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Grüne nach der NRW-WahlZumindest mehr als fünf Prozent

Nach den großen Stimmenverlusten im Land steht jetzt auch eine parteiinterne Debatte über den Wahlkampfkurs im Bund an.

Die grüne Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann nach der Wahl Foto: reuters

Berlin taz | Zumindest eine gute Nachricht gab es für die Grünen um 18 Uhr: Im Düsseldorfer Landtag werden sie auch in Zukunft vertreten sein. Ansonsten hatte die Partei am Sonntag aber nichts zu feiern. Nach sieben Jahren in der Landesregierung müssen die Grünen wahrscheinlich zurück in die Opposition.

Von 11,3 Prozent der Stimmen bei der Landtagswahl 2012 rutschten sie ab auf nur noch 6,4 Prozent in diesem Jahr. „Es gibt nichts zu beschönigen“, sagte Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann in einer ersten Reaktion auf der grünen Wahlparty. „Wir haben einen sehr schweren Abend.“

Das Debakel hatte sich abgezeichnet. Zu Jahresbeginn erzielten die Grünen in Nordrhein-Westfalen noch zweistellige Umfrageergebnisse, mit Beginn des Wahlkampfs sackten die Werte dann ab. Als Ende April sogar der Wiedereinzug ins Parlament in Gefahr geriet, reagierte die Landesspitze mit einem Kursschwenk: Hatte sie sich zuvor noch alle Optionen offengehalten, so setzte sie von da an auf einen rot-grünen Lagerwahlkampf und sprach sich gegen eine Koalition mit CDU und FDP aus. Offensichtlich hat das späte Bekenntnis, das Löhrmann am Sonntag nach den ersten Hochrechnungen noch einmal wiederholte, aber auch nicht mehr so richtig gezogen.

Woran lag der Absturz? Dass am Ende eine realistische Machtoption fehlte, könnte ein Grund sein. Dazu kommt, dass sich die Partei in den vergangenen Jahren selten als eigenständiger Ko­alitionspartner präsentierte – und dass auch die blasse Vizeministerpräsidentin Sylvia Löhrmann als Spitzenkandidatin nicht punkten konnte. Die bisherige Schulministerin kündigte am Sonntag als Reaktion an, keine „herausragenden Ämter“ mehr ergreifen zu wollen.

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Offen ist, wie die Bundespartei auf die Schlappe im bevölkerungsreichsten Bundesland reagieren wird. Bei Umfragen zur Bundestagswahl nähern sich die Grünen ebenfalls der Fünfprozentmarke, der Wahlkampf der Spitzenkandidaten Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir kommt nicht in Fahrt. Nach der Niederlage in Nordrhein-Westfalen wird die Nervosität in der Partei zunehmen. Gut möglich, dass der linke Flügel den Druck auf das Realo-Duo an der Spitze verstärken wird.

Göring-Eckardt selbst versuchte am Sonntagabend zwar, die Bedeutung der NRW-Wahl herunterzuspielen. „Im Bund wird natürlich über etwas anderes entschieden“, sagte sie im ZDF und kündigte daraufhin „einen kämpferischen Wahlkampf“ an, in dem es „um die relevanten Themen geht“. Mit dieser Ankündigung allein wird die Kandidaten die Parteilinken aber nicht beruhigen können.

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Diese hatten schließlich schon in den vergangenen Wochen die Faust in der Tasche geballt, auch wenn sie auf offene Kritik bislang verzichteten. Der Vorwurf: Klare Positionen fehlten; zu sehr schrecke die Spitze davor zurück, bei Wählern aus der bürgerlichen Mitte und bei möglichen Koalitionspartnern jenseits von SPD und Linkspartei anzuecken. Nun könnte eine Debatte über den Wahlkampfkurs ausbrechen – und vielleicht sogar eine über das Kandidatenduo selbst.

Viele Grüne hadern mit dem Ergebnis der Kandidatenkür. Bei der Urabstimmung hatte Cem Özdemir nur knapp vor dem schleswig-holsteinischen Umweltminister Robert Habeck gewonnen. Dessen Landesverband erzielte vor einer Woche bei den Landtagswahlen im Norden entgegen dem Bundestrend ein starkes Ergebnis. Er selbst hatte als charismatischer Wahlkämpfer entscheidenden Anteil daran. Dass ihn die Bundespartei als neuen Spitzenkandidaten einwechselt, ist zwar unwahrscheinlich. Ihn stärker in den Wahlkampf einzubinden, liegt aber nahe.

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25 Kommentare

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  • Robert Habeck !

    Und nicht diese grämlich lächelnde KGE an der Seite des S21-Lächlers Özdemir.

  • "Gut möglich, dass der linke Flügel den Druck auf das Realo-Duo an der Spitze verstärken wird."

     

    Jedem der links der Mitte Mehrheiten sieht sei ein Termin beim Arzt nahegelegt.

    Entweder die Grünen schaffen es ihre wichtigen Kernkompetenzen zu profilieren oder sie sind überflüssig:

    Umwelt und Konsum, Verkehr, nachhaltiges Wirtschaften, offene tolerante Gesellschaft zwischen Gesellschaftsgruppen, meinetwegen noch Eintreten für einen globalen Fairnessbegriff.

     

    Alles andere weglassen und die LInke dran scheitern lassen ...

    • @Tom Farmer:

      Si !!!

    • @Tom Farmer:

      Umweltschutz und nachhaltiges Wirtschaften werden allerdings nix, wenn man ausgeglichene Haushalte anstrebt und nur ja nix an der Besteuerung ändern will.

      Für Umweltschutz braucht es linke Wirtschaftskonzepte.

      • @BigRed:

        Wofür braucht es für den Umweltschutz linke Wirtschaftskonzepte? Jeder "linke" Staat der je existiert hat, war mindestens eine genauso große Drecksschleuder wie die "rechten".

         

        Ich sehe auch wirklich nicht, wie Umverteilung und Arbeitnehmerrechte/Vorteile von Haus aus einhergehen mit Umweltschutz, weil die Arbeitnehmer nutzungmaximierung läuft ja auch konträr zum Umweltschutz.

         

        Hier ist glaube ich eher der Wunsch Vater des Gedankens.

         

        Und nachhaltiges Wirtschaften und ausgeglichene Haushalte passen eig. sogar bestens zu sammen, weil bei nachhaltigem Wirtschaften die Wachstumspremisse unseres Systems wegfällt, die ein Grund für zwingende Inflation und "Auf-Pump"-Wirtschaftspakete ist.

    • @Tom Farmer:

      Die „Mitte“ ist doch längst ein großes schwarzes Loch geworden, dem kein einziger Lichtstrahl mehr entweichen kann.

      • 5G
        571 (Profil gelöscht)
        @Rainer B.:

        Ist die Mitte ein großes schwarzes Loch, dann ist es längst verstopft mit allen möglichen Parteien, die alles sein wollen - außer extrem.

        • @571 (Profil gelöscht):

          Wenn ich mir nur mal die CSU so ansehe, muss ich ihnen da voll zustimmen.

          Die Mitte ist mit dieser Dynamik - nicht erst über Nacht - zum neuen Extrem geworden.

      • @Rainer B.:

        Ziemlich massereich so ein schwarzes Loch! Drehen sich ganze Galaxien drumrum. (danke für die Steilvorlage :-) )

         

        Und die Die Linke scheint auf ihrem Losertrip glücklich (?), denn nur so kann sie gegen die etablierten Parteien per wehleidigem Outlaw-Image gallige Gesichter ziehen.

        • @Tom Farmer:

          Was die Linkspartei angeht - die hat ihr Ergebnis gegenüber 2012 (2,5%) nahezu verdoppelt (4,9%)

          • @Rainer B.:

            Ist ja top!

            Dann hat die Linke nach der fünften Wahl etwa 160 %!

            • 5G
              571 (Profil gelöscht)
              @Tom Farmer:

              So was von witzisch!

               

              Immerhin hat die Linke ein paar unzufriedene Linkswähler hinzugewonnen, die anderswo verlorengingen...

              • @571 (Profil gelöscht):

                Die FDP wird sich drüber gefreut haben, dass diese Wählerstimmen durch die 5% Hürde völlig verloren gegangen sind.

                • @Rudolf Fissner:

                  Wie es aussieht, wird diese Freude nur sehr kurz sein können.

  • Verantwortungslos

     

    Warum übernimmt S. Lörmann nicht die Verantwortung und tritt vo9n ihren Ämtern zurück?

    Die "Grünen" reden doch sonst immer so viel und so gern von Verantwortung...

    • @Hartz:

      Weil sie, eine Folge grüner Eigenheiten (Spitzenkandidatur ist nicht mit einem Parteiamt verbunden), überhaupt keine Ämter bekleidet, von denen sie zurücktreten könnte. Ministerin ist sie durch die verlorene Wahl schon nicht mehr.Ihre Frage richtet sich an die Landesvorsitzenden und die Wahlkampfleitung.

  • Mich verwundert dann doch die Analyse. Wäre nicht richtig, die Grünen (Sowie Linke und SPD) wurden eben darum abgestraft weil sie zu linke Politik machen? Eine linke extremisierung würde doch erst recht zu Talfahrten aller 3 linken Parteien führen. Die Menschen sehen sich nach konsturktiver, vernünftiger Politik. Es wurde doch gerade deswegen das bürgerliche Lager mit einer Mehrheit gewählt?

    • @Alfred Sauer:

      Wo hat die LINKE denn in NRW jemals Politik gemacht???

  • DIE LINKE ... Morbus Wagenknecht ?

    Alles traurig, alles wahr. In der SPD wackelt der Schwanz mit dem Hund.

    • @Pink:

      Lesen Sie den Artikel noch mal ganz in Ruhe. Zählen Sie vorher bis 10, bis Sie ganz, ganz entspannt sind.

       

      Und dann werden Sie merken. Dieser Artikel beschäftigt sich mit den Grünen in Nordrhein-Westfalen und auch etwas mit den Grünen im Bund.

       

      Das hat nichts mit der LINKEN zu tun. Die LINKE ist eine Partei und auch die Grünen sind eine Partei. Da hören aber auch schon die Gemeinsamkeiten auf.

       

      Also, ganz ruhig, Brauner. Es gibt in der BRD mehr wie eine Partei.

      • @Age Krüger:

        Sahra Wagenknecht ist Chearleader der Partei DIE LINKE. Und es ist mir so lila wie kleinkariert, wie Sie mich sehen. Braun soll ich sein ? Lach, aber sehr herzlich.

        Bitte einen Deutschkurs machen "Es gibt in der BRD mehr als eine Partei" ...

    • @Pink:

      "Morbus Wagenknecht" ?

       

      Mal ehrlich: Würden Sie Riexinger oder Kipping einen "Wachturm" abnehmen ? Nicht mal aus Mitleid.

      • @jhwh:

        Der „Wachturm“ ist bei Riexinger und Kipping gar nicht im Angebot. Bei der AfD werden Sie da schon eher fündig.

        • @Rainer B.:

          ... da bleib' ich aber lieber bei meinen Zeugen :)