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„Neue Rechte“ radikalisiert PegidaDie Anheizer

Seit Jahren träumten Rechtsintellektuelle von einer „Volksbewegung“. Mit Pegida sehen sie sich am Ziel. Fast. Jetzt soll der nächste Schritt erfolgen.

Anführer einer Volksbewegung? Pegida-Mitgründer Lutz Bachmann in Dresden Foto: dpa

BERLIN taz | Es ist stockdunkel, nur die Straßenlaternen bescheinen die Köpfe der wieder rund 10.000 Gekommenen. Vor ihnen steht am Montagabend Lutz Bachmann, der Pegida-Anführer. Es ist Woche eins nach dem einjährigen Jubiläum der von ihm mit ins Leben gerufenen Anti-Asyl-Bewegung. Und Bachmann erneuert seine Kampfansage: „Wir bleiben, um zu siegen. Und wir werden siegen!“ Die Menge johlt, schwenkt Deutschlandfahnen. Dann skandiert sie: „Widerstand, Widerstand“.

Die Szene dürfte Götz Kubitschek gefallen haben. Der 45-Jährige hatte schon drei Wochen zuvor auf Bachmanns Bühne gesprochen. Von einer Bewegung wie Pegida träumt er seit Jahren. Nun sieht er sich am Ziel. Fast.

Man darf Kubitschek als Vordenker von Pegida bezeichnen. Seit Jahren ist er einer der Köpfe der „Neuen Rechten“, eines Zirkels Rechtsintellektueller. Von seinem Rittergut in Schnellroda in Sachsen-Anhalt aus gibt er das Debattenblatt Sezession heraus. Dort ist der Sitz des „Instituts für Staatspolitik“, der Denkfabrik der Szene, mitgegründet von Kubitschek.

Das Schaudern vor dem „großen Austausch“

Es sind fast nur Männer, die hierzulande die „Neue Rechte“ bilden. Dieter Stein etwa, der Junge-Freiheit-Herausgeber. Felix Menzel, der Burschenschaftler. Oder Erik Lehnert, der Philosoph. Die „Neue Rechte“ eint, dass sie zwar NS-Nostalgie ablehnt – genauso aber Pluralität, die multikulturelle Gesellschaft oder Feminismus. Und momentan eint sie: der Kampf gegen Flüchtlinge. Die „orchestrierte Massenüberflutung“, wie es dort heißt, der „große Austausch“.

Pegida ist für Leute wie Kubitschek eine Genugtuung: Ihre Theorie verlässt den Salon, wird von den „Unverbildeten“, wie sie sagen, auf die Straße getragen: der Beginn einer „Volksbewegung“. Geht es nach ihnen, ist Pegida nur der erste Schritt. Nun soll der zweite folgen: offener Widerstand, das Anfachen einer „konservativen Revolution“.

Als Götz Kubitschek Anfang Oktober auf der Pegida-Bühne stand, rief er: „Es ist gut, dass es jetzt kracht.“ Der Flüchtlingszuzug sei eine „Katastrophe epochaler Dimension“. Nun sei es „unsere Pflicht, Widerstand zu leisten“. Kubitschek nannte den Bau von Grenzzäunen „auf eigene Faust“, das Blockieren von Grenzübergängen. Selten wurde die Pegida-Menge so aufgeputscht. Und sie applaudierte.

Die Radikalisierung ist gewollt

Kubitschek ist mit seinen Appellen nicht allein. „Es reicht nicht mehr aus, wenn wir unsere Wut herausbrüllen“, schreibt auch Menzel, der Burschenschaftler. „Spätestens in zehn Jahren müssen wir die Macht in Deutschland übernommen haben.“ Und Jürgen Elsässer, ein Neuzugang im neurechten Lager, rief Bundeswehrsoldaten auf, Merkel den Befehl zu verweigern: „Besetzt die Grenzstationen, schließt alle möglichen Übergänge vor allem von Süden! Wartet nicht auf Befehle von oben!“ Die Radikalisierung, die die Politik in diesen Tagen Pegida vorwirft – sie ist genau das Ziel von Kubitscheks Leuten.

Und die Bewegung hat schon ein neues Ziel. Mit einer Menschenkette soll in einer Woche, am 8. November, der Grenzübergang im bayrischen Schirnding blockiert werden. Ausgerechnet einen Tag vor dem 9. November, dem Datum des deutschen Mauerfalls von 1989. Die Organisatoren sprechen von einem „historischen Ereignis“, von einem Zeichen, „dass wir eine sichtbare Grenze zurückhaben wollen“. Als Redner mit dabei: Kubitschek und Elsässer.

Elsässer, ein früherer Junge Welt-Autor und Linksaußen, driftete schon vor Jahren nach rechts, getragen von seinem Anti-Amerikanismus. Der 58-Jährige tritt schlichter auf als Kubitschek, vulgärer: Deutschland sei in „tödlicher Gefahr“, durch „Kulturbereicherer mit Hormonstau“. Und Merkel regiere, „als sei sie in der Wolfsschanze“.

Mit dem „Widerstandsplan“ gegen das „Merkel-Regime“

Unlängst präsentierte Elsässer gar einen eigenen „Widerstandsplan“. „Dieses Merkel-Regime muss fallen“, heißt es darin. „Der zivile Ungehorsam ist das entscheidende Element.“ Als Flüchtlingsgegner bereits Anfang Oktober im sächsischen Sebnitz die Grenze blockierten, oder jüngst im Chemnitzer Stadtteil Einsiedel eine Asylunterkunft, nannte Elsässer dies „vorbildlich“: Dort sei man „den Schritt gegangen vom Protest zum Widerstand“.

Elsässers Worte finden inzwischen ein breiteres Publikum. Sein rechtes Magazin Compact liegt nach eigenen Angaben bei einer Auflage von 55.000 Stück. Als Compact aufrief, Merkel wegen Hochverrats anzugehen, folgten 400 Anzeigen. Und zu einem Kongress des Magazins in Berlin kamen jüngst 1.000 Zuhörer.

Auch dort stand Kubitschek an Elsässers Seite. Beide lobten vor allem einen Shootingstar aus ihrem Bund: Björn Höcke, AfD-Chef von Thüringen, ein früherer Geschichtslehrer, 43 Jahre alt. Der stand erst am Mittwoch wieder auf dem Domplatz in Erfurt, auf seiner inzwischen sechsten Kundgebung gegen das „Asylchaos“ und warf vor mehr als 4.000 Zuhörern Angela Merkel „politischen Amoklauf“ vor. „Wir müssen diese politischen Irrläufer stoppen!“

Die AfD-Kundgebungen, eine „Stadteroberungsstrategie“

Inzwischen folgen andere AfD-Verbände Höckes Vorbild und gehen in Magdeburg, Dresden oder Rostock auf die Straße, am Samstag sollen Berlin, Hamburg und Passau folgen. Kubitschek lobt die „Stadteroberungsstrategie“. Diese mache den Anti-Asyl-Widerstand „spürbar, physisch, jenseits der Eintrittsspielregeln der etablierten Politik“.

Noch im Frühjahr wollte Kubitschek selbst in die AfD eintreten. Die Bundesspitze lehnte ab: Zu radikal schien der Mann, dessen Institut auch NPD-Leute besucht haben sollen. Die Zeiten haben sich geändert, innerhalb weniger Monate. Ende November lädt Kubitscheks Institut zu einem Kongress über den „Ansturm auf Europa“, ein Gipfeltreffen der Anti-Asyl-Strategen. Einer der Referenten: Björn Höcke.

Kubitschek und Höcke kennen sich seit Jahren. In seinen Reden warnt auch der AfD-Mann vor einer „Auflösung Deutschlands“, wirft der Regierung „Gesellschaftsexperimente“ vor und hofft auf eine „Erneuerungsbewegung“. Es ist genau das Vokabular der „Neuen Rechten“.

Pegida hat die Signale gehört

Und auch Höcke verschärft den Ton. Das „deutsche Volk“ müsse „endlich aus seinem Dämmerzustand erwachen“, rief er auf einer seiner Kundgebungen. Was das heißt, haben seine geistigen Brüder bereits weitergedacht. „Wenn wir alles richtig machen“, heißt es auf Kubitscheks Internetblog, sei „in der näheren Zukunft ein deutscher Maidan- oder Tahrirplatz möglich“. Darauf setzt auch Jürgen Elsässer: „Wenn 500.000 den Bundestag belagern, hat Merkel fertig.“

Bei Pegida ist der Aufruf zur Tat angekommen. Am Montag trat dort als letzter Redner Siegfried Däbritz auf, ein Pegida-Mann der ersten Stunde und Vertrauter Bachmanns. Es gehe bald „um das nackte Überleben“, rief er. Nur geschlossene Grenzen könnten jetzt noch helfen. Dann wandte sich Däbritz direkt an seine Zuhörer: „Wer hilft beim Grenzbau mit?“ Die Menge reagierte wie gewünscht. „Wir helfen mit, wir helfen mit“, schallte es.

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23 Kommentare

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  • Renegaten gab es immer und wird es stets geben. Im rechtsextremen Umfeld seien die Protagonisten: Teufel, Mahler und Rabehl nur zur Illustration des Gesagten erwähnt. Die gemäßigte Variante wird durch Otto Schily, Trulla Schmidt, Josef Fischer und Jürgen Tritt-ihn repräsentiert. Das ist nur ein Teilaspekt.

     

    In Deutschland ist das nationalsozialistische Denken nie "abgeschafft" worden. Es hat weder geholfen, wie in der DDR, es durch ideologische Beeinflussung zu transformieren, oder durch devote Amerikaphilie und strammen Antikommunismus zu tarnen. Letzteres ist ja noch heute in der BRD wirksam.

     

    Der deutsche Ungeist hat tiefgehende jahrhundertealte Wurzeln. Ferner wirkt er produktivitätssteigernd, was Unternehmen zu schätzen wissen. Darum wird die herrschende Klasse alles daran setzen diese rechtsextreme Entwicklung soweit zu fördern, bis Weimarer Zustände das Volk tief spalten, doch dem Profit in keiner Art und Weise schaden. Sollte dies nicht gelingen, so stünde als Option ein nationaler Führerstaat zur Vefügung, der durch die Parteien CDU/CSU/AfD und Steigbügelhalter SPD gestützt würde.

     

    Die gegenwärtige Politik ist gescheitert. Dieses Theaterstück: "Wir spielen Demokratie" ist zu Ende. Das Gesellschaftssystem der BRD muss auf den Kopf gestellt werden. Europa muss zu einem Staatenverbund der Gleichgewichte gelangen. Das muss auf unterster Ebene beginnen und das setzt die vollständige Abkehr vom Prinzip Wachstum voraus. Denn Wachstum bedeutet stets Zunahme der Ungleichheit. In der nahen Weihnachtszeit gut am Beispiel des Christbaumes zu beobachten.

  • Es lässt sich doch alles auf einen Punkt konzentrieren: Wir brauchen eine funktionierende Demokratie mit starken Institutionen (insbesondere NGOs) und einer Zivilgesellschaft welche sich aktiv beteiligt, sich ihrer Werte bewusst ist und für diese einsteht. Darüber hinaus Bildung und freier Zugang zu möglichst unabhängigen oder zumindest breit gefächerten, sachlichen Informationen. Eine aktive, aufgeklärte Gesellschaft gegen populistische Demagogen, asoziale Wirtschaftskriminelle, milliardenschwere Null-Steuern-Zahler, Überwachungs- und Polizeistaatfanatiker und und und.

    • @SeLa:

      Um mit Marx zu reden: sie argumentieren rein aus dem Überbau. Doch der Überbau einer jeder Klassengesellschaft (bleiben wir halt 'man bei Marx) dient nur zur beschönigenden Rechtfertigung der REALEN Missstände im Unterbau, im realen Verhältnis der Menschen untereinander und im realen Verhältnis der Gesellschaft zur Natur. Diese oft sehr subtile Verlogenheit spüren die "unteren Schichten" ab und an, ohne die GENAUEN Zusammenhänge sehen zu können. Deshalb möchte ich Ihr Statement umformulieren:

       

      Wir brauchen eine Wirtschaftsform, wo sich alle aktiv und bewusst beteiligen, wo sie die Problematik ihres eigenen Lebenserhalts in der für sie relevanten Natur gemeinsam und direkt erfassen und bewältigen können. Aus dieser Praxis ergeben sich dann gemeinsame Werte. Dies ist nur möglich bei einer Organisiation von unten nach oben, von weitgehend unabhängigen Kantonen bis hin zu Staaten, die der Übersicht halber allerhöchstens die Größe der Schweiz haben dürfen. Überregionale und globale Probleme werden von permanente aber wechselnde Delegationen der Kleinstaaten gemeinsam gesehen und gelöst.

       

      Bildung und Zugang zu unabhängigen Informationen muss sich aus der bloßen Lebenspraxis ergeben. Populistische Demagogen, asoziale Wirtschaftskriminelle, milliardenschwere Null-Steuern-Zahler, Überwachungs- und Polizeistaatfanatiker gibt es dann einfach nicht, weil sie vom der Direktheit der Verhältnisse unmöglich werden. Wie kann einer lügen, wenn alle sehen?

       

      Was nutzt es, die Gesellschaft über Demagogen, Kriminelle, Milliardenbetrüger aufzuklären, wenn das alle bestimmende Gesamtsystem diese SYSTEMATISCH hervorbringt, weil es ein System der TOTALEN Unübersichtlichkeit ist?

       

      Der bloß moralische Diskurs bei den heute "links" orientierten ist und bleibt pharisäisch (diesmal mit der Bibel gesprochen).

  • 6G
    60440 (Profil gelöscht)

    Beim letzten Mal als der rechte Mob tobte (Rostock-Lichtenhagen, Hoyerswerda, Mölln, Solingen), also "besorgt" war, wurde das Grundrecht auf Asyl de facto abgeschafft. Was wohl heute passiert ?

  • Ich denke ich lese die taz, aber bei soviel Einsatz für die Politik der CDU Vorsitzende Merkel lässt mir das Essen wieder hochkommen.

  • Gerade mal ein Zehntel so viele Demonstranten wie gegen TTIP, CETA und Investitionsschutzabkommen. Aber einige Politiker fixieren sich darauf, vor Pegida politisch auf die Knie zu fallen.

     

    Die Stärke von Pegida ist die Schwäche der etablierten Parteien im Umgang mit gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit.

     

    Die Radikalisierung kommt nicht nur von der neuen Rechte mit vielen Radelsführern, die sich den Innenministern zu verantworten haben. Geistige Brandstifter und Brandbeschleuniger sitzen schließlich massiv in den Unionsparteien und auch in der SPD.

  • Lange Zeit schlummerten die Nazis an Stammtischen der CSU und der AFD, jetzt trauen sie sich wieder an die Öffentlichkeit. Nazis verhindern ist eine Aufgabe der Politik und der ganzen Gesellschaft.

  • 6G
    688 (Profil gelöscht)

    Man muß sich das mal vorstellen und erkennen: Jetzt ist auch der "freiheitliche" Wettbewerb um ... ausgereizt, mit all seinen Rational- / Privatisierungen und den "liberalen" Globalisierungsaktionen, und es wird deutlich, daß der FASCHISMUS die Basis all dieser "Demokratisierungsversuche" war / ist, mit all den deutlicher werdenden Symptomatiken in Heuchelei, Verlogenheit, gebildeter Suppenkaspermentalität auf Schuld- und Sündenbocksuche, gleichermaßen konsum- und profitAUTISTISCHER Bewußtseinsschwäche in Angst, Gewalt und "Individualbewußtsein", Konfusion durch Überproduktion von KOMMUNIKATIONSMÜLL.

     

    Die Anheizer sind IMMER und ÜBERALL, so wie die Dummheit im geistigen Stillstand von rechts nach links und umgekehrt zeitgeistlich reformiert und verwaltet wird, seit der "Vertreibung aus dem Paradies" - SCHULD sind immer nur die "Anderen", wenn man ein System des "Zusammenlebens" im "Recht des Stärkeren", in Ausbeutung und Unterdrückung, in arm und reich ZELEBRIERT!

     

    "Wer hilft beim Grenzbau mit?"

     

    Die höchsten Grenzen, mit den schärfsten Kontrollen, sind in den Köpfen / HIRNEN der Hierarchie von und zu materialistischer "Absicherung" bewußtseinsbetäubend etabliert, nachvollziehbar in systemrational-gebildeter Suppenkaspermentalität!!!

  • Der Staat muss endlich entschieden gegen den rechten Terror vorgehen. Gegen den linken der 1970er Jahre war er nicht so zaghaft und wem auch nur ein Hauch Verständnis für die Motive der Terroristen nachgesagt werden konnte, war kein "besorgter Bürger", sondern als "Sympathisant" verschrieen und verdächtig. Das traf sogar Leute wie Heinrich Böll. Warum wird die Gefahr von rechts in Deutschland immer noch vergleichsweise verharmlost?

    • 3G
      3784 (Profil gelöscht)
      @Joba:

      Sie treffen ins Schwarze.

      Der Unterschied ist, dass die einen Terroristen gewesen sein sollen, die das Geschäft des Auslands betrieben, und diese nun Teroristen sind, die das Geschäft des Inlands betreiben. Hinzu kommt, dass es in DE bereits in freier Wirtschaft höchst gefährlich ist, nicht der Vorgabe des Bosses zu folgen, also “wess Brot ich ess, dess Lied ich sing”, umso mehr noch in Behörden. Wehe dem, der auch nur dem Verdacht ausgesetzt, ein “Querulant” zu sein.

      Und so setzt sich fort, was vor dem Dritten Reich bereits vorhanden: Auf dem einen Auge blind, auf dem anderen Ohr taub.

    • @Joba:

      Oh, noch ein Konservativer, der nicht liberal sein will. Wer soll das sein, der Staat? Ein Sonnenkönig, Kanzlerin Merkel? Die Koalitionsregierung? Die CSU?

       

      Wann, endlich, werden Leute wie Sie kapieren, dass ein Staat nicht nur die sind, die gerade die Macht haben? Wir alle sind der Staat. Wir alle also müssten reagieren. Allerdings nicht mit den alten, untauglichen Mittel, sondern mit neuen. Die alten Rezepte versagen schließlich schon seit ein paar tausend Jahren. Die rechten Terroristen kennen und benutzen sie ganz gerne selbst. Sie können drauf prima reagieren. Es ist also kein Wunder, dass wir damit nicht sehr viel erreichen.

       

      Es wäre wichtig, Strategien zu entwickeln, die dem Denken Rechtsextremer wiedersprechen, auf die sie also auch nicht reagieren können. Solche Strategien aber können nur von denen kommen, die gerade KEINE Macht haben – und auch keine haben wollen, weil sie kapieren, dass die Macht alleine gar nichts bringt. Bisher haben wir noch keine echte Linke. Bisher gibt es bloß eine Pseudo-Opposition, eine Ansammlung mehr oder weniger frustrierter Möchtegern-Machthaber, die glauben, sie ganz persönlich könnten ganz neue Speisen zubereiten nach uralten Rezepten.

       

      Übrigens: Es würde mich mal interessieren, wie genau Sie gegen Leute vorgehen wollen, für deren Motive Sie aus lauter Angst vor der Verharmlosung des Bösen nicht mal "einen Hauch Verständnis" aufgebracht wissen wollen. Ich meine: Wer nicht weiß und auch nicht wissen will, wie seine Gegner "ticken", der kann sie eigentlich ja nur erschlagen, erschießen, erhängen, ersticken, ergiften oder köpfen. Ist das Ihr Vorschlag?

      • @mowgli:

        Mit Staat meine ich einen durch das Grundgesetz normierten Ordnungsrahmen, der letztlich von der Akzeptanz seiner Citoyen getragen wird und aus deren Reihen legitimierte "Organe" zu seiner Selbsterhaltung, wie Polizei und Justiz rekrutiert, die idealerweise parteipolitisch unabhängig agieren. Dieser Ordnungsrahmen kann uns soll niemals alles beseitigen, was mich änstigt, sondern lediglich diejenigen sanktionieren, welche die für ein Zusammenleben nötigen (verfassungsgemäß nach Diskussion und Abstimmung erlassenen) Gesetze brechen (banal z.B. Mörder) oder diesen Rahmen gewaltsam durch eine Diktatur welcher Art auch immer ersetzen wollen (und dabei Mordanschläge begehen). Wie soll, lieber Mowgli, Ihre jenseits des Grundgesetzes liegende Utopie ohne staatliche Institutionen denn funktionieren? Sind Sie mit der Weisheit erleuchtet, die alle sanft zu Friedliebenden umerzieht und Staat überflüssig macht?

        Was ich in meinem Post anmahne ist, dass die staatlichen Organe die

        Verfassung ebensostark gegen rechte wie linke Feinde verteidigen. Konservativ bin ich, wenn Sie durchaus wollen, auf das Grundgesetz bezogen, nicht jedoch im parteipolitischen Sinne. Bitte nicht alles wirr durcheinander werfen.

        • @Joba:

          Zu Ihrer Bemerkung "Wir alle sind der Staat" besteht kein Widerspruch, weil ich die "Staatsorgane" nicht obrigkeitlich, sondern schlicht im Sinne funktionaler Arbeitsteilung verstehe. Wie ich mein Brot nicht selber backe und mein Bier nicht selber braue, möchte ich nicht mein eigener Polizist oder Richter (die Notwendigkeit beider Ämter sehe ich rational ein) sein. Was ich tun kann, ist rechten Parolen zu widersprechen, wenn sie mir gegenüber (Einverständnis unterstellend) geäußert werden.

  • Hola - auf nüchternen Magen - eine

    contradictio in adjecto -

    "Seit Jahren träumten Rechtsintellektuelle … -"

    Wer? - bitte? -

    Was ein Widerspruch in sich -

    Mit & in nur - einem Wort!

    Träumt weiter - ;)

    • @Lowandorder:

      Intellekt schützt vor Dummheit nicht.

  • Ich mag weder die ganz rechten noch die ganz linken, aber im Zuge der Pegida oder mittlerweile AFD Bewegung entstandenen Gruppen machen mir Angst. Ich hätte nicht gedacht das zB derart viele Brandstiftungen und Anschläge auf Flüchtlingseinrichtungen hierzulande, so toleriert oder als unwichtig emfpunden werden. Ich emfpinde mich selbst als konservativen liberalen aber die Gleichgültigkeit mit der hierzulande dieses Pegidaumfeld und die gravierende Steigerung von rechten Gewalttaten und Sachbeschädigungen hingenommen wird, erschreckt mich!

    • @Dideldidum:

      Liberal und konservativ schließt sich aus, sofern man die Begriffe nicht massiv einschränkt. Konservative sehen den Sinn ihres Handelns darin, andere Menschen zu bevormunden und ihnen zu sagen, wie sie zu leben haben. Da haben sie viele gemeinsame Nenner mit den Grünen, die quasi-religiös Weltuntergangsprophezeiungen verkünden und Menschen für ihr opferloses Handeln zu Tätern erklären. Bloß fromm sein und alles so machen, wie man es selbst fordert, sonst kommen Sodom und Gomorrha auf die Erden. Das funktioniert so wenig wie demokratischer Sozialismus oder vegetarische Schlachthäuser.

       

      Aber Sie haben natürlich recht, dass es sehr befremdlich ist, wie die täglichen Anschläge kaum in der Politik diskutiert werden und man die Vorfälle lieber unter den Tisch kehren möchte.

    • @Dideldidum:

      Was genau meinen Sie mit "konservativ-liberal"? Meinen Sie damit, dass Sie der Ansicht sind, es sollte eine irgendwie geartete höhere (und möglichst legitimierte) Macht geben, die keinerlei Bedenken hat, gegen alles, wovor Sie sich fürchten, mit Gewalt vorgeht? Dann, denke ich, wären Sie zwar konservativ, aber nicht liberal.

       

      Mir persönlich machen Konservative, die nicht liberal sind, Angst. Was meinen Sie – sollte ich also nach Leuten suchen, die mir sagen, dass ich mich gar nicht zu fürchten brauche, weil sie in meinem Auftrag jeden, der mir Angst macht, so schnell wie möglich ein- oder aussperren und sogar umbringen werden, wenn er sich nicht ein- oder aussperren lassen will?

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    "...driftete schon vor Jahren nach rechts, getragen von seinem Anti-Amerikanismus..."

     

    Einer der größten Fehler der (modernen) Linken (+ Anti-Zionismus).

    • @10236 (Profil gelöscht):

      Der Größte Fehler der (modernen) Linken ist, dass sie bis heute nicht kapieren mag: Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist NIEMALS links, sondern IMMER rechts.

       

      Ob sich die gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit in Antikommunismus, Antizionismus, Antiamerikanismus, Antifaschismus oder Antipegidismus äußert, ist nicht entscheidend. Entscheidend ist das Grundprinzip. Wer den Einzelnen nicht sehen kann in einer Masse, der ist, um mal ein Bild zu strapazieren, dazu verdammt, in einem schlammig-braunen Teich immer enger werdende Kreise zu ziehen um das virtuelle Objekt seines Hasses. So lange, bis er schließlich Eins wird damit. Es ist nämlich gar kein realer Gegner, mit dem er es zu tun hat. Es sind die eigenen Dämonen, um die er kreist. Und die kann er nur dadurch eliminieren, dass er sich selbst zerstört.

      • @mowgli:

        Was Sie beschreiben, ist nichts links, sondern humanistisch und damit liberal und individualistisch. Linke hatten und haben ein stark ausgeprägtes kollektivistisches Gedankengut, bei dem Menschengruppen ("Der Amerikaner", "Die Kapitalisten", "Die Deutschen", ...) personifiziert wurden, um sie verbal zu attackieren. Das ist einer der (wenigen!) gemeinsamen Nennern mit Rechten und genau darauf zielen Querfrontler wie Elsässer ab. Die "Was links ist, bestimme ich"-Attitüde zielt genau in die selbe Richtung.

      • @mowgli:

        "Der Größte Fehler der (modernen) Linken ist, dass sie bis heute nicht kapieren mag: Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist NIEMALS links, sondern IMMER rechts."

         

        Meinen Sie, dass die Linken das so nicht kapiert haben, oder dass sie nicht kapiert haben, dass das so nicht stimmt?

         

        Letzterem würde ich zustimmen. Zumal zu der Einschätzung rechts und links jeder erst einmal selbst eine Aussage trifft. Und wenn Sie bei PEGIDA mal nachfragen, laufen da schon viele sog. Linke mit, darunter auch Linke mit Parteibuch, ehemals sogar auch SED. Und die ganze DDR als Gebilde schimpfte sich ja als "links" und "antifaschistisch".

         

        Der Unterschied liegt also bei Selbstwahrnehmung auf Außenbetrachtung. Manchmal decken sie sich, aber nicht immer.

      • 1G
        10236 (Profil gelöscht)
        @mowgli:

        "Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist NIEMALS links, sondern IMMER rechts."

         

        Wie bei jedem klugen Satz gibt es Ausnahmen. Wenn 10.000 Menschen sich unter dem Banner des Hasses versammeln, dann wird's schwierig mit Differenzierung (siehe Antipegidismus).