Anhörung zur Wahlrechtsreform: Mit dem Grundgesetz vereinbar
Die Ampel will den Bundestag verkleinern. Bei der Anhörung im Ausschuss zeigt sich: Die meisten Sachverständigen haben keine Bedenken.
Allein die beiden Expert*innen, die auf Vorschlag der Union Stellung nahmen, formulierten verfassungsrechtliche Bedenken. Ihr Hauptproblem: dass die Wahlkreisstimme, mit der die Direktkandidat*innen im Wahlkreis gewählt werden, an Bedeutung verliere. Die Wahlkreisstimme werde zu Beiwerk degradiert, sagte etwa die Jura-Professorin Stefanie Schmahl von der Universität Würzburg. Das verletze die Unmittelbarkeit der Wahl und sei verfassungsmäßig problematisch.
Mit dem Gesetzentwurf, den die Ampelkoalition in den Bundestag eingebracht hat, soll das Parlament auf seine Richtgröße von 598 Abgeordneten begrenzt werden, derzeit sind es 736. Dafür sollen Überhang- und Ausgleichsmandate wegfallen. Diese entstehen, wenn eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate holt, als sie nach dem Zweitstimmenergebnis bekommen würde. Nach den Berechnungen der Ampel wären von der Reform alle im Bundestag vertretenen Fraktionen gleichermaßen betroffen.
Schafft man die Überhang- und Ausgleichsmandate ab, kann es passieren, dass jemand, der einen Wahlkreis gewonnen hat, nicht in den Bundestag einzieht. Hier setzt die Kritik der Union und der von ihr geladenen Expert*innen an. Die anderen acht Sachverständigen kritisierten dies nicht. Bei drei von ihnen ist das nicht überraschend, sie haben an dem Gesetzentwurf der Ampel mitgearbeitet. Sophie Schönberger von der Universität Düsseldorf, die auf Vorschlag der SPD geladen war, hat das aber nicht. In der Anhörung betonte sie sogar, dass sie ein anderes Konzept bevorzugt hätte. Sie sagte aber auch, dass der Vorschlag der Ampel „einen gordischen Knoten“ durchschlage. Er sichere die vorgesehene Größe des Bundestags und die Proportionen des Wählerwillens. Beides sei jahrzehntelang nicht der Fall gewesen.
Gesetzentwurf soll bis Ostern verabschiedet werden
Auch Uwe Volkmann von der Uni Frankfurt, der auf Vorschlag der Grünen dabei war, sprach von einer „großen politischen Leistung“, die viele dem politischen System nicht zugetraut hätten. Beide betonten, dass aus ihrer Sicht der Gesetzentwurf grundgesetzkonform sei. Schönberger machte klar, dass das deutsche Wahlrecht im Kern ein Verhältniswahlrecht sei und der Gesetzgeber deshalb regeln könne, wie genau die von den Parteien errungenen Sitze besetzt werden.
Besonders deutlich machte dies Jelena von Achenbach von der Universität Gießen, die an dem Entwurf mitgearbeitet hat. „Es gibt keinen Anspruch auf ein Wahlkreismandat“, so die Juristin. Entscheidend seien die gesetzlichen Bestimmungen. Das jetzige Wahlrecht dürfe nicht zum Maßstab der Verfassungsmäßigkeit gemacht werden. Tarik Tabbara, Professor aus Bremen und von den Linken geladen, argumentierte für ein Ausländerwahlrecht, was im Entwurf der Ampel nicht vorgesehen ist. Einen von der AfD vorgeschlagenen Sachverständigen gab es nicht. Der Gesetzentwurf wird nun parlamentarisch weiter beraten, die Ampel will ihn bis Ostern verabschieden. Das ist mit einfacher Mehrheit möglich. Die CSU will dann klagen.
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