sagt Gewoba-Kopf Stubbe und verwies etwa auf Konversionsflächen entlang der Weser. Es sei aber auch wichtig, zu bedenken, dass sich mit jedem Neubau die Durchschnittsmiete im umliegenden Quartier erhöhe.
Als gemeinsamer Gegner ausgemacht wurden kommerziell auftretende Wohnungskonzerne wie Vonovia. Bloß: Was tun? „Der eine nennt es Re-Kommunalisierung, der andere Enteignung“, so Barloschky. „Ich bin mit allem einverstanden.“
Ob es um Menschen gehe oder um Profite, wollte am Ende der Diskussion einer der rund 50 Zuhörer wissen – und traf damit so etwas wie den Kern des Problems. Denn dass jeder Mensch vier Wände und ein Dach über dem Kopf braucht, man es bei Immobilien aber mit einem harten Markt zu tun hat, bei dem es eben nicht zuerst um die Bedürfnisse der Bürger geht: darin zumindest waren sich am Dienstagabend alle einig auf dem Lagerhaus-Podium.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!