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Kommentar Handys von FlüchtlingenPrüfen? Ist doch nur legitim

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Die Identität von Flüchtlingen über ihr Handy zu überprüfen, ist weder neu noch verfassungswidrig – sondern kann helfen.

Informationen über Name und Herkunft gehören kaum zum Kern der Intimsphäre Foto: dpa

E in noch nicht veröffentlichter Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht vor, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Telefone, Tablets und Laptops von Asylantragstellern untersuchen darf, wenn diese (wie häufig) keinen Pass vorlegen können oder wollen. So soll deren Identität und Staatsbürgerschaft festgestellt werden.

Ganz neu ist die Maßnahme nicht: Ausländerbehörden dürfen das schon heute, um Abschiebungen zu erleichtern. Künftig soll das BAMF aber gleich bei der Registrierung der Flüchtlinge zugreifen. Man hofft, dass auf den Geräten dann noch eher Informationen zum Reiseweg und zu Kontakten in der Heimat zu finden sind. So soll erschwert werden, dass sich Nordafrikaner und andere als Syrer, Iraker oder Ägypter ausgeben.

Verfassungsrechtlich ist dagegen nichts einzuwenden. Telefone und Computer dürfen schon immer beschlagnahmt werden. Wenn dies offen und nicht heimlich geschieht, hat auch das Bundesverfassungsgericht keine Probleme damit. Bei der Auswertung der Daten muss zwar der Kernbereich privater Lebensgestaltung beachtet werden. So steht es auch im Gesetzentwurf. Informationen über Name und Herkunft gehören allerdings wohl kaum zum Kern der Intimsphäre.

Ob die geplante Bestimmung praktisch relevant wird, wird sich erst zeigen. Von großen Erfolgen der Ausländerbehörden bei der Handy-Auswertung hat man bisher aber noch nichts gehört. Beim BAMF stellt sich die Situation insofern etwas anders dar, als hier der Asylantragsteller etwas von der Behörde will, nämlich seine Anerkennung als Flüchtling. Wer dann zur Registrierung ohne Handy erscheint oder mit einem frisch gekauften Ersatzhandy, macht sich bei der Identitätsprüfung nicht glaubwürdiger.

Der tunesische Berlin-Attentäter Anis Amri hatte sich zunächst als Ägypter ausgegeben. Das fiel auf, ohne dass dafür eine Handyprüfung nötig war.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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12 Kommentare

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  • Noch eine sehr andere Meinung als im Kommentar hier: "Mit dem Grundgesetz nicht vereinbar" (https://www.golem.de/news/asylpolitik-mit-dem-grundgesetz-nicht-vereinbar-1702-126297.html)

    • @sponor:

      Das ist es sowieso.

      Alles was nicht die ungehinderte Einreise hier her fördert und fordert ist sowieso mindestens gegen das Grundgesetz wenn nicht gleich gegen die Menschenrechte.

  • Sind dann die Antragsteller gleich automatisch verdächtige Ablehnungskandidaten, die über gar kein handy verfügen, weil sie es vielleicht verloren haben?

  • Es ist geradezu skandalös, daß das BamF erst jetzt anfängt zu "prüfen"!

    Rechtsstaat PARADOX!

  • Tolles Foto!

  • Herr Weise vom BAMF - sein Name war und ist übrigens Programm - versteht nichts von seiner Arbeit.

    Auslesen gefälschter Handys :-)))~~

  • Das von einem promovierten Juristen tut weh: "Verfassungsrechtlich ist dagegen nichts einzuwenden. Telefone und Computer dürfen schon immer beschlagnahmt werden."

     

    Die gespeicherten Kommunikationsinhalte unterliegen dem Post und Fernmeldegeheimnis, Grundrecht nach Art. 13 Grundgesetz. Beschlagnahme geht nur in absoluten Ausnahmefällen und nur mit richterlichem Beschluss.

     

    Standardmäßige Beschlagnahme als Verwaltungsakt geht garnicht!

    • @stadtlandmensch:

      aA: BVerfG. Ist der Kommunikationsvorgang abgeschlossen (also eMails/Whatsapp usw. auf dem Handy gespeichert), fällt eine Beschlagnahme nicht unter das Fernmeldegeheimnis.

  • Der Schwarzmarkt wird neben gefälschten Papieren dann eben auch Handys mit gefälschten Profilen anbieten. Wieder so eine Stammtischmaßnahme auf Trump-Niveau für den rechten Flügel.

    Das Handy-Kontrollieren machen US-Grenzer übrigens schon lange (nicht erst seit DT). Wer da nicht mitspielt, kommt dann eben nicht rein.

  • Wow, krasser Rechtschreiber!

    Schreibt ihr eure Kommentare auch so auf Handy, ohne Reschtschreibkorektour?

  • Da wird die taz aber gerade massiv von Netzpolitik.org links überholt, wie mir scheint: https://netzpolitik.org/2017/kommentar-de-maiziere-macht-den-trump/

     

    Da dort auch mehr Details stehen – "Die Außenstellen des Bamf sollen mit forensischer Hard-und Software aufgerüstet werden", z.B. – neige ich der vertretenen Ansicht zu, dass "der Kernbereich privater Lebensgestaltung" aber durchaus tangiert wird, mal ganz zurückhaltend formuliert. (Nicht zurückhaltend wäre der Absatz mit "Menschen zweiter Klasse".)

  • Ob es ligitim ist weiß keiner, aber die Legitimität könnte man prüfen ;)