Sozialer Wohnungsbau in Hamburg: Ein Kuchen, der zu klein ist
Der Senat erhöht die Einkommensgrenze für Sozialwohnungen. Künftig haben 40 Prozent der Hamburger*innen eine Berechtigung.
Zukünftig haben damit 368.000 Haushalte einen Anspruch auf eine Sozialwohnung mit einer Miete von 6,50 Euro pro Quadratmeter. Dazu kommen 454.000 Haushalte mit einem Anspruch auf einen Quadratmeterpreis von 8,60 Euro. Insgesamt drängen dann 94.000 Haushalte mehr auf den Sozialwohnungsmarkt.
Aus Sicht des Mieterverbands Mieter helfen Mietern ist die Erhöhung deshalb zugleich eine gute und eine schlechte Nachricht. „Es wird Verteilungskämpfe geben“, sagt die Juristin Eve Raatschen. „Es wollen mehr Leute von einem Kuchen essen, der zu klein ist.“
Obwohl es erfreulich für diejenigen sei, die nicht viel verdienten und dank der höheren Grenze jetzt auch in den Genuss einer Sozialwohnung kommen könnten, verschlechterten sich die Chancen derer, die weniger oder gar nichts verdienen. „Sie rutschen auf der Bewerberliste weiter nach unten“, sagt Raatschen. Diese Menschen müssen jetzt mit fast halb Hamburg konkurrieren. Den 368.000 berechtigten Haushalten stehen nur 80.000 Sozialwohnung gegenüber.
Ein Drei-Personen-Haushalt darf künftig ein Brutto-Jahres-Einkommen von 48.900 Euro haben, um eine Berechtigung für eine Sozialwohnung zu bekommen. Das sind 5.000 Euro mehr als bisher.
Ein Vier-Personen-Haushalt darf 59.400 Euro im Jahr verdienen, also 6.000 Euro mehr als bisher.
Der Sprecher der Sozialbehörde, Marcel Schweitzer, verteidigt den Schritt und nennt ihn wichtig und richtig: „Jedes Jahr steigen die Sozialleistungen und die Renten“, sagt Schweitzer. Damit Bezieher*innen von Sozialleistungen nicht innerhalb kurzer Zeit über dem Satz liegen, müsse die Einkommensgrenze ebenfalls angehoben werden. Außerdem investiere Hamburg wie keine andere deutsche Großstadt in den Wohnungsbau. Deshalb bedeute eine größere Anzahl an berechtigten Haushalten keine Verschärfung des Sozialwohnungsmarkts.
Nach der Devise „Viel hilft viel“
Aus Sicht von Mieter helfen Mietern greift diese Argumentation nicht. „Mehr Wohnungsbau ist gut, aber es müssen auch die richtigen Wohnungen gebaut werden“, sagt Raatschen. Der in Hamburg geltende Drittelmix, nach dem Investor*innen bei größeren Bauprojekten auf städtischen Flächen jeweils ein Drittel Sozialwohnungen, ein Drittel normale Mietwohnungen und ein Drittel Eigentumswohnungen bauen müssen, gehe am Bedarf vorbei. „Da müssen auch mal hundert Prozent Sozialwohnungen gebaut werden“, fordert Raatschen.
Die Stadt könnte, um den Wohnungsmarkt wirklich zu entspannen, beispielsweise Grundstücke nur an Investoren vergeben, die sich dem Gemeinwohl verpflichten: Genossenschaften, das städtische Wohnungsunternehmen Saga oder gemeinwohlorientierte Privatinvestor*innen.
In der vergangenen Woche hatte Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) die Frist für die Sozialbindung verlängert: Künftig bleiben Sozialwohnungen für 20, statt nur für 15 Jahre als solche erhalten, bevor sie auf den freien Wohnungsmarkt übergehen. Bei Neubauten der Saga sind es ab jetzt 30 Jahre. Laut Mieter helfen Mietern reiche auch das nicht aus. Bei 30 bis 50 Jahren könne man anfangen, ernsthaft zu diskutieren, sagt Raatsche der taz. „Idealerweise müsste die Bindung ewig gelten.“
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