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Arbeitskämpfe in FrankreichOhne Rücksicht auf Verluste

Kurz vor der EM in Frankreich ist das Land zutiefst gespalten. Präsident Hollande versucht mit allen Mitteln, das Arbeitsrecht aufzuweichen.

Mit Härte werden die Proteste gegen die Arbeitsreform durchgeführt Foto: dpa

Paris taz | Romain D., 28 Jahre alt, liegt seit dem 26. Mai im Koma. Zeugen berichten, dass es eine Polizeigranate war, die ihn am Ende einer Kundgebung gegen die Arbeitsmarktreform in Paris traf. Journalisten und Zuschauer waren mit Videokameras und filmenden Smartphones zugegen.

Nichts kann heute mehr verheimlicht werden – schon gar nicht die Brutalität entnervter CRS-Ordnungspolizisten, die vorher oft selbst provoziert oder angegriffen worden sind und ihre Wut an Unschuldigen oder Unbeteiligten abreagieren.

So sahen die Zuschauer jüngst im Fernsehen auch, wie in Rennes Beamte in Robocop-Montur wahllos auf fliehende Demonstranten und sogar ganz gezielt auf Medienleute mit Kameras einschlugen. Viel häufiger zeigen die TV-Bilder Gruppen Vermummter – im offiziellen Jargon sind das die „Casseurs“ (Randalierer) – Steine, Flaschen oder Molotowcocktails auf die Polizisten werfen und die Fassaden von Banken und Geschäften oder andere Symbole des Kapitals und der Konsumgesellschaft demolieren.

Diesen Leuten geht es nicht – oder nicht mehr nur – um eine von der Regierung als „Reform“ betitelte frontale Attacke auf das Arbeitsrecht, sondern um die Staatsmacht und ihr Gewaltmonopol.

Worüber sie streiten

Die Regierung: Sie will das Arbeitsrecht grundlegend ändern. Über die Arbeitszeiten, Bezahlung von Überstunden und anderes kann dann auf Unternehmensebene verhandelt werden. Die bisher absolut geltenden gesetzlichen Regelungen oder Bestimmungen von Branchen­verträgen können bei Bedarf außer Kraft gesetzt werden, wenn das Personal mehrheitlich zustimmt.

Die Gewerkschaften: Sie müssen damit rechnen, dass diese Revision eine folgenreiche Bresche in das Arbeitsrecht schlägt. Bisher fühlten sie sich durch den Staat und das Gesetz noch vor totaler Unternehmerwillkür geschützt.

Das Arbeitsrecht: Es garantiert den Beschäftigten bislang ein Minimum (Mindestlohn, diverse Zulagen, grundsätzliche Gleichbehandlung) und Errungenschaften wie etwa die 35-Stunden-Woche. Dank der geleisteten Überstunden ermöglicht es den Arbeitern ein etwas höheres Einkommensniveau oder gewährt als Kompensation freie Tage für die Familie.

Die Reform: Was bisher als Minimum gesichert schien, gerät nun ins Wanken. Die Senatskommission hat etwa vorgeschlagen, die gesetzliche Höchstarbeitszeit zu streichen. Künftig soll unter anderem der bisherige Kündigungsschutz gelockert werden. Bei Debatten in der Nationalversammlung sind bereits einige strittige Punkte zurückgenommen worden, einige positive Elemente kamen dazu, wie etwa die finanzielle Unterstützung für junge Berufseinsteiger. Den Gewerkschaften CGT, FO und SUD-Solidaires reicht das nicht.(rb)

In Frankreich werden Konflikte ohne Rücksicht auf Verluste und in der direkten Konfrontation auf der Straße ausgetragen. Das hat eine lange Tradition. In gewisser Weise ist daher auch die Toleranz für illegale oder gewaltsame Aktionsformen sehr viel größer als in anderen europäischen Staaten. Die Legitimität des Widerstands ist fester Bestandteil der Geschichte. Sie begründet den staatstragenden Mythos der Revolution von 1789 oder auch der Résistance-Bewegung gegen die deutsche Besetzung von 1940–1945.

So ist es bis heute durchaus üblich, dass zornige Bauern Lastwagen mit Früchten aus Spanien stoppen und die Ladung auskippen. Sie können sicher sein, dass sie straffrei davonkommen, weil niemand gegen sie ermitteln wird. Darum jammern und schimpfen Unternehmer und bürgerliche Politiker vergeblich, wenn Gegner der Gesetzesvorlage Straßen blockieren oder mit anderen, manchmal sehr punktuellen Aktionen den normalen Gang der Wirtschaft stören.

Weil die Regierung weiß, wie riskant es ist, am bestehenden System zu rütteln, hat sie es mit einer Überrumpelungstaktik probiert, um ihre Arbeitsmarktreform durchzupeitschen. Dabei war François Hollande noch 2012 mit einem betont linken Programm zum Präsidenten gewählt worden Man erinnert sich daran, wie er sich in Le Bourget von seinen Anhängern für Attacken auf die Macht der Spekulanten („die Finanzwelt ist mein Feind“) als Antikapitalist feiern ließ.

In seinem eigenen Lager hat der Präsident für den neuen „pragmatischen“ Kurs keinen Rückhalt. Die Vertreter des linken Flügels des Parti Socialiste hatten mehrfach angekündigt, dass sie diese zaghafte Wende hin zu liberalen Reformvorstellungen als Verrat am Parteiprogramm ablehnen. Das hat Hollande effektiv gezwungen, schon in der ersten Lesung zur „Holzhammermethode“ des Verfassungsartikels 49.3 Zuflucht zu suchen. Damit kann er die Vorlage im abgekürzten Verfahren und ohne Votum für angenommen erklären.

Reizschwelle erreicht

Viele in Frankreich sind über dieses Vorgehen empört. Mit der Verbitterung stieg auch die Bereitschaft zur Gewalt. Wenn nun auch noch die Fußball-EM in diese handfeste Auseinandersetzung einbezogen wird, ist allerdings wohl selbst für manche Franzosen, welche die Streiks und Blockaden bisher für normal und legitim halten, eine Reizschwelle erreicht.

Der Streit steuert auf eine Entscheidung zu. Die Regierung will stur an dieser Arbeitsmarktreform festhalten, die den Unternehmen bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen mehr Flexibilität geben soll. Aus der Sicht der meisten Gewerkschaften bedeutet dies, dass der Boss über die Arbeitszeiten und die Bezahlung entscheidet. Damit werden nicht nur sauer erkämpfte soziale Errungenschaften und Rechte der Arbeiterbewegung infrage gestellt. Bedroht ist auch das gesamte französische Sozialmodell der Nachkriegszeit.

Die Zeit drängt, und die Uhr tickt gegen die französische Regierung. Kurz vor dem Beginn der Fußball-EM 2016 am Freitag zeichnete sich im Konflikt um die Arbeitsmarktreform in Frankreich noch immer keine Lösung ab. Keine Seite will oder kann jetzt noch nachgeben.

Die Appelle der Regierung an das Verantwortungsbewusstsein oder an den Patriotismus verhallen ungehört. Für die Gegner der Liberalisierung des Arbeitsrechts tönt das sogar wie ein geschmackloser Witz, wenn die Staatsführung, die mit ihrem Vorgehen für die verfahrene Lage verantwortlich ist, ihnen so mit Schuldgefühlen kommt.

Der Druck wird erhöht

Aber darf man eine internationale Sportveranstaltung, zu der Hunderttausende Besucher erwartet und für die zig Millionen investiert wurden, als Druckmittel in einem politischen Streit verwenden?

Warum nicht, sagt allen voran die CGT-Gewerkschaft mit ihren rund 600.000 Mitgliedern. Sie fühlt sich aber nicht als Minderheit, weil laut Umfragen eine Mehrheit von 70 Prozent die Regierungsvorlage ablehnt. Für die CGT geht es in diesem Kampf um grundlegende Klasseninteressen der Arbeitnehmer und um ihre eigene Glaubwürdigkeit.

Und überhaupt ist es die Gegenseite, die in diesem Match der Spielverderber ohne Schiedsrichter mit ihren unfairen Methoden begonnen hat. Ausbaden müssen das hauptsächlich die anderen, die an diesem Konflikt nicht direkt teilnehmen, aber seit einer Woche nicht wissen, wie sie wegen der Verkehrsbehinderungen an den Arbeitsplatz kommen. Ausgerechnet vor dem EM-Auftakt am Freitag soll in Frankreich eine weitere Woche mit Streiks und Störaktionen beginnen.

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22 Kommentare

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  • Ein Kommentar in der NZZ trifft es ganz gut: http://www.nzz.ch/meinung/frankreich-vor-der-fussball-europameisterschaft-bis-zum-hals-im-wasser-ld.87139

    Es ist nicht nur ein Land im eisernen Griff kleiner Gewerkschaften. Es ist auch ein Staatschef, der mit Sondervollmachten gegen das Parlament regiert. Arbeitsmarktreformen mit niemanden abstimmen und dann per Sonderdekret erlassen ist ein Staatsstreich. Er gibt den linken Gewerkschaften die Rechtfertigung für den Generalstreik. Die Arbeitsmarktreformen mögen sinnvoll oder überzogen sein. Viel kritischer jedoch ist der Demokratieabbau in Frankreich: Menschenrechte sind ausgesetzt und Gesetze werden gegen die Parlamentsmehrheit erlassen. Da steht viel mehr auf dem Spiel als ein paar Prozent Wirtschaftswachstum oder der Kündigungsschutz.

    • @Velofisch:

      Vorgestern waren's weit entfernte Drittweltländer, gestern dann die Griechen, heut Frankreich. Und wann wird bei uns die Demokratie abgeschafft?

  • Hollande ist kein Sozialist, sondern er macht Realpolitik. Und das bedeutet heute, gegen die Interessen der Bevölkerung zu handeln! Denn er hat eingesehen, dass er die dringend benötigte Allianz der Krisenverlierer in der Peripherie der Euro-Zone nicht in absehbarer Zeit zusammen bekommen kann, um gegen das Übergewicht der BRD gemeinsam Druck zu machen. Das liegt daran, dass die Bundesregierung das "teile und herrsche" zu gut beherrscht (Spanien vs. Griechenland vs. Portugal vs. Italien vs. Frankreich). Deshalb hat Hollande nun umgeschwenkt und versucht sich mit dem gesamten Gewicht der frz. Ökonomie doch noch auf die Seite der Gewinner durch zu schlagen; als Wiedergänger von Reagan/Thatcher/Blair/Schröder-Fischer.

  • Ich verstehe nicht so ganz, wieso so viele Menschen immer diese Reform mit den H4-Reformen vergleichen. Zwar ist die Grundaussage weshalb das geändert werden soll in Ansätzen gleich, allerdings ist der Maßnahmenkatalog doch ein völlig anderer.

     

    Während in Deutschland der Druck auf Menschen außerhalb der Arbeit an mehr als einer Front erhöht wurde (gekürzte Bezüge, Sanktionen, kürzere ALG I Zeiten) und eine Gruppe Arbeiter zweiter Klasse erschaffen wurde ("Leiharbeiter) und klassische Rechte von Arbeitern gleich blieben (Urlaubsanspruch, Kündigungsschutz, Wochenarbeitszeit etc.) so ist in Frankreich der Angriff frontal auf Arbeitnehmerrechte im allgemeinen und in jedem Aspekt und damit auch weitergehender als in Deutschland.

     

    Das erklärt auch den größeren Aufschrei der Gewerkschaftsseite, ein durchschnittliches deutsches Gewerkschaftsmitglied hat (außer er sollte mal arbeitslos werden) von den H4 Reformen keine Nachteile gehabt.

    • @Krähenauge:

      Die Reform sollte eher mit der AGENDA 2010 vergleichen werden, als nur mit Hartz IV, was ja ein Teil der Agenda ist. Dazu zählen die Einführung eines Zweiten (Leiharbeit, Honorarverträge, etc) und Dritten (1-Euro-Jobs) Arbeitsmarktes, sowie die Entsicherung der bestehenden festen Lohnarbeitsverhältnisse, Tarifaufweichungen, usw. Insgesamt geht es um die Senkung der Lohn-Stückkosten, die die anderen Länder unter Druck setzen, ihre Waren ebenfalls billiger anbieten zu müssen. Der Preisverfall wirkt sich auf die BRD-Handelsüberschüsse positiv aus, die Kosten werden der Allgemeinheit aufgebürdet. Reich werden nur wenige – arm jedoch viele!

    • 8G
      88181 (Profil gelöscht)
      @Krähenauge:

      Nun ja, Lockerung des Kündigungsschutzes und Senkung der betrieblichen Lohnnebenkosten, Einführung eines Selbstkostenanteils bei den Gesundheitskosten, all das betrifft auch Arbeitnehmer.

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    "Soyons ingouvernables!"

     

    Verhindert das französische 'Artz Quatre!

     

    Von den deutschen Gewerkschaften ist kein Ton zu hören.....

  • Die "Reformen" sind ein Abklatsch der Agenda 2010 von SPD-Grünen (Schröder-Fischer), DGB und Bertelsmann.

    Und sie werden dieselben Auswirkungen haben und dessen scheinen sich die FranzösInnen bewusst:

    Verstärkte soziale Spaltung durch auseinander klaffende Einkommen, Entrechtung und Entsicherung der Arbeitsverhältnisse im großen Stil!

     

    Es ist daher gut, ja zwangsläufig, dass sich die Menschen in Frankreich wehren. Und fataler Weise ist es kurzfristig(!) sogar für diejenigen hier gut, die nur die EM im Kopf haben und sich jetzt über die Kämpfe in F. aufregen: Wenn die frz. Wirtschaft durch das evtl. gekippte Gesetz nicht zu D. aufschliessen kann, bleibt die Position D.s erstmal unangefochten.

    Doch langfristig und insgesamt wird das zu einer immer weiter reichenden Entrechtung auch hier führen (vgl. Verschärfung von Hartz IV, bis hin zum mutmaßlich angestrebten Wegfall von Sozialleistungen insgesamt).

     

    Es trifft also uns alle, wenn sich hier nicht solidarisch zu den Kämpfen in Frankreich verhalten wird. Denkt mal drüber nach!

    Aber vielleicht wollen die Menschen hier nur noch Brot und Spiele.

  • Hollande macht m.M. einen Fehler - weder passt das zu seinen Anhängern, wenn er noch welche hat, noch funktioniert diese Idee irgendwo auf der Welt. Dass die französische Wirtschaft nicht stark wächst, hat nur sehr entfernt mit den Arbeitsrecht der Arbeitnehmer zu tun.

  • Viel Erfolg den Franzosen!

  • @SYSYPHOS zitiert Minister Macron

     

    (...) dass jemand, der sich mit 35 keinen Anzug leisten kann, zu den Gescheiterten gehört. (...)

     

    Unter welchem Sonnenkönig war er Minister? Wieviele Jahrhunderte ist das her?

  • Genau diese Art von neoliberaler Politik ehemals linker Politiker ist es, die den Rechtspopulisten in Scharen die Wähler zutreibt.

     

    Schlimm, dass auch in TAZ- und Grünen-Kreisen wohlwollend über die "dringend benötigten Reformen" berichtet wird, lediglich das Vorgehen Hollandes Kritikpunkte aufwirft.

  • 6G
    628 (Profil gelöscht)

    Das Agieren von Herrn Hollande erinnert mich fatal an den (leider erfolgreichen) Kampf von Frau Thatcher gegen die britischen Gewerkschaften.

    Der Unterschied: Thatcher war Konservative, während sich Hollande selbst als Sozialist bezeichnet.

    Nachgeben wird Hollande auf keinen Fall mehr. Die Gewerkschaften sind nun in einer schwierigen Lage und können eigentlich nur verlieren: Sie haben die geballte Macht der Eliten und Medien gegen sich, die weiterhin alles für eine entsprechende Beeinflussung der öffentlichen Meinung tun werden. Und vermutlich ist auch die Geduld der französischen Mittelschicht begrenzt, sodass die Stimmung bald endgültig zuungunsten der Gewerkschaften kippen könnte.

    Das Ergebnis dieses worst-case wäre: Eine zutiefst unglaubwürdig gewordene Sozialistische Partei, beschädigte Gewerkschaften und eine neoliberale Reform.

    • @628 (Profil gelöscht):

      Das denke ich auch und ich glaube, dass durch den starken Vertrauensverlust in diese "linke" Regierung das Pendel in Frankreich stark nach rechts ausschlagen wird. Nächstes Jahr sind Präsidentenwahlen oder dann wohl besser gesagt: Präsidentinnenwahlen. Und es wird kein schöner Moment für die Emanzipation sein, wenn nächstes Jahr die erste weibliche Präsidentin in Frankreich gewählt wird.

  • Herr Hollande hat den falschen Weg gewählt. Er hatte die Wahl zwischen "Arbeitsmarktreformen", also eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Deutschland und einem EU-Bündnis gegen die deutsche Exporthegemonie. Leider hat Hollande sich für ersteres entschieden und damit für einen Weg, der so oder so in die Katastrophe führt. Entweder Hollande setzt sich durch und führt Frankreich und damit auch schließlich die Eurozone in eine Deflation und damit in eine Wirtschaftskrise wie 1929 oder er wird aus dem Amt gejagt - und zur Ablöse stehen nicht die linken und progressiven Kräfte in Frankreich bereit, sondern Frau LePen mit ihren Nationalisten.

    • @Touché:

      Frankreich kann nicht gegen die Exporthegemonie von Deutschland vorgehen.

      Schließlich werden sie die Überschüsse in den nächsten Jahren brauchen wenn sie merken, dass sie ihren Sozialstaat nicht mehr selber zahlen können.

      Da kommt dann ganz schnell die "Solidarität" - und je mehr Überschüsse desto mehr "Solidarität".

      • @Thomas_Ba_Wü:

        Die Franzosen kämpfen jetzt gegen Hollande den Kampf, den die Deutschen gegen Schröder verpennt haben.

  • Wer so Gesetze durchpeitscht wie Herr Hollande darf doch nicht auf einen Konsens mit den Gegnern hoffen.

     

    Da müsste eigentlich das gesamte Land geschlossen auf die Strasse gehen(allerdings doch bitte ohne Gewalt).

    Ich kann mir kaum etwas vorstellen was mehr zur Eskalation aufruft wie ein derartiges Aushebeln der Demokratie. Schade das es in Deutschland keine solche Bereitschaft gibt für die Demokratie zu können.

     

    Sicher kann man sagen dass Frankreich die Reform braucht - aber in einem demokratischen Land hat das demokratisch zu passieren - oder man nennt sich in Zukunft "Diktatur zur Sicherung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit"!

  • Die EM ist uninteressant. Interessant ist die nächste Präsidentschaftswahl im kommenden Frühjahr. Wenn die Entwicklung so weiter geht, werden die Gräben zwischen radikaler und gemäßigter Linken unüberbrückbar. Logische Konsequenz: Kein Linker schafft es in den Stichwahlgang, es gibt nur noch die Wahl zwischen einem Konservativen und einer Faschistin.

  • Hollande hat den Schröder-Fehler gemacht: Vor der Wahl und am Anfang seiner Wahlperiode unhaltbare soziale Versprechungen gemacht und dann brutal umsteuern müssen.

     

    Die zweite Parallele ist die Art und Weise, wie die Änderungen durchgesetzt werden sollen. Bei Schröder war´s das "Basta!", das die Gewerkschaften endgültig in die Gegenerschaft getrieben hat, bei Hollande ist´s der Verfassungsartikels 49.3, der die Leute so richtig mobilisiert hat.

  • Ja, die französische Geschichte ist gepflastert mit sozialen, gewaltbegleiteten Aufständen; der Mai 68 ist den Politiker in Paris noch in lebhafter Erinnerung. Neu im Vergleich zu 68 ist jetzt der Grad von Gewalt, die eruptiv ausbricht - so, als habe sie sich lange Zeit aufgestaut. Das Land befindetet sich in einer tiefen sozialen und politischen Krise, die eventuell auch auf die Nachbarländer übergreifen könnte. Hollande verfolgt eine klar neoliberale Politik (auf äusseren Druck, so heisste es) und benutzt seinen Wortschaftsminister Macron als Wahlhelfer - er soll die konservativen Kräfte zu Sympathisanten und Wahlern der Parti Socialiste machen.

    Das Land ist tatsächlich gespalten. Es gibt immer noch eine Masse von Angestellten und Freiberuflern, für die es die Krise nicht gibt. Andere wissen nicht, wie sie die nächste Stromrechnung bezahlen sollen. Skandalös auch die Äusserungen des Ministers Macron, der heute mit Eiern beworfen wurde. Es soll geäussert haben, dass jemand, der sich mit 35 keinen Anzug leisten kann, zu den Gescheiterten gehört.

    • 6G
      628 (Profil gelöscht)
      @Sysyphos:

      "Es soll geäussert haben, dass jemand, der sich mit 35 keinen Anzug leisten kann, zu den Gescheiterten gehört."

       

      Danke für diesen Einblick in die zynischen und abstoßenden Ansichten eines Neoliberalen.