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Theologe über Grundgesetz und Scharia„Es braucht keinen deutschen Islam“

Milad Karimi lehrt in Münster islamische Theologie, er kam einst als Flüchtling aus Kabul nach Deutschland. Nun fordert er, wir sollten hier „mehr Islam wagen“.

Ramadan in Peschawar, Pakistan Foto: dpa
Daniel Bax
Interview von Daniel Bax

taz: Herr Karimi, Sie sind mit 15 Jahren nach Deutschland gekommen. Wie stark hat Sie Deutschland geprägt?

Milad Karimi: Ich kann mir mein Leben nicht ohne Deutschland, ohne Rilke oder Hegel vorstellen. Insofern bin ich schon sehr deutsch.

Ihr Vater war Rektor an der deutschen Schule in Kabul. Wie präsent war die deutsche Kultur bei Ihnen zu Hause?

In meiner Familie haben fast alle die deutsch-afghanische Schule absolviert. Ich war schon Bayern-Fan, als wir noch in Afghanistan lebten. Und als wir uns auf die Flucht begeben mussten, war klar, dass Deutschland unser Sehnsuchtsort war.

Fragen Sie sich manchmal, was aus Ihnen geworden wäre, wenn Sie in Kabul geblieben wären?

Ich glaube, ich wäre ein unglaublich eindimensionaler Mensch geworden. Der Sprache nicht mächtig zu sein und hier ankommen, ohne Deutsch zu können, aber dann schrittweise die Sprache zu erlernen – das sind Erfahrungen, die mich zutiefst geprägt haben. Dass ich weiß, dass ich nur dann „vollkommen“ ich bin, wenn ich auch die Sprache spreche.

Sie haben über Hegel und Heiddegger promoviert. Warum?

Ich habe mich schon als Schüler in Heidegger verguckt, weil erunglaublich eigenartig schreibt. Er kreiert neue Begriffe, schreibt kurze, klare Sätze, lakonisch, sehr abstrakt, aber auch sehr zugänglich. Das ist für jemanden, der gerade die Sprache und die Grammatik lernt, sehr schön, weil man sieht, wie er mit der Sprache umgeht. Ich bin nach Freiburg gegangen, um Heidegger zu studieren, war aber auch zunehmend angewidert von seinem Rassismus, der nicht erst in den „Schwarzen Heften“ klar zu Tage tritt. Dann habe ich irgendwann Hegel kennen gelernt, und wer einmal Hegel liest, der kann sich nicht mehr von ihm entreißen. In meiner Doktorarbeit wollte ich zeigen, wie nahe Heidegger Hegel ist, obwohl er so gegen ihn wettert.

Elif Kücük
Im Interview: Milad Karimi

lehrt an der Universität Münster Kalām, islamische Philosophie und Mystik. Er wurde 1979 in Kabul geboren und kam im Alter von 15 Jahren mit seinen Eltern als Flüchtling nach Deutschland. 2013 erschien sein autobiografisches Buch: "Osama Bin Laden schläft bei den Fischen.Warum ich gerne Muslim bin und wieso Marlon Brando viel damit zu tun hat" (Herder Verlag)

Heute lehren Sie in Münster islamische Mystik. Wie lehrt man das?

Nicht, indem man Derwischtänze vorführt. Mir geht es darum,erkenntnistheoretisch zu fragen: was heißt es, Mystiker zu sein? Dafür, dass es sehr schwierig ist, eine Sprache zu finden, um über mystischen Erfahrungen zu berichten, haben die islamischen Mystiker doch sehr viel darüber geschrieben. Wir stehen vor einer wirklich unglaublich reichen Bibliothek sprachlich und kulturell unterschiedlicher Mystik-Traditionen, von persischen Dichtern wie Rumi über Al Ghazali zu türkisch geprägten Mystikern wie Yunus Emre. Der Islam ist auch eine unglaublich sinnliche Religion, und für diese Sinnlichkeit steht die Mystik, die poetisch und melodiös ist, die Klang hat und Musikalität besitzt.

Sie haben den Koran ins Deutsche übersetzt – was hat Ihnen an den bisherigen Übersetzungen nicht gefallen?

Sie sind einfach unglaublich langweilig. Sie schaffen es nicht, drei Seiten zu lesen, ohne fünf Mal zu gähnen. Der Romantiker Friedrich Rückert hat als erster großer deutscher Dichter entdeckt, dass der Koran ein zutiefst romantisches Werk ist. Nämlich ein Werk, dass fragmentarisch ist und von der Offenheit lebt, von seinem Klang und von dem, was nicht gesagt wird. Diese Offenheit, der plurale und polyphone Charakter, wird gerade durch die Ästhetik hervorgehoben. Das haben die Quellen der Religion so an sich, sie sind immer uneindeutig.

Wie liest man den Koran?

Wenn man den Koran so begreifen will, wie Muslime ihn begreifen, dann muss man sich nicht nur seinem Inhalt nähern, sondern auch der Art und Weise, wie er vermittelt wird. Das war mir bei der Übersetzung wichtig. Im Arabischen werden zum Beispiel die Adjektive immer nachgestellt. Im Deutschen kann man das auch machen, um bestimmte Nuancen hervorzuheben. Wenn da steht: „Führe uns auf den Weg, den geraden“, hat das eine andere Aussage als „Führe uns auf den geraden Weg.“ Der Koran ist ständig in der ersten Form formuliert. „Führe uns auf den Weg“, und dann kommt eine Atempause, und die Leser oder Zuhörer wissen nicht, was jetzt kommt, und dann kommt die Erlösung: „den geraden“. Diese Spannung macht den Koran aus. Deswegen dachte ich: da muss ich noch mal rangehen, mit Hingabe. Es ist mir nur ein Stück weit gelungen, weil die Sprachen schon sehr weit voneinander entfernt sind. Aber allein den Versuch zu unternehmen war schon sehr lehrreich für mich.

Bestimmte Schlüsselbegriffe des Islam sind im westlichen Diskurs extrem negativ konnotiert, zum Beispiel Fatwa, Dschihad, Scharia. Macht es das nicht sehr schwierig, zu einer gemeinsamen Sprache zu finden – weil diese Begriffe von Extremisten gekapert wurden?

Stimmt, darum reden wir oft aneinander vorbei. Wir Muslime sollten unsere Sichtweise stärker kommunizieren. Ich habe den Eindruck, dass wir manchmal auch gern Opfer sind: Wir sind diejenigen, die gehasst werden, die man immer auf gewisse Stereotype reduziert. Das alles ist der Fall. Aber ich muss auch meine eigene Verantwortung sehen: Was habe ich falsch gemacht, dass so viele Leute denken, Scharia bedeutet etwas wie Hand abhacken? Oder dass das islamisches Recht in Konkurrenz stünde zum Grundgesetz?

Tut es das nicht?

Nein, das ist alles Schwachsinn. Die Scharia ist kein Nuch, kein Regelwerk oder gar Gesetz, sondern eine ethische Richtschnur, ein Ideal. Ich weiß, es gibt Menschen, die diese Begriffe anders verstehen, auch in meiner eigenen Religion. Da helfen Distanzierungen nicht. Sondern nur, die eigene Auslegung stark zu machen. Das erscheint mir auch in Hinblick auf unsere Jugend wichtig.

Wie verträgt sich die Theologie, die an arabischen oder türkischen Hochschulen gelehrt wird, mit Demokratie und Menschenrechten? Gibt es da Konflikte?

Ehrlich gesagt, überhaupt nicht. Klar, jedes Land hat bestimmtehistorische Prägungen. Und es gibt natürlich Radikale und komische Kauze, auch hier in Deutschland. Aber pauschal zu sagen, die islamische Lehre sei nicht mit dem Grundgesetz vereinbar, das ist falsch. Die großen Rechtsschulen des Islam sind sich alle einig, dass die Scharia kein festes Regelwerk oder gar Gesetzbuch ist, sondern ein moralischer Imperativ. Die Aufgabe des Menschen ist es, das, was von Gott gewollt ist, so gut wie möglich zu realisieren. Das kann aber nur ein stetes Bemühen um Vollkommenheit sein. Darum steht es auch nicht im Gegensatz zu unserer Verfassung. Im Gegenteil: Ich glaube, dass man als Muslim nirgendwo besser leben kann als in einem säkularen Staat, der die Religionsfreiheit garantiert und allen eine stabile Ordnung bietet. Darum bin ich Verfassungspatriot – und tief gläubiger Muslim zugleich.

Die saudisch-wahhabitische Lesart des Koran kollidiert aber durchaus mit den Werten des Grundgesetzes, oder?

Ja, sie kollidiert aber auch mit dem gesunden Menschenverstand. Die Naivität ihres Dogmas besteht darin, dass sie davon ausgeht, dass es nur ein Verständnis von Koran und Sunna geben könne. Und das ist nicht nur unlogisch und methodologisch falsch, sondern auch islamisch verwerflich. Die Größe der islamischen Tradition besteht ja gerade darin, dass wir uns an unterschiedlichen Verständnissen abarbeiten. Moderne salafistische Strömungen begehen dagegen einen Traditionsbruch: Sie wollen vom 21. Jahrhundert direkt zurück in die Zeit des Propheten – und ­alles andere überspringen.

Braucht es einen deutschen ­Islam?

Nein. Eine Nationalisierung der Religion halte ich nicht für erstrebenswert, und der Islam muss auch nicht europäisiert werden. Man darf nicht vergessen: Keine Weltreligion hat ihre Wurzeln in Europa, weder das Christentum noch das Judentum. Aber sie haben Europa bereichert und mitgeprägt.

Braucht der Islam eine Reform?

Wir tun uns keinen Gefallen damit, wenn wir eine Art Reform­islam propagieren, weil wir damit auch eine Art Traditionsbruch betreiben würden. Damit wären wir den Salafisten näher, als wir wollten. Denn auch die sagen im Grunde nichts anderes als: Alles, was vor uns war, ist falsch. Ich kann mich auch nicht im Elfenbeinturm zum Reformer erklären und über meine eigene Gemeinde hinwegsetzen. Das wäre eher Ausdruck von Selbstsucht. Unsere Aufgabe ist vielmehr, mit kritischem Verständnis auf die eigene Tradition zu blicken und deutlich zu machen, wie wir von innen her das Neue erringen. Dass auch die früheren Koraninterpreten Kinder ihrer Zeit waren und dass man den Koran heute zu den jetzigen Bedingungen lesen muss, ist evident.

Im April saßen Sie mit Bundespräsident Joachim Gauck auf einem Podium im Schloss Bellevue und forderten, wir sollten „mehr Islam wagen“. Was meinten Sie damit?

Ich meinte, dass wir gut daran tun, Muslime als Teil unserer Gesellschaft zu begreifen, statt nur als Mängelwesen. Denn der „Islamische Staat“ lebt ja gerade davon, dass Europa die Muslime systematisch kleinhält und nicht partizipieren lässt. Deswegen sollten wir Muslimen mehr Raum geben, damit wir Verantwortung übernehmen und die Gesellschaft mitgestalten. Dafür brauchen wir Plattformen und eine unvoreingenommene Zusammenarbeit. Herr Gauck hat mich da, glaube ich, ganz richtig verstanden.

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49 Kommentare

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  • Ichsachmaso - Demokratie und Islam funktionierte noch nie wirklich.

     

    Ich fände eine TAZ Serie über Mohammed wichtig.

    • @Justin Teim:

      eine über Moishe-avinu und die "mosaische Unterscheidung" (Assmann) wäre wichtiger.

      • @christine rölke-sommer:

        ...von mir aus nach der Serie über Mohammed..

         

        ...oder davor erst eine über Jesus?

  • lieber jungfräuliche Mütter als heilige Kriege!

  • Ich glaube, also spinn ich.

    • @H.G.S.:

      Da Sie nicht allwissend, also irgend so ein Gott sind, und ergo vieles glauben müssen, würd ich Ihnen nicht wiedersprechen.

  • "homo homini lupus (est)"

     

    Das stimmt ja leider schon seit "Ewigkeiten"! Nicht nur bzgl der Menschen untereinander, auch der Begriff welcher da als Synonym fuer "aergsten Feind" gewaehlt wurde, ist sehr trefflich ausgesucht!

    Auch wenn das ja speziell in Deutschland mittlerweile voellig negiert wird angesichts des "Wolfsschmusing". Aber DAS ist ein voellig andere Geschichte...

  • 1G
    12294 (Profil gelöscht)

    Wie wär's denn mit ner Serie in der taz: "Mein Islam - wie ich den Islam verstehe und was ich von anderen Auslegungen halte." Bei 1,57 Milliarden Moslems und einer Folge pro Tag können wir dann in ca. 4,3 Millionen Jahren resümieren, wie "der" Islam den nun so drauf ist und ob er deutsch sein sollte oder nicht.

     

    Vom Karimi-Islam können wir ja meinetwegen gerne mehr wagen, aber was machen wir dann mit den 1,57 Milliarden-1 anderen Islams?

     

    Summa summarum: Wenn wir etwas mehr wagen sollten, dann mehr Demokratie.

    • @12294 (Profil gelöscht):

      das wäre ein guter anfang von mehr demokratie wagen - sachichmaso.

  • Booey! - Na bitte -

    Aber da geht doch was!

     

    "…Die Aufgabe des Menschen ist es, das, was von Gott gewollt ist, so gut wie möglich zu realisieren. Das kann aber nur ein stetes Bemühen um Vollkommenheit sein. Darum steht es auch nicht im Gegensatz zu unserer Verfassung. Im Gegenteil: Ich glaube, dass man als Muslim nirgendwo besser leben kann als in einem säkularen Staat, der die Religionsfreiheit garantiert und allen eine stabile Ordnung bietet. Darum bin ich Verfassungspatriot – und tief gläubiger Muslim zugleich.…"

     

    & Max Horkheimer zit. by Apo -

    "Das völlige Freisein von jedem Glauben an die Existenz einer von der Geschichte unabhängigen und sie doch bestimmenden Macht - dieser Mangel gehört zur primitivsten intellektuellen Klarheit und Wahrhaftigkeit des modernen Menschen." ( in : "Dämmerung , Notizen in Deutschland")."

     

    Na dann - da können doch Aufklärer aller Länder auf's Schädeleinschlagen verzichten - Danke.

    (& Island vs England - 2:1 - herrlich;)))

     

    & jetzt etwas Musik!;)

  • vielleicht hilft ja dies interview https://kavvanah.wordpress.com/2011/12/27/daniel-boyarin-and-orthodoxy-an-interview/

    mit Daniel Boyarin zu erhellen, dass+warum *éclairioten* die aufklärung nicht gepachtet haben...

  • spiritualität kann menschen bereichern.

     

    religionen waren allerdings historisch gesehen weniger orte mystischen denkens, sondern herrschaftssysteme mit rigiden regeln. das ist der grundkonflikt zwischen gesellschaften, die ihre normen aus dem freien denken und der demokratischen repräsentation beziehen, zu gesellschaftsordnungen, die eine göttliche legitimierung benötigen.

     

    letztlich verleiht einer religion nur die politische (selbst)entmächtigung jene mäßigung, die sie mit einer komplexen, vielfältigen, multireligiösen, säkularen gesellschaft kompatibel macht.

  • Naja, so eine Art Vernunft-Dschihad wünscht man sich auch als Nicht-Moslem manchmal schon.

  • Der Islam ist, wie alle Monotheismen, nunmal nicht modern. Ich kenne keine gestrengen Muslime, Juden oder Christen, die nicht mit der Aufgeklärtheit hadern.

     

    Jungfrau und zugleich Mutter - das ist nunmal nicht real. Aber gläubige Christen hab ich noch nicht getroffen, die das unumwunden zugeben - selbst wenn sie es besser wissen. Da wird die Realität verdrängt zugunsten einer Sage.

    • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

      dann ist die moderne mit bestimmtheit eines nicht: modern. denn sie ist so monotheistisch, dass es eine*n - mich zumindest - gruseln muß.

       

      ps: Uta Ranke-Heinemann ... mal was von ihr gehört?

  • Das einzige Mystische , das sich der (einzig) sprachfähigen und sprachschöpferischen Spezies homo sapiens sapiens stellt , ist die Tatsache , dass es überhaupt etwas gibt . So der Philosoph Ludwig Wittgenstein in seinem 'Tractatus logico-philosophicus' (...welchen man als Anleitung für intellektuelle Redlichkeit lesen kann ) .

    Die Frage nach d e m einen Gott , ohne den die monotheistischen Religionen nicht wären , läßt sich nicht beantworten , weil sich schon die Frage(n) nicht in wahrheitsfähigen Begriffen entscheidungsfähig formulieren läßt . Daran haben alle Bibliotheken theologischer Literatur nichts ändern können . Auch nicht die Ströme von Blut , das in der Geschichte dafür geflossen ist .

  • Kollege WAGENBÄR hat´s erfasst: Wir sollten mehr Aufklärung wagen! Nach 25 Jahren multilateralen konservativen Rollbacks ist es DAFÜR Zeit.

    • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

      welche aufklärung wagt der gute denn, wenn er *religioten - die giordano-bruno-stiftung läßt grüßen* zu "Mängelwesen" erklärt?

      ich kann da nicht mal aufklärung über die eigenen *mängel* erkennen.

      anders gesagt: wenn die wagnis darin besteht, andere zu defizitären zu erklären, ist's mit aufklärung nicht weit her.

      viel weniger weit als bei Milad Karimi!

      • @christine rölke-sommer:

        Kurzum: Wer gegen jedes bessere Wissen an jungfräuliche Mütter, auserwählte Völker, heilige Kriege und dergleichen glaubt, hat halt irgendwie ein Problem mit der Logik.

        • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

          auch kurzum: wer in einem text etwas findet, was Sie nicht entdecken können, hat ein problem mit Ihrer logik. irgendwie.

          • @christine rölke-sommer:

            ich springe bei mit noch einem weiteren kurzum: wer besser zu wissen meint, was andere Menschen glauben, als diese selbst, sollte sich nicht allzu wissend geben.

             

            Und konkret: es gibt seeeeehr viele Christen für deren Glauben die Jungfräulich Mariä vollkommen irrelevant ist.

            • 2G
              25726 (Profil gelöscht)
              @njorg:

              "es gibt seeeeehr viele Christen für deren Glauben die Jungfräulich Mariä vollkommen irrelevant ist."

               

              und noch viel kürzerum: Mit dem Zauberwort Exegese läßt sich noch die größte Absurdität zur Glückseligkeitsformel umdeuten.

              • @25726 (Profil gelöscht):

                ohne exegese hielte ich Ihren satz "Mit dem Zauberwort Exegese läßt sich noch die größte Absurdität zur Glückseligkeitsformel umdeuten" einfach nur für dwaatsch.

                mit exegese könnte ich, so ich in dem satz *etwas sinnvolles* entdeckte, ein gespräch mit Ihnen beginnen.

                beispielsweise darüber, ob der glaube an die in-vitro-fertilisation frauen eher vom gebärzwang befreit als der an die jungfrau Maria.

  • Frauen und Gleichberechtigung wurden in dem Interview wohl vorsichtshalber nicht angesprochen...

    • @Gerald Müller:

      Uuuuund aus!

      Frauen im Islam sind natürlich immer unwichtig. Und im Christentum ist das alles gaaanz anders.

      Es sind keine Religionen, die Frauen unterdrücken - es sind Männer und andere Frauen. Auch und grade im Islam gibt es eine Geschichte starker und einflussreicher Frauen. Aber das sprechen Sie jetzt mal aus Vorsicht nicht aus. Oder aus Unwissenheit.

      • @Sophie Kowalski:

        "Es sind keine Religionen, die Frauen unterdrücken - es sind Männer und andere Frauen."

         

        Sagen wir´s doch einfach so: Es sind Leute, die andere Leute unterdrücken.

  • "Eine wirkliche Religion erzieht zur Ehrfurcht vor der Unerklärlichkeit der Welt. Im Lichte des Glaubens wird die Welt größer, denn sie behält ihr Geheimnis und der Mensch versteht sich als Teil davon. Er bleibt seiner selbst ungewiss. Für den Monomanen der verkappten Religion schrumpft die Welt. Er findet in allem und jedem Ding nur noch die Bestätigung seiner Meinung, die er mit der Inbrunst des Glaubens verteidigt gegen die Welt und gegen den eigenen Zweifel. Besonders gefährlich wird es, wenn diese Monomanie ins Politische durchschlägt und zur Methode wird, die Welt aus einem einzigen Punkt zu kurieren.

    ...

    Religionen erinnern den Menschen daran, dass er nur zu Gast ist, mit beschränkter Aufenthaltsgenehmigung. Mit den Religionen muten sich die Menschen das Eingeständnis ihrer Ohnmacht, ihrer Endlichkeit, Fehlbarkeit und Schuldfähigkeit zu. Die Religionen machen dieses Eingeständnis lebbar. Die Ersatzreligionen indes setzen auf die Selbstmächtigkeit des Menschen, und sie versprechen Erlösung. In der Religion aber beten die Menschen um Erlösung. Das ist etwas ganz anderes. Religionen sind die spirituelle Antwort auf die Grenzen des Machbaren." (R. Safranski, FAZ vom 24. Dezember 1993)

    Es ist wohltuend, dass es Menschen wie Karimi und Safranski gibt.

    Religion ist etwas typisch Menschliches, auch wenn die Religion antispirituell daher kommt und sich Aufklärung nennt. Kritik an Religion ist und bleibt immer berechtigt, weil das Machbare Grenzen hat! Anders geht es nicht.

    • @christian-65:

      Na ja....sehe ich anders!







      Religion wird auch vielfach mißbraucht! In ihrem Namen ja Kriege vollzogen um zu Plündern!







      Ich hatte mal die Bibel für Jugendliche aus DDR-Zeiten gelesen. Die Geschichte Ruth. [...] Da ging es um Macht, Gier, Lügen und sogar Prostitution um Wohlhabend zu werden! Also alles was wir auch Heute haben!!







      Danke für das Interview. Sehe vieles genauso. Der Koran ist eigentlich nicht zu interpretieren! Gibt keine konkreten Handlungsanweisungen vor! Im Gegensatz zur Bibel!!







      Religion wird immer wegen der Macht und Herrschaft mißbraucht!

       

      [...] Der Kommentar wurde von der Moderation gekürzt. Bitte achten Sie auf Ihre Wortwahl.

      • @Frei_Denken:

        hihi

        das buch Ruth ist ein wunderschönes beispiel dafür, was sich in solch einem alten text alles entdecken läßt.... vorausgesetzt, auf diese entdeckungsreise wird das mitgenommen, was mittlerweile über die rechtsfähigkeit von frauen im alten orient ausgebuddelt wurde. dies im hinterkopf, liest sich das buch Ruth als geschichte zweier frauen, die miteinander einen vertrag abschließen, in den männer eingebaut werden können, aber nicht zwangsläufig müssen. weshalb sich da alles mögliche finden läßt, nur eines nicht: prostitution. die entdeckt nur, wessen denken total hellenistisch versaut.

        was zu dem schluß führt: texte sind mißbrauchsanfällig. was für sog. heilige texte genauso gilt wie fürs grundgesetz.

        es könnte also der satz *religion wird vielfach mißbraucht* umstandslos in den satz *aufklärung wird vielfach mißbraucht* umgewandelt werden - und der zweite satz wäre genauso wahr wie der erste.

        • 2G
          25726 (Profil gelöscht)
          @christine rölke-sommer:

          "es könnte also der satz *religion wird vielfach mißbraucht* umstandslos in den satz *aufklärung wird vielfach mißbraucht* umgewandelt werden - und der zweite satz wäre genauso wahr wie der erste."

           

          Das ist billig. Dann nehme ich mir heraus zu folgern: Der Satz "Frauen werden vielfach mißbraucht" könnte umstandslos in den Satz "Der Mißbrauchsvorwurf wird vielfach mißbraucht" umgewandelt werden - und behaupte, der zweite Satz wäre so wahr wie der erste.

          • @25726 (Profil gelöscht):

            dann behaupten Sie mal - als hinlänglich gebildete häßliche alte finde ich, es kann nicht schaden, wenn leutz sich in syllogismen üben...

            spannend wird es doch erst, wenn Sie mir erklären müssen, was Sie mit "vielfach" meinen.

  • Die Begriffe Fatwa, Dschihad, Scharia sind nicht zwangsläufig negativ konnotiert. Es geht nicht darum, wie diese Begriffe konnotiert sind, es geht um keine intellektuelle Diskussion darüber, welcher Begriff welche Bedeutung hat.

     

    Das Problem liegt nicht in einem intellektuellen Mißverständnis der Begriffe.

     

    Es ist einfach zu beobachten, und das ist bei den Anhängern aller totalitären Ideologien so, dass gewisse Fanatiker den vermeintlich "wahren Islam" meinen auf zwei Arten verteidigen zu müssen. Zuerst gegen die äußeren Feinde des Islams, aber fast noch wichtiger ist die Verteidigung des "wahren Islams" gegen die inneren Feinde des Islams, die sogenannten Verfälscher des Islams, die mit den säkularen gottlosen Feinden des Islams kooperieren.

     

    Es ist dadurch nichts, aber auch gar nichts gewonnen, wenn man darauf hinweist, dass die Scharia eher eine moralische Richtschnur ist, als ein Gesetz. Selbstverständlich ist es für einen Selbstmordattentäter eine Frage der Moral den Islam gegen Menschen zu verteidigen, die die islamische Moral aufweichen.

     

    Dass nicht alle Muslime dieser Überzeugung sind, ist auch bekannt.

     

    Aber der auch im Artikel angesprochene Wahabismus prägt die Gesetzgebung mindestens eines Staates erheblich und zerstört gerade das Leben von Raif Badawi und noch weiteren ehrlichen Menschen.

     

    Als harmlos kann ich diese Islaminterpretation nun also nicht gerade ansehen. Ich kann auch nicht sehen, dass die Anhängerschaft dieser Islamauslegung verschwindend gering wäre.

  • Das wäre keine Schlechte Idee, mehr sogar, das wäre ein Muss.. so könnten man z.B. die Salafisten endlich von den Strassen drängen, und die ignoranten zeigen das der Islam nichts im Hut hat mit diese Idio.ten die nur den titel islam tragen, aber ihren hass von wo anders nehmen...

  • Wer einmal Hegel liest, der kann sich nicht mehr von ihm entreißen? Auch hier bin ich anderer Überzeugung als Herr Karimi. Ein Philosoph, der Tatsachenbeschreibungen die mit den Tatsachen übereinstimmen (den "gewöhnlichen" Wahrheitsbegriff) zur "bloßen" Richtigkeit herabwürdigt, als ob es mehr als eine Wahrheit gäbe, um nun mit dem (absoluten) Wahrheitsbegriff rabulistische Spielereien zu betreiben, betreibt genau das, was Schopenhauer als Hegelei bezeichnete.

     

    Es verwundert mich da überhaupt nicht, dass Karimi der Überzeugung ist, dass auch der Koran von der Offenheit lebt, und davon was nicht gesagt wird. Also davon, dass wenn auch nochmals 1400 Jahre vergehen, sich die Muslime immer noch nicht darüber einig sind, was im Koran steht. Dass Sprache ein evtl. mißverständliches Kommunikationsmedium ist und Wahrheit in ihr bestenfalls in unzulänglich kodierter Form vorliegen kann, dürfte jemand, der den Inhalt eines Buches als eben so offen betrachtet, wie unser unzulängliches Wirklichkeitsverständnis nicht begriffen haben. Wahabiten lesen den Koran anders als Karimi. Die lesen nämlich, das, was im Koran drin steht, nicht das, was nicht gesagt wird. Da steht in Sure 2, dass der Koran ein Buch ist, an dem es keinen Zweifel gibt. Ob das nun dem gesunden Menschenverstand widerspricht? Spätestens dann, wenn einem seine Wirklichkeitsbeobachtung etwas anderes sagt, als das, was in dem Buch, steht, an dem es keinen Zweifel gibt. Nun ist man nämlich gezwungen, die Wirklichkeit an den Inhalt eines Buches anzupassen. Bei einem Buch, das von der Offenheit lebt, ist es dagegen etwas leichter, die Buch-Interpretation der Wirklichkeit anzupassen ohne der Wortlaut zu verändern.

     

    Aber auch zweitere Methode, widerspricht dem gesunden Menschenverstand: Wenn ein Buch vermeintlich von der Offenheit lebt und davon, was nicht gesagt wird, ist das lediglich eine rhetorische Umschreibung dafür, dass Menschen in dieses Buch mehr hineininterpretieren, als drin stehen kann.

  • Jeder Reformer begreift sich als Konstante, allenfalls als Rückkehrer zur Basis, die verlassen wurde - sonst wäre er Revolutionär. Auch Luther wollte nicht reformieren sondern zurück zum eigentlichen Christentum in dem er Fehlentwicklungen bekämpfen wollte.

    Es braucht diese moderne Auslegung des Islam von Karimi. Man kann sie nur durchsetzen, in dem sie als einzig stringente Interpretation des Islam gilt.

  • Es ist halt immer so eine Sache mit "heiligen Büchern" - wahre Spiritualität sollte am besten ohne sie auskommen; Denn was niedergeschrieben wir veraltet durch den Fortschritt der Gesellschaft und steht eines Tages im Gegensatz zu ihr.

    • @Timelot:

      Fortschritt hat nichts mit Neuheit zu tun. mehr sogar, wir sind heutzutage mehr Abergläubischer als noch vor 1000 Jahren.

      Religion war niemals inkompatible mit der Wissenschaft, wir dürfen nicht vergessen das es mehr Religionen gibt als das Christentum. Damals als der Islam aber auch Buddhismus entstand, gab es lauter neuen Entdeckungen, vor allem in der Mathematik und Medizin.

      Der Menschn wird an sich als Spirituelles wesen geboren, kein wunder das nicht gläubiger nachher ein Quatsch glauben wie Tarot, etc...

      Das Problem, religion sollte immer individuel sein, und vor allem niemals politisiert werden.

      Fortschritt hat NICHTS mit religion zu tun.. Fortschritt hat was mit Entdeckungen zu tun. :)

      • @Tino Trivino:

        ... und der Kommentar ist... ziemlicher Unsinn. Sehe ich das Richtig, dass Sie Dinge wie Tarot-Karten, Horoskope und dergleichen ausschließlich Nicht Gläubigen Menschen zurechnen? Wie kommen Sie eigentlich auf so eine Annahme? Ich bin mir sicher, wenn ich eine Umfrage unter Tarot-Karten-Kunden durchführe, werden Sie hier eine große Überraschung erleben. Menschen sind eben NICHT alle gleich spirituell, das ist nur eine hohle Phrase der Religioten um moralische Überlegenheit herzustellen.

        Und seit wann sind wir eigentlich abergläubischer als noch vor 1000 Jahren? Gibt es dafür irgendwelche Belege oder sind das alles nur aus der Luft gegriffene Behauptungen? Hexenverbrennung, Opfergaben, Blutmonde, geweihte Nächte, Sakrilegien, Ablässe, Tribunale, all das gab es vor 1000 Jahren noch... und heute? Eigentlich nur noch bei gewissen rückständigen Volksgruppen, die zumeist einer Religionsgemeinschaft angehören... komisch..

  • "Ich meinte, dass wir gut daran tun, Muslime als Teil unserer Gesellschaft zu begreifen, statt nur als Mängelwesen."



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    Ich meine, wir sollten [...] mehr Aufklärung wagen.

     

    Die Moderation: Der Beitrag wurde bearbeitet, bitte beachten Sie die Netiquette.

    • @Wagenbär:

      Versuch einer Zensurkompatiblen Version:

       

      Ich(Wagenbär) denke, wir sollten

      Religiöse aller Religionen und Konfessionen as Mängelwesen begreifen und benennen und mehr Aufklärung wagen

      • @Wagenbär:

        da frag ich mich: was fehlt Ihnen eigentlich?

        • @christine rölke-sommer:

          Vielleicht kann ich Ihnen die Frage beantworten , mit Worten von Max Horkheimer :

          "Das völlige Freisein von jedem Glauben an die Existenz einer von der Geschichte unabhängigen und sie doch bestimmenden Macht - dieser Mangel gehört zur primitivsten intellektuellen Klarheit und Wahrhaftigkeit des modernen Menschen." ( in : "Dämmerung , Notizen in Deutschland").

           

          Dabei muß man an intellektuelle Zumutungen , wie sie einem von christlicher Theologie abverlangt wird ( Trinität , Jungfrauengeburt , Kreuzigung zur Erlösung der Menschen von ihren Sünden , Auferstehung ,Himmelfahrt et al ) noch nicht einmal denken .

          • @APOKALYPTIKER:

            ich halte dagegen:

            einem, dem sich aufklärung reduziert auf *alle blöde außer icke* muß mehr fehlen als der "Glauben an die Existenz einer von der Geschichte unabhängigen und sie doch bestimmenden Macht".

            das, vermute ich mal, täte auch Horkheimer sagen, ohne dass ich gleich eine belegstelle zur hand hätte.

    • @Wagenbär:

      Ganz genau.

  • "Ich kann mir mein Leben nicht ohne Deutschland, ohne Rilke oder Hegel vorstellen. Insofern bin ich schon sehr deutsch."

     

    Die meisten Deutschen können sich ein Leben ohne Rilke oder Hegel aber sehr gut vorstellen. Viele sind schon froh, wenn sie ihre Miete noch bezahlen können. Die unterrichten aber nicht an der Uni. Die schuften auf dem Bau, in der Fabrik oder im Supermarkt.

    • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

      Und doch gab es Arbeitervereine, in denen gemeinsam Gedichte gelesen wurden, und das zu Zeiten, in denen schuften wirklich noch Schufterei war. Heute gibt es Fernsehen und Facebook stattdessen.

      • @Mustardman:

        Das war aber zu einer Zeit, als die Arbeiter auch noch ein Klassenbewußtsein hatten. Denn neben den Gedichten wurde auch Marx gelesen.

  • taz: "Die saudisch-wahhabitische Lesart des Koran kollidiert aber durchaus mit den Werten des Grundgesetzes, oder?"

     

    Milad Karimi: "Ja, sie kollidiert aber auch mit dem gesunden Menschenverstand."

     

    Diese Aussage ist hoch begrüßenswert. Die Sicherstelltung der Menschenwürde hat die wahrheitsgemäße Analyse ihrer Verstöße zur Voraussetzung. Lassen Sie uns die Grundrechtswidersprüche in der derzeitigen "Lesart" auffinden und rückstandsfrei auflisten, um gemeinsam, gesellschaftsübergreifend eine menschenrechtskonforme Auslegung des Islams zu erarbeiten.