Antifa-Kongress in München: NSU-Verweise und Gewaltdrohungen
Beim Kongress im Münchner DGB-Haus wird vor rechter Gefahr gewarnt. Auf der Straße davor verherrlicht ein Nazi-Grüppchen den NSU-Terror.
„Antifa-Terror zu Gast beim DGB“, lautete dort eine Parole. Die bayerischen AfD-Spitzenköpfe zeigten sich – der Landesvorsitzende Petr Bystron oder Wolfgang Wiehle vom Münchner Kreisverband und ehemals CSU-Stadtrat. Beide sind in den neuen Bundestag gewählt worden. Doch mehr als 50 AfD-Anhänger waren nicht gekommen.
Von der anderen Richtung stieß man auf den Wagen der Pegida München, die dort Demonstrationen über drei Tage hinweg genehmigt bekam. Meist bestanden diese aus weniger als zehn Leuten. Trotzdem sagt Matthias, ein Sprecher des Antifa-Organisationsbündnisses, der seinen Nachnamen nicht nennt: „Wir sind von zwei rechten Kundgebungen eingekesselt, um zum Kongress zu gelangen, muss man regelrecht Spalier laufen.“
Ein Antifa-Kongress, die Rechten und der DGB – schon im Vorfeld sorgte diese Konstellation für erhebliche Spannungen. Der DGB hatte die Antifa kurzfristig vor die Tür gesetzt, weil die ihm angehörende Gewerkschaft der Polizei (GdP) sich gegen die Veranstaltung im DGB-Haus gestellt hatte.
Nach massivem Protest aus dem Gewerkschaftslager und von Parteien sowie einer klaren Distanzierung von Gewalt durch die Antifa wurde das Haus nun doch am Wochenende zur Heimstätte der Antifaschisten. Vor wenigen Tagen wiederum erschienen auf rechten Homepages Gewalt- und sogar indirekte Morddrohungen gegenüber den Aktivisten.
600 Teilnehmer – mehr als erwartet
Die Polizei allerdings verhinderte das Aufeinandertreffen von Rechtsradikalen und Antifa mit Absperrungen und großem Aufgebot, teils bestehend aus Kräften des bayerischen Unterstützungskommandos (USK). Dieses wird eingesetzt, wenn größere Auseinandersetzungen zu erwarten sind. Gewalttätigkeiten blieben aber aus. „Wir machen hier ein offenes Haus“, sagt der Organisator Matthias. „Das ist kein Geheimtreffen, sondern es zeigt die Breite der antifaschistischen Bewegung.“
Drinnen ist es voll bei den Vorträgen und auf den labyrinthischen Gängen des Hauses. 600 Teilnehmer sind zu dem Kongress gekommen, mehr als von den Veranstaltern erwartet. Ein „Erfolg“, heißt es in einer Mitteilung, am Samstag konnten wegen Überfüllung keine weiteren Besucher rein gelassen werden. Nach 2014 ist es der zweite Antifa-Kongress in der bayerischen Landeshauptstadt.
Man ist sich einig, dass rechte Gesinnung mehr und mehr um sich greift und man sich verstärkt dagegenstellen müsse. Das ist das Band, welches den Antifa-Kongress zusammenhält. Viele junge Menschen sind gekommen, die politische Haltung reicht von zart links bis linksradikal. Die Gruppe der Gegner draußen war äußerst überschaubar. Allerdings sei zu erkennen, so sagt DGB-Landeschef Matthias Jena vor Ort, wie die AfD „gemeinsame Sachen mit Faschisten macht“. Diese zeigten sich auf der Pegida-Seite offen: Der Neonazi Karl-Heinz Statzberger war am Samstag da.
2004 war er wegen des geplanten Bombenanschlags auf die Jüdische Gemeinde in München zu mehr als vier Jahren Haft verurteilt worden, heute unterstützt er Angeklagte im NSU-Prozess. Pegida-Chef Heinz Meyer präsentierte sich per Foto auf einem Monitor mit Paulchen-Panther-Figuren – eine klare Anspielung auf die Bekenner-Videos der NSU-Mörder. In einem Gedicht heißt es dazu: „Von jetzt an, da ist eines klar: Das Paulchen jagt bald Antifa.“ Zudem wird eine Anspielung auf das von dem Rechtsradikalen Gundolf Köhler verübte Oktoberfest-Attentat 1980 mit 13 Toten gemacht.
Düstere Aussichten
Der Antifa-Sprecher kritisiert: „Da ist die Polizei nicht eingeschritten.“ Laut Polizeiangaben laufen strafrechtliche Ermittlungen. Der Zukunftsblick von Sprecher Matthias ist düster: „Wenn Nazis mit Gewalt drohen, dann setzen sie das auch um.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Schraubenzieher-Attacke in Regionalzug
Rassistisch, lebensbedrohlich – aber kein Mordversuch