piwik no script img

Große Koalition in DeutschlandEin Ossi im Kabinett

Außer Angela Merkel sind nur Wessis in der neuen Regierung – wie konnte das passieren? Für die Kanzlerin wird es damit nicht einfacher.

Hallo, I bims, die Bundeskanzlerin Foto: dpa

Aktuell steht es 1:19. Eine Ostdeutsche darf in der kommenden Bundesregierung die WählerInnen aus Ostelbien repräsentieren. Und das wird nach derzeitigem Stand die Chefin selbst sein.

Man fragt sich, wie das denn passieren konnte. Selbst im letzten Kabinett waren sie noch zu dritt: Angela Merkel, Johanna Wanka und Manuela Schwesig – alles Ostfrauen. Merkels Geburtsort ist zwar Hamburg, aber aufgewachsen und sozialisiert ist sie in Templin, Leipzig und Ostberlin. Na gut, und dann war da noch der reingeschmeckte Wossi Thomas de Maizière. Aber der ist ja nun raus.

Diesmal wird die Chefin also alles in einem Aufwasch erledigen müssen: Ostdeutsche sein, Kanzlerin, Parteichefin, Frau. Und Hassobjekt für die „Hau ab!“-Brüllhasen von Pegida. Man darf davon ausgehen, dass Merkel-Besuche im Osten weiterhin keine Spaziergänge werden.

Im Wahlsommer hatte der Hass der Ostler auf „die da oben“ sein Ziel in Angela Merkel gefunden. Es war erstaunlich anzusehen, wie erwachsene Menschen jeden Benimm vermissen ließen und bei CDU-Veranstaltungen nahezu unter (Wut-)Tränen ihre Landsfrau anschrien. Das bis dahin eher ironische Sprachbild von der „Mutti“ und ihren Landeskindern bekam eine ganz neue, neurotische Bedeutung.

Dass die Ost-Landesverbände fast drei Jahrzehnte nach dem Fall der Mauer innerhalb der CDU immer noch als in den „neuen Ländern“ liegend wahrgenommen werden, ist nun an ihrer Bedeutungslosigkeit bei der Postenvergabe abzulesen. Sicher, es werden jetzt jede Menge StaatssekretärInnen-Posten vergeben. Ganz sicher auch an Ostdeutsche. Aber zweite Reihe ist eben nicht erste Reihe und politische Repräsentanz ein nicht hoch genug zu schätzendes Pfund der parlamentarischen Demokratie.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

14 Kommentare

 / 
  • Due Wiedervereinigung ist sxhlicht versemmelt worden. Nicht ist zusammengewachsen, der Westen wurde übergestülpt, der Osten hat sich anzupassen. Basta.

     

    Tolles Ergebnis.

    • @J_CGN:

      Sorry, aber für den ehemaligen Westen war es genauso: Die DDR wurde einfach drangehängt und niemand wurde vorher gefragt.

       

      Mir geht es nicht um das Ob, sondern um die Tatsache, dass die Wessis in keinsterweise gefragt wurden, ob sie das wollen.

       

      Aus zwei ehemals unterschiedlichen Staaten ist sehr plötzlich ein Patchworkland geworden und alle sollten glücklich darüber sein, genauso wie bei Patchwork-Familien, da wird auch immer sehr viel Energie darauf verwendet, dass jetzt alle zusammen so viel glücklicher sind als vorher. Nur manchmal geht die aufgedrückte Glücksrechnung einfach nicht ganz auf, aber das interessiert dann niemanden.

      • @Hanne:

        Als "Wessi" weiß ich davon, dass die DDR eifach drangehängt wurde.

        Nur war für uns die Anpassung marginal. Den Osten haben wir jedoch einfach umgekrempelt.

        • @J_CGN:

          Die Anpassung durften die "Wessis" dann durch die Agenda 2010 der SPD/GRÜNEN-Regierung erfahren.

           

          Und der Gedanke, dass die DDR einfach drangehängt wurde, trifft jeden aus dem Westen in den Osten immigrierten aus der kalten. Hier ist noch unglaublich viel DDR, ohne dass der Großteil des Westens das erahnen kann.

        • @J_CGN:

          Liegt vielleicht auch daran, daß wir wirtschaftlich nicht völlig am Ende waren wie die DDR.

           

          Wie die harte Schule aussah, konnte man sich überall zwischen Warschau und Bukarest ansehen.

  • Und Merkel kennt keine/n ministrable/n Frau/Mann aus Ostdeutschland?

     

    Man sieht, Merkel ist Ostdeutschland egal. Da musste z.b. Jana Hensel schleimend mit Kind und Kegel aus Berlin nach Finsterwalde fahren, um die paar MerkelFans etwas zahlenmäßig aufzufüllen. Die ZEIT hat der Autorin dann auch noch die Fahrt gesponsert!!

  • Ich wüsste da jemanden.

    //http://www.karamba-diaby.de/

  • Der Osten ist schon aufgegeben.

  • Also ich weiß nicht warum sich die Autorin so herablassend über die angeblichen Brüllhasen aus dem Osten äussert. Das ist doch jedermans und -fraus recht seine Meinung zu äussern. Die Antifa und linke 'Aktivisten' machen dies doch auch bei jeder sich gebenden Gelegenheit.

    Waffengleichheit finde ich immer gut.

  • Da haben wir es wieder: „Intelligent“ ist, wer sich selbst der Nächste ist. Die Kanzlerin also nicht.

     

    Wobei. „Fähige“ Politiker, werte*r HANNE, sind für mich solche, die nicht alleine dastehen, wenn wieder mal ein „kleiner Mann“ (oder sonst ein Frustrierter) jemanden braucht, dem er an die teurer austaffierte Wade pinkeln kann. Wer sagt uns denn, dass Angela Merkel nicht „fähig“ ist im Sinne dieser Definition?

     

    Ich meine: Womöglich hat sich diese Frau ja mit genau den Leuten umgeben, die sie für ihre Politik zu brauchen glaubt. Was wäre denn, wenn sie gar nicht alleine ist, nur halt nicht unter Ossis? Was wäre denn, wenn sie nicht nur viel mehr Machtmensch ist als Frau, sondern auch viel mehr Machtmensch als Ossi?

     

    Wäre sie dann eine „fähige“ Politikerin? Aber sicher doch! Und wäre sie eine gute Volksvertreterin? Nein, sicher nicht.

     

    Und nun noch eine letzte Frage: Wieso will sich das deutsche Volk eigentlich unbedingt von einem (weblichen oder männlichen) Machtmenschen vertreten lassen, dem es offenbar am Sitzfleisch vorbei geht?

     

    Ich denke, die Antwort ist simpel: Weil es – anders als Frau Merkel – die Einsamkeit fürchtet. Es kennt sich eben nicht so gut, wie Angie Merkel ihre Wessi-Knaben kennt.

  • Wer sollte es den richten? Frau Schwesig hat ihr Ministeramt freiwillig aufgegeben um Ministerpäsidentin zu werden und Frau Gesine Schwan ist (ungeachtet vieler anderer Vorbehalte für ein Ministeramt) entgegen der landläufigen Unkenntnis gerade kein "Ossi". Ansonsten ist da niemand mehr weit und breit.

     

    Schaut man sich dann an, wie die Koalitionsparteien in den neuen Ländern bei den Wählern abgeschnitten haben, muss man feststellen, dass nicht wirklich viele Stimmen aus "Transelbien" kommen.

    • @DiMa:

      Zitat: „Ansonsten ist da niemand mehr weit und breit.“

       

      Ach nein? Ist da wirklich überhaupt niemand mehr weit und breit? Oder ist da bloß niemand, von dem „die Politik“, „die Medien“ und mit ihnen „die Öffentlichkeit“ bereits Notiz genommen haben?

       

      Ich meine: Wie „intelligent“ darf man Bürger, Politiker und/oder Medienmensch eigentlich sein, um sich unter den gegebenen Umständen keine egozentrischen Vollpfosten in die erste Reihe der deutschen Politik zu wünschen?

       

      Ein Personal, wie das, was uns derzeit versprochen wird, sichert sowohl den Politiker-Darstellern als auch den Info-Schaffenden bei kleinstmöglichem Einsatz eigener Ressourcen die größtmögliche Rest-Aufmerksamkeit einer Nation, deren Konzentrationsspanne fünf Sekunden oder drei kurze Hauptsätze nicht mehr übersteigt.

       

      Kasperletheater für Vorschulkinder - das ist es, worauf wir uns freuen können in den kommenden vier Jahren. Und alle paar Stunden kommt der taz-Kasper und watscht unter allgemeinem Jubel des Publikums abwechselnd die Gretel, den Hänsel, die Oma, den Polizisten und das Krokodil mit einer Gummiklatsche ab....

      • @mowgli:

        Bennen Sie doch einen Ossi, Mitglied der CDU/ CSU oder der SPD, der einigermaßen bekannt ist und als MinisterIn in Frage kommt.

  • Sagen wir mal so, die, die sie aus dem Westen kommend verorten, werden auch von "Wessis" nicht respektiert. Da reagiert in Zukunft nur noch der Abschaum der Egozentriker, aber sicher keine fähigen Leute. Die klugen haben sich wohl freiwillig raus gehalten und arbeiten lieber weiter auf Landesebene - wie z.B. die sehr kompetente und sympathische Frau Schwesig.

     

    Dieses Mal ist es sicher eher intelligent, nicht in der "ersten Reihe" zu stehen.