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Streit bei Terre des FemmesKopftuchverbot-Antrag in der Kritik

Terre des Femmes will Mädchen das Kopftuch verbieten. Das sehen manche Frauen in dem Verein kritisch – und schreiben einen offenen Brief.

Wenn schon kleine Mädchen ihr Haar bedecken müssen, können sie später nicht mehr frei entscheiden, so die Befürchtung Foto: dpa

Berlin taz | Der Antrag hatte es in sich: „Die Mitfrauenversammlung möge beschließen, dass Terre des Femmes ein gesetzliches Verbot des sogenannten ‚Kinderkopftuchs‘ … fordert.“ Oder anders formuliert: Mädchen soll verboten werden, auf der Straße ein Kopftuch zu tragen.

Den „Kopftuch-Antrag“ hatte der Vorstand der Menschenrechtsorganisation Terre des Femmes (TdF) auf seiner Vollversammlung am 20. Mai eingebracht. Er wurde mehrheitlich verabschiedet. „Durch die Verschleierung von Minderjährigen wird ein späteres Tragen des Kopftuchs bereits in der Kindheit vorgeprägt“, begründet der Verein: „Als Folge dieser Konditionierung können oder wollen die Mädchen auch später das Kopftuch nicht mehr ablegen.“ Das finden manche Mitfrauen, wie sich Mitglieder bei TdF nennen, skandalös – und distanzieren sich jetzt in einem offenen Brief von dem Beschluss.

Die 24 Autorinnen des Papiers, das an diesem Freitag veröffentlicht werden soll und der taz vorab vorlag, fürchten, dass solche Beschlüsse „rassistische Ressentiments reproduzieren und rechtspopulistische Tendenzen in der Gesellschaft legitimieren“.

Die Befürchtung könnte nicht unberechtigt sein. So propagiert Alice Weidel, Spitzenkandidatin der rechtspopulistischen AfD, im Tagesspiegel eine ähnliche Haltung wie TdF: „Kopftücher gehören aus dem öffentlichen Raum und von der Straße verbannt. Das sollte auf jeden Fall gesetzlich festgelegt werden.“

Diskriminierendes Verhalten nicht rechtfertigen

„Einen pauschalisierenden und undifferenzierten Umgang mit dem Islam kritisieren wir in scharfer Form“, sagt Katharina Kunze, eine der Unterzeichnerinnen, der taz. Die heutige Gleichstellungsbeauftragte in Erlangen war von 2013 bis 2015 bei TdF Referentin für weibliche Genitalverstümmelung.

Kunze und die anderen Autorinnen wollen jedoch nicht falsch verstanden werden und TdF diffamieren. Der Verein mache eine „tolle Arbeit“, sagen Meding und Kunze unisono. Er kämpfe gegen Genitalverstümmelung, Frauenhandel, Gewalt an Frauen, sexistische Werbung – in Deutschland und weltweit. Aber den Ansatz, der Islam sei das neue Feindbild des Feminismus, den TdF in ihren Augen seit Längerem vertrete, wollen die Kritikerinnen des Kopftuchverbots nicht mittragen.

Ungeachtet dessen wollen die Autorinnen keinesfalls „diskriminierendes Verhalten verharmlosen, das mit der Religion begründet wird“, sagt die Politik- und Rechtswissenschaftlerin Ruth Meding, die bei TdF 2014 ein Praktikum gemacht und danach in Indien ein TdF-Projekt gegen sexuelle Gewalt koordiniert hat. „Wir stehen solidarisch an der Seite jeder Frau, die sich unterdrückt oder zu irgendetwas gezwungen fühlt, sei es ein Kopftuch oder eine Ehe.“

Sowohl der „Kopftuch-Beschluss“ als auch der offene Brief dürften die Debatte über Rassismusvorwürfe innerhalb der feministischen Szene weiter anheizen. Derzeit ist die Frauenbewegung heftig gespalten: Denjenigen, die wie TdF das Kopftuch verbieten wollen, wird rasch Rassismus unterstellt. Diejenigen, die sich für die Kopftuchfreiheit aussprechen, müssen sich häufig nachsagen lassen, einen radikalen Islam zu verharmlosen.

Keine Spaltung – aber Austritte

In der Spaltung der Frauenbewegung sowie einem Kopftuchverbot sehen die Autorinnen des offenen Briefs allerdings eine grundsätzliche Gefahr für Frauenrechte. „Wer rechtspopulistische Argumente aufgreift, lässt außer Acht, dass Rechtspopulisten feministische Errungenschaften rückgängig machen wollen“, sagt Meding.

Manche der Autorinnen wollen aus dem Verein austreten, einige haben ihn bereits verlassen.

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81 Kommentare

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  • Bislang wird hierzulande das Recht ein Kopftuch zu tragen als Frauenrecht gesehen. Interessant ist die umgekehrte Perspektive: Gibt der Staat nach und hebt ein Kopftuchverbot auf, so ergibt sich keine zusätzliche Freiheit der Frauen. Vielmehr wird das staatliche Kopftuchtrageverbot durch das religiöse Kopftuchtragegebot verdrängt.

    Terre des Femmes bezieht sich genau auf diese Realität. Statt diese - in Deutschland wenig bekannte - feministische Argumentation erst einmal ausführlich darzustellen, wird statt dessen nur den Kritiker_innen dieser Argumentation Raum gegeben.

    Dabei wäre eine offene Debatte angebracht. Gerade in Frankreich gibt es deutlich mehr Erfahrung in der Praxis und französische muslimische Schülerinnen berichten regelmäßig, dass sie froh über das Kopftuchverbot in der Schule sind, da es der einzige öffentliche Raum ist, in dem sie sich ohne Kopftuch bewegen können.

    Den französischen Feministinnen Rassismus vorzuwerfen ohne deren Position überhaupt ernsthaft darzustellen, ist eine Kritik unterhalb der Gürtellinie. So etwas kannte man früher vom Patriarchat. Heute haben deutsche Feministinnen in der taz diesen unfairen Umgang übernommen. Meistens richtet er sich gegen Männerrechtler. Frauenrechtlerinnen, die anders argumentieren werden jedoch genauso unfair behandelt.

    Gerade da Frankreich im Bereich Gleichstellung deutlich weiter ist als Deutschland ist es schon verwunderlich hier mit der Mentalität "am deutschen Wesen soll die Welt genesen" vorzugehen.

  • Vorab eine Frage: Warum holt die taz nicht vor der Veröffentlichung eine Stellungnahme von Terre des Femmes ein? Gehört das nicht zu den Mindestanforderungen an einen sorgfältigen Journalismus?

    Dann wäre deutlich geworden, dass eine erhebliche Anzahl der Frauen, die unterschrieben haben, gar nicht auf der Mitfrauenversammlung war. Und es hätte hinterfragt werden können, warum viele der Unterzeichnerinnen, die erst in den letzten Jahren eingetreten sind, überhaupt MItfrauen geworden sind. TDF ist ein Frauen- und Mädchenrechtsverein, der sich gegen patriarchale Strukturen wendet und damit parteiisch ist. Und das schließt einige "Diversitäten" und "Inklusionen" aus." Die in ausführlichen internen Prozessen erarbeiteten Positionen von TDF zu Kopftuch und Prostitution und die Leitlinie, die sich ausdrücklich gegen den Kulturrelativismus ausspricht, existieren ja nicht erst seit letztem Jahr.

    In ihrem Schreiben werden von den Unterzeichnerinnen zudem demokratische Prozesse gefordert, obwohl ein Teil der Frauen nicht auf der Mitfrauenversammlung war und somit den intensiven Diskussions- und Abstimmungsprozess gar nicht mitbekommen hat. Und Frauen, die dabei waren und ihre Positionen entweder nicht eingebracht oder dafür keine Mehrheit gefunden haben, akzeptieren das demokratische Ergebnis nicht, fordern aber in einem offenen Brief „solidarisches“ Miteinander. In diesem Brief wird anderen aktiven Frauen dann in kaum zu überbietender Selbstgerechtigkeit „Solidarität, Empathie und grundlegendes Verständnis politischer Bewegungen“ abgesprochen. Demokratische Prozesse und Solidarität gelten den Unterzeichnerinnen demnach nur als Maßstab, wenn die eigene Meinung sich durchgesetzt hat.

    Die aufgeworfenen Themen sind viel zu komplex, um hier kurz abgehandelt zu werden. In den Positionspapieren von TDF sind die Beweggründe und Forderungen ausführlich dargestellt.

  • Kleidungsfreiheit?

     

    und was ist mit Schutz vor Kleidungszwang?

  • 6G
    6474 (Profil gelöscht)

    Ich mag das Koptuch und seine religiöse Bedeutung nicht. Es ist auch wahr, das Frauen von kleinauf durch das Kopftuch konditioniert werden.

     

    Trotzdem bin ich absolut dagegen, das Kopftuch verbieten zu wollen. Es gibt das Recht auf Kleidungsfreiheit. Das gilt auch in diesem Fall

  • Den Forist/innen, die behaupten, ein Kopftuch sei kein religiöses Zeichen, kann ich nur widersprechen, auch wenn sie nochsoviel von ihren Kopftuch liebenden Großmüttern erzählen.

    Die muslimischen Kopftücher und, im Extrem, z.B. die Regenhauben dauergewellter Omis haben nichts gemein (Letztere sind oft sogar durchsichtig, verdecken also nichtmal den männlichen Blick auf die Haare der Frau). Aber das nur am Rande.

  • Selbstbestimmung heißt auch, die anderen, hier die Musliminnen, selbst entscheiden zu lassen und sie in der patriarchalen Struktur trotzdem nicht mit Misbrauch und Bevormundung allein zu lassen, also weiter Hilfsangebote zu machen.

     

    Trotzdem ist wahr: In der Auslegung seiner strengen/fanatischen Verfechter/innen, tritt der Islam zum einen in seiner Missions- und Expansionsabsicht aggressiv und zum anderen in seinem Menschenbild repressiv-patriarchal auf.

    DIESE Art der Religionsauslegung ist der Idee der Aufklärung, die hier vielfach zurecht angemahnt wurde, diametral entgegenstehend. Da liegt das gesellschaftliche Problem. Es durch Gesetze regeln zu wollen, ist allerdings immer zu kurz gesprungen und übersieht den in Demokratien unerlässlichen öffentlichen Meinungsbildungs- und Aushandlungsprozess.

  • Terre des Femmes gerät mit einer Verbotsforderung u.U. in den rechtspopulistischen Sog, was für Frauenrechte sicher nicht hilfreich wäre.

     

    Verbote sind so oll!

     

    Aber wenn schon ein Verbot, um Jugendlichen die eigene Wahl zu erleichtern, dann sollten alle öffentlichen Religionsausübungen aller Konfessionen, ihre Zeichen usw komplett verboten werden. Dazu gehörte für mich auch, die Posten der Religionsvertreter/innen in den Rundfunkräten ersatzlos zu streichen, wie auch die staatliche Kooperation mit den Staatskirchen, Eintreibungen der Kirchensteuer oder die 150 Mill. Zuschuss für das bekloppte Luther-Jahrzehnt.

    Solange das nicht geschieht, halte ich die Fragestellung dennoch für richtig, solange sie um die Förderung von Selbstbestimmung kreist, dann müssten aber wiederum die von Forist/innen genannten Initiationsriten sämtlicher Kirchen verboten werden – Taufe, Beschneidungen (m/w), usw. Und weil Religion so gefährlich ist, ist das dann generell erst ab 18 Jahren erlaubt. Vielleicht bringt das den Kirchen ja dann den paradoxen Zulauf, weil’s verboten ist.

    Für Demokratien gilt: Eine gesellschaftliche Debatte unter Berücksichtigung aller Meinungen wäre angebracht. Aber ein schlichtes Verbot wird nur Verhärtungen bringen.

  • "Terre des Femmes" -

    das "1860 München" des Feminismus.

    Möge die Regionalliga der Frauenbewegung einen gnädigen Neuanfang ermöglichen...

  • Meine Schwiegermutter hat mir heute erzählt, wie praktisch ein Kopftuch früher beim Melken war. Es verhinderte, dass der mit Kuhschiss verdreckte Schwanz die Haare beschmierte.

    • @Rudolf Fissner:

      Der Bedarf an Melkerinnen ist zurzeit jedoch recht übersichtlich.

      • @migra:

        Aber auch für Nicht-Melkerinnen mit langen Haaren sind Kopftücher praktisch. Ich trage nachts auch gerne ein Schlafhäubchen - weniger vertüddelte Haare. Auch tagsüber schützen schützen Kopftücher vor Sonnenstich und Haarbruch.

  • Das Kopftuch ist ein archaisches Relikt zur Unterdrückung der Frau aus dunkelsten Zeiten.

    • @Nikolai Nikitin:

      Ich stimme Ihnen voll zu, Nikolai. Und nein, Tzapatu, es ist vor allem ein POLITISCHES SYMBOL (das des politischen Islam), das über ein als harmlos erscheinendes Kleidungsstück ausgedrückt wird.

    • 8G
      8545 (Profil gelöscht)
      @Nikolai Nikitin:

      Kleiner habenses nicht, wa?

      son Kopftuch ist doch erstma nix weiter als ne prima Kopfbedeckung...

      Da könnense reininterpretieren wiese Zeit haben

    • @Nikolai Nikitin:

      Das Verhältnis zum Kopftuch ist das Verhältnis zum Projekt der gesellschaftlichen Moderne. Wobei "Postmoderne" ohne Probleme synonym zu setzen ist mit nihilistischer Sympathie für den Neotribalismus.

      • @kleyrar:

        Nun kommse mal wieder raus aus der phylosophischen Steinzeit

  • Tja, so siehts aus wenn Aufklärung totalitär wird! Horkheimer und Adorno lassen grüßen.

    • 8G
      80336 (Profil gelöscht)
      @Berrybell:

      Leider. Das volle Wissen über etwas zu haben (= aufgeklärt sein") erlaubt jederzeit, es zu ignorieren:

       

      Ein Suchender fragte einst einen alten Mann, was diesem spontan zu Verstand, Vernunft, Wahrnehmung, Brauchbarkeit, Wirklichkeit, Illusion, Glauben, Bildung und Logik einfalle.

       

      Der alte Mann lehnte sich wieder zurück an den Baumstamm, und murmelte: „Es kann den Menschen tausendmal am Tag eingetrichtert werden, dass sie keineswegs auf einem stillen, ruhigen Fleckchen sitzen, sondern tatsächlich im Augenblick mit unglaublich hoher, schwindelerregender Geschwindigkeit auf eine Sonne zurasen, du kannst es sie vorlesen lassen, auswendig lernen lassen, sie sogar davon überzeugen, dass dem so sei, es wird nichts daran ändern, dass sie tagtäglich felsenfest davon überzeugt bleiben, dass an diesem stillen, ruhigen Fleckchen gerade in aller Beschaulichkeit die Sonne aufgeht.

       

      Soviel zu Verstand, Vernunft, Wahrnehmung, Brauchbarkeit, Wirklichkeit, Illusion, Glauben, Bildung und Logik."

    • @Berrybell:

      Nicht gelesen oder nicht verstanden?

  • Diese beiden Sätze aus dem offenen Brief finde ich sehr aufschlussreich: "Es wurden über 30 Anträge auf Mitgliedschaft im Verein, die kurz vor der Mitfrauenversammlung gestellt wurden, nicht zugelassen. Die Begründung war, dass dies die Mehrheitsverhältnisse hätte ändern können." - Genau das war wohl die Absicht der 24 Verfasserinnen, von denen viele gerade mal ein Jahr oder auch nur ein paar Monate im Verein als Mitfrauen registriert waren. - Und was ich noch vermisse: Wurde TDF nicht um eine Stellungnahme gebeten?

    • @Gerhard Schönborn:

      Überdies ist eine Nicht-Zulassung vor Vollversammlungen und Abstimmungen bis zu ca. 6 Wochen vorher allgemein üblich, z.B. auch bei sämtlichen politischen Parteien. Das finde ich auch legitim, sonst könnten ja 2 Tage vorher alle kurz eintreten, alle Entscheidungen unterwandern und danach wieder gehen.

  • Das Kopftuch ist ein widerwärtiges Relikt und nur zu einem gedacht : Sexualisierung und Unterwerfung der Frau.

  • Nur muslimischen Mädchen das Kopftuch zu verbieten verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und wäre diskriminierend denn dann müßten z.B auch Säuglingstaufen und Religionsunterricht im Kindergarten verboten werden.

    Mein Wunsch wäre keine religiösen Handlungen an Kindern bis zum 14-ten Lebensjahr, keine Taufen, Beschneidungen , Kopftücher, Kippas, Religionsstunden usw.

    Danach sollen sie selber entscheiden.

    • @Suchender:

      + Handyverbot! ;-)

    • @Suchender:

      Auch Mädchen können und haben schon immer selber denken und entscheiden können an was sie persönlich glauben. Gerade auch hier aktuell in der BRD und das unabhängig vom a- oder theistischen Glaubensumfeld ihrer Umgebung. Kopftücher haben erst einmal nüscht mit Religion zu tun und deren Verbot ist eine paternalistische Zumutung.

      • @Rudolf Fissner:

        Eben nicht. Kinder werden getauft, religiös erzogen und genital verstümmelt - legal, geschlechts- und konfessionsübergreifend "aktuell in der BRD". Sie können also nicht selber entscheiden.

        • @Winter Johanna:

          Genitalverstümmelung wird nicht mit Kopftüchern vollzogen und die Extrapolation, dass Kopftuchtragen = Genitalverstümmelung bedeutet ist Rationalitätsverstümmelung

          • @Rudolf Fissner:

            Natürlich wird Genitalverstümmelung nicht mit Kopftüchern vollzogen. Aber der deutsche Staat sorgt aktiv dafür, dass männliche Genitalverstümmelung und weibliche Kopftuchtragverpflichtungen ungestört sind.

            Was für einen Staat wollen wir? Einen eng mit der Religion verwobenen deutschen Staat, wo das Primat der christlichen Regeln durch eine Mischung von christlichen und muslimischen Regeln ersetzt wird? Oder wollen wir einen säkularen Staat, wie ihn Frankreich kennt?

          • @Rudolf Fissner:

            Ja, ich habe diese Gleichsetzung auch nicht vollzogen. Sie lenken ab - das Thema bleibt: "Gerade auch hier in der BRD" können eben auch Mädchen nicht "selber entscheiden", schon gar nicht "schon immer" und auch nicht "unabhängig vom a- oder theistischen Glaubensumfeld ihrer Umgebung". Unerheblich, ob Sie hinsehen und sich damit auseinandersetzen oder lieber versuchen wollen, mir Extrapolation zu unterstellen.

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Kopftücher für alle! Am besten schon für Babys.

     

    Vor zwanzig, dreißig Jahren hat man fast keine Kopftücher gesehen. Jetzt werden es praktisch jeden Tag mehr.

     

    Und die Islamversteher verstehen und verstehen und verstehen.

     

    Dass es eine ganze Reihe von Ländern gibt, in den das Nicht-Tragen oder nur das nicht korrekte Tragen dieses Kleidungsstücks Auspeitschungen zur Folge haben kann, das juckt uns doch nicht!

     

    Was ist denn an dieser fürchterlichen Rückbesinnung auf Religion so toll?

     

    Sollte man nicht eher darüber nachdenken, warum das geschieht?

     

    Und nicht nur den Islam dreimal hoch leben lassen?

    • @88181 (Profil gelöscht):

      "Sollte man nicht eher darüber nachdenken, warum das geschieht?"

       

      Es ist einfach Gottes Wille.

    • @88181 (Profil gelöscht):

      Richtig, Jim !

    • 8G
      81331 (Profil gelöscht)
      @88181 (Profil gelöscht):

      naja, in den 50er/60er-Jahren waren Kopftücher bei deutschen Frauen sehr beliebt...

      • @81331 (Profil gelöscht):

        Wobei jedoch keiner die Frau unter das Kopftuch gezwungen hat. Abgesehen davon: Möchten wir in einer miefigen 50er/60er Jahre-Welt leben ?

  • Finde ich auch nicht so gut, aber vielleicht hatten sie im Verein Probleme?

  • Der knappe Mehrheitsbeschluss dieser - mir bislang unbekannten - Frauenorganisation zeigt:

    Es gibt - neben islamischem, christlichem und jüdischem - eben auch säkularen Fundamentalismus.

     

    Konsequenterweise sollte diese Gruppe auch jüdischen Männern das Kippatragen verbieten wollen.

    • 8G
      88181 (Profil gelöscht)
      @Linksman:

      Ich übersetze mal den Namen dieser Ihnen so unbekannten Organisation:

       

      "Welt der Frauen". Deswegen kümmern die sich mehr um Belange von Frauen oder eben Mädchen.

       

      Aber schön haben Sie den Bogen zu den Juden hin bekommen. Ich finde es auch richtig krass, wie die Zahl der Kippa-tragenden Juden z.B. in Neukölln in den letzten Jahren zugenommen hat.

       

      Und wie die Kippa beim Juden, signalisiert ja das Kopftuch bei den muslimischen Frauen, die Individuen als sexuelle Wesen.

    • @Linksman:

      es geht nur um Mädchen, nicht um erwachsene Frauen.

      • @Dr. McSchreck:

        Also Religionsfreiheit nur für Frauen erst ab 18?

        • @Rudolf Fissner:

          bzw. Kulturfreihei/Klammottenfreiheit? ... Der Fetzen ist ja kein religöses Symbol.

  • Ein Gesetz macht nur Sinn, wenn es: von Anfang an durchgesetzt wird und wenn es so ausgestaltet ist, dass es mittel- bis langfristig verstanden und von der Mehrzahl der Betroffenen auch respektiert und mitgetragen wird. Deshalb muss man sich auf das Machbare begrenzen: KEINE Kopftücher in Kindergärten und Schule (egal auf welchem Schädel!!), keine Kopftücher bei öffentlichen Angestellten und Beamtinnen, keine Extrawürste im Sport und Schwimmunterricht und allen Arbeitgebern das Recht geben, Kopftücher bei der Arbeit zuzulassen oder nicht (auch aus Sicherheitsgründen). Probleme mit dem Diskriminierungsverbot sehe ich keine. Religion ist, was ich in Kopf und Herzen trage und vielleicht auch lebe, nicht die Kostümierung dazu.

    • @Christine Kiefer:

      Wenn Zwang mit Gegenzwand beantwortet wird, darf dieser nicht total sein. Daher ist es gut, wenn es kopftuchfreie Zonen gibt aber nicht gut, wenn Kopftücher immer untersagt werden.

      Für alle, die die freie Entscheidung fordern, sollten diese auch in der Moschee fordern. Solange dort Frauen ohne Kopftuch nicht geduldet werden, sollten sie bei der Verbreitung eines Zwanges nicht von Freiheit reden.

    • @Christine Kiefer:

      Völlig richtig!!!

  • Nach deutschem Recht ist man mit 14 religionsmündig.

    Einer 14-jährigen sollte man also die Entscheidungsfähigkeit zubilligen, ob sie (aus religiösen Gründen) ein Kopftuch tragen will oder nicht.

     

    Was ich viel schlimmer finde: das im Christentum Kleinstkinder, die keinerlei noch Vorstellung von Religion haben, getauft werden. Das meine Eltern mich haben taufen lassen, das nehme ich ihnen bis heute übel.

    • @Blauer Apfel:

      Naja, zum Glück haben Sie ja durch die Taufe keinen spürbaren Effekt davongetragen. Ob Sie nun in einer Kirche mit Wasser besprenkelt wurden oder in eine Pfütze gehopst sind...

      Weitaus schlimmer sehe ich in der Tat Beschneidungen etc., die sollten im Sinne der Religionsfreiheit an Kindern nicht durchgeführt werden können. Das sind Stammesrituale, die nicht vereinbar mit einer aufgeklärten Gesellschaft sind.

      • @Frida Gold:

        Naja ob es "keinen spürbaren Effekt" hat, wenn Kinder getauft werden, bezweifle ich. Es hat ja zum Hintergrund, dass Eltern ihre Kinder nicht als Individuen betrachten, sondern als Eigentum, das sie in die Schubladen packen, in denen sie sie haben wollen. Was sie ihnen inhaltlich dazu beibringen, ist auch nicht "ohne Effekt". Welche Rituale Erwachsener "schlimmer" sind als andere, spielt dabei keine Rolle. Kinder sind Menschen im Sinne des Grundgesetzes und haben das Recht auf körperliche Unversehrtheit UND auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und des Geistes - und wenn sie dann trotzdem religiös werden möchten oder aus seelischen Nöten heraus müssen, haben sie das Recht auch das selbst und frei zu entscheiden.

        • @Winter Johanna:

          Es ist schlicht unmöglich, dass Eltern ihre Kinder absolut neutral erziehen. Weltanschauung kommt natürlich mit in die Erziehung hinein, ob diese nun religiös ist oder sonstwie geprägt.

          Fakt ist doch, dass eine Taufe keine irreversiblen Schäden hinterlässt. Es gibt genug getaufte, die später dann aus der Kirche ausgetreten sind. Taufe ist meines Wissens auch keine weit verbreitete Ursache psychischer Störungen. Es ist ein ziemlich hohles Ritual ohne Effekt.

    • @Blauer Apfel:

      Na, da hatten Sie noch Glück, dass Ihre Eltern Christen waren und sie nur etwas mit Wasser bespritzt wurden. Die Gläubigen anderer Religionen lassen ihren Kindern Teile der Geschlechtsorgane entfernen. Das ist wohl ein anderes Kaliber. Die Taufe hat hingegen keine weiteren Auswirkungen, sobald das Wasser getrocknet ist.

      • @rero:

        Wie wahr !

      • @rero:

        Und aus der Christenheit kann man ungestraft austreten.

        • @kleyrar:

          Wie wahr !

  • 3G
    32795 (Profil gelöscht)

    Was sagen eigentlich die Genderistinnen zum "Kinderkopftuch", welches ja ausschließlich von Mädchen zu tragen ist?

    • @32795 (Profil gelöscht):

      Keine Ahnung, was "Genderistinnen" sein sollen, aber Sie haben Recht, wenn Sie meinen, dass die Gewalt an Jungen, indem man ihnen das empfindsamste Körperteil amputiert noch bevor sie sich wenigstens wehren könnten, ungleich grausamer ist als die Erziehung beider Geschlechter in dem Glauben, dass Männer triebgesteuerte Ungeheuer sind, vor denen sich die Mädchen schützen können, indem sie sich verhüllen...

  • „Durch die Verschleierung von Minderjährigen wird ein späteres Tragen des Kopftuchs bereits in der Kindheit vorgeprägt“, begründet der Verein: „Als Folge dieser Konditionierung können oder wollen die Mädchen auch später das Kopftuch nicht mehr ablegen.“

    Totalitäre Erziehungsgedanken in Reinform. Abgesehen davon, dass "Konditionierung" hier ein völlig unpassender Begriff ist, der der Dialektik der Erziehung nicht gerecht wird und die Mädchen/Frauen mit Ratten im Labor gleichsetzt, erschließt sich mir nach dieser Argumentation nicht, weshalb Terre des Femmes hier nicht das Verbot von jedweder Erziehung fordert, die nicht der Leitlinie ihres Komitees entspricht. Jene wirkt nämlich in jedem Fall in der einen oder anderen Form auch über den 18. Geburtstag hinaus ( "Konditionierung", wie es Terre des Femmes völlig falsch benennt ) und dafür braucht man seinen Kindern nicht unbedingt bestimmte Kleidungsstücke anzulegen. Wie wäre es zum Beispiel mit dem Verbot des Betens oder Moscheebesuchs? Auch eine Angewohnheit, die möglicherweise als Erwachsene beibehalten wird ( "Konditionierung" ).

    Interessant ist auch, dass das Tragenwollen des Kopftuches bei Frauen mit "Konditionierung" begründet wird, das Nichttragenwollen des Kopftuches aber nicht, das schließlich auch "in der Kindheit vorgeprägt“ wird.

    • 6G
      61321 (Profil gelöscht)
      @Ron Weyer:

      Da isser, der Relativist.

       

      Ja, ich war schon sauer, als man mich, gerade halbwüchsig, zur Konformation genötigt hat. Ich wäre aber heute ungleich wütender, wenn man an mir im Kindesalter rumgeschnippelt hätte.

       

      Sie sehen, lauter Dinge, über die man tatsächlich reden könnte und sollte.

  • 6G
    61321 (Profil gelöscht)

    Die femmes de Terre des Femmes können einem Leid tun.

    Haben anscheinend jede Menge schwankenden Boden und wenig sicheren Grund unter den Füßen.

     

    @MATTIAS BILD: Bitte lesen Sie den Artikel. Es geht um Kopftuchverbot für Kinder.

     

    @MOWGLI: Dass gerade Sie etwas leichthin von "irgendwann emanzipieren" daher reden ist eine große Enttäuschung

  • Da entfaltet die Intersektionalität ihre ganze destruktuve Kraft! Bestimmte Probleme können garnicht mehr angesprochen werden. Wer es dennoch tut ist automatisch ein Nazi.

  • Mir scheint, die Terre des Femmes verstehen was von „Konditionierung[en]“.

     

    In ihrer Kindheit wurden offenbar auch sie „vorgeprägt“. Ihre Erziehungsberechtigten haben ihnen offensichtlich einen unreflektierten Hang zum Ver- bzw. Gebot eingepflanzt. Nun können sie sich ein Leben ohne solche Ver- bzw. Gebote nicht mehr vorstellen.

     

    Überhaupt scheint es ihnen unvorstellbar zu sein, dass sie sich selbst irgendwann emanzipieren könnten von patriarchalen, autoritären Vorstellungen und Verhaltensweisen. Sie würden die Fähigkeit dazu ja sonst vielleicht auch anderen Menschen zubilligen.

     

    Das Motto dieser Frauen scheint zu lauten: meine eignen Beschränkungen müssen auch die aller anderen Frauen sein. Frauenrechtlerinnen, die so ticken, braucht kein Mensch. Außer den autoritären Patriarchen, meine ich. Die können nun mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf die Terre-des-Femmes-Frauen zeigen und dabei sagen: „Schaut hin, ich bin gar kein Arschloch. Ich bin ein Feminist.“

    • 3G
      32795 (Profil gelöscht)
      @mowgli:

      Es geht um die Frage was höher einzustufen ist, das Recht darauf aus religiösen Gründen ein Kopftuch tragen zu dürfen, oder das Recht es nicht tragen zu müssen wenn man nicht religiös ist.

       

      Und nun kommt hinzu, dass es hier um Kinder geht. Das verkompliziert die Sache nochmal.

       

      (Rechtlich) Wirksame Ein- und Austritte in die sog. "Amtskirchen" sind zB erst ab dem 14. Lebensjahr möglich. Wer jünger ist, dem traut der Gesetzgeber einfach nicht die nötige Reife für bewusste Entscheidungen aus religiösem Grund zu.

       

      Und nun zum "Kinderkopftuch". Kinder haben unbestritten ein Recht auf Religionsfreiheit (das ist ein Menschenrecht ab Geburt). Wenn sie aber gar nicht die nötige Reife haben, müssen sie dann den religiösen Willen ihrer Eltern exerzieren oder muss man sie genau davor schützen?

       

      Das sind berechtigte Fragen und die Feministinnen reagieren hierauf mit einem Verbotswunsch den man nicht einfach mit "blöde Feministinnen" wegwischen kann.

  • Sollen sie doch Kopftücher tragen. Denn wem ich ins Gesicht sehen kann dem kann ich besser trauen, den kann ich besser verstehen. Deshalb sind Kopftücher an sich kein Problem. Eher das was ab und an unter den Kopftüchern an Überzeugung steckt. Deshalb sollte gelten Vollverschleierung verbieten. Und in sensiblen Bereichen sollte eine Muslima auf zeltartige Bekleidung verzichten können.

  • Hier muss man sich ganz klar für ein Verbot einsetzen. Hier wird Kindern eine religiöse Praktik aufgezwungen und das Geghirn gewaschen. Kein Mensch wird als Moslem, Christ, Jude oder sonst irgendwas geboren. Leider werden aber viele Menschen von frühester Kindheit an zu einen Anhänger einer Religion gemacht. Für mich ist das Kindesmisbrauch. Genauso verachtenswert wie Nazi-Eltern, die ihre Kinder auf eine Rassenwahn trimmen.

     

    Wir müssen uns alle – aber vor allem alle Kinder – vor Religion schützen. Damit sich jeder seinen Aberglauben selbst aussuchen kann.

    • 3G
      32795 (Profil gelöscht)
      @JC Kay:

      "Kein Mensch wird als Moslem, Christ, Jude oder sonst irgendwas geboren."

       

      Dafür könnte man Sie in so manchem Land hinrichten lassen. In manch heiligem Buch steht nämlich was anderes.

       

      Das Problem mit der Religionsfreiheit ist das selbe wie mit der Meinungsfreiheit. Diese Freiheiten können dazu genutzt werden anderen eben diese Freiheiten zu entziehen. Und an der Stelle endet die Freiheit eigentlich, aber das haben wir vergessen, wir sind nämlich lieber "tolerant" als "frei".

       

      Es geht hier im Kern um die "negative Religionsfreiheit", also der Freiheit zu sagen "ich will nicht glauben". Und um die ist es schlecht bestellt. Islamverbände und das Heer der Toleranten bekämpfen sie wo sie nur können...

      • @32795 (Profil gelöscht):

        Danke für Ihr Feedback. Sie haben vollkommen Recht. Alleine, dass es noch einen Blasphemie Gesetz gibt sagt alles. Dabei ist mir die Religionsfreiheit wichtig – aber nur im Privaten und nur für die individuelle Einzelperson. Schon bei den eigenen Kindern hört die Religionsfreiheit auf.

         

        Aber leider nimmt die Macht der Religion (insgesamt ) immer mehr zu. Und jeder Kompromiss und jedes Zugeständnis, dass man der Religion (insgesamt) macht, bedeutet weniger individuelle Freiheit und eine Abkehr von der Aufklärung und säkularer Werte. (Die ich sehr schätze)

    • @JC Kay:

      In der Tat gehört Religion in jedweder Form kritisiert, denn die Kritik der Religion ist die Grundlage aller Kritik. Wenn sie aber anfangen, Verbote durchzusetzen mit der Begründung, "die anderen" seien "gehirngewaschen" ( was meiner oder Ihrer Meinung nach sogar durchaus stimmen mag! ), dann ist die Demokratie tot. Denn wer bestimmt, was Gehirnwäsche ist? Auf dem gleichen Gedanken basiert auch die Meinungsfreiheit.

  • Was ist falsch daran, wenn Feministinnen sich für fir die gleichen Rechte von Mädchen und Jungen einsetzen? Nur denjenigen, denen die Religionsfreiheit zur Unterdrückung von Mädchen wichtiger ist als die Freiheit der Mädchen mit Jungen auf gleicher Augenhöhe das Leben zu lernen. Zumindest hier in Deutschland, wo wir wählen können, ist jede Missachtung der gleichen Rechte von Mädchen schlicht antifeministisch. Terre des femmes sollte deswegen sich eher von denjenigen trennen, die die Unterdrückung kulturell relativieren. Ansonsten no Terre des femmes for femmes. Es ist an der Zeit keine Zeit mehr zu vergeuden und eine Generation nach der anderen durch die Ignoranz der Problematik zu behindern.

    Halina Bendkowski

    • 3G
      32795 (Profil gelöscht)
      @halina bendkowski:

      Sie haben vollkommen recht, jedoch stellt sich die Frage ob ein gesetzliches Verbot hier der richtige Weg ist.

       

      Sind Kinder überhaupt in der Lage dazu solche Entscheidungen (Koptuch oder nicht) zu treffen oder fehlt es ihnen an Reife dazu?

      Ab welchem Reifegrad können Kinder solche Entscheidungen treffen?

       

      Es steht ausser Frage, dass Eltern die ihre Kinder zwingen das Kopftuch gegen deren Willen zu tragen falsch handeln. Aber das beseitigt nicht das Recht eines Kindes das Kopftuch zu tragen wenn es das will (nachdem es reif genug ist hier eine bewusste Entscheidung zu treffen).

       

      Und dann kommt da noch das heilige Buch der Muslime hinzu. Dort steht, dass die Kinder von Muslimen ab Geburt auch Muslime sind. Und gemäß kulturrelativistischer Ansätze ist das hinzunehmen...

      • 6G
        61321 (Profil gelöscht)
        @32795 (Profil gelöscht):

        "Und gemäß kulturrelativistischer Ansätze ist das hinzunehmen..."

         

        Vom Kulturrelativismus halte ich schon länger nichts mehr und

        jede*r in sollte sich in dieser wichtigen Grundsatzfrage irgendwann einmal entscheiden, bevor man über Einzelheiten redet.

         

        Mit Kulturrelativismus lässt sich nicht nur alles Mögliche, sondern auch die absonderlichsten und abscheulichsten Sachen rechtfertigen. Mit Kulturrelativismus wird die Einschränkung der Freiheit des Menschen durch den Menschen, nicht aufgrund sozialer oder materieller Zwänge, sondern aufgrund weltanschaulicher Systeme hingenommen.

        Das wiederum ist nicht akzeptabel.

        Der Mensch ist frei geboren, diese Rousseausche Feststellung ist heute nicht fälscher als in vergangenen Jahrhunderten.

         

        Was selbstverständlich nicht heißt, dass nicht vorläufig, vorrübergehend und in vielen Fällen sogar noch über längere Zeit, eigentlich abzulehnende Kultureigenheiten hingenommen werden müssen, v.a. in anderen Ländern.

         

        Unser aller Freiheit ist mannigfaltig eingeschränkt und sehr viele dieser Einschränkungen werden laufend neu verhandelt oder einjustiert. Eine Forderung sollte dabei jedoch gelten: es muss dabei von allen für Alles rationale Gründe vorgebracht werden.

         

        Kinder müssen, was ihre Freiheiten angeht, einen besonderen Schutz genießen. Spezielle Gegebenheiten und Zwänge der Kindheit sind lebensprägend und allzu häufig nicht einfach mit dem Eintritt ins Erwachsenenleben abzulegen.

        • @61321 (Profil gelöscht):

          Beim Kulturrelativismus ging es ursprünglich v. a. um ein anthropologisches Verständnis fremder Kultur. Die Einsicht nämlich, dass eine äußere, und damals v. a. von westlichen Kulturentwicklungsideen geprägte, Sicht auf fremde Kultur ihre Grenzen hat, Phänomene und Entwicklungen nicht hinreichend erklären kann und vieles nur aus einer inneren, sog. „emischen“ Perspektive verstehbar ist. Diese Erkenntnis war ihrerzeit ein bahnbrechender Fortschritt und bleibt bis heute bedeutsam. Kulturrelativismus als Gesamtidee abzulehnen ist daher Unsinn.

           

          Problematisch ist dagegen der aus dieser Idee erwachsene Normenrelativismus, mit dem sich, wie Sie richtig schreiben, letztlich auch die schlimmsten Dinge rechtfertigen lassen. Zumal, und das ist der entscheidende Punkt, Normen nirgendwo auf der Welt einfach naturwüchsig gegeben sind. Die gesellschaftlichen Ordnungen und Machtverhältnisse wurden und werden immer und überall sozial ausgehandelt, und wir tun grundsätzlich gut daran, uns auf die Seite derer zu stellen, die von diesen Ordnungen benachteiligt werden. Und nicht denen auf den Leim zu gehen, die mit irgendwelchen „Kultur-„Argumenten die Unterdrückung anderer fordern und rechtfertigen.

          • @Ruhig Blut:

            Wichtig, noch hinzuzufügen:

             

            So sehr ich diesen Normenrelativismus gegenüber einem reaktionären Islam verabscheue, darf m. E. nicht übersehen werden, dass das Gegenmodell, ein totalitärer Normenuniversalismus nämlich, als Rechtsfertigungsstrategie für Expansion und Unterdrückung historisch unvergleichlich mehr Unheil gerechtfertigt bzw. ermöglicht hat. Vom Imperialismus der alten Römer über islamische Expansion und Kreuzzüge, über den gesamten europäischen Kolonialismus (mit wechselnden Rechtsfertigungsmustern), bis hin zu Kriegen und millionenfachen Morden im Namen von Kommunismus auf der einen und antikommunistischem Imperialismus auf der anderen Seite.

            Die Lehre aus dieser Geschichte muss m. E. sein, bei normativen Ansprüchen an die Gesellschaftsordnungen anderer Augenmaß zu bewahren und die Dinge mit der nötigen Differenziertheit zu betrachten.

             

            Insofern ist auch bei der Kopftuchdebatte Vorsicht geboten. Obwohl ich, wie wohl die meisten hier und soweit ich das beurteilen kann, islamische Verhüllungsvorschriften für Frauen ebenfalls v. a. als Unterdrückungsinstrument wahrnehme, lässt sich nicht übersehen, dass die Verhüllung für manche Frauen tatsächlich ein Ausdruck von Selbstbestimmung und kultureller Emanzipation darstellte und heute wieder vermehrt darstellt.

            Und hier gilt es unbedingt zu differenzieren. Wir müssen die Frauen nicht verstehen und die religiösen Begründungen mögen uns zuwider sein, solange sie das aber für sich selbst tun, wiederum ohne normativen Anspruch an andere, ist es ihr gutes Recht und geht uns schlicht nichts an. Diesen Selbstbestimmungsanspruch zu übergehen und seine Legitimität mit der Unterdrückung anderswo undifferenziert wegzuargumentieren, ist paternalistisch, intellektuell unredlich und im Effekt nicht besser als die Dominanzansprüche eines reaktionären Islam.

            • 6G
              61321 (Profil gelöscht)
              @Ruhig Blut:

              @ RUHIG BLUT

               

              Teil 1. Danke für Ihre Bemerkungen. Sie weisen in Ihrem Beitrag oben völlig richtig darauf hin, dass wir bei Verwendung der Begriffe genauer sein sollten. Ist manchmal ein bisschen schwierig bei (notgedrungen) in der Länge beschränkten Kommentarbeiträgen. Trotzdem wichtiger Punkt.

               

              Was den Normenrelativismus angeht, ich hattte früher eine weitestgehend tolerante, etwas negativer ausgedrückt, eine indifferente Position. Eines Tages hörte ich mir einen Vortrag von Medizinern für Mediziner über Beschneidungen im Subsahara-Gürtel an. Die Vortragenden waren junge Ärzte und Ärztinnen mit großer Affinität und Sympathie für die Kulturen in denen Sie arbeiteten. Was Sie über das Thema ausbreiteten an medizinischen, sozialen, psychologischen Details und Implikationen für die Betroffenen, ließ mich verstört zurück (das Bildmaterial der Dias war entsprechend).

              Für mich war das der Punkt, etwas andere Ansichten zu relativistischen Haltungen zu entwickeln.

               

              Ich wollte mich eigentlich nie in die schwierige und manchmal ätzende Kopftuchdebatte einschalten. *

              Da sie mir aber nun mal täglich auf ihrem Schulweg begegnen die Flüchtlingskinder die in meiner Nähe wohnen, die Kleinen fröhlich herumalbernd ohne Tuch, die etwas größeren dann, immer noch zu Späßen aufgelegt, plötzlich mit, denke ich, ich sollte eine klare Haltung dazu einnehmen.

              So wenig ich anfangen wollen würde, erwachsenen Frauen, die für sich selbst entscheiden diesbezüglich meine Weisheiten zum Kopftuch aufzudrücken zu wollen, so sehr denke ich ist meine, ist unsere Intervention für Kinder und Halbwüchsige angebracht.

              Was restriktive Bedingungen in der Kindheit für das gesamte spätere Leben bedeuten können, welche Hypothek sie darstellen können, wissen ganz sicher sehr viele die hier mitlesen.

               

              * Zum Thema Vollverschleierung gibt es allerdings unbedingt etwas zu sagen

              • 6G
                61321 (Profil gelöscht)
                @61321 (Profil gelöscht):

                Teil 2.

                Es ist unbadingbar für uns alle, uns klar zu machen, welches denn eigentlich unser eigenes Menschenbild ist, das wir unserem sozialen und politischem Gefüge zugrunde legen.

                 

                Sehr viele Menschen aus Syrien, dem Irak oder Afghanistan haben, ihr eigenes Menschenbild betreffend, eine sehr viel genauere Vorstellung als wir hier über unseres. Wir sind ein bisschen nachlässig damit, diese Dinge zu reflektieren, saturiert und friedlich, wie wir hier seit Jahrzehnten leben.

                Ich scheue mich nicht, so konfliktarm wie nur irgend möglich, mein eigenes Menschenbild zum Beispiel Einwanderen entgegen zu halten, wenn denn der Moment da ist, diese Dinge mit ihnen zu besprechen.

                Näher bringen wird man ihnen, so hoffe ich, davon etwas, wenn man heute anfängt, in der nächsten, vielleicht sogar erst übernächsten Generation.

                • @61321 (Profil gelöscht):

                  Wen meinen Sie mit "wir"? Ich wäre auch vorsichtig mit Pauschalisierungen wie "sehr viele Menschen aus den Ländern XYZ [...] haben eine viel genauere Vorstellung". Aus jenen Ländern kommen Menschen mit verschiedenen Weltanschauungen bzw. Religionen. Klingt doch recht nach einer Gegenüberstellung und Konstruktion scheinbar homogener Gruppen - "Wir" und "die Anderen"...

                  • 6G
                    61321 (Profil gelöscht)
                    @Uranus:

                    .

                    1) Es gibt immer ein Wir und ein Sie. Mein erster dickster Freund war ein kleiner Italiener, Pasquale. Er wohnte mit seiner Familie nebenan, die wiederum mit zwei weiteren italienischen Familien, alle zusammen auf recht beschränktem Raum in einem Flachbau. Die Männer arbeiteten für Bosch, sortierten und verpackten Zündspulen für den Versand. Sie sprachen leidlich deutsch und sie scherzten auch mit mir Steppke, wenn sie nach der Arbeit entspannt vor der Tür hockten. Die Frauen waren hingegen völlig unzugänglich, wegen der Sprachbarriere. Es roch interessant bei denen.

                    Eines Tages packten alle drei Familien ihre Autos bis über die Dächer, und es ging zurück nach Süditalien. Pasquale war also weg und ich hatte es erst ganz kurz vorher erfahren dass sie gehen. Es war wohl immer ihr Plan gewesen, unten in der Heimat was Eigenes aufzuziehen.

                    Weiter hinten in der Straße hatte meine erste Freundin gewohnt. Eleni, Griechin. Es gab keinen Kontakt zur Familie. Eleni sprach natürlich deutsch, ihre Mutter wohl kaum. Deren gellender Ruf, am Ende eines Spieltages, die ganze Straße entlang, Eleeeni!!, hab ich immer noch im Ohr. Eleni musste dann schauen, dass sie schleunigst nach Hause kam. Eines Tages war auch Eleni mit ihrer Mutter weg. Spurlos.

                    Gegenüber wohnten Türken. Verbindliche Leute. Der Vater kehrte öfter das Trottoir als alle anderen Schwaben links und rechts davon. Die Frau war, wie ihr Ehemann freundlich und wie er war sie, man könnte sagen, äußerlich irgendwie kleinbourgeois, dabei aber nicht unelegant, ihr Kopf natürlich unverhüllt wie auch die der meisten Türkinnen, die zu Besuch kamen. Die Leidenschaft des Sohnes war sein erster Wagen, ein Audi. Von Audi kam auch das Geld der Familie.

                    Es gab immer ein Wir und ein Sie. Ob uns etwas verbunden hat und was das war, darüber lohnt es nachzudenken.

                    • 6G
                      61321 (Profil gelöscht)
                      @61321 (Profil gelöscht):

                      .

                      2) Bestrebungen sich vom Wir und vom Sie frei zu machen ist ein ehrenwerter und lohnender Versuch und jeder sollte für sich schauen, wie weit er damit gehen will und kann.

                       

                      Lieber URANUS, wenn Sie denken, dass ich naiv Gruppen von Menschen als monolithische Blöcke gegenüber stelle, ohne zu versuchen auf erkennbare Feinheiten und Unterschiede zu achten, liegen Sie falsch.

                      Wenn Sie aber darüberhinaus der Meinung sind, es ist grundsätzlich völlig unzulässig überhaupt Gruppen zu bilden oder Kategorien aufzustellen, wenn man über Menschen spricht, um die vielfältige Welt zu strukturieren und damit verstehbar und auch besprechbar zu machen, sage ich ok, ist zwar ein radikaler aber natürlich ein legitimer Ansatz.

                      Wird von mir selber aber niemals adaptiert werden, sobald ich nicht mehr über individuelle Personen spreche, sondern eben über Gruppen von Menschen, die mir nicht mehr einzeln bekannt sind.

                      Für mich muss alles noch mit Sprache handhabbar bleiben.

                • @61321 (Profil gelöscht):

                  Ja, bin hundertprozentig Ihrer Meinung.

                   

                  Ich habe schon seit Jahren den Eindruck, dass viel zu viel appeasement geübt wird, und dass das Bemühen um eine scheuklappenfreie Betrachtung und rationale Argumentation in dieser gesellschaftlichen Debatte immer mehr Gefahr läuft, zwischen dem elenden Relativismus im antirassistischen Gewand auf der einen und dem rechten Backlash auf der anderen Seite zerrieben zu werden.

                  Umso größer mein Respekt für diejenigen, die sich davon nicht kirre machen lassen und trotz des Risikos, angefeindet zu werden, die Diskussion (im realen Leben) nicht scheuen, wie Sie sagen.

                  Vielleicht sehe ich das ein bißchen zu schwarz, entspricht aber durchaus meinen persönlichen Erfahrungen.

  • durch diese antikopftuchaktionen wird das gegenteil erreicht in indonesien zb hat man erfahren dass frauen mädchen gerade wegen dieser diskussion wieder zum kopftuch geifen es ist einfach erschütternd wie weit diese aktion von der wirklichkeit entfernt ist

    • @Georg Schmidt:

      In Indonesien breitet sich nach verschiedenen Berichten der Islamismus stark aus. Aber ob das auf Kopftuchdebatten zurückzuführen ist? Woher nehmen Sie Ihre These?

  • Ich bin doch immer wieder erstaunt über solche Debatten wie jene über das Kopftuch. Nicht nur, dass diese Forderungen nach einem Verbot völlig überflüssig sind, sondern sogar im krassen Widerspruch zu unserem Grundgesetz und unserer unentwegt propagierten "westlichen" Werteordnung stehen. Rosa Luxemburg hatte doch einst so treffend gesagt, die Freiheit sei die Freiheit der Andersdenkenden. Seinen Glauben und seine Werte offen zeigen zu dürfen, auch wenn diese anders sind als der fast schon zwanghafte Fortschrittsglaube unserer Zeit, ist das, was wir Religionsfreiheit nennen.

    Was soll denn nach einem Kopftuchverbot kommen? Wird dann über Sonnenbrillen, lange Kleider oder gar geschlossene Schuhe diskutiert? Nur allzu oft wird das Kopftuch, das viele Muslima tragen, stark vereinfacht zu einem Symbol der Unterdrückung der Frau und zu einem Marker für einen radikal-islamischen Fundamentalismus, gemacht. Was die vielen Frauen und auch ihre Väter und Ehemänner tatsächlich darüber denken und welchen Werten sie dabei wirklich Rechnung tragen, wird de facto gar nicht hinterfragt?

    Außerdem kann man Glauben, gesellschaftliche und Weltvorstellungen, ja Werte nicht einfach von oben herab durch Verbote oder Pflichten diktieren oder ändern. Werte werden gelebt und wandeln sich oft nur über Generationen hinweg. Ein Verbot des Kopftuchs entspricht nunmal nicht unserer Gesellschaft. Dass Menschen selbst entscheiden können, dieses Accessoire abzulegen, ist Freiheit!

    Anstatt also Verbote zu fordern und solche Diskussionen anzuheizen, sollten sich Vereine und Menschenrechtsorganisationen, ja im Grunde alle dafür einsetzen, den Menschen zu helfen, die ihnen zustehende Freiheit der Entscheidung in die Realität umzusetzen.

    Kopftuch hin oder her. Es gibt ganz sicherlich weit brisantere Dinge, über die wir uns unterhalten sollten.

    • 3G
      32795 (Profil gelöscht)
      @Matthias Bild:

      "Was soll denn nach einem Kopftuchverbot kommen? Wird dann über Sonnenbrillen, lange Kleider oder gar geschlossene Schuhe diskutiert?"

       

      Wenn das tragen von geschlossenen Schuhen eine religiöse Vorschrift ist, die von Eltern ihren Kindern aufgezwungen wird, dann ja, dann kommt die Diskussion.

       

      Und nun zu ihrer These mit "radikal-islamischen Markern". Wenn Menschen von anderen Menschen aus religiösen Grunden zu etwas gezwungen werden dann ist das "radikal". Und im Falle der Kinder stellt sich die Frage, werden die gezwungen oder tun die das weil sie eine bewusste Entscheidung getroffen haben?

       

      Sie machen es sich sehr einfach. Das Kopftuch ist mehr als ein Stück Stoff, es ist religiöses Symbol für vieles was mit unserer "Werteordnung" nicht ganz vereinbar ist. Es wird nicht einfach getragen weil das halt dazugehört. Wenn Sie sich einmal damit beschäftigen was das Kopftuch symbolisiert, dann hilft ihnen am Schluß nur noch Kulturrelativismus, "westliche Werte" können Sie da jedenfalls nicht mehr heranziehen.

       

      Und dennoch bin ich der Meinung, Frauen die da freiwillig mitmachen sollen es tun. Aber ob man Kinder dazu zwingen darf, da bin ich mir nicht ganz so sicher...

    • 3G
      32795 (Profil gelöscht)
      @Matthias Bild:

      Soso, die Debatte um die Religionsfreiheit von Kindern ist also mit unserer "westlichen Werteordnung" nicht vereinbar?

       

      Da hat aber jemand ein paar hundert Jahre Aufklärung und Säkularisierung gewaltig verschlafen.

       

      Wozu dürfen Eltern ihre Kinder denn aus religiösen Gründen alles zwingen? Wo sind da die Grenzen?