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Anti-AKW-Aktivistin klagt erfolgreichZu Unrecht observiert

Cécile Lecomte wurde von der Bundespolizei zu Unrecht überwacht und in einem Fahndungssystem geführt. Das entschied das Verwaltungsgericht Hannover.

Aktivistin im Visier der Bundespolizei: Cécile Lecomte, hier 2022 auf einer Anti-AKW-Demo in Lingen Foto: dpa | Markus Hibbeler

Hamburg taz | Die Lüneburger Anti-AKW Aktivistin Cécile Lecomte hat erfolgreich gegen die Fahndung und verdeckte Überwachung durch die Bundespolizei geklagt. Die Bundespolizei hatte sie zwei Jahre lang im polizeilichen Informationssystem Inpol geführt und darum wurde Lecomte jedes Mal gründlicher kontrolliert als Mitstreiter*innen. Das Gericht urteilte jetzt: Das war rechtswidrig.

Die verdeckte Überwachung fand rund um den Protest gegen einen Castor-Transport 2020 aus dem britischen Sellafield nach Biblis statt. Mehrere Wochen wurde Lecomte damals überwacht, die Polizei erlaubte das Anfertigen von Bild- und Tonaufzeichnungen bis zum Ende des Transportes.

Die Polizei begründete diese Anordnung damit, dass die Aktivistin sich und andere mit ihren Kletter-Aktionen in Gefahr bringen könnte. Außerdem sollten weitere Aktionen verhindert werden, so die Polizei. Es lagen allerdings keine Beweise dafür vor, dass weitere Protestaktionen geplant waren. Diese verdeckte Überwachung war ebenfalls rechtswidrig.

Die Kammer stand Lecomte am Mittwoch außerdem zu, eine erfahrene Kletterin zu sein: „Die Klägerin hat in der Vergangenheit stets darauf geachtet, Bereiche in der Nähe von elektrifizierten Oberleitungen zu meiden“, heißt es vonseiten des Gerichts.

Aktivistin seit über 15 Jahren

Erfahren ist Cécile Lecomte tatsächlich. Seit über 15 Jahren ist die auch als „Eichhörnchen“ bekannte Klimaaktivistin auf Protest-Aktionen unterwegs. 2010 hat sie mit Mitgliedern von Robin Wood einen Castor-Transport bei Greifswald und 2016 eine Uran­ladung zwischen Hamburg und Bremen gestoppt. Aufgrund ihrer Autoimmun-Erkrankung nutzt sie einen Rollstuhl, der auch mal beim Klettern dabei ist. Neben ihrem Aktivismus ist sie auch Journalistin und gibt Kletterkurse.

Nach der dreistündigen Verhandlung erklärte Cécile Lecomte: „Die Missachtung von Grundrechten ist gefährlich, nicht der Protest gegen die Atomkraft und Klima­killer!“

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10 Kommentare

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  • @LOWANDORDER

    Ich war offensichtlich noch naiver, als ich mir vorstellen konnte. Danke für die Klarstellung.

    @MARTIN REES

    Ja, so sollte es wohl sein.

  • "Nach der dreistündigen Verhandlung erklärte Cécile Lecomte: „Die Missachtung von Grundrechten ist gefährlich, nicht der Protest gegen die Atomkraft und Klima­killer!“..."



    //



    Da ist sie dann jetzt praktisch 'rehabilitiert' aber nicht entschädigt?



    Dass es schlimmer sein kann, dafür gibt es auch Beispiele:



    //



    "Rechtsstaaten bieten keine Gewähr, dass in ihnen alles nach Recht und Gesetz vor sich geht. Aber sie sollen garantieren, dass Rechtsbrüche geahndet werden und Rechtsopfern Gerechtigkeit widerfährt. Vor ihrem Gesetz und nur vor ihrem Gesetz sind alle Menschen gleich, der Bundespräsident und der mutmaßliche Extremist. Murat Kurnaz muss niemandem sympathisch sein. Sympathie darf überhaupt keine Rolle spielen. Er hat Rechte, Menschenrechte, die nicht verhandelbar sind und nicht abhängen von seinem Aussehen, seiner Religion oder seiner Reiseroute."



    Text von Navid Kermani



    //



    taz.de/!299441/



    //



    Weiter steht dort:



    "Macht nicht genau das den Rechtsstaat aus, dass er auch die rechtsstaatlich behandelt, die ihn bekämpfen? Stattdessen wurde Kurnaz von deutschen Beamten zunächst denunziert, später mehrfach verhört und nach eigenen Aussagen, die von fast allen Mitgliedern des Untersuchungsausschusses als glaubwürdig eingestuft worden sind, geschlagen und beleidigt."



    Kritisch sein und mit gesunder Skepsis agieren, das ist eine Strategie, die nicht nur einem selbst helfen kann.

  • Eigentlich... sollte so etwas Konsequenzen haben?

    Oder habe ich eine viel zu naive Vorstellung von Rechtssssstaat?

    • @tomás zerolo:

      Short cut -

      Wennste dir als altgedienter Dienstrechtler nur mal vor Augen hälst:



      Daß die Vorsitzende Richterin vom VG Weimar oder war’s Gera? - nen satten Pfefferminzschlag kriegte - als zwei als Zeugen!!! - geladene Bundespolizisten ihr Zuspätkommen damit zu entschuldigen suchten “SIE HÄTTEN SICH ERST NOCH MIT DER “Obersten HEERESLEITUNG TELEFONISCH ABSTIMMEN MÜSSEN! UND DAS HABE HALT GEDAUERT!“



      Dann denkste: Ja - So rechtsinaffin sinnse aufgestellt! Kennste.



      Und die deutlichen Worte der Frau Vorsitzenden¿ - auch gern schriftlich!



      BEWIRKEN - NIX - • WIE HIER! Woll.

      unterm—- Reminiszenz —



      Das verwundert angesichts des lediglich leicht übertünchten paramilitärischen Charakters des BUNDESGRENZSCHUTZES - fake aka - Bundespolizei nicht! Nein nicht wirklich



      &



      Frauman könnte es besser wissen!



      Oh ja. Denn post WK II in den 50/60ern



      War die landläufige Polizei von schwer militärischem Gehabe - “Hein Zackig“ -geprägt und führten sich auch so auf! Woll (gern ja bis heute wieder verstärkt! Oil of Olaf I. 🙈 läßt Grüßen!)



      Rekrutierte diese Bullerei - sich doch bis in die “Offiziersebene“ PolRäte OberRäte etc - aus den PolBtl. WK II - die bekanntlich die ”Drecksarbeit“ - Erschießungen etc hinter den Linien der Wehrmacht und der Waffen/SS erledigt hatten! Soziologische Kontinuität! Gelle.



      &



      (kl. Vergifteter Bonmot am Rande:



      Kurvte meine Freundin im Wagen ihres Vaters (PolRat - Ermittlungsverfahren wg Erschießungen!) mit immer demselben Nummernschild durch die Town.



      Wurden wir praktisch an fast jeder Kreuzung (“Ah der Wagen vom Alten!“)



      Militärisch zackig gegrüßt! Der Oberprimaner grüßte lässig zurück!;))



      Und Lübeck hat doch schonn einige Kreuzungen!;)

      kurz - Ohne Revirement - an Haupt und Gliedern ist da wenig Hoffnung •



      & btw die ganzen staatstragenden gleich welcher politischer Couleur!!! - DOCH DOCH - WOLLEN DAS AUCH GAR NICHT



      THAT‘S FAKT •

  • Ach was! ©️ Vagel Bülow

    BGS - “Das ist des Grenzers Sonnenschein -



    Schlach Hacken & Besoffensein!“



    Klebst du statt BGS - Huch - “Bundespolizei“ aber vorne dran.



    Nö. Ändert sich dich doch jarnüscht!



    Paramilitärisch bleiben‘s - Frau wie Mann.



    Recht&Gesetz¿ - Verfassung¿ - stören nur!



    “Wir drehen alles auf die alte Tour!“

  • Cécile ist ja nicht nur AKW-Aktivistin. Sie sitzt auch im Rollstuhl. Ableismus lässt grüßen.

    • @Troll Eulenspiegel:

      ABLEISMUS



      Länger nichts von echten Piraten ohne Scheuklappe(n) gehört?



      Hier ist was:



      "Am 2. August berichtete bahnblogs über einen Vorfall in Göttingen. Dabei wurde die Behindertenrechtsaktivistin Cécile Lecomte durch Mitglieder der Bundespolizei gewaltsam aus einem ICE entfernt, weil der einzige Rollstuhlstellplatz in Konkurrenz zu einem Kinderwagen stand."



      piraten-nds.de/202...denlose-frechheit/



      //



      Das wehrhafte🐿️ hat aber auch standhafte Unterstützer:innen, die sich erinnern können🏴‍☠️

      • @Martin Rees:

        unfaßbar - mit BGS zu “Bundespolizei“ - Hat mann offensichtlich - ganz ab von den nicht ausgeräumten verfassungsrechtlichen Bedenken - Ersichtlich den Bock zum Gärtner gemacht! Bodenlos •

  • Und ?



    Hat das für die Verantwortlichen der rechtswidrigen Polizeimaßnahmen irgendwelche Konsequenzen ?



    Eine Rüge? Einen Eintrag in die Personalakte? Versetzung? Beförderungssperre?

    Vermutlich nichts von dem.

    Also: Business as usual.

  • ganz herzliche gratulation an cécile!