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Anwälte bezahlten GlyphosatgegnerNeues Gift im Pestizidstreit

In der nächsten Woche will die EU über die Zulassung von Glyphosat entscheiden. Ein Kritiker berät Juristen bei Klagen gegen den Hersteller Monsanto.

Streit um Glyphosat: Pestizide verleihen der Ernte eine spezielle Note Foto: dpa

Berlin taz | Christopher Portier, prominenter Kritiker des Pestizids Glyphosat, hat mindestens 160.000 Dollar von Anwälten erhalten, die gegen die Herstellerfirma Monsanto klagen. Das geht aus Aussagen Portiers für ein Gerichtsverfahren hervor, auf die nun der industrienahe Blogger David Zaruk aufmerksam gemacht hat. Für ihn zeigt Portiers Honorar, „wie die ganze Kampagne gegen Glyphosat auf Habgier und Betrug fußte“.

Der Unkrautvernichter Glyphosat ist der meist gebrauchte Pestizidwirkstoff weltweit. Kommende Woche wollen die EU-Staaten darüber abstimmen, ob seine Ende des Jahres auslaufende Europa-Zulassung erneuert wird. Der Umweltausschuss des EU-Parlaments forderte am Donnerstag, das Mittel bis Ende 2020 zu verbieten. Wichtigster Grund ist, dass die Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation (IARC) im März 2015 Glyphosat für „wahrscheinlich krebserregend“ erklärt hat. Portier hatte an den Beratungen der IARC-Wissenschaftler teilgenommen.

In der Woche, in der die IARC ihr Urteil veröffentlichte, unterzeichnete Portier laut Blogger Zaruk Beraterverträge mit zwei US-Anwaltskanzleien. Die Juristen verlangen von Monsanto Entschädigungen für Mandanten, die ihre Krebserkrankung auf Glyphosat zurückführen.

Zaruk wirft Portier „Scheinheiligkeit“ vor, weil dieser viel Geld für Argumente gegen Glyphosat bekommen habe, aber von der Industrie bezahlte Wissenschaftler kritisiere, die möglicherweise aus ökonomischen Gründen ihre Ergebnisse verzerrt hätten. Außerdem habe Portier behauptet, dass er keinen Cent bekommen habe für seine Stellungnahmen gegen das Pestizid.

„Interessenkonflikt offengelegt“

Portier antwortet darauf, dass er alle Briefe über die Glyphosat-Gutachten der EU-Behörden für Lebensmittelsicherheit und Chemikalien sowie der US-Umweltbehörde in seiner Freizeit geschrieben habe. „Ich habe meinen Interessenkonflikt offengelegt“, schreibt der Statistiker der taz. Tatsächlich outete er sich in seinem Brief an die EU-Kommission vom 28. Mai als „Sachverständiger für eine US-Anwaltskanzlei, die an einem Glyphosat-Rechtsstreit beteiligt ist“.

Bei der Krebsforschungsagentur war Portier nicht ordentliches Mitglied der zuständigen Wissenschaftlergruppe, sondern nur „eingeladener Spezialist“. Das sind nach den Regeln der Agentur Experten, die „einen echten oder scheinbaren Interessenkonflikt haben“. Sie dürfen keine Sitzungen leiten, keine Interpretationen von Krebsdaten entwerfen und auch nicht über Schlussfolgerungen abstimmen.

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14 Kommentare

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  • Es scheint, dass Glyphosat weniger schlimm ist, als viele andere Herbizide. Deswegen ist der Einsatz so massiv gestiegen und gerade deshalb ist es so problematisch. Wäre es da nicht sinnvoll, den Einsatz deutlich zurückzufahren? Aktuell wird es z.B. zur Beschleunigung der Reife eingesetzt. Zwischen dem Einsatz und der Ernte des Getreides müsste eigentlich eine bestimmte Frist liegen. Wird jedoch früher geerntet, fällt die Ernte besser aus. Dieser Einsatz wird vom Hersteller in Kauf genommen.

    Würde als Glyphosat wesentlich weniger oft und in geringeren Dosen eingesetzt, wäre dies möglicherweise eine umweltschonende Option.

    Allerdings scheint in dem Bereich von beiden Seiten nicht ganz fair gespielt zu werden. Monsanto korrumpiert die Genehmigungsbehörden und hinter den Gegnern stehen nicht nur heere Interessen. Umgekehrt wären die Gegner aber absolut chancenlos gewesen, wenn sie diese Unterstützung nicht gehabt hätten.

  • Warum immer Monsanto ? Glyphosat ist der Wirkstoff, 2015 haben 91 Firmen Mittel mit Glyphosat hergestellt.

  • Was solls? Spätestens wenn es keine Insekten mehr gibt, und das `Unkraut´auch vergangen ist... dann hat die Pestizidindustrie und deren Aktionäre ihren profitablen Markt verloren.. und was dann?

  • Man stelle sich das umgekehrte Szenario vor: Ein BfR-Mitarbeiter hätte kurz nach Abgabe des Bewertungsberichtes einen Vertrag bei den Monsanto-Anwälten unterschrieben, solche Beträge kassiert und ohne Offenlegung des Engagements agitiert. Was wäre dann los?

     

    Die früheste Offenlegung von Portiers Beratertätigkeit stammt aus März 2016 im Kleingedruckten einer Veröffentlichung, das heißt, ein Jahr lang war er aktiv, ohne den Interessenkonflikt anzugeben. Weder bei seinem Offenen Brief an EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis noch bei der Anhörung im Bundestag hat Portier das angegeben.

     

    Wie gesagt: Wenn das bei der "anderen Seite" passiert wäre, was wäre dann jetzt los?

  • "Christopher Portier, prominenter Kritiker des Pestizids Glyphosat, hat mindestens 160.000 Dollar von Anwälten erhalten, die gegen die Herstellerfirma Monsanto klagen."

     

    Das ließe sich auch völlig anders ausdrücken.

     

    Auch Anwälte können Glyphosatgegner sein. So etwas ist nicht verboten. Und Anwälte haben meist genügend Einkommen, um auch mehr Geld in ihre Sache zu investieren.

     

    So, wie der Satz im Bericht formuliert ist, suggeriert er suspektes Verhalten, woraus sich dann aber die Frage stellt, ob es wohl nur dann seriös wäre, wenn niemand, der es sich leisten kann, die Sache unterstützt.

  • Info.-Empfehlung

     

    Monokultureller Mord

     

    Ökologie Fipronil macht nicht nur die Eier giftig. Es tötet auch Insekten.

    Was noch zum großen Insektensterben führt

    Von Gesa Steeger | Ausgabe 32/2017

     

    User: {...} Erst sterben die Bienen und dann der Mensch wir brauchen keine Kriege auf kurz oder lang erledigt sich die Menschheit schon von selbst.«

     

    Vgl.: https://www.freitag.de/autoren/gsteeger/monokultureller-mord

  • So ein Totalherbizid macht alle Pflanzen total kaputt- macht die ganzen Schar von Bodenlebewesen, die von den Wurzeln leben, total tod- und ist damit das perfekte Instrument zur Einleitung vom Artensterben. Das bisschen Krebs ist da doch das kleinste Übel.

    • @noncarnnever:

      Das stimmt so nicht. Glyphosat blockiert ein Enzym, das Pflanzen zur Herstellung bestimmter Aminosäuren benötigen. Die Wirkung, das Absterben der Pflanzen, sieht gewaltig aus, der chemische Eingriff ist jedoch nur winzig klein. Das vom Glyphosat blockierte Enzym kommt in tierischen und menschlichen Organismen gar nicht vor, deswegen greift der Wirkmechanismus hier nicht. Nach internationalen toxikologischen Standards (z.B. LD 50 Ratte oral) ist Glyphosat weniger giftig als Kochsalz. Deswegen wird es ja auch so breit eingesetzt und deswegen verteidigen die Landwirte diesen Wirkstoff auch so. Schließlich sind sie dem Herbizid am intensivsten ausgesetzt. Das im Biolandbau eingesetzte Insektizid Pyrethrum etwa ist wesentlich giftiger. Die Bio-Alternative Pelargonsäure ist schlechter für die Umwelt, wirkt aber nicht so gut, man braucht also mehr davon. Pelargonsäure wirkt als Kontaktherbizid, das heißt, die Pflanzenmasse wird kaputtgeätzt. Und unter der Säure leidet das Bodenleben.

       

      Glyphosat wird v.a. bei Mulch- und Direktsaatsystemen eingesetzt, die günstig sind für Bodenleben, Insekten, Erosionsschutz und Klimabilanz.

      • @Susanne Günther:

        Genau! so funktioniert Wissenschaft- eine isolierte Erkenntnis zB. (LD 50 Ratte oral) bescheinigt die Unbedenklichkeit eines extremen Pflanzengiftes. Wie sie als Wissenschaftlerin vielleicht wissen, leben im Boden ja nicht nur Ratten, sondern eine unbeschreiblich große Vielfalt und Menge von Kleinstlebewesen (das sog. Edaphon), die das Leben auf der Erde erst möglich machten. Wenn nun auf groß dimensionierten Flächen restlos alle Pflanzen zerstört werden, um danach eine Pflanze wie Mais anzubauen, die hier nicht heimisch ist, dann sind diese Keinstlebewesen längst verhungert und zwar in einer ungeheuerlichen Anzahl. Und das hat das Sterben weiterer und höherer Arten zur Folge, die sich das womöglich alles gar nicht erklären können.

  • Besteht wohl die Möglichkeit, die Glyphosatfrage mit der Studie zu Artensterben und dem demnach belegten Insektenschwund zusammen zu betrachten, zu diskutieren und erst danach Beschlüsse zu fassen?

    • @anyhow:

      Hier sollte aber erst mal ein Verbot erfolgen, danach kann man ja den Nachweis antreten, dass Glyphosat keinerlei negative Auswirkungen auf Mensch und Umwelt hat. Die Zeit läuft....

      • @useless:

        Wenn es nach mir ginge - sofort! Aber wenn ich nach derartigem rufe, werde ich sofort ins Mittelalter - oder mindestens ins vorindustrielle Zeitalter - verbannt. ;-)))

    • @anyhow:

      Nein, Umweltschutz spielt eine stark nachgeordnete Rolle, deswegen ja der Umweg über die Schäden beim Menschen. Schäden für die Natur werden garnicht bestritten.

  • 160.000 US $ für einige Briefe in der Freizeit ...

     

    Wenn das ein Wissenschaftler für Monsanto gemacht hätte, dann wäre das wirklich böse.