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Fliesenleger arbeitet nicht für AkademikerBoykott für Besserwisser

Ein Fliesenleger in Ingolstadt hat schlechte Erfahrungen mit Audi- und Siemens-Angestellten gemacht. Jetzt arbeitet er nicht mehr für sie.

Nichts für Problemkunden: schöne Kacheln Foto: pixabay / olafpictures

Ein Fliesenleger in Riedenburg, Michael Schmiedl, der viele Kunden im nahen Audi-Zentrum Ingolstadt bediente, hat die Schnauze voll und eine gelbe Weste angezogen: Seine Firma arbeite „nicht mehr für Besserwisser“, heißt es auf seiner Internetseite. „Wie jeder andere Handwerksbetrieb auch, haben wir in der Vergangenheit was Zahlungsmoral und Problemkunden betrifft unsere Erfahrungen gesammelt. Wir möchten zufriedene Kunden die uns gerne weiterempfehlen, und auch unsere Arbeit schätzen.“

Die Lokalzeitung Donaukurier griff diese ebenso seltene wie mutige Absage auf und berichtete, dass die Firma von Schmiedl aus betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten eine „Ausschlussliste“ erstellt habe. In ihr ist festgelegt, von wem er zukünftig keine Aufträge mehr annimmt.

Zu diesen gegenüber Handwerkern allzu arroganten „Problemkunden“ scheint er neben den Audi-Kadern auch die Siemens-Dozenten der örtlichen Universität zu zählen, denn „wir arbeiten nicht für Ingenieure, Doktoranden und Professoren der Firmen Audi und Siemens. Sollten sie zur o. g. Personengruppe gehören, sparen Sie sich (und uns) das Verfassen von E-Mails. Ausschluss bedeutet Ausschluss.“

Schmiedl will sie aber nicht ganz im Regen stehen lassen, denn am Schluss schreibt er auf seiner Internetseite: „Vielleicht werden Sie hier fündig.“ Wer das „hier“ anklickt, gerät auf eine Seite mit einer Liste von „Fliesenlegern, die noch für Audi oder Siemens Ingenieure arbeiten“. Dort sollen die leitenden Angestellten der beiden Ingolstädter Großkotzkonzerne also andere Fliesenverleger-Adressen im Raum Altmühltal finden, die es um eines lukrativen Auftrags willen vielleicht noch hinnehmen, sich dafür demütigen zu lassen – aber weit gefehlt: Auf dieser Internetseite findet man nur ein vom „Fliesenstudio Salvia & Käser“ gesponsertes „Eishockey-Magazin“, in dem es vornehmlich um den ERC Eishockeyclub Ingolstadt geht – mit den Highlights des Spiels seiner Mannschaft gegen die der Krefelder im Herbst 2017 und einem spannenden Interview mit dem Ingolstädter Spieler Dennis Swinnen, der nach einer Verletzung „wieder voll dabei“ ist.

Ansonsten steht auf den zwei Seiten nur Wissenswertes über die Ingenieur-Gehälter bei Audi und Siemens und eine Rangliste der beliebtesten Arbeitgeber von Ingenieur- und Informatikstudenten (vorneweg Audi).

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15 Kommentare

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  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Ich würde jedenfalls niemals für jemanden, der im taz-Forum schreibt Fliesen verlegen.

  • Hoffentlich bekommt er jetzt keine Probleme mit dem Antidiskriminierungsgesetz.

    Ich weiß nicht, ob es nicht mittlerweile so ist, dass auch Kaufleute darunter fallen und sich ihre Kundschaft nicht mehr aussuchen dürfen. Die können heute ja auch einem Gastwirt verbieten, in seiner eigenen Kneipe zu rauchen und nur rauchende Gäste (oder welche, die es nicht stört) zu bedienen.

  • Sehr gute Überschrift, coole Aktion!

  • Gute PR. Die Ingolstädter werden ihn wahrscheinlich dafür lieben...

  • Vielleicht sollten einige im Forum mal die genauen Gründe im Donaukurier nachlesen.

    "Da sucht sich einer ein Fliesenmodell mit den Maßen 30 mal 60 Zentimeter für sein Bad aus. Als erstes misst er nach und wundert sich, dass er nur auf 29,5 mal 59,5 Zentimeter kommt. Das ist aber immer so, weil die Fuge bei der Maßangabe mitgerechnet wird. Der Mann wollte das aber nicht akzeptieren und hat ein Normengutachten in Auftrag gegeben."

    "Ein anderer Ingenieur des Ingolstädter Autobauers habe eine Juramarmortreppe nicht akzeptiert, weil ihm die Muster im Stein nicht gleichmäßig genug erschienen. Das ist ein Naturprodukt wie Holz, da gibt es immer Abweichungen. Der Kunde habe geklagt - und verloren."

    Wenn so Verfahren häufiger vorkommen, auch wenn man die Prozesse gewinnt, ist das für kleine Unternehmen existenzbedrohend.

  • upps, wollten die ne Rechnung?

    Keine arbeitet so hart und gut wie ich. Immer wenn ich mir einen Kaffee hole, stehen die da und schwätzen nur.

  • Sein Auto hat er selbst konstruiert?

  • Na da hat der Herr wohl gepfuscht. Sonst würden die ja zahlen. Jeder zahlt gerne für Qualität. Aber die ist den deutschen Meisterhandwerkern oft abhanden gekommen. Höchste Preise und schlechte Qualität, bei großmäuligem Gehabe.



    Da ist man mit Hobbyschraubern oft besser bedient.

    • @Unvernunft:

      Von wegen gepfuscht. Ein ehem Geschäftsnschbar hat z Bsp. alle Rechtsanwälte und andere Juristen als Kunden ausgeschlossen.



      Wir haben, nur unter Zeugen. Lehrer ( ein Lehrer kann? ä l l e s besser ) als Kundschaft akzeptiert.



      Es gibt Kunden, die sich ein Hobby aus dem Nörgeln, Reklamieren und nicht bezahlen der Rechnung machen.



      Ein Handwerker der es sich leisten kann, Kunden auszuschließen ist kein Pfuscher sondern besonders gut und hat genug Aufträge.

  • Wenn es gegen "Besserwisser" wie Ingenieure und Professoren geht, dann ist das amüsant. Gutverdiener halt.

    Ich kann mir richtig den Shitstorm vorstellen, wenn ein Handwerker schreiben würde, dass er keine Aufträge von Sozialschwachen/Ausländern in Brennpunktvierteln annimmt, wegen Zahlungsmoral und Problemkunden und so.

    • 8G
      88181 (Profil gelöscht)
      @modulaire:

      Als ob die sich einen Handwerker leisten könnten.

    • 9G
      970 (Profil gelöscht)
      @modulaire:

      Whataboutism.

    • @modulaire:

      Genau deshalb schreibt der Handwerker das nicht. Wir haben da leider mit unseren Betrieb auch schon negative Erfahrungen gemacht und unsere Schlüsse daraus gezogen.



      Beliebt sind auch Ärzte und vor allem Lehrer (warum wohl???)

      • @sb123:

        Polizisten*¿*

  • !!! Bin begeistert und habe vollstes Verständnis. Das mittlere Management in all seiner Wichtigkeit und Inkompetenz....wer selbst nix zu arbeiten hat, hat nat. jede Menge Kraft andere zu überwachen und Optimierungen zu diskutieren.



    Fragwürdige Beschäftigungen im hochbezahlten Konzerumfeld ..., gibts genug Erkenntnisse, zumindest bei denen die außerhalb davon tätig sind:



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