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Verhandlungen über TTIPFrankreichs Ultimatum

Vor der nächsten Runde fordert Paris Zugeständnisse von den USA. Ohne Investitionsgerichtshof sei das TTIP-Abkommen nicht akzeptabel.

Ist es nur ein Spiel oder doch schon ein Kampf? Aktivist_innen inszenieren TTIP-Verhandlungen Foto: dpa

Paris taz | Frankreich macht vor dem Beginn der 13. Verhandlungsrunde über das Transatlantische Freihandelsabkommen (TTIP) Druck. Im Handelsblatt erklärt der Staatssekretär für den Außenhandel, Matthias Fekl, wenn von amerikanischer Seite keine klaren Signale für einen Willen zu Zugeständnissen kämen, brauche man gar nicht erst erneut Verhandlungen aufzunehmen. Solche Töne aus Paris sind nicht neu. Schon im vergangenen Herbst hatte Fekl im Namen der französischen Regierung eine ähnlich unnachgiebige Position vertreten.

Die anderen Delegationen in Europa und in Übersee dürften darum nicht überrascht sein. Nicht in allen EU-Staaten wird der Vorstoß aber gleich geschätzt. Die meisten Regierungen auf dem Alten Kontinent teilen zumindest die Einschätzung, dass Europa bereits viele Vorschläge gemacht hat und dass nun die USA vor dem Beginn der neuen Runde an der Reihe seien, in den strittigen Punkten die Bereitschaft zu einem Entgegenkommen zu zeigen.

Alle wissen auch, dass für die Regierung Obama die Zeit für einen positiven Abschluss knapp wird. Das ist ein Handicap für die gegenwärtige Verhandlungsdelegation aus Washington, es könnte aber auch bedeuten, dass das TTIP wegen der Wahltermine in den USA scheitern oder zumindest bis auf Weiteres aufs Eis gelegt werden könnte – was nicht alle in Europa begrüßen würden.

Fekl stellt der Regierung Obama dennoch eine Art Ultimatum: „Wenn es beim Zugang zu den öffentlichen Märkten in den USA, bei geschützten geografischen Herkunftsbezeichnungen und beim Investitionsgericht kein Entgegenkommen (der US-Regierung) gibt, dann stellt sich die Frage, warum überhaupt noch verhandelt wird“, sagte Fekl. Ohne den von der EU vorgeschlagenen Investitionsgerichtshof könne Frankreich das Abkommen nicht akzeptieren. Einen faulen Kompromiss oder ein „Light“-TTIP lehne Frankreich ab.

Unterschwelliger Antiamerikanismus kommt in Frankreich immer gut an

Es geht dem französischen Staatssekretär (er gilt als enger Vertrauter von Präsident Hollande und hat ebenso viel Gewicht wie ein Minister) nicht nur darum, aus Taktik die Gegenseite zum Einlenken zu bewegen, sondern auch darum, einer gegenüber dem TTIP skeptischen Öffentlichkeit in Frankreich und Europa zu zeigen, dass Paris nicht gewillt ist, für ein Linsengericht schwerwiegende Konzessionen zu machen. Der unterschwellige Antiamerikanismus kommt in Frankreich ohnehin gut an.

Die Drohung mit dem Verhandlungsabbruch muss zudem aufgrund historischer Präzedenzfälle ernst genommen werden. Die Amerikaner sollten nicht vergessen, dass Frankreich unter General de Gaulle schon mal schmollend aus dem Nato-Kommando ausgetreten war. Am Widerstand Frankreichs war zudem in den 90er Jahren bereits das Multilaterale Investitionsabkommen (MIA) gescheitert.

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10 Kommentare

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  • Vorwärts Frankreich! Go France! Allez les enfants! Wenigstens etwas macht dieser Hollande richtig. Das wiegt fast die Legion d'honneur auf, die er neulich dem Prinzen von Saudi Arabien (!!!!) verliehen hat. Aber nur fast. Dafür müsste er eigentlich CETA und TTIP torpedieren.

  • Wenn TTIP nicht kommt wäre das ja nett, aber das nützt eigentlich garnichts wenn CETA? mit Kanada ratifziert wird. Ein Briefkasten in Kanada reicht um zu klagen.

  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    Was soll denn da "unterschwelliger anti-Amerikanismus" sein, wenn man faire und gleichberechtigte Forderungen stellt? Wenn man für die eigene Bevölkerung Positionen zu deren Nutzen und zur Abwehr von Schaden vertritt, dann ist das die verdammte Pflicht von Politikern, kein irgendwelcher "anti-Amerikanismus"

  • Wozu eigentlich ein spezieller Investorenschutz? Sowohl in den USA, als auch in Europa sind Investoren doch schon ausreichend durch regionale Gesetze geschützt.

    • @warum_denkt_keiner_nach?:

      Braucht man sich auch keine Gedanken mehr darum machen, seit BverfG entschieden hat, das hiesige Landesgesetzgebung vor Völkerrecht geht. Aus meiner Sicht hatten die Richter TTIP & co dabei sogar im Auge.

  • Die Braunschweiger SPD hat eine klar ablehnende Position zu TTIP. Ich kann KRIC nur zustimmen. "Unterschwelliger Antiamerikanismus" ist ein Kampfbegriff. Ich hätte mir von der TAZ eine mehr solide Darstellung gewünscht. Korrigieren Sie mich, wenn ich das falsch sehe, kurzgefasst sieht doch die Linie so aus: TTIP bedeutet auch: Abschaffung der Jurisdiktion, dessen Outsourcing an Unternehmen, die Kapital einsammeln zur Durchsetzung von Rechtsansprüchen, das mündet dann in Hedge-Fonds des "Rechts". Und wo es keine unabhängigen Gerichte mehr gibt, wird auch die Legislative ausgelagert. Exekutive bleibt dann übrig. Um das mit Hartz IV zu regeln und so. Wir wissen doch immer noch gar nicht genau, was da eigentlich hinter verschlossenen Türen verhandelt wird. Da kann ich ja gleich die FAZ lesen.

  • 7G
    78110 (Profil gelöscht)

    "Ohne den von der EU vorgeschlagenen Investitionsgerichtshof könne Frankreich das Abkommen nicht akzeptieren."

     

    Auch mit eben diesem Investitions"gerichtshof" (selbst die EU-Kommission spricht lediglich von einem "Tribunal") ist das Abkommen nicht zu akzeptieren - es geht immer noch um vollkommen indiskutable Vorteilsrechte gegenüber internationalen Unternehmen, wie Corporate European Observatory zuletzt bei der Lektüre des Entwurfs feststellte (http://corporateeurope.org/international-trade/2016/02/zombie-isds). Staatliche Regulierungsmöglichkeiten werden durch die Möglichkeit, jederzeit aufgrund schwammigster Entwürfe vor ein Tribunal gezerrt werden zu können, schon von vornherin torpediert - das "right to regulate" beinhaltet eben auch das Recht, dafür in meinen Augen ungerechtfertigte "Strafen" zahlen zu dürfen.

  • "Unterschwelliger Antiamerikanismus"

    ist doch ein Kampfbegriff neoliberaler Think Tanks.

    Wird die taz von Atlantikern unterwandert?

    • 3G
      30226 (Profil gelöscht)
      @kric:

      Ja

    • 3G
      30226 (Profil gelöscht)
      @kric:

      Schauen Sie mal, in wessen Lager sich die Artikel zum Thema Geopolitik schlagen (Ukraine, Syrien) und fragen nochmal...