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Konflikt um Ölförderung in der ArktisRussen schleppen Greenpeace ab

Sicherheitskräfte wollen gekapertes Schiff der Ökoaktivisten nach Murmansk bringen. Weltweit Proteste vor russischen Botschaften.

Dieses Foto vom Mittwoch zeigt laut Greenpeace, wie ein Mann vom russischen Küstenschutz auf die Aktivisten zielt. Bild: reuters

MÖNCHENGLADBACH/BERLIN taz/dpa | Nach der Erstürmung eines Greenpeace-Schiffes in der Arktis soll die „Arctic Sunrise“ in die Hafenstadt Murmansk geschleppt werden. Dort werde der Fall an die Ermittlungsbehörde übergeben, teilte der für den Grenzschutz zuständige Inlandsgeheimdienst FSB am Freitag der Agentur Interfax mit. In Murmansk wird das Schiff mit 27 Besatzungsmitgliedern an Bord frühestens an diesem Montag erwartet.

Greenpeace-Aktivist Roman Dolgow sagte, offenbar gehe es um eine Anklage wegen Terrorismus. Dieser Vorwurf sei „absurd“. Die Crew werde von Bewaffneten bewacht. Währenddessen begannen deutsche Umweltschützer vor der russischen Botschaft in Berlin eine Mahnwache, um gegen die gewaltsame Aktion zu protestieren. In 17 weiteren Ländern starteten laut Greenpeace ähnliche Aktionen.

„Wir bitten Präsident Putin, seine Grenzschützer in die Schranken zu weisen. Sie sollen ihre Pistolen wieder in die Halfter zu stecken. Wir sind eine friedliche Organisation, wir haben mit unseren Protesten nichts gemacht, was dieses Maß an Aggressionen rechtfertigen würde“ schrieb Kumi Naidoo, der Geschäftsführer von Greenpeace International an Präsident Putin.

„Unsere Kollegen werden gegen ihren Willen in internationalem Gewässer von der Küstenwache festgehalten. Das ist willkürliche Gewalt“, sagt Greenpeace-Sprecher Christoph von Lieven. „Wir fordern die russische Regierung auf, die „Arctic Sunrise“ und ihre Besatzung sofort freizulassen und die gefährliche Ölförderung in der Arktis zu stoppen.“

Maskierte stürmen das Greenpeace-Schiff

Die „Arctic Sunrise“, die unter niederländischer Flagge fährt, hatte in der Petschorasee gegen geplante Ölbohrungen des russischen Staatskonzerns Gazprom protestiert. Am Donnerstag Abend waren über ein Dutzend bewaffnete und maskierte Angehörige des FSB von Helikoptern aus mit Strickleitern auf das Schiff geklettert. Laut dem Twitter-Account von Greenpeace Russia wurden alle Greenpeace-Mitarbeiter, auf dem Schiff zusammengetrieben und mit Waffen bedroht. Wenig später riss der Kontakt zwischen der Besatzung und den Greenpeace-Büros ab.

Der FSB bestätigte den Zwischenfall. Der Kapitän habe Aufforderungen zum Stopp ignoriert, teilte der Geheimdienst mit. Derzeit werde Material vorbereitet, das der Ermittlungsbehörde übergeben werden solle. Der Kapitän habe sich geweigert, das Protokoll über die Durchsuchung des Schiffs zu unterschreiben. Greenpeace wirft Russland vor, mit den geplanten Bohrungen das sensible Ökosystem der Arktis zu gefährden.

Seit Tagen stehen sich im russischen Nordmeer unweit der Gasprom-Bohrinsel „Priraslomnaja“ Küstenwache und die „Arctic Sunrise“ gegenüber. Am Mittwochmorgen näherten sich Greenpeace-Aktivisten in fünf Schlauchbooten der Ölplattform, um ein Transparent an ihr anzubringen.

Mit Wasser aus Feuerwehrschläuchen wurden die Kletterer am Aufstieg gehindert. Dann bedrohten FSB und Küstenwache die Aktivisten mit Messern und stachen auf die Schlauchboote ein. Mit Mühe konnten die Besatzungen eine Finnin nach einem Sturz in ein Boot ziehen. Dabei wurden sie und ein Schweizer Aktivist festgenommen. Ein Schlauchboot, das den Festgenommenen folgen wollte, wurde mit Warnschüssen an der Weiterfahrt gehindert.

FSB und Außenministerium hatten das Verhalten der „Arctic Sunrise“ als provokativ und aggressiv gewertet. Im Interesse der Sicherheit der Ölplattform seien die Warnschüssen nötig gewesen.

„Offensichtlich sind unserem Außenministerium und unserem Grenzschutz die Interessen von Gasprom wichtiger als die Interessen des ganzen Landes“, sagte Greenpeace-Aktivist Raschid Alimow.

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10 Kommentare

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  • G
    gast

    Selbst wenn es zu einer polaren Katastrophe kommen sollte, was ja einigermaßen wahrscheinlich ist, wird die "Ausbeutung" der dort liegenden Rohstoffe nicht aufzuhalten sein.

    Wo sonst soll das Gas für unsere schönen Heizanlagen herkommen, wenn die bekannten Lagerstätten erschöpft sein werden?

     

    Und dass RU zurückentert hätte Greenpeace wissen können. Jedes Land hat so eine Art Grenze, an der jeder Spaß aufhört.

  • Die Freiheit der Meere und die Freiheit nationaler Wirtschaftszonen. Wie soll man sonst nennen was Greenpeace macht? Es geht sie einfach mal nichts an!

  • P
    Putinfan

    Die Russen machen alles richtig.

    Putin ist resoluter Mann.

  • Den Aktivistinnen von Greenpeace (und sea sheperd)

    ist zu verdanken, dass überhaupt jemand hinsieht.

    Ich wünsche ihnen viel Glück, denn die Bundeskanzlerin wird keine Hilfe sein.

    • @vic:

      Aber die Kombination aus Anarcotum und Winkeladvokatentum ist lächerlch.

  • F
    Fell

    Was hat Greenpeace denn erwartet? Dass sie in Piratenmanier eine Bohrinsel stürmen können und dafür mit offenen Armen empfangen werden? Vielleicht noch mit Öko-Kaffee und Bio-Kuchen?

    Sie werden von den Russen nun entsprechend behandelt.

    Das Gejammer der Ökos ist echt beschämend: Steht doch mal zu dem, was ihr da macht! Oder glaubt Greenpeace Sonderrechte inne zu haben, dass sie nicht geentert werden dürfen und niemand sie mit Waffen in Schach hält wenn sie selbst solche piratenmäßigen Enterversuche unternehmen?

    Wenn einer versucht meine Wohnung zu stürmen um ein Plakat aufzuhängen bin ich auch nicht freundlich und wehre mich. Es freut mich ehrlich gesagt, dass der Großspurigkeit von Greenpeace hier mal Einhalt geboten wurde.

    • @Fell:

      Es wird Sie sicher auch freuen, wenn das Polarmeer seinen ersten Oelteppich bekommt oder irre ich mich ?

      Wenn Sie in Ihrer Wohnung Bomben basteln würden, kann ich Ihnen versichern, dass Ihre Residenzansprüche mir scheiss egal wären.

      • @lions:

        Ja, Greenpeace als Instanz, denen in Wahrheit die 200 Meilen-Zohne gehört.

         

        Der privatisierte Staat als NGO.

         

        Das ist die Russische AWZ und nicht die von Greenpeaceanien.

         

        PS: Die sind sicher mit Rapsdiesel da hochgefahren.

        • @Tim Leuther:

          gut polarisiert ! Greenpeace lag in internationalen Gewässern.

  • Das Brinkmanship der Greenpeace ist auch irgendwie lächerlich.