Antiprostitutionsgesetz in Frankreich: Unter Freiern
In Frankreich ist Prostitution strafbar, aber nur für Kunden. Warum das so ist, erfahren die Männer in verpflichtenden Workshops. Zu Besuch bei einer Unterrichtseinheit.
I nmitten der in einem Halbkreis sitzenden Männer hat sich François Roques auf den roten, fleckigen Teppich des nicht mehr ganz so frischen Neubaus in der südlich von Paris gelegenen Stadt Évry hingekniet. „So mache ich es mit meiner sechsjährigen Tochter, wenn ich ernsthaft mit ihr reden will“, erklärt Roques, der Leiter des Workshops. „Auf Augenhöhe“ – das gelte im Umgang mit allen Frauen. Und übrigens sei er für seine Tochter immer noch auf der Suche nach Unterhosen für Mädchen, auf denen auch Superhelden wie bei den Jungs stehen.
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Der hagere Franzose hat eine komplexe Aufgabe: Innerhalb von drei Stunden soll er fünf Teilnehmer dafür sensibilisieren, dass Sexkauf Gewalt bedeutet. Dabei sieht der pädagogische Psychologe mit seinen vielen Armbänden aus Leder und Metall nicht gerade wie ein Moralapostel aus. Roques arbeitete früher als Experte zu häuslicher Gewalt. Er zieht eine Parallele: „Zu Hause sagt der Täter:,Es ist meine Frau, ich darf mit ihr machen, was ich will.' In der Prostitution: ‚Ich habe sie bezahlt, ich mache, was ich will‘ “.
Freiwillig sind die fünf Männer an diesem sonnigen Nachmittag nicht in den überhitzten Raum der ACJE91 gekommen – einem der rund zehn Vereinen, die in Frankreich im Auftrag des Justizministeriums ein Gesetz umsetzen. Aber wenn die Männer die Sitzung geschwänzt hätten, wäre eine hohe Geldstrafe auf sie zugekommen.
Sie alle sind erwischt worden: in Wäldern, auf einer Straße oder in einer Wohnung. Bordelle sind schon seit 1946 in ganz Frankreich verboten. Aber erst im Jahr 2016 hat die französische Nationalversammlung ein Gesetz verabschiedet, das den Besuch bei Prostituierten unter Strafe stellt. Den Freiern drohen Geldbußen – und sie werden dazu aufgefordert, einen Workshop zu besuchen. Bisher wurden etwa 5.000 Sexkäufer bestraft. Rund eintausend von ihnen nahmen an einem der etwa einhundert Workshops teil. Genaue Zahlen zu den Folgen des Gesetzes gibt es noch nicht.
Hauptsache höflich bleiben
In einem kurzen Gespräch ermutigt Roques seine Teilnehmer dazu, sich frei zu äußern. Hauptsache sie blieben höflich – und die Handys in der Tasche. Schweigen sei erlaubt.
Das tut ein Mittvierziger konsequent. Kaki-Cargohose, muskulöse Arme, lockerer Körper – er gibt keinen Ton von sich. „Aber in seinem Blick bewegte sich viel“, versichert Roques später.
Ein gepflegter und gebräunter Mann um die 60 benimmt sich so unauffällig wie möglich. Glatze, weiche Schuhsohlen, schwarze Kleider – er nickt zustimmend zu allem, was gesagt wird, und redet karg. „Prostitution als Beruf?“ fragt Roques. „Das wäre komisch“, lautet seine längste Antwort.
Pablo, 61, der behauptet, die Prostituierte habe ihn zum Sex verführt und er würde es niemals wieder tun
Der dritte Mann, ein magerer, 61-Jähriger aus Spanien, den wir hier Pablo nennen wollen, weil die richtigen Namen der Freier nicht erwähnt werden können, hat schmutzige Nägel und funkelnd blaue Augen. Erst kurz vor Schluss der Session sprudelt es aus ihm in gebrochenem Französisch heraus: „Es war mein erstes Mal, ein unkontrollierter Trieb.“ Seine Frau dürfe es auf gar keinen Fall erfahren. Er habe sie niemals betrogen, er würde es nie wieder tun. Die Prostituierte habe ihn verführt. Schuld sei ein Freund, der ihn auf die Idee gebracht habe. Echt? Das Herausreden sei sehr verbreitet, so Roques.
Pablo kommt erst zum Sprechen, nachdem Roques auf kostenlose Therapien hingewiesen hat, etwa für Männer, die ohne Sex Todesängste verspürten. Wenige Behandlungen reichten aus. Häufig helfe schon seine nächste Folie: „Atmen, trinken, essen und schlafen sind Bedürfnisse, die überlebenswichtig sind. Ein Mangel an sexuellen Beziehungen hat bisher niemanden umgebracht. Keine wissenschaftliche Studie hat je belegt, dass Ejakulationen in einen anderen, menschlichen Körper für einen Mann notwendig seien. Nur eine patriarchalische Sicht, die Männer und Frauen nicht gleichstellt, lässt solche falsche Aussagen zu.“
Ein 49-Jähriger, der hier Pierre genannt werden soll, grummelt: „Ohne Sex ist das Leben aber langweilig.“ Der verheiratete Vater von drei erwachsenen Kindern sei jemand, der „Sex liebt und braucht“, so sagt er. Mit seiner Frau könne er „alles Mögliche“ machen. Aber auf Geschäftsreisen habe er so „zwei bis dreimal pro Jahr“ für Sex bezahlt, auch in Deutschland. Jetzt nicht mehr. Um seine Energie zu kanalisieren, mache er mehr Sport. Er sei schlanker und fitter geworden. Seine Frau wisse von nichts.
Extrovertierter ist der 29-jährige Martin, ein in kurzärmligem Hoodie lässig-modisch gekleideter, sympathisch aussehender Lastwagenfahrer. Mit zwei Freundinnen und seinem besten Freund habe er über den Workshop geredet – nicht in der großen Clique. Die Argumentation der Gesetzesgegner ist ihm geläufig. Bei einer Prostituierten, so sagt Martin, gefalle es ihm, dass er sich nicht auf ihre Emotionen einlassen müsse. Er bekomme direkt, was er wolle. Er sei Single, er bekomme keine Frau. In dem Workshop ist er der Redseligste.
Mit heruntergelassener Hose erwischt
In einem anderen Workshop in Paris hat einer der Teilnehmer leicht schockiert berichtet, er habe noch mit heruntergelassener Hose da gestanden, als mehrere Gendarmen plötzlich um ihn herum seine Wohnung stürmten. Bei der Überwachung einer Website hatte die Polizei beobachtet, wie Menschenhändler eine minderjährige Frau zu seiner Adresse geschickt hatten.
Der Mann erzählte, die Frau, die vor seiner Tür stand, habe jünger als auf der Anzeige ausgesehen – und sie habe ängstlich gewirkt. In dem Workshop verkaufte der Mann es als Mitgefühl, dass er sie nicht penetriert habe, sondern sich nur oral befriedigen ließ. Er habe sich bei dieser Erzählung offenbar großzügig gefühlt, kommentiert der Workshopleiter Frédéric Boisard.
Beim Minderjährigen drohen Freiern Haftstrafen. Allerdings drücken viele Polizisten und die Justiz noch oft ein Auge zu. Wenn die Frauen nicht erkennbar unter 18 Jahre alt sind, bekommen die Männer häufig nur eine Geldbuße und den Workshop.
„In den Städten, wo Beamte geschult sind – da klappt es besser. Wir brauchen mehr Schulungen“, fordert die sozialistische Politikerin Maud Olivier, auf deren Initiative das Gesetz gegen die Freier zurückgeht. Sie ärgere sich über Polizisten oder Präfekturen, die nur eine Mahnung oder einen Workshop vergeben: „Die Bußgelder brauchen wir, um mehr Frauen einen Ausstiegsparcours anbieten zu können.“
Zurück zum Halbkreis in Évry. Um die Männer für seine Argumente einzunehmen, greift François Roques zu verschiedenen Registern: Slang, Charme, Provokation, Fakten, Emotionen – und er plaudert gerne privat. Seine Freundin würde er abends nie wecken, sagt er. Auch wenn sie es sich ausdrücklich wünsche: „Wenn sie schläft, dann schläft sie.“ Am nächsten Morgen könnten sie alles nachholen – und mal zu spät bei der Arbeit ankommen.
Streng kann er aber auch. Zum Beispiel in seiner Einleitung. Mit einem schmetternden „Meine Herren!“ betritt er das Zimmer. Roques hat schon zwanzig ähnliche Workshops geleitet. Er hat sie gemeinsam mit Maud Olivier erfunden, die heute anwesend ist, um einen kurzen Vortrag zu halten und die Fragen der Männer zu beantworten.
Der Text der Aussteigerin
Nach seiner Einleitung liest Roques einen Text vor, das wedelnde Blatt in der Hand: „Über zwanzig Jahre habe ich mich prostituiert. Im Halbschatten der Bars habe ich mich allen Wünschen der Kunden unterworfen.“ Der Text stammt von einer Aussteigerin.
„Die Quelle bitte“, unterbricht ihn Martin. „Kommt noch“, winkt Roques herrisch ab und fährt fort. „Im Namen aller Frauen, die keine Stimme haben, teile ich Ihnen heute meine Wut mit. Was glauben Sie denn? Dass unser Schweigen unsere Zustimmung ausdrückt? Aber schauen Sie Sich an! Wir schweigen wegen Ihres Urteils, wegen Ihrer Verachtung! Denn entweder fürchten wir uns oder wir schämen uns!“
François Roques, Psychologe und Leiter des Workshops, zu den anwesenden Männern
In anderen Workshops war Rosen Hicher, die Autorin des Aufrufs, schon anwesend, um ihren Text selbst vorzulesen. Viele Freier sagten, sie würden doch der Frau mit ihrem Geld helfen, berichtete Hicher vor Kurzem in einer Publikation von „Le Mouvement du Nid“, einer Organisation, die Frauen beim Ausstieg berät. „Tja, an dem einen Tag“, antworte Hicher. Aber am nächsten Tag bräuchten die Frauen wieder Geld und müssten wieder anschaffen gehen. „Am Ende fangen die Freier an nachzudenken“, sagt Hicher über den Effekt ihrer Vorträge.
Nach Verlesen des Briefs gibt Roques den Teilnehmern etwas Zucker. Er wolle sie nicht als Arschlöcher beschimpfen – er würde so etwas auch nicht denken. „Ich will nur, dass Sie keinen Sex mehr kaufen. Meinetwegen nur aus Angst vor der Strafe.“
„Wiederholung“ hat Roques groß und mit rotem Farbstift auf die nächsten Folie geschrieben – darunter fett die Höhe der Geldstrafe: 3.750 Euro. Beim ersten Mal sind es maximal 1.500 Euro. Die genaue Summe liegt im Ermessen der Präfekten in jedem Département. Die fünf Männer von Évry sind relativ glimpflich davongekommen: Im hiesigen Département werden beim ersten Mal fast nie Geldbußen verhängt, es bleibt nur beim Workshop, für den eine Gebühr von 65 Euro fällig wird. Anderswo koste der Workshop 250 Euro, sagt Roques den Freiern zum Trost.
Die Strafe kann sich noch ganz wesentlich erhöhen, droht Roques: Ist die Frau minderjährig, schwanger oder behindert, werden bis zu fünf Jahren Haft und 75.000 Euro fällig. Ist sie unter 15 Jahre alt, dann können bis sieben Jahren und 100.000 Euro Strafe verhängt werden.
„Na ja“, murmelt Martin. „Unter 15 – das kriegt man schon mit“. Roques: „Aber unter 18, schwanger oder behindert – fragen Sie die Frau? Sagt sie die Wahrheit? Unwissen befreit nicht von Schuld.“ Der Staatsanwalt prüfe das ganz genau.
Martin spielt Klassenbester: „Das heißt also, nicht die Prostituierte klagt uns an – sondern der Staat?“ Roques nickt. Der Eintrag bleibe im Führungszeugnis sichtbar, aber nur für die Polizei und die Justiz.
Schnellkurs in Sachen Prostitution
Nach einer Pause folgt eine Art FAQ über Prostitution. Die Teilnehmer schlagen Antworten vor, die Lösung folgt auf der nächsten Folie. Durchschnittliches Einstiegsalter? 14 Jahre. Lebenserwartung? 40 Jahre. Wie viele Minderjährige? Ein Drittel – weltweit drei Millionen. Durchschnittliche Zahl von Freiern am Tag? 30, in extremen Fällen 80.
Die Quellen seiner Zahlen hat Roques unten auf seine Folien eingetragen – Untersuchungen im Auftrag der Regierung, Studien von Beratungsstellen oder aus internationalen wissenschaftlichen Publikationen. Und Roques erzählt auch gerne persönlich: Eine Aussteigerin habe ihm berichtet, sie habe pro Kunde den ganzen Tag denselben Song aufgelegt, maximal fünf Minuten. Die Männer seien durch eine Tür herein und durch eine andere Tür wieder hinaus gegangen.
Nachdenkliches Schweigen in der Runde. Roques gibt an, auch er gehöre zu einer Generation, in der Prostitution früher normal gewesen sei. Als Kind habe er mitbekommen, wie manche Männer seines Rugby-Vereins, mit denen er nach Paris im Bus gefahren sei, ganz selbstverständlich einen Umweg zu den Prostituierten gemacht hätten. Heute sei er froh, dass seine sechsjährige Tochter in einer Gesellschaft aufwachse, in der Männer keine Frauen mehr kaufen dürfen.
„Warum prostituieren sich Menschen?“ Über vier Folien folgt die Antwort. Es sei keine freie Wahl, sondern entstehe aus einer besonderen Vulnerabilität der betroffenen Frauen. Zu 90 Prozent seien sie Opfer vom Menschenhandel und zu 80 Prozent Ausländerinnen. Mindestens 80 Prozent hätten vorher in ihrem Leben Gewalt erlebt und 38 Prozent eine Vergewaltigung, häufig durch die Zuhälter. „In jeder Prostituierten steckt ein ermordetes, kleines Mädchen“, steht auf der nächsten Folie.
Drei Optionen hat die Politik im Umgang mit der Prostitution. Die erste: Vieles erlauben, bei dem kein Zwang erkennbar ist. Diese Regelung verfolgt Deutschland, auch mithilfe des Prostituiertenschutzgesetzes (ProstSchG). Ziel ist es, eine saubere, legale „Sexarbeit“ zu ermöglichen und diese vom strafbaren Menschenhandel zu trennen. Seit 2017 gilt eine Anmeldepflicht für Prostituierte als Selbstständige. Allerdings sind dem bis heute nur knapp 25.000 Personen gefolgt. Auch die verbriefte Möglichkeit zu Krankenversicherung nutzen nur sehr wenige.
Zweite Option: Jedwede Prostitution verbieten. Menschenhändler werden verfolgt – vor allem aber die Frauen, die 85 Prozent der Prostituierten ausmachen.
Dritter Weg: das Nordische Modell, 1999 in Schweden entstanden. Es gilt auch in Norwegen, Island, Kanada, Irland, Nordirland, Israel – und seit 2016 in Frankreich. Prostituierte werden entkriminalisiert. Beim Ausstieg erhalten sie Therapien, Geld und eine Aufenthaltserlaubnis. Verfolgt werden nicht sie, sondern die Sexkäufer. Wer in welcher Form auch immer von Prostituierten profitiert, etwa ihnen Räume zur Verfügung stellt, macht sich strafbar. (taz)
Nächste Frage: „Wer nutzt ihre Vulnerabilität aus?“ Martin: „Die Zuhälter – und auch wir beuten sie aus.“ Roques nickt zufrieden: „Vor sechs Jahren erwähnten die Teilnehmer nur die Zuhälter“, sagt er.
Und was sei mit der Studentin, die er neulich im Fernsehen gesehen habe, hakt Martin nach. Durch Prostitution hätte sie Geld für ihr Studium und Macht über die Männer. „Wozu brauchte sie denn Macht über die Männer? Warum hat der Journalist nicht danach gefragt“, erwidert Roques. „Wie war es mit Papa oder mit dem Onkel, als sie klein war?“ Dahinter stecke immer ein Trauma.
Wie vielen Frauen beim Ausstieg schon geholfen wurden, möchte Martin wissen. Rund 600 Frauen seit 2016 findet er wenig. „Ganz ihrer Meinung“, sagt die anwesende Politikerin Maud Olivier. „Uns fehlen die Mittel. Wir brauchen qualifizierte Menschen. Die Frauen Therapien und mehr als 350 Euro für sich im Monat.“
Nicht jede/r findet das Gesetz richtig
Vor neun Jahren erschien ein Manifest der selbsternannten „343 Bastarde“ – bekannte Männer aus Kultur, Medien und Politik. Unter dem Titel „Hände weg von meiner Nutte“ verteidigten sie ihr Recht auf den Sexkauf. Sie seien dezidierte Gegner von Menschenhandel, argumentierten sie. Die Regierung müsse alles in ihrer Hand stehende dagegen unternehmen.
Eine ähnliche Haltung vertritt heute in Frankreich fast nur noch der Strass. Die Abkürzung steht für „Syndicat du Travail Sexuel“, die sich selbst als eine Gewerkschaft der „Sexarbeiterinnen“ bezeichnet. Das wiederum bezweifelt die große, kommunistisch geprägte Gewerkschaft CGT. Arbeitgeber aus dem Sexgewerbe seien Mitglieder vom Strass. Das sei keine Gewerkschaft, sondern ein korporatistischer Verein. Er stehe im „radikalen Widerspruch mit den Organisationen, die das Recht der Arbeiter:innen vertreten“. Sein Hauptziel sei es, die Freiheit zu retten, ausbeuten zu dürfen, so Sophie Binet und Sabine Reynosa von CGT. „Der Strass verteidigt die Zuhälterlobbys, nicht die Frauen“, sagt dazu die sozialistische Politikerin Maud Olivier.
Der Strass schreibt hingegen auf seiner Webseite: „Seit 2016 leiden Sexarbeiterinnen in Frankreich unter den Folgen der Kriminalisierung von Kunden: erhöhte Prekarität, Verlust der Verhandlungsmacht, Gewalt am Arbeitsplatz, auch durch die Polizei, reduzierter Gebrauch von Kondomen und riskantere Praktiken für unsere Gesundheit und Sicherheit.“
Auf die Argumente pro „Sexarbeit“ antwortete die Aussteigerin Rosen Hicher: „Viele sind daran gestorben und werden noch daran sterben. Überlebt man, dann ist man für immer zerstört. Sie reden von gesundheitlichen Risiken, von Dunkelfeld. Aber das Dunkelfeld ist im Zimmer, sobald die Tür zugeschlossen wird und wir den Kunden ausgeliefert sind! Was unsere Gesundheit ruiniert, ist nicht der Ort der Prostitution. Es ist die Prostitution.“
Nicht das Gesetz schade den Frauen, ergänzt Maud Olivier, sondern die häufige Wiederholung von ungewolltem Sex, die der Prostitution inhärent sei. Das greife den Körper und die Gesundheit der Frauen an – zusätzlich zu der verbreiteten sexuellen, körperlichen und psychischen Gewalt in dem Milieu.
„Das ist aber umstritten“, zweifelt Kursteilnehmer Martin. „Und das bleibt sicher eine Weile so“, kontert Roques. Ihm gefalle es auch nicht, auf der Autobahn maximal 130 km/h zu fahren. Aber es sei das Gesetz, ob es einem gefalle oder nicht.
Es bekämpfe die Vorstellung, weibliche Körper stünden Männern jederzeit zur Verfügung, indem sie bezahlen oder vergewaltigen. Prostitution sei die Basis der Rape Culture, sagt Maud Olivier. Und das Ganze sei ein Zeugnis par excellence der Geschlechterungleichheit – mit 85 Prozent Frauen unter den Prostituierten und 99 Prozent Männern unter den Käufern.
Die erwischten Freier Pablo und Pierre wollen mit ihren Söhnen und Freunden über das Gesetz reden – mit ihren Töchtern eher nicht. Selber wollten sie nicht mehr zu Prostituierten gehen. Auch Martin will keine neue Strafe riskieren.
„Und wenn Sie überhaupt wieder hingehen“, sinniert Maud Olivier, „dann wird es für sie jetzt anders sein.“
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