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Anzeige gegen Dresdner SeenotretterStraftat Leben retten

„Mission Lifeline“ bereitet sich auf den Mittelmeer-Einsatz vor. Die Staatsanwaltschaft ermittelt – wegen „versuchten Einschleusens von Ausländern“.

Immer mehr private Initiativen betreiben Seenotrettung im Mittelmeer – weil die Staaten versagen Foto: dpa

BERLIN taz | Erst hetzte Pegida-Gründer Lutz Bachmann gegen sie, nun ermittelt auch die Dresdner Staatsanwaltschaft: Weil sie in einer Spendenkampagne Geld für eine zivile Rettungsmission auf dem Mittelmeer sammeln, sollen zwei Dresdner vor der Bundespolizeidirektion Dresden Rede und Antwort stehen. Der Vorwurf: Versuch des Einschleusens von Ausländern.

Seit einem Jahr sammelt der Verein „Mission Lifeline“ Spenden, um mit eigenem Schiff im Mittelmeer Ertrinkende zu retten. Das ist keine neue Idee: Es sind vor allem zivile Rettungsmissionen aus Deutschland und anderen europäischen Ländern, die, oft mit spendenfinanzierten Schiffen, gegen das Ertrinken Tausender Flüchtender im Mittelmeer ankämpfen. Der Dresdner Verein will sich dem anschließen und ab August mit einer 17-köpfigen Crew zu einer ersten Mission aufbrechen. Das wird nun, mutmaßlich von rechts, torpediert.

Während völkische Aktivisten wie die „Identitäre Bewegung“ bereits ankündigten, künftig mit einem eigenen Boot im Mittelmeer die „Rückführung“ von Flüchtlingen zu planen, rufen andere Teile des rechten Spektrums zur Bekämpfung ziviler Rettungsinitiativen auf. Dass ausgerechnet der Dresdner Verein nun im Fokus der Behörden steht, ist einerseits nicht überraschend und doch bemerkenswert. Pegida-Gründer Lutz Bachmann hatte den Verein auf seiner Facebook-Seite schon vor Monaten als „private Schlepperbande“ beschimpft. Vor Gericht gab Bachmann im Januar allerdings klein bei und eine Unterlassungserklärung ab.

Es sind vor allem zivile Rettungsmissionen, die gegen das Ertrinken Tausender Flüchtender im Mittelmeer ankämpfen

Dass nun die Staatsanwaltschaft ermittelt, dürfte auch eine Folge dieser Auseinandersetzung sein. So seien, heißt es bei der Behörde, die Ermittlungen aufgenommen worden, nachdem Dritte Strafanzeige erstattet hätten. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte, man sei gezwungen, den „Sachverhalt zu klären“.

Axel Steier, Vorsitzender von „Mission Lifeline“ und einer der Beschuldigten, bezeichnete den Vorwurf gegen ihn als „völlig absurd und an den Haaren herbeigezogen“. Er fürchte, die Anzeige ziele darauf, Spender abzuschrecken. Das könnte indes auch ins Gegenteil umschlagen. Bis August will der Verein 240.000 Euro einsammeln, knapp 200.000 sind schon zusammen.

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9 Kommentare

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  • Diesen juristischen Ärger hatte schon Rupert Neudeck

  • Ich kannte die bisher nicht. Hab gleich mal gespendet. Schon allein damit der Anzeigesteller sich ärgert.

  • augenblicklich liegt jedenfalls noch keine Straftat vor, weil man juristisch erst in der Vorbereitung ist. Sobald man das erste Mal in See sticht, würde frühestens der "Versuch" beginnen.

    Ob das Verhalten danach strafbar ist, wäre dann zu klären, derzeit ist es definitiv nicht strafbar. Das wird das Ermittlungsverfahren auch ergeben.

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    Ihr macht das moralisch Richtige.

     

    Gesetze ändern sich...

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @Pepe le Pew:

      ja die werden in der nächsten legislaturperiode verschärft, entsprechend des wunsches des demos.

      • @83379 (Profil gelöscht):

        Ja ja, die Diktatur der Masse...leider möglich wenn nicht sogar wahrscheinlich.

        Dennoch bin ich immer froh, erzählen zu können, dass es Menschen gibt die auf diese Diktatur schei*en.

        So als Positivbeispiele :-)

      • @83379 (Profil gelöscht):

        Und wie soll das aussehen?

         

        Etwa ein "Befahrungsverbot" der offenen See für Privatskipper? Die Rettung Schiffbrüchiger ist nämlich verpflichtende Vorschrift internationalen Seerechtes.

         

        Also vielleicht gleich auch noch Verbot und Zwangsauflösung der DGzRS? Ausstieg aus den internationalen Vereinbarungen und der allgemeinen Charta der Menschenrechte?

         

        Was manche Menschen für ihre persönlichen zwei Euro fuffzich Mehrwert auf dem Privatkonto bereit sind für Verbrechen zu begehen, lässt einen rätseln, ob sie tatsächlich jemals die Stufe zu einem verantwortungsbewusstem, zurechnungsfähigen Individuum absolviert haben.

         

        Die Aberkennung der bürgerlichen Rechte wäre da vielleicht gar nicht mal die verkehrteste Idee.

  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    Die sächsische Staatsanwaltschaft? Na dann....

    • @1714 (Profil gelöscht):

      "Die" sächsische Staatsanwaltschaft? Ich fürchte, so_einfach_ist_es_nicht. ;-)