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„Cum Ex“-Steuerbetrug in ganz EuropaGeschätzter Schaden verzehnfacht

Der Schaden durch den „Cum Ex“-Steuerbetrug wurde zunächst auf fünf Milliarden Euro geschätzt. Neue Recherchen zeigen, dass es um 55 Milliarden Euro geht.

Haben die Finanzämter an der Nase herumgeführt: Aktienhändler, die mit Dividenden betrogen Foto: dpa

Hamburg dpa | Der Schaden durch den „Cum-Ex“-Steuerbetrug ist offenbar deutlich höher als bislang angenommen. Betroffen sind neben Deutschland mindestens zehn weitere europäische Länder. Das haben laut NDR Untersuchungen des Recherchezentrums „Correctiv“ ergeben, an denen unter anderem das ARD-Magazin „Panorama“, die Wochenzeitung Die Zeit und Zeit Online beteiligt waren. Der Schaden beläuft sich demnach auf mindestens 55,2 Milliarden Euro.

Allein deutschen Finanzämtern seien nach Berechnungen des Steuerprofessors Christoph Spengel von der Universität Mannheim zwischen 2001 und 2016 mindestens 31,8 Milliarden Euro entgangen. Bislang war man nach Angaben des Bundesfinanzministeriums aus dem Mai von insgesamt 5,3 Milliarden Euro ausgegangen.

Bei den umstrittenen Geschäften schoben Investoren rund um den Dividendenstichtag Aktien mit („cum“) und ohne („ex“) Ausschüttungsanspruch rasch zwischen mehreren Beteiligten hin und her. Diese ließen die Papiere untereinander zirkulieren, bis dem Fiskus nicht mehr klar war, wem sie überhaupt gehörten. Die Finanzämter erstatteten mehr Steuern als sie zuvor eingenommen hatten. 2012 wurde das Steuerschlupfloch geschlossen.

Möglich geworden sei der europaweite Steuerbetrug laut dem Recherchezentrum auch, weil Deutschland die anderen europäischen Länder erst 2015 vor dem Betrug durch „Cum-Ex“-Geschäfte gewarnt habe, obwohl es laut den Rechercheergebnissen bereits seit 2002 Bescheid gewusst habe. An den Recherchen waren 19 Medien aus 12 Ländern beteiligt gewesen.

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14 Kommentare

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  • Am bemerkenswertesten by der "cum ex" Geschichte finde ich die Tatsache, dass offensichtlich die bewaehrte ,alte Methode der doppelten Buchfuehrung abgeschafft wurde, die es dereinst den Fuggern erlaubte, den Ueberblick zu behalten....

  • Wieder so ein Artikel, der den Puls nach oben treibt (treiben müsste).

    Der Koll. Hartmann hat es richtig beschrieben, etwa, "Wie die Eliten die Demokrtatie zerstören".

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Einfach nur zum Kotzen.

    Eindrücklicher kann die Scheinheiligkeit der Schwarzen Nullen aller Parteien nicht entlarvt werden!

    Wievielen Menschen könnte vom entstandenen Schaden wie lange ein bedingungsloses Grundeinkommen von 1.200 € gezahlt werden?

    • @76530 (Profil gelöscht):

      Also mir wäre nicht bekannt, dass die Linkspartei wirtschaftlich und sozial für schwarze Nullen steht. Und auch die hier im Forum nur noch als neoliberal dauergebashten Grünen tun das nicht, vielmehr haben sich insbesondere in den letzten Jahren auch unter der neuen Führung deren wirtschafts- und sozialpolitische Ausrichtungen eher in die genau gegensätzliche Richtung bewegt, woran gerade auch weiter gearbeitet wird.

      Mit Leuten wie Gerhard Schick (MdB) und Sven Giegold (vormals attac, jetzt EU-Parlament) haben die Grüns sogar mit die besten deutschen Wirtschaftsspezialisten, die nicht nur gegen schwarze Null-politik stehen, sondern seit Jahren tagtäglich in harter Arbeit versuchen, genau solchen internationalen Profiteuren und Steuerbetrugsschweinen wie im Artikel das Handwerk zu legen.

      Kennen Sie eigentlich die Arbeit dieser Parteien und dieser Leute zum Thema? Kennen Sie Schicks und Janeceks Positionspapiere gegen neoliberalen Wachstumswahn, sein Buch "Machtwirtschaft - nein danke! Für eine Wirtschaft, die uns allen dient", seine Arbeit an der "Bürgerbewegung Finanzwende"?



      Ist Ihnen bekannt, dass u.a. Giegold aus Brüssel daran arbeitet, der Europäischen Markt- und Wertpapieraufsichtsbehörde sowie der europäischen Bankenaufischtsbehörde Feuer unterm Hintern zu machen bezüglich der Cum Ex Skandale? Oder dass angesichts der Vertuschungsversuche dieser Skandale durch die "schwarzen Nullen" gerade jetzt (gestern) die Grüne zusammen mit der Linksfraktion eine Plenardebatte im EU-Parlament aufs Parkett gehoben haben?

      Keine dieser Personen und Parteien ist perfekt, und keine kann viel ändern, wenn sie nur kleiner Koalitionspartner oder überhaupt nicht an der Macht sind. Umso wichtiger ist es, endlich das populistische und relativierende Gerede sein zu lassen, dass ja angeblich eh "alle Parteien" irgendwie gleich seien. Damit dienen Sie nur denen, die Sie doch angeblich so "zum Kotzen" finden.

      • @kami:

        Sie mögen innerhalb des jetzigen Regelwerkes recht haben. Ich kenne aber keine Partei, bei attac ist das anders, welche das Wurzelregelwerk in den Blick nehmen.

        Ulrike Herrmann hat es richtig formuliert, niemand erforscht den Bremsweg.

        Aber selbstverständlich pflichte ich Ihnen bei, dass, auch wenn Giegold die GRÜNEN nicht völlig abbildet, die jetzige Arbeit innerhalb des jetzigen Regelkreises enorm wichtig ist.

        Die Kritik am User W. Leiberg ist indes überzogen, wenn nicht gar unangebracht.

  • Cum-Cum, Cum-Ex Dividendenstripping Geschäfte sind systemisch dadurch ermöglicht zum Eldorado geworden für legale, scheinlegale, illegale, scheißegale Renditehaie, dass Einkommensmillionäre anders als Lohnempfänger+nnen ihre Steuern nicht automatisch monatlich als Quellensteuer abführen, sondern erst bis zu zwei Jahre später und länger optimiert veranlagt an`s örtliche Finanzamt entrichten und dabei Steuerbearatungskosten über Steueroptimierungsmodelle im In- , Ausland steuermindernd geltend machen können.



    Dass nun viel von Bundesfinanzminister Seiten in verheißungsvoll großen Sprechblasen "Wir kriegen sie alle", heiße er Hans Eichel, Peer Steinbrück beide SPD, Wolfgang Schäuble CDU, Olaf Scholz SPD, von Klagewegen im Hauptverhandlungsstau, mangels vorhandenem Gerichtspersonal, die Rede ist, durch Cum-Cum, Cum-Ex Dividendenstripping Geschäfte entwendete 31 Milliarden € allein in Deutschland zurückzuholen, statt die Quellensteuer auch für vermögendsnahe Einkommensbezieher Schichten mit Aktien- u. a. Privat Besitz an Immobilen, Grund, Boden, Kunst, Kultur, Patentrechten einzuführen, offenbart für mich, dass regierungsnahe Politik in Berlin, Brüssel diese u. a. Arten Steueroptimierungsmodelle weiter unbesehen protegiert, damit die Migration von Fluchtkapital auf der Suche ne ach dem scheuen Wild Rendite aus anderen Währungen, voran aus Schwellenländern, EU-Peripherie, weiter vonstatten geht.



    Erst kommen die Moneten in undeklarierten Steueroasen der EU wie Deutschland, dann reisen vermögensnahe Leute ihren Moneten nach, um dort zumindest per goldenem Handschlag in Malta, Zypern, Zürich, Monaco, Liechtenstein, Luxembr urg, Jersey Inseln, Isle of Man, London, Rom, Brüssel, Amsterfam, Madrid, Lissabon, Paris, Berlin? außer Wohnsitz per Immobilienkauf die EU-Staatszugehörikeit anzunehmen.

  • Der aus der Luft gegriffenen Wolken Kuckucksheim € Gründungsnummer 2002 ohne gesellschaftspolitische Bodenhaftung wurden vom rotgrünen SPD Bundesfinanzminister Hans Eichel, eingedenk ähnlicher Praxis bei der Einführung der DM in noch existierenden DDR Juli 1990, weitere Luftnummern zugesellt. Eine davon das legalisierte Dividenstripping "Cum-Cum-Ex" Geschäfte rund um Dividenden Ausschüttungstag jedes Jahr, gepaart mit Einführung der Arbeitsmarktreform Agenda2010/Hartz IV Gesetze 2003 zu erwartenden Steuereinnahme Ausfall durch Cum-Cum-Ex Geschäfte allein für Deutschland an 31 Milliarden € zu Lasten vermögensferner Lohnempfänger zu Gunsten vermögender Einkommensmillionäre abzufedern.



    1990 rang CDU Bundesfinanzminister Theo Waigel unter Schnappatmung mit solcher Art obskuren Dividenstripping Angeboten um die scheue Gunst der Akteure an den Weltbörsen. 2002 rang Bundesfinanzminister Hans Eichel nach der Devise "Mit Steuermittelausfall nicht kleckern, sondern klotzen" in dieselbe Richtung auf extremerer Weise. AWD Gründer Carsten Maschmeyer, Gattin Veronica Ferres verstanden mit 40 Millionen € Cash sofort den Ruf des hessischen Löwen Eichel, um des Erfolgs der € Einführung Willen.



    Das war der Grund, dass CDU Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble erst 2012, in Reaktion auf deb seit 2007 anschwellenden Bankenverband Anfragestau, doch endlich das Cum Ex Steuerschlupfloch zu schließen, diese Cum Ex Praxis in Deutschland untersagte, aber ausdrücklich im Ausland mit irritierender Bemerkung weiter erlaubte, das macht nix, am Ende kriegen wir sie alle auf dem Klageweg. Wer Personalnot unserer Gerichte erlebt, kann sich da nur wundern.



    Der Bundesgerichtshof hat rechtskräftig entschieden, dass Cum-Ex/Cum-Cum Geschäfte als Steueroptimierungsmodelle unrechtmäßig sind, Eigentumsrechte an einer Aktie kann nur jeweils eine bestimmte natürliche oder juristische Person haben, nicht mehrere zugleich.



    www.freitag.de/aut...beim-fliegenschiss

  • Das Problem ist eigentlich bekannt und wird nur von unseren Volksvertretern gerne verdrängt.

    Ich verweise da gerne auf den Artikel "Wir müssen die Eliten erobern" von vorgestern oder so. Da passt diese Thematik bestens dazu.

  • Nochmals.

    Nur die Dummen werden bestraft!

    Als ich als selbständiger Handwerksmeister einen Immobilienmakler, der in Berlin (Ost) seine einträglichen Geschäfte mit den Verkauf von ganzen Straßenzügen bestritt, sagte, dass ich bemüht sei, meine Umsatzsteuer korrekt an das Finanzamt abzuführen, erklärte er mich für einen Dummkopf.

    Der Immobilienmakler war der Meinung, dass man den Staat möglichst um die Steuerzahlung und Umsatzsteuer bedrücken müsste. Er war zugleich Mitglied einer liberalen Partei, die auch im Parlament sitzt, ebenso wie sein Schwiegervater, der zugleich dem Vorstand einer Berliner Niederlassung eines großen Weltkonzerns angehörte.

    P.S.: Zu meinem Nachteil wurden Jahre meiner Selbständigkeit als Handwerksmeister, dabei auch ohne GRV-Rentenversicherung, nicht auf meine Lebenserwerbszeit angerechnet. In Folge erreichte ich nicht die anrechenbaren 45. GRV-Jahre und bekam noch einen Abschlag, eine Kürzung meiner (erworbenen) Altersrente. Bei Berücksichtigung meiner Lebenserwerbszeit liege ich deutlich über der Obergrenze von 45 Jahren und damit wäre ich ohne GRV-Abschlag, bzw. ohne Rentenkürzung.

    Anm.: Diese Probleme haben die Schwerstkriminellen aus den Vorständen der Finanzinstitute, der Großbanken und DAX-Konzerne und auch die Multimillionäre der Immobilienbranche nicht. Sie werden dabei noch erfolgreich von der Parlamentsmehrheit und Regierungspolitik nachhaltig geschützt!

  • Nur die Dummen werden bestraft!

    Als ich als selbständiger Handwerksmeister einen Immobilienmakler, der in Berlin seine einträglichen Geschäfte mit den Verkauf von ganzen Straßenzügen bestritt, sagte, dass ich bemüht sei, meine Umsatzsteuer korrekt an das Finanzamt abzuführen, erklärte er mich für einen Dummkopf.

    Der Immobilienmakler war der Meinung, dass man den Staat möglichst um die Steuerzahlung bedrücken müsste. Er war zugleich Mitglied einer liberalen Partei, ebenso wie sein Schwiegervater, der zugleich dem Vorstand einer Berliner Niederlassung eines großen Weltkonzerns angehörte.

    P.S.: Zu meinem Nachteil wurden Jahre meiner Selbständigkeit, dabei auch ohne GRV-Rentenversicherung, nicht auf meine Lebensarbeitszeit angerechnet. In Folge erreichte ich nicht die anrechenbaren 45 GRV-Jahre und bekam noch einen Rentenabschlag, also eine Kürzung meiner (bereits erworbenen) Altersrente. Bei Berücksichtigung meiner gesamten Lebenserwerbszeit läge ich deutlich über der Obergrenze und damit ohne GRV-Abschlag.

    Anm.: Diese Probleme haben die Schwerstkriminellen aus der DAX-Konzernen und der Immobilienbranche nicht. Sie werden dabei noch erfolgreich von der Parlaments- und Regierungspolitik nachhaltig geschützt!

    R.S.: Handwerksmeister i.R.

  • Es macht einen völlig sprachlos, wie die Finanzministerien dieser Schweinerei über ein Jahrzehnt ohne zu handeln zugeschaut haben. Der Schaden für die Allgemeinheit ist immens.

  • Das Schwerstverbrecher Kartell um Maschmeyer feiert einfach nur jeden Tag...

  • Man kann sich nur wundern wie leicht der Fiskus vom Normalbürger (Lohn)Steuern automatisch einbehät und wir leicht es "Profis" gelingt eben das zu vermeiden.

    Es ist zum reinschlagen (Täter und zahnloser Fiskus) und wenn man den Langtext in der Zeit gelesen hat kriegt man nur noch Würgereiz.



    Dass der Bürger da dann von "Volks"parteien die Nase voll hat und... ne ich schreib das jetzt nicht!

    • @Tom Farmer:

      Und beim zweiten Nachdenken: Dass der Fiskus nicht selbst im Rahmen seiner Nachforderungen draufkommt sondern Journalisten das rausarbeiten müssen... setzt dem ganzen noch die Krone auf!