Anführer der Militärjunta in Mali: Ein ganz Spezieller
Assimi Goita ist der Präsident der Militärjunta. Die Karriere des Chefs einer Spezialeinheit ist eng mit dem Krieg gegen Terror verknüpft.
Goita war zunächst der unbekannteste der fünf Putschführer gewesen, aber dann machten sie ihn zum Anführer. Denn Goita ist nicht irgendein Soldat. Er kommandiert die wichtigste Eliteeinheit von Malis Armee: das „Autonome Bataillon der Spezialkräfte“ (BAFS).
Laut Gründungsdekret vom Mai 2018 gehören zu den Aufgaben des Bataillons unter anderem „Planung, Koordination und Ausführung von Spezialoperationen“ sowie „Supervision und Koordination der in Operationen engagierten Spezialeinheiten“. Es ist die Spezialeinheit der Spezialeinheiten.
Nach sieben Jahren Krieg gegen den Terror gelten Spezialkräfte heute als effektivstes Mittel gegen islamistische Kampfgruppen in den Savannen und Wüsten von Mali. Die USA verlassen sich ausschließlich auf solche Elitetruppen, Frankreich hat dafür vergangenes Jahr die Operation „Takouba“ ins Leben gerufen und setzt auch seine Fremdenlegion ein. Doch zum effektiven Einsatz benötigen die Ausländer kompetente malische Begleiter – und für die Gewährleistung dessen steht das BAFS.
Oberst Assimi Goita
Das Spezialbataillon vertritt Mali auch im US-Training für afrikanische Spezialkräfte im Rahmen der jährlichen Manöver „Flintlock“: 2019 in Burkina Faso, 2020 in Mauretanien. Bei der 2019er Übung stand das malische Bataillon, unterwiesen von tschechischen Spezialkräften, im Fokus, wie ein Bericht des US-Außenministeriums ausführt: „Die Tschechen sagten, dass sie viel lieber mit motivierten Soldaten wie BAFS zusammenarbeiten als mit Soldaten, deren Einstellung gleichgültig ist.“
Auch das Programm „Spirit of America“, in dem US-Veteranen US-Auslandseinsätze begleiten können, war dabei. Sein Westafrika-Projektleiter Andy Duhon veröffentlichte ein Foto von sich mit Goita und schrieb: „Bei Flintlock konnte ich Oberstleutnant Assimi Goita wiedersehen, ein Schlüsselpartner und Freund, an dessen Seite ich seit 2016 arbeiten durfte. Zusammen haben wir gewalttätigen Extremismus in Mali bekämpft.“
Stationiert ist die BAFS in der Region Mopti in Zentralmali, einer besonders von ethnischer Gewalt im Zuge der Bekämpfung islamistischer Milizen durch lokale Gegenmilizen betroffenen Gegend. In ihrem jüngsten Menschenrechtsbericht wirft die UN-Mission in Mali (Minusma) den malischen Streitkräften in Mopti „Racheakte gegen die Zivilbevölkerung“ sowie „extralegale Hinrichtungen“ vor, ohne zu präzisieren, welche Einheiten verantwortlich seien.
Es wäre verkürzt, Malis Putsch als Staatsstreich der Spezialeinheiten zu sehen. Die Putschführer vertreten alle Abteilungen der malischen Streitkräfte. Die Armee insgesamt hat gehandelt. Doch indem sie den Chef der Spezialkräfte an ihre Spitze setzt, stellt sie klar, dass sie in der Terrorbekämpfung ebenso wie in den Staatsgeschäften für größtmögliche Effektivität stehen will.
Goita gehört wie auch andere der Putschisten zu jener Generation malischer Offiziere, die im Krieg gegen Tuareg-Rebellen 2012 ihre ersten Erfahrungen machten. Einem Bericht zufolge wurde er bei der Schlacht von Tessalit, der schwersten Niederlage von Malis Armee gegen die Tuareg-Separatisten, gefangengenommen. Erst der islamische Führer Imam Dicko habe ihn durch Verhandlungen freibekommen. Heute ist Dicko die wichtigste Führungsfigur der zivilen Proteste gegen Malis gestürzte Regierung – und Goita führt die daraus entstandene Militärregierung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Experten warnen vor Trump-Zöllen
Höhere Inflation und abhängiger von den USA
Die Brennelementefabrik und Rosatom
Soll Lingen Außenstelle von Moskaus Atomindustrie werden?
Klimagipfel in Baku
Nachhaltige Tierhaltung ist eine Illusion