Antrag zu BDS-Kampagne: Gemeinsam gegen Israel-Boykott
Union, SPD, FDP und Grüne wollen in seltener Einigkeit gegen den Boykott Israels vorgehen. Ein gemeinsamer Antrag verurteilt die BDS-Kampagne.
In dem Antrag mit dem Titel „Der BDS-Bewegung entschlossen entgegentreten – Antisemitismus bekämpfen“, der der taz vorab vorliegt, wird gefordert, „Räumlichkeiten und Einrichtungen, die unter Bundestagsverwaltung stehen, keinen Organisationen, die sich antisemitisch äußern oder das Existenzrecht Israels in Frage stellen, zur Verfügung zu stellen.“ Die Bundesregierung wird aufgefordert, „keine Veranstaltungen der BDS-Bewegung oder von Gruppierungen, die deren Ziele aktiv verfolgen, zu unterstützen.“
Zudem soll die finanzielle Förderung von Organisationen und Projekten, die zum Boykott Israels aufrufen oder die BDS-Bewegung unterstützen, ausgeschlossen werden. Länder, Städte und Gemeinden werden aufgefordert, sich dieser Haltung anzuschließen.
„Der allumfassende Boykottaufruf führt in seiner Radikalität zur Brandmarkung israelischer Staatsbürgerinnen und Staatsbürger“, heißt es in dem Antrag. „Die Argumentationsmuster und Methoden der BDS-Bewegung sind antisemitisch. Die Aufrufe der Kampagne zum Boykott israelischer Künstlerinnen und Künstler sowie Aufkleber auf israelischen Handelsgütern, die vom Kauf abhalten sollen, erinnern zudem an die schrecklichste Phase der deutschen Geschichte.“
Union will nicht mit Linken
Die FDP-Bundestagsfraktion hatte bereits im April auf Initative der Abgeordneten Frank Müller-Rosentritt und Bijan Djir-Sarai beschlossen, einen ähnlich lautenden Antrag in den Bundestag einzubringen. Offenbar ist es jetzt gelungen, die Fraktionen der Großen Koalition sowie die Grünen-Fraktion zur Zusammenarbeit zu bewegen. „Es ist ein tolles Gefühl, dass wir bei diesem wichtigen Thema überfraktionell einen längst überfälligen Beschluss des Deutschen Bundestags herbeiführen konnten“, sagt Frank Müller-Rosentritt zur taz.
„Das ist ein ganz starkes Signal an unsere israelischen Freunde und alle in Deutschland lebenden Juden. Wir sind uns als Antragsteller einig, dass israelfeindliche Aktivitäten nicht mit öffentlichen Mitteln finanziert werden dürfen“, so Müller-Rosentritt weiter. Dabei gehe es ihm nicht um parteipolitische Profilierung.
Die Grünen haben sich erst am Dienstagabend in der Fraktionssitzung entschieden, den Antrag zu unterzeichnen. Wochenlange Gespräche zwischen den Fraktionen kamen so zum Abschluss. Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen, hat den Antrag für seine Fraktion mitverhandelt. Er sagte der taz: „Der Antrag ist eine interfraktionelle Initiative, und dieses Zeichen der Geschlossenheit des deutschen Parlaments ist wichtig und richtig. Es geht um ein klares Bekenntnis gegen diejenigen Teile der BDS-Bewegung, die mit eindeutig antisemitischen Argumentationen, Stereotypen und Attacken den Staat Israel als Ganzes ablehnen und bekämpfen. Legitime Kritik an der israelischen Regierung, an der israelischen Besetzung und dem Siedlungsbau bleiben selbstverständlich notwendiger Bestandteil eines demokratischen Diskurses für eine friedliche Zwei-Staaten-Regelung.“
Teile des Bündnisses hätten sich auch eine Zusammenarbeit mit der Linksfraktion gewünscht. Dies scheiterte aber bislang an der Weigerung der Unionsfraktion, im Bundestag inhaltlich mit den Linken zusammenzuarbeiten. Ein entsprechender Fraktionsbeschluss wurde im Februar 2018 einstimmig angenommen und gilt auch für die AfD. Auch in den Jahren zuvor haben CDU und CSU keine gemeinsamen Anträge mit der Linkspartei eingebracht.
Die Linksfraktion wird am Mittwochabend zusammenkommen, um ihr Verhalten zum interfraktionellen Anti-BDS-Antrag zu beraten. „Wir sind uns einig, dass wir Boykottaufrufe gegen Israel verurteilen und die BDS-Bewegung nicht unterstützen“, sagte der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Stefan Liebich zur taz.
Die AfD hat in der vergangenen Woche einen Antrag in den Bundestag eingebracht, in dem ein Verbot der BDS-Bewegung gefordert wird. Israel meidet den Kontakt zur AfD. „Mehrere Male hat ihr Führungspersonal Dinge gesagt, die ich als hochgradig beleidigend für Juden, für Israel und für das ganze Thema des Holocaust empfinde“, sagte Israels Botschafter in Deutschland, Jeremy Issacharoff, am Sonntag gegenüber der Nachrichtenagentur dpa.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
FDP-Krise nach „Dday“-Papier
Ex-Justizminister Buschmann wird neuer FDP-Generalsekretär
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Selenskyj bringt Nato-Schutz für Teil der Ukraine ins Gespräch
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Parteitag der CDU im Hochsauerlandkreis
Der Merz im Schafspelz