Angriff auf DJU-Chef Jörg Reichel: Geschlagen und getreten
Journalisten-Gewerkschafter Jörg Reichel wurde bei der „Querdenken“-Demo in Berlin angegriffen und verletzt. Seit Monaten hetzt die Szene gegen ihn.
Am Sonntag wurde am Rande der „Querdenken“-Proteste in Berlin Journalisten-Gewerkschafter Jörg Reichel angegriffen. Angreifer haben den Berlin-Brandenburger Landesgeschäftsführer der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (DJU) vom Fahrrad gezerrt, geschlagen und getreten. Zuerst hatte der Tagesspiegel berichtet. Der Gewerkschafter habe Verletzungen an Schulter und Beinen erlitten und sich in ein Krankenhaus begeben.
Laut Monique Hofmann, Bundesgeschäftsführerin der DJU, konnte Reichel das Krankenhaus Sonntagabend wieder verlassen. Nach einem Gespräch mit Reichel sagte Hofmann am Montag der taz: „Körperlich geht es ihm den Umständen entsprechend gut, aber er ist traumatisiert.“ Reichel selbst war für eine Anfrage deshalb nicht zu erreichen.
Laut Hofmann habe er den Vorgang wie folgt rekonstruiert: Gegen 16 Uhr sei der Gewerkschafter mit dem Fahrrad in der Köthener Straße in Berlin-Kreuzberg unterwegs gewesen, dabei habe sich ein Demozug hinter ihm befunden. Er habe versucht, eine Aufnahme mit dem Handy zu machen. Ein Mann und eine Frau hätten das bemerkt und versucht, ihn anzugreifen, aber Reichel habe noch rechtzeitig wegfahren können.
Bei einem zweiten Versuch sei er dann aber von einem Mann vom Rad gerissen und dann angegriffen worden. Erst die Intervention durch einen Autofahrer, Passanten und einen Fotografen hätte den Angriff beendet. Polizisten seien nicht zugegen gewesen.
Gewerkschafter als Zielscheibe
Reichel, der von einer sehr großen Gewaltbereitschaft gegenüber Journalist:innen berichtet, habe im Krankenhaus Anzeige erstattet. Laut epd ermittelt die Polizei nun wegen gefährlicher Körperverletzung, Sachbeschädigung und versuchten Diebstahls.
„Wir sind zutiefst bestürzt und stehen solidarisch an der Seite unseres Kollegen, der seit dem vergangenen Jahr unter großem persönlichen Einsatz die Kundgebungen der sogenannten Querdenker beobachtet und dort für die Medienschaffenden und die Pressefreiheit eintritt“, hatte Hofmann am Sonntag in einer Pressemitteilung der DJU geschrieben. Ihr Kollege sei seit Monaten von Personen aus der „Querdenken“-Szene diffamiert und bedroht worden, sein Name und Foto kursierten in einschlägigen Telegram-Kanälen.
„Jörg hat sich davon nicht einschüchtern lassen und weitergemacht. Er hat zahllose Journalistinnen und Journalisten, die von diesen Demos berichten, unterstützt und sich dafür eingesetzt, dass sie sicher arbeiten können. Für dieses Engagement als Gewerkschafter ist er nun selbst offenbar gezielt angegriffen worden.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestellerautor will in den Bundestag
Nukleare Drohungen
Angst ist ein lautes Gefühl
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland