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Angriff gegen Rassisten beim OktoberfestHaftstrafe wegen Messerstich

Ein Gericht sieht die Messerattacke einer Frau beim Oktoberfest auf einen Lkw-Fahrer als versuchten Totschlag. Sie muss viereinhalb Jahre in Haft.

Hier scheint die „Wiesn“ sicher: Münchner Polizei auf dem Oktoberfest Foto: dpa

MÜNCHEN taz | Die 34-jährige Angeklagte im Prozess um die Messerattacke auf dem vergangenen Oktoberfest ist zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. Der Vorsitzende Richter Norbert Riedmann vom Münchner Landgericht sieht einen versuchten Totschlag als erwiesen an.

Melanie M. hatte bei einer Auseinandersetzung in der Nacht des 19. September vor dem Käfer-Promi-Festzelt einem 33-jährigen Lkw-Fahrer einen Stich zwischen die Rippen versetzt. Dieser hatte sie beleidigt und zuvor den mitfeiernden Exnationalspieler Patrick Owomoyela rassistisch beschimpft. Der Stich traf die Milz, der Mann musste notoperiert werden, nur so wurde sein Leben gerettet. Die Verteidiger hatten auf Freispruch plädiert; sie halten die Tat für eine Notwehrhandlung.

Das Gericht aber sieht einen „bedingten Tötungsvorsatz“. Obwohl Melanie M. zur Tatzeit alkoholisiert war, sei sie voll schuldfähig, so der Richter. Die Staatsanwaltschaft, die zu Prozessbeginn im Mai noch auf versuchten Mord plädiert hatte – was eine lebenslange Haftstrafe hätte bedeuten können –, forderte in ihrem Schlussplädoyer vor einer Woche nur noch fünf Jahre Haft – wegen versuchten Totschlags.

Der Prozess warf eine Menge irritierender Fragen auf. Inwieweit darf oder soll sich eine Frau gegen verbale Attacken der übelsten Art wehren? Das spätere Opfer Markus S. hatte Owomoyela als „Neger“ und „Flüchtling“ bezeichnet und zu der Frau aus Hamburg gesagt: „Du lässt dich doch von dem Bimbo vögeln.“ Zugleich sticht das gesellschaftliche Gefälle zwischen Täterin und Opfer hervor. S. wurde von einem Prozessbeobachter als „Dumpfbacke“ beschrieben. Melanie M. nannte ihn während der Auseinandersetzung einen „rechtsradikalen Hooligan“.

Falschaussage gekauft

Die nun Verurteilte hingegen ist die Verlobte des in Hamburg stadtbekannten 63-jährigen Millionärs Detlef F. Das Paar ließ kaum eine schillernde Promi-Party aus. Zu der Gruppe im Käfer-Zelt gehörten auch der ehemalige Fußballtorhüter Jens Lehmann sowie Norbert Haug, der frühere Motorsport-Chef von Mercedes-Benz. Für die Sause auf der „Wiesn“ soll Detlef F. laut einem Zeitungsbericht 2.400 Euro bezahlt haben.

Mit seinem Geld versuchte F. auch, den Ausgang des Prozesses zu beeinflussen. So kaufte er einen falschen Zeugen, der seine Verlobte entlastete: Melanie M. sei von Markus S. massiv körperlich angegriffen worden und habe sich gewehrt. Dem Zeugen, der noch nie auf dem Oktoberfest war, hat F. insgesamt 200.000 Euro geboten. Im Prozess fiel deshalb mehrfach der Vorwurf, F. glaube offenbar, dass man sich mit Geld alles kaufen könne. Ihn erwartet nun ein Verfahren wegen Anstiftung zu einer Falschaussage.

Für das Urteil über Melanie M. spielt dieser Verstoß aber keine Rolle. Die Schwurgerichtskammer sieht die Version von M., in Notwehr zugestochen zu haben, aber als widerlegt an. Zugunsten der Angeklagten werden ihre „glaubhaft geäußerte Reue“, so das Gericht, sowie die drastischen Provokationen durch Markus S. gewertet.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig; es besteht die Möglichkeit der Revision beim Bundesgerichtshof.

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3 Kommentare

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  • "Inwieweit darf oder soll sich eine Frau gegen verbale Attacken der übelsten Art wehren?"

     

    Was ist das denn für ne Frage?

    Soll sie doch zurückbeleidigen oder weggehen. Messer in die Rippe ist jedenfalls nicht der richtige Weg. Danach dann schön weiter feiern erst recht nicht.

  • Hört sich so an, wenn man die Zeitungen liest, dass die Frau sicherlich nicht angemessen reagiert hat, sofern der Mann sie nicht körperlich attackiert hat und eine Notwehrsituation vorlag. Da scheint eine Gefängnisstrafe angezeigt.

    Wenn ich als Nichtjurist überlege, das betrunkene Autofahrer, die Menschen totfahren, mit Bewährungsstrafen nach Hause gehen, wird mir wieder bewusst, dass beim Autoverkehr, das Strafgesetzbuch außer Kraft gesetzt ist.

  • es dürfte eine Selbstverständlichkeit sein, dass man sich gegen (rassistische oder andere) Beleidigungen nicht mit lebensgefährlichen Messerstichen wehren darf. Sonst wäre unsere Bevölkerung bald deutlich dezimiert.

    Richtigerweise hat das Gericht die Beleidigungen aber mildernd berücksichtigt. Mehr wäre unverantwortlich.