piwik no script img

Kaum ein US-Medium empfiehlt TrumpFast alle gegen einen

Die Einhelligkeit, mit der sich die Zeitungen in den USA im Wahlkampf pro Clinton positionieren, ist einmalig. Das gilt auch für konservative Blätter.

Diese Korrespondentin nimmt den Wahlkampf weniger ernst Foto: reuters

Donald Trump war im Vorwahlkampf der Liebling der Kabel-TV-Sender. Kaum signalisierte er Bereitschaft zum Interview, war er schon auf Sendung. Er war die Einschaltquotengarantie dieser Kampagne. Im Wahlkampfendspurt nun hat sich das Blatt gewendet.

Seit klar ist, dass Trump sehr viel mehr ist als ein Medienphänomen, entdecken US-amerikanische TV-JournalistInnen plötzlich ihre gesellschaftliche Verantwortung, fallen ihm ins Wort und konfrontieren ihn mit seinen Widersprüchen, Lügen und Prahlereien.

Noch klarer positionieren sich die Printmedien des Landes. Deren Spitzen haben in den letzten Wochen fast ausnahmslos ihre Unterstützung für Hillary Clinton erklärt.

Die Rückendeckung für die Demokratin reicht von der New York Times und der Washington Post, die traditionell auf demokratischer Seite stehen, bis hin zu Blättern, die seit mehr als einem Jahrhundert ununterbrochen republikanisch waren. Unter Letzteren ist der 126 Jahre alte Arizona Republican, die größte Zeitung in dem südlichen Bundesstaat, die im September befand, Trump sei „weder konservativ noch qualifiziert“.

Und der 1841 gegründete konservative Cincinnati Enquirer, der zwar über beide Kandidaten schreibt, sie hätten „gestörte Beziehungen zu Wahrheit und Transparenz“, kommt zu dem Ergebnis: „Es muss Hillary Clinton sein.“

„Atlantic“ gibt Zurückhaltung auf

In einer Einhelligkeit, die in der Mediengeschichte der USA einmalig ist, zeigt auch das Finanzblatt Wall Street Journal Sympathie für Clinton. Das Murdoch-Blatt hat sogar durchblicken lassen, dass es über einen Wahlaufruf für sie nachdenkt. Auch das seriöse Magazin Atlantic, das seit seiner Gründung im Jahr 1857 stolz darauf ist, das „Organ keiner Partei und keiner Clique“ zu sein, ruft zu Clintons Wahl auf.

Unter der Überschrift „Gegen Donald Trump“ folgt eine „Verteidigung der amerikanischen Demokratie“. Einen solchen Schritt hatte Atlantic zuvor nur in zwei historischen Ausnahmesituationen getan: bei der Wahl von Abraham Lincoln im Jahr 1860 (für die Abschaffung der Sklaverei) und von Lyndon B. Johnson im Jahr 1964 (gegen den Einsatz von Atombomben in Vietnam).

Unter der Überschrift Gegen Donald Trump folgt eine „Verteidigung der US-Demokratie“

Neben den Hunderten von Printmedien die sich für Clinton aussprechen, gehen die Aufrufe für Trump beinahe unter. Am Wochenende stieß als vorerst letztes – und fünftes – Blatt das Las Vegas Review Journal dazu. Trump bringe „die unternehmerische Sensibilität und Entschlossenheit mit, um Washington zu ändern“, schrieb das größte Blatt von Nevada, das dem Kasinomilliardär Sharon Adelson gehört.

Zuvor hatten sich nur die kleine Santa Barbara News-Press, die beiden Boulevardblätter New York Post und New York Observer sowie das populistische Wochenmagazin National Enquirer, das an den Kassen von Supermärkten verkauft wird, hinter Trump gestellt.

Täglich neue Geschichten über Trump

Gewöhnlich spiegelt die Unterstützung in Wahlkämpfen nur die Meinung der Spitzen der Printmedien wider. Von den redaktionellen MitarbeiterInnen hingegen wird „Objektivität“ erwartet. In vielen Medien müssen JournalistInnen „Ethikerklärungen“ unterschreiben, die ihnen verbieten, Geld an PolitikerInnen zu spenden und bei ihrer Arbeit politische Präferenzen zu zeigen. Doch auch in diesem Punkt unterscheidet sich 2016 von früheren Wahlkämpfen.

Manche Zeitungen – darunter die New York Times – liefern auf ihren redaktionellen Seiten täglich neue Geschichten über Trumps Sexismus, seine Steuertricks und seine gescheiterten Unternehmungen. Mit Kritik an Clinton hingegen halten sie seit dem Vorwahlkampf zurück.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

5 Kommentare

 / 
  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Warten wir doch einfach die Wahl ab.

    Überzeugte Wähler werden es nur wenige sein, dafür vielleicht so etwas wie Trotzwähler?

    • @571 (Profil gelöscht):

      "Bite your nose to spite your face" nennt man das auf Englisch. Aber ja, kann sein. Es gibt da eine gewisse apokalyptische Stimmung ("Alles ist besser als das, ich hoffe auf den ganz großen Knall!"), die einen sehr an Amokläufer erinnert.

       

      "Denen zeige ich es jetzt mal richtig!" funktioniert zwar in gewisser Weise, aber nur, wenn die Wut größer ist als der Verstand erscheint einem das lohnend. Aber das ist eh das Problem, alle wollen ihren Gefühlen folgen, weil man ihnen das mit großer Routiniertheit seit Generationen eingebleut hat.

       

      Denk nicht nach, tu (kauf) das, was dir in den Sinn kommt! Bauchgefühl ist gut, Verstand ist für Eierköpfe!

       

      Ist aber letztlich völlig egal, denn wenn Trump verliert, wird die USA in einem Bürgerkrieg versinken. Der Widerstand gegen den schwarzen Obama war schon heftig genug, aber eine Frau, das geht gar nicht. Und dann noch eine, die weder jung und sexy ist, noch nachgiebig und mütterlich. "Crooked" halt, fast eine Hexe. Ein Scheiterhaufen wird sich schon finden.

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    Die überwältigende Unterstützung der Hillary Clinton von den Medien steht im starken Kontrast zu ihren Vertrauenswerten in der Bevölkerung. Fast 2/3 vetrauen ihr nicht (https://www.washingtonpost.com/news/post-politics/wp/2016/10/04/as-clinton-recovers-in-polls-trust-issue-simmers/). Außerdem - bevor sie von den meisten Medien "endorsed" (offiziell oder auch nicht) wurde, hat sich fast die gesamte Finanz- und Vermögenselite hinter sie gestellt.

     

    Ich finde es außerordentlich witzig, wie angebliche Sanders Fans jetzt behaupten "der wäre mir lieber, schade, hätte halt nicht sein sollen" - alles in Anbetracht des massiven Beschisses in den Primaries von DNC und Clinton-Team.

  • Tja, was man dann nach der unwahrscheinlichen Wahl mit den unfreundlichen Medien machen muss, kann Trumpydumpy ja von Erdogan abschauen.

    Mir wär Sanders auch lieber gewesen, aber leider gibt es diese Möglichkeit nicht.

    • @Mitch Miller:

      Es ist ohnehin schon offenbarend, wie viele Trump-Fans von "Aufräumen" nach der Wahl träumen. Das ist genauso wie bei den "Lügenpresse!"-Schreiern hierzulande: Wenn die an die Macht kämen, würden Sie erstmal dafür sorgen, dass nur noch die Wahrheit berichtet werden darf. Und was die Wahrheit ist, bestimmen sie...