Angriffe auf Nigerias Ölindustrie: Die „Rächer des Niger-Deltas“
In den Ölgebieten hat offenbar ein neuer bewaffneter Aufstand begonnen. Eine bislang unbekannte Gruppe bekennt sich zu den Anschlägen.
Bei Einsätzen in den vergangenen Tagen sind auch fünf Polizisten und drei Soldaten ums Leben gekommen. Nigerias Ölproduktion ist nach offiziellen Angaben auf das niedrigste Niveau seit 1994 gefallen.
Die NDA, bisher völlig unbekannt, schreibt auf ihrer angeblichen Homepage, sie wolle für eine gerechtere Verteilung der Öleinnahmen kämpfen. Unterzeichnet hat die Einträge ein Madoch Agbinibo.
Nigeria ist der weltweit sechstgrößte Öllieferant, doch Schätzungen zufolge lebt mehr als die Hälfte der rund 180 Millionen Einwohner unterhalb der Armutsgrenze. Es könne nicht sein, dass 80 Prozent der Einnahmen an Menschen aus dem Norden gehen, aber nur 20 Prozent im Süden bleiben, wo das Öl ist, heißt es weiter auf der Homepage der Rebellen. „Das ist ein Verbrechen an den Bewohnern des Deltas.“
Die Dörfer an den Flussarmen gelten als bitterarm
Unter Goodluck Jonathan, Nigerias erster Präsident aus dem Niger-Flussdelta, hatte sich das verbessert. Aber genau deshalb hatte es vor der Präsidentschaftswahl 2015 Befürchtungen gegeben, dass das Niger-Delta brennen könnte, sollte Jonathan die Wahlen verlieren.
Mit Goodluck Jonathan hatte es schließlich endlich ein „son of the soil“ an die Staatsspitze geschafft. Davon spürte man in seiner Heimat, dem Bundesstaat Bayelsa, allerdings nichts. Bewohner an den unzähligen sumpfigen Flussarmen sagten zwar: „Er bemüht sich ja.“ Doch die Dörfer gelten weiterhin als bitterarm und von Öl verseucht.
An das Fischen, früher Haupteinnahmequelle der Bevölkerung, ist vielerortsnicht mehr zu denken. Die Ölfirmen machen dafür die Bewohner verantwortlich, die Pipelines illegal anzapfen. Diese kritisieren die uralten Leitungen, die nicht repariert werden.
Seit Jonathan die Wahlen verlor und Muhammadu Buhari aus Nigerias Norden Präsident wurde, gibt es Mutmaßungen, Rebellen im Ölgebiet könnten wieder zu den Waffen greifen.
Anfang dieses Jahres kündigte Buhari an, das geltende Amnestieprogramm für ehemalige Rebellen im Niger-Flussdelta bis 2017 zu verlängern. Es läuft seit 2009 und bietet Aussteigern eine Ausbildung und Arbeitsmöglichkeiten. Das scheint jetzt nicht mehr auszureichen. Berichten zufolge fordert die NDA die Übertragung der Ölförderrechte an Bewohner der Ölgebiete zu mindestens 60 Prozent.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken